
Vor einigen Tagen
spekulierte ich noch darüber, wie es denn jetzt für die Bundeswehr in Afghanistan weitergeht. Die Antwort wurde bereits gegeben: Politiker der großen Koalition haben sich offen zum Kampfeinsatz der Bundeswehr in Afghanistan bekannt. Damit die Wahlergebnisse nicht zu sehr gefährdet werden und die kleinen Konkurrenzparteien nicht zu sehr davon profitieren, dass Deutschland mit einem mächtigen Tritt in den Hintern von der geopolitischen Realität aus seinem pseudo-pazifistischen Dornröschenschlaf geweckt wird, hat die Regierungskoalition angekündigt, erst
nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen der
NATO die
Übernahme der
Schnellen Eingreiftruppe (QRF) zuzusagen.
Vorauseilende Schadensbegrenzung versucht man bereits jetzt zu betreiben. Der Parlamentarische Staatssekretär im
Verteidigungsministerium,
Thomas Kossendey (CDU), bezeichnete es als Realität der Bundeswehr in
Afghanistan zu schützen, zu helfen, zu vermitteln, "aber auch zu kämpfen". Immerhin - oh Wunder - geht es um "Operationen gegen gegnerische Kräfte". Worte wie "Feind" und "Kampf" versucht man dann doch noch tunlichst zu vermeiden. Man will ja keine Gefühle verletzen. Die Soldaten der Bundeswehr "müssen kämpfen können, wenn es darauf ankommt." Natürlich ist das aber nicht etwa eine neue Qualität des Einsatzes, sondern eine "neue Aufgabe".
Diese vermeintliche Wortspielerei ist durchaus wichtig, denn daran hängt letztendlich, ob der Bundestag über den Einsatz der Bundeswehr erneut abstimmen muss oder nicht. Es ist klar, dass die Gegner der Bundeswehr mit aller Macht auf eine erneute Debatte und Abstimmung drängen werden. Welche innerpolitischen Folgen die Einstufung des Einsatzes in Afghanistan als Kampfeinsatz haben wird, ist nicht absehbar. Die Grundstimmung der Medien ist auf jeden Fall eindeutig: Endlich passiert mal was, worüber man schön reißerische Schlagzeilen machen kann. Blut! Verwundete! Tote! Krieg! Tolle Bilder!
Der Bevölkerung tut eine ernsthafte Diskussion um unsere militärische Rolle und damit auch unsere eigen Bedeutung in der Welt von morgen gut. Ich bin mir sicher, dass diese Diskussion zumindest teilweise sehr polemisch geführt werden wird und die üblichen Verdächtigen behaupten werden, dass Krieg keine Lösung sei und so weiter. Der Vorsitzende der
Fraktion Die Linke,
Oskar Lafontaine, leitete die Debatte ja bereits sehr sachlich ein, indem er das Engagement Deutschlands in Afghanistan eine Sackgasse nannte und die Regierung aufforderte umzukehren. Dem hielt Verteidigungsexperte
Rainer Arnold (
SPD) entgegen, dass das Land in einen "Steinzeit-Islamismus" zurückfallen werde, wenn die Truppen abgezogen würden.
Egal wie, der derzeitige Chef der NATO-Eingreiftruppe, Rune Solberg, hat eine Sache völlig richtig erkannt und
auf den Punkt gebracht: Wir Deutsche müssen uns auf Tote einstellen und die Soldaten darauf vorbereiten, Krieg zu führen.

Natürlich werden schon jetzt die alten Mythen ausgepackt, mit denen die Pazifisten des im Denken der Vietnam-Generation verhafteten gerne um sich werfen.
Gregor Gysi sprach von der Spirale der Gewalt, Oskar Lafontaine warf der Regierung vor, sie würde das Risiko terroristischer Anschläge innerhalb Deutschlands vergrößern. Sie sprachen davon, dass Deutschland den Hass schüren würde, der wiederum zu noch mehr Gewalt führen wird. Die Grünen warfen noch hinterher, dass ja ohnehin das Engagement Deutschlands ein Fehlschlag sei, weil der Aufbau der Polizei in Afghanistan gescheitert wäre. Hinter all diesen Einwürfen stehen mehrere Mythen.
Erstens: "
Krieg ändert nichts."
Diese Vorstellung widerspricht allen Erfahrungen der Menschheitsgeschichte. Über Jahrtausende hinweg war Krieg das (nicht immer letzte) Mittel der Wahl, mit dem Stämme, Dynastien, Reiche, Staaten und so weiter ihre Probleme
endgültig zu lösen suchten. Niemand hält Krieg für eine "gute Sache". Niemand muss für einen Krieg sein oder mit Politikern einer Meinung sein, die ihn letztendlich führen lassen. Aber niemand sollte glauben, dass die Welt von heute ohne Kriege so wäre, wie sie ist und alle anderen aufhören zu kämpfen, nur weil wir unsere Waffen einstampfen und stattdessen Gänseblümchen streuen.
"Solange es Menschen gibt, wird es Kriege geben."
Albert Einstein
Kriege ändern sehr oft
alles. Was hat der
Dreißigjährige Krieg verändert? Was der
Zweite Weltkrieg? Der
Amerikanische Unabhängigkeitskrieg? Der
Indochinakrieg? Wäre die Welt heute "besser", wenn diese Kriege nicht stattgefunden hätten? Wem das zu abstrakt ist: Hätte der Verzicht Amerikas in den Zweiten Weltkrieg einzutreten den
GröFaZ verhindert?
Niemand stellt in Frage, dass ein Krieg für alle Beteiligten grausam und brutal ist und die Dinge nicht immer zum Besseren verändert, schon gar nicht kurzfristig. Selbst ein von allen unumstritten befürworteter Krieg um eine gerechte Sache - vorausgesetzt, es gibt eine solche überhaupt - kann unerwünschte globale Folgen haben. Ein konkretes Beispiel dafür ist
Stalins Tyrannei über einen Großteil Europas nach dem Zweiten Weltkrieg.
Egal wie man die Sache sieht: Auch wenn wir glauben mögen, dass es auch ohne Krieg geht, unsere Feinde sehen das anders. Die lassen sich nicht durch tolle Plakate, Untersuchungsausschüsse und Unterschriftensammlungen davon abbringen zu glauben, sie könnten uns militärisch besiegen und auf diesem Weg die Welt verändern. Warum wohl sonst rufen radikal-islamische Moslems erfolgreich zum bewaffneten Kampf auf, wenn sie nicht davon überzeugt wären, dass ein "
Krieg gegen die Ungläubigen" nichts ändern würde?
Zweitens: "
Im modernen Krieg gibt es keine Sieger."

Egal wie man diese Aussage dreht oder wendet: Sie bleibt falsch. Ein Sieg ist immer
möglich. Es ist lediglich eine Frage des Willens alles zu tun, was notwendig ist und der Fähigkeit, das auch tun zu können. Es gibt Situationen, in denen ein Sieg unmöglich ist. Solche Situationen entstehen zum Beispiel, wenn den Truppen durch Politiker von vorne herein verboten wird, gegen den Feind zu kämpfen oder aus irgendwelchen pseudo-moralischen Überlegungen heraus den eigenen Truppen die für einen Sieg notwendigen Mittel verwehrt werden. Keine Schlacht wird dadurch gewonnen, dass man fern ab des Geschehens darüber debattiert, ob es richtig wäre, die eigenen Truppen zu unterstützen oder zurückzuziehen. Wenn man seine Truppen in einen Krieg schickt - und wir müssen nicht darüber debattieren, dass in Afghanistan Krieg herrscht - dann muss man seine Truppen ohne Vorbehalt unterstützen, ansonsten verliert man, denn wer in einem Krieg nicht kämpft, weil er nicht kämpfen will, der kann nicht gewinnen.
"Es ist ein unverzeihlicher Fehler sich an einem Krieg zu beteiligen, den man nicht gewinnen will."
General Douglas MacArthur
Drittens: "
Aufständische können nicht besiegt werden."Die Geschichte lehrt uns, dass weniger als einer von zwanzig großen Aufständen jemals erfolgreich war. Von den kleineren Aufständen hat im Prinzip kein einziger sein Ziel dauerhaft erreicht. In der Mitte des Zwanzigsten Jahrhunderts waren mehr Aufstände erfolgreich als zuvor, aber das lag in erster Linie daran, dass sich diese erfolgreichen Aufstände gegen die sich ohnehin schon zurückziehenden Kolonialmächte Europas richteten. Trotzdem wurden insgesamt mehr Aufstände niedergeschlagen als gewonnen. Man denke nur an Spartakus im alten Rom, die Philipinen, Kenia, Griechenland...
Aufstände von heute sind brutaler, tödlicher als ihre Vorgänger in der Geschichte. Heute sind wir nicht nur mit lokal auftretenden Aufständischen konfrontiert. Die globalisierte Welt ermöglicht es, dass die Aufständischen zu uns nach Hause kommen und hier dann als "international operierende Terroristen" auftreten. Aber all denen ist gemeinsam, dass sie durch religiöse oder ethische oder politische Überzeugungen oder Kombinationen daraus motiviert werden. Die letzten 3.000 Jahre der Geschichtsschreibung haben bis heute aber eins bewiesen: Bewaffnete, blutige Aufstände, die durch eine Überzeugung, "
den Glauben", angetrieben wurden, sind fast alle gescheitert. Allerdings mussten sie alle gnadenlos blutig niedergekämpft werden.
Viertens: "
Es gibt keine militärischen Lösungen, denn nur Verhandlungen können Probleme lösen."
Verhandlungen zwischen verfeindeten Parteien führen zu gar nichts. Egal ob zwischen Nachbarn, Kindern, politischen Parteien, Sekten, Staaten oder Völkern. Erst wenn eine Seite auf anderem Wege eine unumstößliche faktische Übermacht aufgebaut hat und es für die andere Seite im Prinzip um das (nicht nur im übertragenen Sinne) nackte Überleben geht, führen Verhandlungen tatsächlich dazu, dass sich etwas bewegt, weil dann
beide Seiten ein ernsthaftes und vitales Interesse an
erfolgreichen(!) Verhandlungen haben, deren Ergebnisse auch auf Dauer
eingehalten werden. Solange aber beide Seiten davon überzeugt sind, dass sie sowieso gewinnen, solange führen Verhandlungen zu keinen dauerhaften Lösungen und sind letztendlich Zeitverschwendung. Die Geschichte ist voll von Beispielen, die uns das in aller Deutlichkeit vor Augen halten. Das für uns Deutsche vielleicht noch präsenteste Beispiel dafür ist wahrscheinlich der
Molotow-Ribbentrop-Pakt.
Die einzigen Verhandlungen, die dauerhafte Resultate erbrachten, waren jene, die aus Positionen unumstrittener Stärke heraus geführt wurden. Und diese Positionen wurden in der gesamten Geschichte der Menschheit fast immer auf militärischem Weg aufgebaut.
Fünftens: "
Wenn wir uns wehren, provozieren wir den Feind."
Schon mal in der Schule immer und immer wieder von irgendjemandem permanent geärgert worden? Hat derjenige damit aufgehört Dich oder irgendjemanden zu ärgern, nur weil Du den Schwanz eingekniffen hast? Meine Erfahrungen und die Erfahrungen der meisten anderen dürften genau das Gegenteil zeigen: Erst dann, wenn man demjenigen entschlossen und mit aller Härte entgegen tritt und notfalls "die Sache auskämpft", ist Ruhe. Wer vor dem Schulhoftyrannen kneift, der ermutigt denjenigen nur dazu, sich bei der nächsten Konfrontation noch übler aufzuspielen.
Was wir alle aus solchen Situationen gelernt haben, lässt sich unmittelbar auf alle Konflikte übertragen. Passiver Widerstand funktioniert nur gegen
Rechtsstaaten oder (im Kleinen) vergleichbare Systeme (vgl. Streiks in der Industrie). Passiver Widerstand kann nicht funktionieren, wenn der Widerstand mit blutiger Gewalt oder Inhaftierung ohne Wiederkehr beantwortet wird. Genau deshalb hatte
Gandhi in
Indien Erfolg. Als exaktes Gegenteil mögen exemplarisch die
Roten Khmer in
Kambodscha gelten. Die Geschichte und unsere eigenen Erfahrungen haben uns gelehrt, dass wir um so härtere Konflikte austragen müssen, je länger wir uns dagegen verweigern, gegen unsere Feinde anzukämpfen.
"Der schnellste Weg einen Krieg zu beenden besteht darin, ihn zu verlieren."
George Orwell
Sechstens: "
Terroristen zu töten macht sie zu Märtyrern."

Es ist eine eigenartige Anomalie der modernen westlichen Welt, dass privilegierte Individuen größere Sympathien für Diktatoren, Massenmördern und Terroristen hegen als für deren Opfer.
Iraks Diktator Saddam Hussein ist ein Paradebeispiel dafür, aber auch hier auf der
Tapirherde wurde das schon
eindrucksvoll vorexerziert. Immer wieder wurde und wird behauptet, dass es unsere Gegner nur vereint, wenn wir bis zum Äußersten entschlossen gegen Osama bin Laden oder Abu Musab al-Zarqawi oder Mullah Omar oder Saddam Hussein vorgehen und nicht davor zurückschrecken, sie auch zu töten.
Abu Musab al-Zarqawi ist inzwischen tot und selbst seine eigene Bewegung hat ihn vergessen und erinnert nicht an ihn und seine Gräueltaten. Niemand ist bisher angetreten, um den Tod Saddam Husseins zu rächen. Die nackte Wahrheit ist, dass der einzige Weg, echten und zu allem entschlossenen Fanatikern zu begegnen, darin besteht, ihren Einfluss zu beenden. In der Praxis bedeutet das sie auszuschalten, sie zu töten. Aus allen Erfahrungen der Vergangenheit und der Gegenwart wissen wir, dass gerade überzeugte Fanatiker besonders aus dem Gefängnis heraus Widerstände, Geiselnahmen, Bombenanschläge und so weiter anstiften, mit denen sie befreit werden sollen. Besonders die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, dass man Märtyrer in erster Linie dadurch entstehen lässt, dass man sie einsperrt, denn dann muss man ihnen den Prozess machen.
Macht man Fanatikern aber nach rechtsstaatlichen Regeln den Prozess, verkommen diese regelmäßig zur Farce, werden zur Bühne der Fanatiker, auf der die sich produzieren und ihre Hassreden einem größeren Publikum zugänglich machen können, der Rechtsstaat aber nur verlieren kann. Dazu kommt, dass der eingesperrte Fanatiker für die Medien ein gefundenes Fressen ist, solche nicht selten vollkommen Wahnsinnigen der Einschaltquoten wegen und für die Sensationsgier der meist geopolitisch vollkommen ungebildeten Massen auszuschlachten. Noch dazu ist es diesen Medien auch völlig egal, dass sie sich instrumentalisieren lassen, solange die Quote stimmt. Die Probleme, die dadurch erst entstehen können, sind Legion und jeder kann in der Tagespresse mitverfolgen, wohin so etwas führt.
"Gott ist ein Mann des Krieges."
Bibel, Exodus
Face it: Tote Fanatiker sind der ultimative Beweis dafür, dass sie nicht unter dem Schutz einer göttlichen Macht stehen und sie nicht etwa durch höhere Wesen oder überlegene Mächte geschützt werden. Eine weitere unumstrittene Tatsache ist: Tote Terroristen bringen niemanden um.
Siebtens: "
Wenn wir genau so hart zuschlagen wie unsere Feinde, dann sind wir kein Stück besser als sie."

Eine komplizierte philosophische Fragestellung, an der weitreichende Konsequenzen hängen können. Können, aber nicht müssen. Entscheidend ist die Frage der Zielrichtung, des Zwecks und der Dauer der Anwendung. Sicher war die Bombardierung Dresdens durch die Alliierten im Zweiten Weltkrieg eine fragwürdige militärische Maßnahme, aber sind die Alliierten dadurch ihrerseits zu Nazis geworden? Sicher war das Niederschlagen des Aufstandes von Spartakus und seinen Getreuen brutal und gnadenlos, aber wurde Rom deshalb zu einer Bande von gesetzlosen Renegaten?
Die Frage der Moral ist nicht, ob man einen Krieg führen darf, den man gewinnen will und durch hartes und entschiedenes Handeln auch gewinnen kann. Die Frage der Moral ist in dem Zusammenhang vielmehr, ob man einen Krieg führen darf, den man eigentlich gar nicht gewinnen will und deshalb lieber Niederlagen hinnimmt, seine eigenen Soldaten opfert, statt mit aller Kraft für seine Ziele zu kämpfen, wenn dies notwendig ist. Das erlaubt (moralisch) natürlich nicht jedes mögliche Mittel. Da gibt es völlig zurecht Grenzen. Dennoch geht die Kernfrage der "erlaubten Mittel" letztendlich immer von der Perspektive der Unterlegenen, der Schwächeren aus.
Sinn dieser Prämisse ist letztendlich, dass jemand überleben soll, mit dem man irgendwann verhandeln
kann, damit es für beide Seiten überhaupt eine Zeit nach dem Krieg geben kann, in der man sich eben nicht feindlich gegenüber steht. Es soll auch im Krieg trotz aller Härte und Grausamkeit und Brutalität am Ende doch um das Lösen von Problemen gehen, nicht um das totale Vernichten des Anderen. Das Verhältnis von Deutschland vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg zum Rest der Welt bietet mannigfaltige Beispiele dafür.
"Den wahren Wert des Friedens kennt man erst, wenn man den Krieg erlebt hat."
Sprichwort aus dem Kosovo
Krieg ist brutal und aus der Sicht der im Frieden lebenden unmoralisch. Besonders die Medien tragen viel dazu bei, dass diese Diskrepanz immer wieder betont wird. Letztendlich sind alle Soldaten Menschen und auch wenn immer wieder Gräueltaten einzelner Soldaten oder Einheiten in den Medien hochgespielt werden und so richtig es ist, diese zu verfolgen und zu bestrafen, so ist doch nicht jeder Mensch in Uniform automatisch eine Maschine ohne Moral, Gewissen und Verantwortung, aber er ist genauso wenig ein Heiliger.
Die ständige Kontrolle des Verhaltens der eigenen Soldaten und die ethische und moralischer Beurteilung von deren Handeln darf aber nicht davon ablenken, dass ihr Handeln einer größeren moralischen Notwendigkeit untergeordnet wird, wegen der man überhaupt in den Krieg gezogen ist. Es geht letztendlich darum, den erklärten Feind zu besiegen. Zu entscheiden, wer allerdings "der Feind" ist, ist eine ganz andere Frage.
Achtens: "
Wenn wir uns zurückziehen, werden die Betroffenen ihre Probleme selber lösen."

Der Zeitpunkt kann kommen, an dem es unausweichlich ist zu erkennen, dass die Menschen in Afghanistan einfach kein Interesse daran haben sich helfen zu lassen und deshalb jede Hilfe unmöglich ist. Dann kann man einfach nichts mehr tun und muss sich tatsächlich zurückziehen. Soweit sind wir aber noch lange nicht. Wenn sich die Truppen jetzt aus Afghanistan zurück zögen, würde dort der Bürgerkrieg genau so unvermindert weitergehen, wie er vor der Intervention seit Jahrzehnten stattfand. Die Opfer wären dann genau diejenigen Zivilisten, die wir mit dem Einsatz unserer Soldaten zu schützen versucht haben.
Gleichzeitig wäre der Rückzug der Truppen unter UN-Mandat ein unübersehbares Signal an den internationalen Terrorismus und die unmissverständliche Erklärung, dass der Terrorismus gewonnen hätte. Das darf unter keinen Umständen passieren. Der Terrorismus darf nicht gewinnen. Egal wie man es dreht und wendet, diese Prämisse darf nicht fallen, denn sonst ist Nachahmern Tür und Tor geöffnet. Zu behaupten, dass unsere Anwesenheit in irgendeinem Krisengebiet dieser Welt überhaupt erst die Ursache für die Krise dort gesetzt hätte, ist eine dramatische Verdrehung der Tatsachen.
Um bei dem Beispiel Afghanistan zu bleiben: Der Bürgerkrieg dort und die Grausamkeiten des dort ehemals herrschenden fundamental-islamistischen Regimes und der Warlords waren der Grund dafür, dass die UN überhaupt ein Mandat erteilt hat, nicht anders herum. Die gegen die dort stationierten Truppen kämpfenden Aufständischen kämpfen dafür, dass die vor dem UN-Mandat herrschenden Zustände wieder hergestellt werden. Sie kämpfen weder für eine Demokratie noch für die Freiheit einer versklavten Nation. Sie kämpfen für das genaue Gegenteil.
Das alles zu ignorieren bedeutet nichts Anderes als die gesamte Menschheitsgeschichte zu ignorieren, die konkrete, unmittelbare Vergangenheit zu leugnen und das bedeutet in unserem Fall nicht weniger als sich aus der durch unsere eigene Vergangenheit diktierte Verantwortung zu stehlen. Wir haben uns in diesen Krieg eingemischt, jetzt müssen wir ihn auch zu Ende bringen.
(Quelle:
AFP,
American Legion Magazine,
dpa,
n-tv,
Reuters)