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Mittwoch, 8. Juni 2011

Sollte man Lesen, besonders als Eltern

»Die endlos langen Sonntagnachmittage, an denen eigentlich nichts passierte, waren die Momente, in denen ich meine Seele spürte. In denen ich lernte, mich selber zu ertragen.«
(Hartmut Rosa)
Dieses Zitat stammt aus einem Text in der Zeit, den ich jedem dringend empfehle in Ruhe zu lesen und über das dort geschriebene nachzudenken:

Schulzeitverkürzung - Liebe Marie

Mich hat dieser Text sehr sehr nachdenklich gemacht.

Montag, 22. März 2010

Learning by doing

Unser Bildungssystem ist nicht eben optimal. Diese Kritik ist nicht neu und kaum jemand mag dem ernsthaft widersprechen. Entscheidend für die Qualität dessen, was dieses System produziert, sind letztendlich die Lehrer. Schüler haben ihre eigene, meist negative, Meinung über Lehrer. Auch das ist nicht neu und hat in den meisten Fällen wenig mit der Kompetenz der Lehrkraft zu tun. Was aber, wenn ein Lehrer tatsächlich weit hinter dem zurückbleibt, was von ihm erwartet werden kann?

In jedem Unternehmen hat die geleistete Arbeit unmittelbare Auswirkungen auf das Beschäftigungsverhältnis. Wer sich als ungeeignet für einen Job erweist, wird entweder auf eine andere Stelle versetzt, die seiner Befähigung eher entspricht oder entlassen. Naheliegend zu erwarten, dass das auch für den Bildungsbetrieb gilt, denn gerade hier haben die Arbeitsleistungen der Mitarbeiter (lies: der Lehrer) weitreichende Folgen. Ein inkompetenter Lehrer verdirbt nicht nur ein paar Akten oder Blumentöpfe, sondern die Zukunft anderer Menschen.

Nicht wenige Lehrer in meinem Bekanntenkreis brüsten sich gerne damit, dass sie ihren Schülern gegenüber gerne mit einer entsprechenden Drohkulisse auftreten:
"Die Schüler mögen mir ein oder zwei Jahre das Leben schwer machen, aber ich kann denen das ganze Leben versauen."
In mindestens zwei Fällen weiß ich, dass dieser Satz nicht einfach nur so dahingesagt ist, sondern durchaus ernst zu nehmen ist. Andererseits verstehen Eltern Schule zunehmend als Dienstleister, der ihnen und ihrem Nachwuchs gegenüber in der Pflicht steht. Eltern zahlen Steuern und die werden für die Bildung investiert. Sie haben für eine Leistung bezahlt und erwarten zu Recht eine adäquate Gegenleistung. Wird die nicht erbracht, ziehen Eltern heute mehr als früher vor Gericht.

Diese Entwicklung kann eigenartige Ausmaße annehmen, wie bestimmte Schulbezirke zeigen. So wird zum Beispiel von einem Schulbezirk am Starnberger See berichtet, in dem mehr als 50% der Schüler auf das Gymnasium gehen - was natürlich nichts damit zu tun hat, dass in dieser Gegend viele reiche Bundesbürger leben. Auch die Proteste um das Schulsystem in Hamburg zeigen in aller Deutlichkeit, dass der Zugang zum Abitur von den Wohlhabenden als alleiniges Recht verstanden wird, das gerne und oft eingeklagt wird. Diese Entwicklung kann auf lange Sicht nicht gut gehen.

Es ist oft schwierig von außen zu unterscheiden, ob Eltern eine Schule wegen tatsächlicher Mängel oder eher wegen ihres Standesdenkens vor den Kadi ziehen. Wenn eine Schule aber einen Lehrer beschäftigt, über den sich alle beschweren, dann liegt die Vermutung nahe, dass hier etwas im Argen liegt. In einer Schule in Frankfurt wird ein Mathelehrer beschäftigt, der insbesondere dadurch auffällt, dass er seine Schülerinnen häufiger mit "anzüglichen Bemerkungen" bedenkt, er auffallend oft nicht da ist und wenn doch, sein Unterricht einige offensichtliche qualitative Mängel hat. Die Leistungen der von ihm unterrichteten Klassen bleiben deutlich hinter dem zu erwartenden Schnitt zurück. Klausuren müssen regelmäßig wiederholt werden und Schüler beschweren sich in großer Zahl über mangelhafte Vermittlung des Lehrstoffes. Selbst die Schulleitung räumt ein, dass es hier Defizite seitens des Lehrers gibt.

In mindestens einem Fall hatte das unmittelbare Auswirkungen auf die schulische Kariere einer Schülerin. Die Eltern zogen damit durch die Instanzen und versuchten die Situation für ihre Tochter und die anderen Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Erfolglos. Die Behörden sitzen die Sache aus, verschleppen Termine und behandeln das Thema trotz der erdrückenden Faktenlage sehr zurückhaltend. Aber nicht nur das. Die Lehrer erfahren maximalen Schutz des Systems.

Nach dem Grund befragt, warum das Schulamt nicht eingreife, sagte ein Sprecher:
"Es hilft niemandem, unfähige Lehrer in Bibliotheksdienste abzuschieben, man muss sie befähigen, guten Unterricht zu machen."
Mit anderen Worten: Wer einmal im Schuldienst angekommen ist, muss sich keine Sorgen mehr machen, denn das System bietet ihm maximalen Schutz. Egal wie schlecht seine pädagogischen und fachlichen Leistungen und Kompetenzen sind, egal welche Entgleisungen er sich leistet, er wird weiterhin auf den Nachwuchs losgelassen und darf mit dem Segen von ganz oben weiter vor sich hin wurschteln. "Learning by doing" auf Kosten des Nachwuchses, denn besser vielen Schülern die Zukunft versauen als einen Lehrer zu feuern.

Angesichts solcher Protektion, die selbst eklatante Inkompetenz nicht nur schützt, sondern systematisch fördert, ist es mehr als verständlich, dass sich Eltern und Schulen immer weiter voneinander weg bewegen. Aber nicht nur das. Gerade solche Fälle und der Umgang damit zeigen, wie schlimm es tatsächlich um unser Bildungssystem und damit um die Zukunft unseres Landes bestellt ist.

Sonntag, 24. August 2008

Das Feuer am andern Ende

DoktorhutIn Sachen Bildung fixieren wir uns gerne auf die Probleme am unteren Ende der Skala: Vergessene Randgruppen, gescheiterte Integration, verkorkste Lehrerausbildung, undurchlässiges Schulsystem, Pisa, Rechtschreibreform - die Liste ist lang und wird immer länger, die Probleme sind dramatisch und nur schwer schön zu reden. Selbst unsere Bundeskanzlerin hält inzwischen die zunehmend lauter werdenden Stimmen der Straße für vielleicht doch nicht bloß reines Rauschen des Windes im Gebüsch vor dem Fenster.

Am anderen Ende der Skala sind die Probleme nicht minder gravierend. Als die Wirtschaft anfing "Soft Skills" und "Social Competences" als "wichtige Qualifikationen im Berufsleben" zu kennzeichnen und offen einzufordern, hätten uns eigentlich die Alarmglocken schrillen müssen: Wenn selbst in der Führungsetage angekommen ist, dass viele hochqualifizierte Fachkräfte völlig entstellte Krüppel im zwischenmenschlichen Umgang sind, wie schlimm muss es dann wohl wirklich sein?

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Grad der Sozialkompetenz oft in umgekehrter Abhängigkeit zum Grad der wahrgenommenen Qualifikation steht. Ich habe etliche Menschen in verschiedensten Positionen des oberen Drittels der Kariereleiter kennengelernt, die ihren Job rein fachlich gut machen, denen aber das, was einen Menschen zum Menschen macht, vollkommen abgeht. Der zwischenmenschliche Umgang, der vielen von uns durch den alltäglichen Kontakt mit echten Menschen beigebracht wird, muss diesen Führungskräften auf Seminaren mühsam beigebracht, der Wert und Nutzen analytisch erklärt werden.

Das Problem endet dort aber nicht. Megan McArdle stieß mich auf ein nicht minder dramatisches Problem, dass mit dem erstgenannten unmittelbar korreliert:
"Studenten nahe des Abschlusses ihres Studiums, ermutigt durch die Meinungen und Ansichten ihrer Professoren, tendieren dazu außergewöhnlich ungehalten zu werden, sobald sie auch nur glauben herausgefordert worden zu sein. Da niemand ohne mindestens einen Hochschulabschluss jemals das erforderliche Wissen überhaupt gemeistert haben kann, wird jeder Widerspruch automatisch als Zeichen von Böswilligkeit und Niedertracht verstanden. Sie marschieren überheblich in jede Diskussionen mit erfahrenen Fachleuten, bewaffnet mit nicht mehr als dem Wissen jener drei Bücher zum Thema, die sie vielleicht während des Studiums gelesen haben, der Meinungen ihrer Professoren und genug Arroganz, um eine Magnetschwebebahn von Moskau nach Wladiwostok anzutreiben. Meistens wird ihnen spätestens jetzt ihr eigener Hintern auf einem Silbertablett präsentiert. Schlimmer wird das alles aber noch dadurch, dass sie auch noch zu dumm dazu sind wahrzunehmen, was gerade überhaupt passiert ist. Am Höhepunkt dieses Leidens sind sie schlicht und ergreifend unfähig wahrzunehmen, dass ein Platz an einer guten Bildungseinrichtung noch lange nicht gleichbedeutend mit Allwissenheit ist."
Das Schlimme daran ist nicht der Wahrheitsgehalt der Beobachtung, sondern die Tatsache, dass dieses Verhalten den Studenten überall in der westlichen Welt an den "höheren Bildungseinrichtungen" antrainiert wird, während ihnen gleichzeitig die Fähigkeit abtrainiert wird, genau das bei sich selber wahrzunehmen. Selbstüberschätzung und Arroganz gepaart mit Dummheit und sozialer Inkompetenz als systemisches Resultat der gehobenen akademischen Ausbildung sollte uns mindestens ebensoviel Angst machen, wie die zunehmende Verblödung und Bildungsresistenz als Ergebnis gesellschaftlichen Zerfalls in eine Horde von vermeintlich unabhängigen Individualisten am gegenüberliegenden Ende der Gesellschaft.

Samstag, 12. Juli 2008

Hege und Pflege

Ihr macht die Lehrer krank! Ja, genau! IHR seid schuld! Wann immer Ihr einem Lehrer sagt, dass er seinen Job nicht gut macht, ihn kritisiert, macht Ihr ihn krank! Zu diesem Resultat kommt jedenfalls eine Untersuchung von rund 1.000 Lehrern durch das Universitätsklinikum Freiburg. Die Studie unter der Leitung von Prof. Dr. med. Joachim Bauer konnte nachweisen, dass die Gesundheit der Lehrer am stärksten unter offener Feindseligkeit, schweren Beleidigungen und Aggressivität von Schülerseite leidet. Aggressivität und Unzufriedenheit von Seiten der Eltern haben ebenfalls einen signifikant negativen Einfluss. Gut geht es Lehrern hingegen, wenn sie von Eltern und Schülern gelobt werden. Ein intaktes Kollegium wirkt sich nach dieser Studie ebenfalls positiv aus die Gesundheit der Lehrer aus.

Die die Studie durchführenden Mediziner kritisierten, dass alle zur Zeit durchgeführten Studien über die Gesundheit von Lehrern sich überhaupt nicht mit der Gewalt und Aggressivität gegen Lehrer befassten. Sie wiesen darauf hin, dass es inzwischen eine notwendige Kernkompetenz des Lehrerberufs wäre, mit schwierigen Schülern gelingende Beziehungen zu gestalten. Dem entspricht jedoch nicht deren Ausbildung, findet Prof. Bauer:
"Die Ausbildung von Lehrern wird den hohen Anforderungen an die Beziehungskompetenz in diesem Beruf jedoch nicht gerecht."
Sein Fazit der Studie ist, dass fachlich kompetente Lehrer, die diese soziale Kompetenz nicht haben, nicht nur ineffiziente Ausbilder sind, sondern auch noch sich selber verschleißen.

Darum dürfen wir nicht auf den Lehrern herumhacken, egal wie groß der Mist ist, den sie verzapfen. Sie mögen zwar nicht die besten sein, die es gibt, aber es sind die einzigen, die unsere Politiker bereit sind zu bezahlen.

(Quelle: N24)

Sonntag, 6. Juli 2008

Religionsunterricht

betende schluempfeDas Inselkönigreich jenseits des Kanals ist bekannt für seine Ausländern zuweilen skurril anmutenden Praktiken. Maßeinheiten, Währungen und Straßenverkehr sind ebenso bemerkenswert anders, wie zum Beispiel auch die Vorliebe für vom Staat installierte Kameras und eine bestenfalls eigenwillig zu nennende Küche. Ist es da verwunderlich, wenn auch aus anderen Ecken jenes Landes über seltsame Begebenheiten berichtet wird?

Die Daily Mail berichtet von der Alsager High School in Mittelengland. Dort gibt es Religionsunterricht. Dieser Unterricht soll nicht nur Wissen um eine Religion vermitteln, sondern auch über andere. Zum beispiel auch über den Islam. Da werden dann so Dinge erklärt wie zum Beispiel wer war Mohamed und so. Und damit die Schüler das so richtig verstehen, dürfen sie im Rahmen dieses Unterrichts dann auch kleiden wie echte Moslems und auch so beten. Unter Anleitung, versteht sich.

Wie in guten Schulen üblich sind solche Übungen natürlich nicht freiwillig. Wo käme man da hin, wenn sich Schüler aussuchen dürften, was sie tun und lassen? (Wahrscheinlich auf eine Waldorfschule, aber das ist ein anderes Thema.) Im Inselkönigreich jenseits des Kanals jedenfalls versteht der Lehrkörper in diesem Punkt gar keinen Spaß. Wenn beten wie bei den Moslams angeordent ist, dann gilt das für alle.

Zwei Jungen im Alter von 11 und 12 Jahren fanden das aber irgendwie doof, waren sie doch keine Moslems und hielten die insgesamt Idee zu einem fremden Gott beten zu müssen jetzt irgendwie nicht so geil, widersprach das doch irgendwie ihrem eigenen Glauben. Diesen Unwillen taten sie kund und weigerten sich, die im Islam üblichen Gebetsriten auszuüben. Diese Weigerung war für die Religionslehrerin und auch Schulleitung ein skandalöser Vorfall.

Wie konnten es die unreifen Blagen nur wagen, sich der Weisheit der Lehrkraft zu verschließen und sich deren Anweisungen verweigern? Natürlich blieb der Schule nur ein richtiger Weg, dieses grobe Mißachten jeglicher Etikette und der Schulvorschriften zu ahnden: Die Schüler wurden mit sofortiger Wirkung vom Unterricht suspendiert. Andere Schüler, die nach Ansicht des überwachenden Lehrers nicht korrekt beteten, wurden gemaßregelt und ermahnt sich zu bessern.

So wiederum erfuhren auch die anderen Eltern davon, was an dieser Schule unter "Religionsunterricht" verstanden wird. Religion als Zwang entspricht zwar durchaus der gängigen Praxis, allerdings eher innerhalb der Glaubensgemeinschaften und nicht innerhalb staatlicher Schulen. Dem Verständnis der Religionsfreiheit und anderer Menschenrechte entspricht das nun nicht gerade, finden zumindest etliche Eltern und sind deshalb ein ganz klein wenig sauer auf diese Schule.

Andere Lehrer der Schule zeigen sich überrascht und geben zu bedenken, dass Religion nicht ihr Fachgebiet wäre und es deshalb schwierig sei, den Unterricht zu bewerten. Auch sei es für Außenstehende schwierig nachzuvollziehen, wie der Unterricht genau abgelaufen sei, denn man war ja schließlich nicht dabei. Findet jedenfalls einer der Englischlehrer. Der Konrektor findet es jedenfalls einen Skandal, dass die Eltern die Presse eingeschaltet und den Vorfall so an die Öffentlichkeit getragen haben.

Seiner Meinung nach, die er bereitwillig der Presse mitteilte, sei es eine Schande seitens der Eltern, sich nicht mit der leider gerade nicht anwesenden Religionslehrerin auseinanderzusetzen. Aber, so der Konrektor, er habe sich mit der Lehrerin über den Vorfall unterhalten und sie habe ihm ihre Sicht der Dinge geschildert und das wäre alles, was er zu diesem Vorfall zu sagen habe.

Die Schulaufsichtsbehörde meinte zu dem Vorfall, dass Untersuchungen eingeleitet wurden und die Eltern entsprechend informiert werden. Dennoch wäre die Ausbildung der Schüler hinsichtlich anderer Glaubensrichtungen und deren Praktiken durchaus essentiell für das Verständnis. Allerdings, so die Behörde, nehmen wir zur Kenntniss, dass solch ein Unterricht offenbar ein wenig einfühlsam stattfinden sollte.

So gesehen frage ich mich, wann solch interessante Glaubensrichtungen wie konservativer Mormonismus, Scientology oder Satanismus auf dem Lehrplan stehen und wie die in England unterrichtet werden...

(Quelle: Daily Mail)

Dienstag, 27. Mai 2008

Schutzverlangen

Schule Unterricht Tafel Klasse LehrerNachdem der Kampf gegen Spickmich und Co. auf ganzer Front in einem "Epic Fail" endete, suchen die armen, geschundenen Lehrer nun nach anderen Wegen, sich dieser und anderer Belästigungen zu entledigen. Nichts verstört Lehrer mehr, als sich selber damit konfrontiert zu sehen, dass irgendjemand ihre eigene Leistung bewertet, und das sogar realistisch - in zu vielen Fällen nämlich "schlecht". Da die Lehrkörper aber selbstverständlich gar kein Interesse daran haben, dass ihr Versagen nicht nur nachgesagt, sondern auch noch dokumentiert wird, haben sie sich jetzt eine neue Idee einfallen lassen.

Gemobbt werden sie, die armen Lehrer. Es ist lebensbedrohliches Mobbing im ganz großen Stil, das hier betrieben wird. Und damit das ganze auch in die richtige Richtung weist, vergibt man auch noch schnell einen griffigen Namen, den jeder sofort richtig zuordnen kann, der aber "den Feind" nicht beim Namen nennt. "Cybermobbing" wird die Gefahr genannt und umfasst jede Bedrohung des Standes, Rufes und der Unantastbarkeit des heiligen Lehrers, die irgendwie mit Technik zu tun hat, sei es Handy oder Internet.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft befragte 500 Mitglieder zum Thema "Cybermobbing" und sagenhafte 31 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ein Opfer im Bekannten- oder Kollegenkreis hätten. Stolze acht Prozent gaben an, sie seien selber Opfer. Und das sind natürlich die Schüler. Nur fünf Prozent der Fälle werden von Vorgesetzten oder Eltern begangen und nur drei Prozent von Kollegen. Das schreit nach Vergeltung! Grandiose Randnotiz: Fast alle Opfer von Mobbing kennen die Täter und die häufigsten Formen des "Cybermobbings" sind Emails, SMS, Texten im Internet und das Verbreiten von Videos.

Darum fordert die GEW jetzt ein hartes und entschlossenes Eingreifen und ist da in guter Gesellschaft, denn der Philologenverband forderte jüngst erst in derselben Sache ein entschlossenes Eingreifen des Staates. Schließlich kann es so nicht weitergehen. Von 50.000 Betroffenen spricht die GEW und fordert klare, möglichst vom Staat formulierte Verhaltensnormen, die die bestehenden Pfründe schützen sollen. Schließlich sind Lehrer unantastbare Personen, deren Wirken vor jeder Kritik geschützt werden muss, ganz besonders aber vor dem Pöbel, den das gemeine Volk so verniedlichend "Schüler" nennt.

Ich will ja nicht unken, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Schüler sich nur an denjenigen Lehrern austoben, die einfach nur - sorry - Scheiße sind. Es gab in den von mir überschaubaren Schul"karieren" immer irgendwelche Pflegefälle, die aus Verzweiflung und wider jeder Vernunft als "Notlösung" Lehrer wurden und in diesem Beruf kolossal an den Anforderungen und dem Gegenüber scheiterten. Manche erlitten sogar filmreifen Schiffbruch, aber alle spielten sich als Tyrannen und Despoten auf, die versuchten, mangelndes Können und das Fehlen jeglicher Akzeptanz durch Brutalität und Gnadenlosigkeit gegenüber dem Schüler zu kompensieren. Die Abwehrreaktionen waren entsprechend hart und grausam und beide Seiten haben sich damals wie heute nichts geschenkt.

Sicher, wir können nicht aus dem Stand die vielen Pappnasen aus dem Lehrerberuf rauswerfen, die diesen Beruf gewählt haben, weil er so schön einfach erscheint, weil sie ihn als bequemsten Weg empfanden. Wir können uns keine zig tausend Lehrer schnitzen und so "mal eben" das ohne jeden Zweifel vorhandene Defizit ausgleichen. Aber es wäre sinnvoll, wenn sich die geheiligte Kaste der unantastbaren Götter an der Tafel mal an die eigene Nase fassen würde und an sich selber anfinge zu arbeiten. Selbstreinigung und Zugangskontrolle und regelmäßige Leistungsprüfung sind keine Fantasiebegriffe, mit denen nur Schüler zu drangsalieren sind. Auch auf Lehrer darf und sollte man diese Werkzeuge durchaus anwenden.

(Quelle: GEW, Deutscher Philologenverband)

Samstag, 10. Mai 2008

Nachwuchs Unleashed

Abiturienten auf dem Pferdemarkt in Oldenburg 2008Selbstverständlich kann man über die körperlichen wie geistigen Zustände der nachwachsenden Generationen lange und ausufernde Diskussionen führen und es so seinen eigenen Altvorderen gleichtun. Selbstverständlich muss man hin und wieder auch mal eingestehen, dass genau diese Diskussion eher auf Neid als auf Fakten basiert und manchmal muss man sogar eingestehen, dass man jenen, die da nachwachsen, unterlegen ist.

Wie gesagt: Manchmal. Vor dem Hintergrund, dass empirische Feldstudien das Grauen in seiner ganzen Pracht erst so richtig erfahrbar machen, hatte ich gestern das zweifelhafte Vergnügen, unversehens in die "Abiturfeiern" der hiesigen Gymnasien zu geraten. Ich weiß selber, wie gehässig es ist, abfällig über soziale Randgruppen zu sprechen, aber in Anbetracht jener Katastrophen bekam ich einfach nur Angst.

Mal so ganz beiläufig gefragt: Was unterscheidet erfahrene Kampftrinker preisgünstigster hochprozentiger Alkoholiker von frischabiturienten? Nicht viel, aber zumindest eins: Erfahrung. Wer im Umgang mit 5 Liter Kanistern Lambrusco und Aldis Rache geübt ist und auch sonst den Tag gerne mit einem tiefen Zug klarer Flüssigkeit beginnt, die den Namen eines russischen Präsidenten trägt, der weiß, dass es eine unglaublich dämliche Idee ist, in der prallen Mittagssone, bei 25°C im Schatten, Literweise eben jenes Zeug in sich hinein zu schütten.

Unsere offensichtlich völlig unerfahrenen und zum Teil dramatisch untergewichtigen Jungster wussten das gestern offenbar noch nicht, denn sie taten genau das: In prallster Mittagssonne schütteten sie sich jede Menge billigsten Fusel in den Hals. Das erklärt zumindest zum Teil, warum heute ein überraschend geringer Prozentsatz eben jener Altersgruppe in freier Wildbahn zu bewundern ist.

Natürlich gibt es mehrere Orte, an denen sich traditionell die Heranwachsenden in Großgruppen besaufen, sobald das Wetter gut und der Grund irgendwie ausreichend ist. Darum war ich auch gar nicht überrascht, dass auch im Schlosspark eine beinahe unüberschaubare Horde versuchte, gemeinschaftlich den Rekord im Massenkonsum beliebiger Rauschmittel zu brechen. Wie viele der Anwesenden sich bei dieser Gelegenheit von den Resten des ohnehin schon nur rudimentär vorhandenen Gehirns befreiten, bleibt Gegenstand der Spekulation, ich vermute jedoch, dass es nicht wenige waren.

Abiturienten im Schlossgarten Oldenburg 2008Die Luft war erfüllt von einer Melange verschiedenster Düfte, viele davon eindeutig nachwachsenden Rohstoffen pharmakologisch aktiver Substanzen zuzuordnen. Es wurde sogar hier und da gegrillt. Genau machte mir Sorgen, denn es roch eindeutig stark nach schmorendem Plastik. Der Grund war auch bald ausgemacht: Jemand hatte im Anflug hinreißedner Genialität ein Paket Würstchen auf den Grill geworfen und der langsam zunehmende Gestank kündete eindrucksvoll davon, warum auf den Klarsichtkondomen mancher Aufbackware zu lesen steht: "Folie vor Zubereitung entfernen."

Es gab so viele heranwachsende menschliche Katastrophen zu sehen, dass es mir schwer fällt, mich an jede einzelne zu erinnern. Über die meisten senkt mein Gedächtnis gnädig den Vorhang des Vergessens. Einige Erinnerungen werden mich allerdings für lange Zeit begleiten, befürchte ich. Schön zu wissen, dass ich mit meinen Erlebnissen und dem damit verbundenen Grauen nicht alleine bin. Inmitten der Horden der sich besaufenden und in die Büsche kotzenden Nachwuchsbildungselite standen hilflos und sehr sehr einsam vier heranwachsende, die eindeutig nichts, aber wirklich gar nichts mit den sie umgebenden Junkies verband.

Eindeutig waren sie als irgendwie dem Migrationshintergrund verbunden zu erkennen. Ihr Outfit entsprach dem derzeit in jenen Kreisen üblichen Klischees. Und zwar allen. Gleichzeitig. Inklusive Baseballcaps aus Plastik, viel zu klein und nur durch angetrocknetes Haargel auf dem Kopf gehalten. Diese vier taten mir wirklich leid. Hilfloses Entsetzen war ihren Mienen abzulesen. Sie wussten, dass dies eigentlich ihr angestammter Paradeplatz sein sollte. Eigentlich sollten sie diejenigen sein, die hier Aufsehen und Aufmerksamkeit erregen und durch ihre Andersartigkeit provozieren sollten.

Heute jedoch sahen sie, wahrscheinlich zum ersten und gleichzeitig letzten Mal in ihrem Leben, wie hoch die Quote Ihresgleichen im Vergleich zu "den anderen" tatsächlich war. Nirgends war irgendjemand zu sehen, der ihnen auch nur ansatzweise ähnlich war und was wohl für das eigene Ego noch viel schlimmer war: Niemand, absolut gar keiner interessierte sich auch nur einen gepflegten Scheiß dafür, dass die vier gestriegelten Bubies eigentlich Fußball spielen wollten.

Die Gesellschaft ließ ihnen genau jenes Maß an Aufmerksamkeit zukommen, dass sie wahrscheinlich auch nach Abschluss ihrer Adoleszenz erleiden werden, nämlich gar keine. Überhaupt keine. Nada. Null. So standen die vier hilflos und überwältigt inmitten des sich um sie herum ausbreitenden Chaos und hielten sich abwechselnd panisch am mitgebrachten Fußball fest. Ich werde nie erfahren, ob es die Faszination oder nackte Angst war, die sie an ihrem Platz fesselte, aber beides dürfte gleichermaßen wahrscheinlich sein.

Egal wie. Der Tag wollte mit einem privaten Grillfest beendet werden, darum blieb es bei dem insgesamt sehr kurzen, aber dennoch sehr beeindruckenden Exkurs in die zukünftige Generationen von Akademikern - Ich bezweifle, dass irgendjemand mein stummes Gebet erhörte und diese einmalige Chance zur Bereinigung des Genpools genutzt hat.

Andererseits berichtet die Tagesschau, dass gestern der 82jährige Seniorchef der "Europa-Schule Dr. Obermayr" in Wiesbaden irgendwie von meinem Stoßgebet gewusst haben muss. Der demonstrierte nämlich an eben jener Grundschule eindrucksvoll Geschichtsunterricht zum Anfassen. Mit originalen Uniformteilen, Silvesterknallern und allem drum und dran erschreckte er die Kinder mit einer wohl etwas zu lebensechten Darstellung des Endes des Zweiten Weltkrieges. Die Kinder flüchteten massenweise panisch vor der Darstellung und erst wütende Proteste der Eltern beendeten dieses Experiment "moderner Mitmachpädagogik".

Vielleicht besteht doch noch Hoffnung.

Freitag, 9. Mai 2008

Hoffnungsschimmer

Schule Unterricht Tafel Klasse LehrerBildung und Deutschland - dieses Thema scheint sich immer mehr zu einem Oxymoron zu entwickeln. Deutschland verbessert die Bildung seiner Bürger offensichtlich nicht, sondern tut alles dafür, dass Qualität und Quantität der Bildung möglichst schnell herunter gefahren werden. Man denke nur an die Rechtschreibreformen, die Umstellung auf Bachelor und Master, das Abitur nach 12 Schuljahren und so weiter und so fort.

Erstaunt es, dass sich die Industrie, die vehement die Einführung der international vergleichbaren Studienabschlüsse gefordert hat heute darüber lamentiert, dass diejenigen Studenten, die heute ihren Abschluss machen, irgendwie dramatisch hinter dem gewohnten Leistungsniveau zurückbleiben? Wundert sich irgendjemand darüber, dass an immer weniger Universitäten immer weniger Forschung betrieben wird? Sicher nicht.

Wir sind mit unseren Reformen aber noch lange nicht am Ende, denn noch gibt es genügend Ansatzpunkte, um auch noch den letzten Rest der trotz KMK und Politik halbwegs funktionierenden Bildungsvermittlung zu vernichten. Zu den jüngsten Ideen gehört zum Beispiel das Abschaffen des Sitzenbleibens. Was sich ersteinmal gut anhört, sollte man sich besser mehrmals überlegen. Die Idee ist, dass "Sitzenbleiber" überproportional benachteiligt werden und letztendlich das Wiederholen des Schuljahres erheblich weniger Vorteile mit sich bringt.

Das mag sich auf dem Papier gut anhören. In der Praxis werden Lehrer jedoch dazu aufgefordert, die völlig indiskutablen Leistungen der schlichtweg völlig unfähigen und / oder überforderten Schüler schönzureden. Lehrer dürfen zum Beispiel das Schriftbild benoten. Ja, genau. Zusatzpunkte für eine schöne Handschrift. Wundervoll. Ich warte noch auf frei verteilbare Bonusnoten für Singen und Klatschen. Dabei sind es aber nicht die Lehrer, die sich so etwas von selber ausdenken. Im Gegenteil. Der Druck kommt von oben, aus den Ministerien und Regierungen, wie die Welt berichtet.

Es gilt der Grundsatz: "Eine Fünf im Jahreszeugnis stehe für pädagogisches Versagen des Lehrers." Was das im Klartext für den tatsächlichen Bildungsstand der Schüler bedeutet, darf sich jeder selber ausmalen. Damit aber nicht genug. Auch der Schulabschluss als solches wird deutlich egalisiert. Zwar berichtete neulich noch die Zeit davon, dass zwei von 10 Abiturienten ihre Abiturprüfungen durch Medikamente substituierten, ohne die Frage zu stellen, ob das nun gut oder schlecht wäre, aber erst die Süddeutsche zeigte, weswegen Abiturienten heute panisch Pillen fressen.

Den Lehrern kann es da nicht viel besser gehen. Unvergessen:
"In den letzten 20 Jahren ist immer vor allem das untere Drittel eines Abiturjahrgangs Lehrer geworden. Natürlich mit Ausnahmen, aber es gibt eine Tendenz, dass eher die schlechteren Schüler den Lehrerberuf ergreifen, weil sie sich in anderen Berufsfeldern weniger Chancen ausrechnen." Professor Udo Rauin, Uni Frankfurt am Main
Das hat sich auch in höheren kreisen herumgesprochen. Damit die Auswirkungen nicht zu desaströs sind, hat man sich "da oben" etwas ganz Tolles ausgedacht, wie die Frankfurter Rundschau berichtet: Zukünftig sollen Gymnasiallehrer an Grundschulen unterrichten.

Na wenn das nicht Hoffnung macht...

Samstag, 29. März 2008

Abklatschen

...naja, noch immer besser, als Cornelia mit der Dachlatte abzuklatschen.

(Danke Yvonne)

Donnerstag, 13. März 2008

Raumfrage

Schulen sind Orte, an denen Bildung vermittelt werden soll. Zwar sind unsere Schulen nicht nur wegen des ihnen zugrunde liegenden Bildungssystems umstritten, sondern unter anderem auch nicht selten wegen der dort tätigen Lehrer. Trotzdem sind Schulen für alle in erster Linie eins: Schulen.

Für alle? Nein, offenbar nicht für alle. Das Verwaltungsgericht Berlin stellte fest, dass die Freiheit der Religion, ein durch die Verfassung garantiertes Grundrecht, von Schulen nicht eingeschränkt werden darf. Dieses Grundrecht umfasst auch das Recht, "den Glauben zu bekunden", so das Gericht. Das Diesterweg-Gymnasium in Berlin Wedding habe nicht nicht darstellen können, dass es durch das Gebet des muslimischen Schülers zu Beeinträchtigungen im Schulbetrieb kommen könne, so das Gericht.

Es kommt aber noch besser: Das friedliche Zusammenleben in einer bekenntnisfreien(!) Schule erfordere es auch, "dass die Schüler lernten, die religiöse Überzeugung anderer zu tolerieren und zu respektieren". Und damit es nicht etwa zu Problemen komme, weil sich irgendjemand durch das Ausüben seines Glaubensrituals belästigt sieht, habe die Schule "ein ungestörtes Beten in einem für andere nicht ohne weiteres zugänglichen Bereich des Schulgeländes ermöglichen".

Mal nachrechnen... Nimmt man nur Katholiken, Evangelen, Buddhisten, Hindus, Moslems und Juden, dann kann die Schule schon mal sechs Räume freimachen (vorausgesetzt, Religionskriege solen verhindert werden), rechnet man noch Zeugen Jehovas, Freimaurer, Scientology, das Spghettimonster und den großen Uwunga vom Planeten Zempf und so weiter mit dazu, kann die Schule ein neues Gebäude in Auftrag geben. Sollte dieses Urteil so Bestand haben, dann hat dieses Problem nicht nur diese eine Schule am Arsch der Welt, sondern jede Schule in Deutschland.

Was wir nicht durch Bürokratie und schlichte Dummheit an unserem Bildungssystem plattsanieren, das randalieren wir schon irgendwie anders, keine Bange. Und das Geld, dass wir ins Bildungssystem umleiten, das geben wir schon irgendwie aus, ohne dafür Bildung zu schaffen. Warum schicken wir die Blagen eigentlich nicht gleich in Kirchen und Gebetshäuser und wie sie alle heißen, damit sie sich da unterrichten lassen? Bestimmt können Prediger und Dogmatiker hochqualifizierte Fachkräfte hervorragend ausbilden...

(Quelle: Tagesspiegel)

Montag, 3. März 2008

Überschrift des Tages (62)

Auch die Russen wollen eine eigene Schule
Als nächstes dann noch eigene Schulen für jede Volksgruppe, Minderheit, Partei, Haarfarbe, Religion und so weiter. Danach eigene Firmen, weil die individuelle Bildung ja nur in der Herkunft und Abstammung angepassten Betrieben integrationsgerecht umgesetzt werden kann. Das macht natürlich auch eigenes Geld notwendig, das in den eigenen Bezirken ausgegeben werden kann. Dafür braucht es selbstverständlich auch eigene Regierungen, eigene Rechtsprechung... Warum eigentlich nicht gleich eigene Staaten? Warum sind die Leute überhaupt hier hin gekommen, wenn sowieso alles besser ist, was sie da schon hatten, wo sie ursprünglich herkamen? Ich mein, ok, unsere Schulen sind nicht die Besten, aber so schlecht sind die nun auch wieder nicht...

(Quelle: Frankfurter Rundschau)

Donnerstag, 14. Februar 2008

Bildungsfragen

Schule Unterricht Tafel Klasse LehrerFür Verwirrung sorgt immer wieder das Thema "Schule". Wurde neulich erst in einer Studie belegt, dass die meisten Lehrer ihren Job eher notgedrungen und in erster Linie aus Bequemlichkeit ausüben, verwunderte dann die Ankündigung, dass sie jetzt auch noch streiken wollen. "Na gut", denkt man sich, "sollen sie doch." Schließlich darf jeder irgendwelche Wünsche und Forderungen haben. Dass es bei diesen Forderungen allerdings um das Gehalt und nicht um das System der Bildung in Deutschand insgesamt geht, verwundert wohl niemanden.

Wen verwundert es, dass die Universitäten und die Politiker basserstaunt darüber sind, dass seit Einführung der Studiengebühren die Anzahl der Erstsemesterstudenten bundesweit kontinuierlich zurückgeht? Auch dürfte kaum jemanden ernsthaft überraschen, dass die Umstellung von Magister- und Diplomstudiengängen auf Bachelor und Master nicht etwa dazu geführt hätte, das mehr Studenten ihr Studium erfolgreich beenden, sondern das Gegenteil ist der Fall. Das zeigt eine Studie des Hochschul-Informations-Systems, die jetzt veröffentlicht wurde. Die Universitäten rudern hilflos mit den Armen. Natürlich sei ihnen klar, dass man denselben Stoff "wie früher" in erheblich weniger Zeit durchzudrücken versuche und selbstverständlich wären erheblich kleinere Lerngruppen und deutlich bessere Betreuung notwendig, aber dafür sei eben kein Geld da.

Wenn die Unsesco jetzt aber von Deutschland verlangte, dass wir mehr für die Bildung in anderen Ländern tun, was möchte man dann der Unesco dann antworten? Eine ganze Menge, nehme ich an. Nun, ich bin gespannt, was die Bundesregierung auf den Bericht der Unesco antworten wird, der im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vorgestellt wurde. Darin hieß es nämlich, dass Deutschland viel zu wenig für die Grundbildung in armen Ländern täte und sich viel zu sehr auf die Sekundarstufe und die Weiterbildung konzentriert.

Mal ehrlich: Die Unesco kennt doch unser Schulsystem. Was erwarten die eigentlich? Erwarten die wirklich, dass wir anderswo besser machen, was wir im eigenen Land schon nicht auf die Reihe bekommen?

(Quelle: Bundestag, Tagesschau)

Freitag, 1. Februar 2008

Umdenken

Schule Unterricht Tafel Klasse LehrerSeit Generationen praktizieren Lehrer ein Ritual, dass fast allen Schülern gehörig auf die Nerven geht: Hausaufgaben. Immer und immer wieder verteilen Lehrer Hausaufgaben. Sie behaupten, dass dadurch das gelehrte Wissen vertieft wird, Verständnis und Erkenntnis befördert werden und generell Hausaufgaben eine gute Sache™ wären. Schüler, generell als unwillig und faul abgestempelt, beurteilen das seit mindestens ebenso langer Zeit vollkommen anders. Wer hat Recht?

Die Technische Universität Dresden hat sich mit dieser Frage beschäftigt und die Ergebnisse sind nicht gerade beruhigend: Hausaufgaben haben keinen Effekt auf Leistungen in der Schule und helfen den Schülern nicht. Prof. Dr. Hans Gängler von der Fakultät Erziehungswissenschaften der TU Dresden:
"Gute Schüler werden durch Hausaufgaben nicht unbedingt noch besser und schlechte Schüler begreifen durch bloßes Wiederholen noch lange nicht, was sie schon am Vormittag nicht richtig verstanden haben."
Auf die Zeugnisnoten haben Hausaufgaben keinen nachweisbaren Effekt. Es ist völlig egal, wann oder ob ein Kind die Hausaufgaben überhaupt macht oder eben nicht. Während der Studie wurden 500 Lehrer befragt, wie sie selber zu Hausaufgaben stehen. Ein Drittel der Lehrer gab zu, dass sie überhaupt nicht einschätzen könnten, ob Hausaufgaben den Schülern überhaupt etwas bringen, obwohl sie bei drei Vierteln ihrer Schüler noch nie einen Effekt beobachten konnten. Die Schüler wiederum gaben in der Studie an, dass sie zwar bei betreuten Hausaufgaben weniger Fehler machen, aber nur ein Drittel aller befragten Schüler glaubt an positive Auswirkungen auf die Zeugnisnote.

Die Wissenschaftler fordern deshalb, dass an Schulen endlich eine zeitgemäße Methode der Wissensvermittlung angewandt wird. In Sachsen werden deshalb zur Zeit an einigen Ganztagsschulen verschiedene Modelle erprobt und an zwei Schulen wird bereits komplett auf Hausaufgaben verzichtet. Nach den Vorstellungen der Wissenschaftler sollten Schüler nicht stupide irgendwelche Aufgaben abarbeiten, sondern gezielt an ihren Defiziten arbeiten. Allerdings sei dafür pädagogische Betreuung unabdingbar.

Das wichtigste Fazit der Wissenschaftler: Lehrer sollten ihren Schülern im Unterricht lieber Lernstrategien vermitteln und Inhalte durch Übungs- und Förderangebote vertiefen, denn dann könnten Lehrer vollends auf Hausaufgaben verzichten, die nicht mehr sind als ein pädagogisches Ritual. Fraglich ist allerdings, ob die Lehrer schon für diese Erkenntnis bereit sind. Vermutlich nicht, denn dann müssten sie sich ja plötzlich viel mehr Unterrichtszeit mit echten Inhalten füllen und sich mit Schülern wirklich auseinandersetzen...

(Quelle: dpa)

Montag, 28. Januar 2008

Bildung am Grill

Hamburger Graduated Cap DiplomSchule ist scheinbar ein total überholtes Auslaufmodell. Werden bei uns bislang nur Studiengänge bei Tschibo verkauft, ist man im Inselkönigreich auf der anderen Seite des Kanals schon zwei Schritte weiter. Da kann man sich das Abitur zwar nicht kaufen, dafür aber direkt beim Arbeitgeber machen. Arbeitnehmer von Flybe, Network Rail und McDonalds können bei ihren Arbeitnehmern an innerbetrieblichen Ausbildungen teilnehmen, die der Allgemeinen Hochschulreife (Abitur) gleichgestellt sind.

McDonalds kündigte an, dass man bereits ab Februar damit beginnen werde, eine zum betrieblichen Abitur führende Ausbildung zum Schnellimbiss-Filialleiter anzubieten. Den Teilnehmern wird dabei alles erforderliche Wissen vermittelt, um ein Restaurant der Systemgastronomie zu führen. Dazu gehören unter anderem auch Marketing, Personalführung und Kundenbetreuung.

Ich finde es wirklich gut, wenn Firmen ihren Mitarbeitern Angebote zur Weiterbildung machen, mit denen die auch wirklich etwas anfangen können. Allerdings frage ich mich, ob es nicht vielleicht ein Schritt in die falsche Richtung ist, dem Stammpublikum der Fressbuden den Eindruck zu vermitteln, dass man es als Bulettenwender in Teilzeit zum Doktortitel bringen könnte...

Donnerstag, 24. Januar 2008

Lehrer - Faul aus Prinzip und weltfremd per Dekret?

Schule Unterricht Tafel Klasse LehrerWir schreiben das Jahr 2008. Dieses Jahr ist ein besonderes Jahr. Nicht nur, weil es ein Schaltjahr ist, sondern auch, weil es ein Wissenschaftsjahr ist. Und dieses Jahr ist das Jahr der Mathematik. Ein Großteil der Menschen in Deutschland hat zur Mathematik ein besonderes Verhältnis, nämlich ein schlechtes. Ziemlich viele Menschen bringen hierzulande in erster Linie Begriffe wie "langweilig", "weltfremd", "kompliziert", "zu abstrakt", "zu schwer" und so weiter mit der Mathematik in Verbindung. Selbst Wissenschaftler dieser Fachrichtung wissen das sehr genau und suchen die Ursache dafür nicht in der Mathematik selber, denn die ist für sich gesehen nicht schwerer oder leichter als andere Fächer.

Stattdessen verweisen sie auf die Methodik, mit der Schülern der Zugang zur Mathematik aufgezwungen wird. Dort sind in erster Linie die Fehler zu suchen. Die Herangehensweise der Schulen und Lehrer an die Mathematik mache das Fach zu etwas, was nichts mit der realen Welt, dem wahren Leben zu tun habe. Vielmehr werde das Fach zu einem statischen Kunstwerk hochstilisiert, dessen einzige Daseinsberechtigung in einer völlig wirklichkeitsfremden absoluten Perfektion zu suchen ist. Dem widersprechen Lehrer nicht, im Gegenteil. In einer vor einigen Tagen vom 2DF ausgestrahlten Reportage bestätigte ein Lehrer eines Gymnasiums, dass man zwar den Unterricht gerne praxisorietniert gestalten würde, das aber wegen der Lehrpläne nicht möglich sei, denn die sind "Gesetz".

Dazu kommt noch ein weiteres, sehr schwerwiegendes Problem. Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt haben über einen Zeitraum von 12 Jahren 1.100 Lehrer von Pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg vom Studium bis in den Beruf begleitet. Die Ergebnisse wurden jetzt in "Forschung Frankfurt" veröffentlicht und machen Angst: Wer in Deutschland studiert, weil er Lehrer werden will, macht das sehr oft aus Verlegenheit. 60 Prozent derjenigen, die sich im Beruf über die Belastungen beklagen, waren schon im Studium überfordert. Von denen, die schon im Studium voll bei der Sache waren, beklagten sich dagegen später nur 10 Prozent über die Belastungen im Beruf.

Andere Erkenntnisse der Studie zeigen noch deutlicher, dass die Ausbildung zu einem der für die Gesellschaft wichtigsten Berufe überhaupt oft von Abiturienten ergriffen wird, denen jede Vorstellung und Perspektive ihrer eigenen Zukunft fehlt:

» 25 Prozent aller in der Studie befragten Studienanfänger gaben an, dass das Studium nur eine Notlösung ist. Lehrer wollten sie eigentlich nicht werden. Immerhin die Hälfte dieser Gruppe setzte das Studium trotzdem fort.

» 27 Prozent der Befragten halten sich selber für nicht oder wenig aufgeschlossen gegenüber anderen Menschen, halten sich für nicht oder wenig engagiert und attestieren sich selber eine geringe berufliche Motivation. Trotzdem halten alle der sich so äuernden an ihrem Berufsziel fest.

» Mehr als 50 Prozent der befragten Studenten gaben an, dass der Wunsch, in der Nähe des Heimatortes studieren und später arbeiten zu können ihre Entscheidung beeinflusst habe oder die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz und ein überschaubares Studium bei der Studienwahl eine Rolle spielte.

Professor Udo Rauin, Leiter der Studie:
"Etwas überspitzt könnte man formulieren nicht nur geborene Erzieher drängen ins Lehramt, sondern oft auch Pragmatiker oder Hedonisten."
Die Studie zeigt deutlich auf, dass die geringen Anforderungen im Studium und das daraus resultierende Übermaß an Freizeit wichtig bei der Entscheidung für den Beruf des Lehrers sind. Wen verwundert da, dass bei etwa 60 Prozent aller Lehramtsstudenten der Abischnitt im unteren Drittel liegt?

Besonders das Lehramt für Haupt- und Realschullehrer skizziert die Studie dramatisch schlecht. Professor Rauin:
"Dieser Bereich wird häufig als ein Verlegenheitsstudium gewählt, weil man bestimmte andere Studiengänge nicht wählen konnte."
Einerseits ist es irgendwie schon befriedigend zu sehen, dass diese Langzeitstudie bestätigt, was schon seit Ewigkeiten ein offenes Geheimnis ist: Lehrer sind oft einfach faule, bequeme Menschen. Aber trotzdem macht das weder Hoffnung noch beruhigt es, denn Veränderungen am System und am Studium durch die Politik oder die Kultusministerkonferenz oder die Hochschulen sind nicht zu erwarten. Welche Krähe hackt schließlich der anderen ein Auge aus?

(Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Dienstag, 8. Januar 2008

Mangel an Schuld

In der Süddeutschen steht:
"Bayerische Lehrer fürchten laut einer Studie, ihre Schüler mit dem Thema Holocaust nicht mehr erreichen zu können. Die Schüler würden kaum Betroffenheit zeigen."
Kein Wunder. Irgendwann setzt einfach Übersättigung ein und wohl kaum irgendjemand ist bereit sich über Generationen hinweg einreden zu lassen, er sei "schuld" und "verantwortlich" dafür, was Jahrzehnte vor der Geburt seiner eigenen Eltern geschah. Die Lehrer - ausgerechnet die aus Bayern! - beklagen "fehlende Betroffenheit"? Kein Wunder! Bei der Art der Vermittlung gerade dieses Schulstoffs wundert es mich nicht, dass immer mehr Schüler ihren Lehrern erklären, sie sollten doch bitte andere "mit dem Scheiß nerven".

Bedauerlich, aber wahr: Den Lehrern fehlt zu oft das Verständnis dafür, dass sie nicht Schuldgefühl um das Geschehene, sondern Begreifen der Zusammenhänge und daraus resultierend Verantwortungsbewußtsein vermitteln müssen. Das wiederum erfordert aber, dass die Lehrkräfte bereit dazu sind, sich mit ihren Schülern und deren Lebenswelten aktiv auseinandersetzen. Wie hoch allerdings die Bereitschaft dazu ist, zeigt exemplarisch das hartnäckige Klagen einiger Hardcore-Vorbildlehrer gegen Spickmich.de sowie das Diskutieren über die Probleme der Schüler, anstatt mit ihnen.

(Quelle: Süddeutsche Zeitung, danke drb)

Freitag, 30. November 2007

Spielverderber!

Schule Unterricht Tafel Klasse LehrerSchule ist - wir alle wissen es - ein Politikum. Und ein Trauerspiel. Ein Possenspiel und eine Lachnummer ist es auch. Je nach dem, wen man gerade so alles fragt. Pünktlich in die endlich zum großen Vergnügen von Politik und Kultusministerkoferenz eingekehrten Ruhe um die elende Debatte um das verrampelte Schulsystem in Deutschland platzt die Bombe der aktuellen Pisa-Studie. Geplant war eigentlich, die Ergebnisse als "tollen, bahnbrechenden, weltbewegenden Erfolg" zu feiern, endlich den pissigen Besserwissern in der Bevölkerung mal so richtig zu zeigen, wie geil unsere Schule eigentlich ist und was passiert?! Irgendeiner kommt an und fährt so richtig volles Mett in die noch nicht mal ganz aufgestellte Parade.

Was ist passiert? Die Ergebnisse der Pisa-Studie (und einiger anderer Untersuchungen) gelten bis zu einem bestimmten Stichtag als "geheim". Man darf nicht darüber reden und niemand darf irgendetwas darüber wissen. Sonst geht die Welt unter. Oder der Russe kommt. Oder irgendwie sowas. Jedenfalls, das Stichdatum der aktuellen Pisa-Studien ist eigentlich der kommende Dienstag. Jemand aber, der bei den Studien mitmachen darf, nämlich der Herr Schleicher, hat schon mal vorab aus dem Nähkästchen geplaudert und eine eigentlich wundervolle Medieninszenierung des inzwischen scheinbar zum deutschen Garanten für Misserfolge, Pleiten, Pech und Pannen mutierten, in den Augen der meisten völlig weltfremden Verwaltungsmollochs, der KMK, gründlich versaut.

Nachdem Deutschland einige Male in Folge vor der versammelten Weltöffentlichkeit so richtig mit Schwung und Anlauf um die Ohren geballert bekam, wie Kacke unser Schulsystem und unsere Bildung eigentlich wirklich sind, hat die politische Elite der OECD mal gezeigt, wo der Hammer, beziehungsweise der Geldsack, hängt. Wie es offiziell heißt "auf Bitten Deutschlands", was aber wahrscheinlich genau so gut heißen kann "auf klare Anweisung einiger Polit-Bonzen", wurde die Studie angepasst. Jetzt werden plötzlich Umweltfragen berücksichtigt. Und Fragen über naturwissenschaftliche Verfahren.

Wie auch immer, jedenfalls kaum wird die Studie umgebaut, schon - schwuppdiwupp - schneidet Deutschland besser ab. Bei naturwissenschaftlichen Aufgaben schafften unsere Nachwuchseliten diesmal im Durchschnitt 516 Punkte. Vor drei Jahren waren es nur 502 Punkte in den Naturwissenschaften, 503 Punkte in Mathematik und 491 Punkte beim Lesen. Eine Steigerung um - großzügig gerechnet - 20 Punkte. Wer jetzt aber befürchtet, Deutschland wäre damit plötzlich bestes Pferd im Stall, der kann sich gaaanz entspannt wieder hinlegen. Keine Panik. Erreichten wir 2003 noch Platz 18 von 40 Teilnehmern, schafften wir jetzt doch tatsächlich schon Platz 13 von 57 Teilnehmern.

Das klingt ja erstmal toll. Von Platz 18 auf Platz 13, das ist doch schon richtig Leistung! Genau das wollte die KMK auch als "Erfolg" verkaufen und sich so richtig schön feiern. Denkste, Puppe. Matthias Rumpf, Pressesprecher des Berlin Centre der OECD verkündete denn auch, dass man aus den neuen Ergebnissen der deutschen Schüler nicht den Schluss einer Verbesserung ziehen dürfe. "Wegen der unterschiedlichen Aufgaben kann man die Testergebnisse von früher nicht mit den jetzigen Ergebnissen vergleichen." Peng! Der saß.

Und nu ist richtig Achterbahn bei der KMK. Zeter und Mordio wird geschrieen und die Meute will Blut und verlangt den Kopf des Herrn Schleicher, der nicht nur die Ergebnisse vor dem Stichtag verriet, sondern auch noch die schöne Feier versaute. Zwar versucht die von deutschen Geldern nicht eben unabhängige OECD die Wogen zu glätten und verkündet in einer Pressemitteilung, dass Deutschland "zum ersten Mal signifikant über dem OECD-Durchschnitt liegt". Aber dennoch: Die Party ist geplatzt und die Bonzen sind stinkig. Die Minister sind "grob verärgert", wie es Karin Wolff, Sprecherin der CDU/CSU-Kultusminister verkündete.

Im Ernst meine Damen und Herren Kultusminister, hackts? Jetzt mal im Ernst: Ist das etwa wirklich alles, was man von diesem Hochbezahlten Tagungs- und Debattierclub zu erwarten hat? Eine aufgeplusterte Horde keifender Sesselpupser, die sich wie die Blöden ereifern? Ausgerechnet solche hochbezahlte Fachleute sollen sicherstellen, dass Deutschland den Anschluss an die Spitze der Bildung und Forschung in der Welt nicht verliert beziehungsweise überhaupt erst einmal in die Nähe der Spitze kommt?

Es geht hier nicht um den Unterschied von Platz 50 zu Platz drei oder vier, wir reden hier vom lächerlichen DURCHSCHNITT des OECD-Standards aller teilnehmenden Staaten. Deutschland hat mal gerade eben so den Sprung über den Durchschnitt geschafft. Deutschland, eins der reichsten und angeblich tollsten und besten Länder dieser Erde schafft gerade mal eben so, sich mit mauscheln und tricksen und Studie anpassen über den Durchschnitt zu erheben? Und damit soll jetzt plötzlich alles toll sein?

Unser Bildungssystem, dessen angeblich hochqualifizierte Lehrkräfte sich nicht entblöden medienwirksam vor Gericht zu ziehen (und mit Pauken und Trompeten in allen Instanzen zu verlieren), weil diejenigen, die mit ihnen Tag für Tag konfrontiert sind, öffentlich über sie ihre Meinung sagen, soll plötzlich totengeil sein? Ein Bildungssystem, dass es nicht auf die Reihe bekommt, seine Absolventen vernünftig auf die eigenen Hochschulen vorzubereiten, so dass immer wieder ganze Stoffblöcke mehrerer Schuljahre in ein, zwei Vorlesungsstunden an den Universitäten den Studenten endlich einmal klar und verständlich vermittelt werden?

Die Kritik der UN über die Benachteiligungen, die unser ach so tolles Bildungssystem seinen Zwangsteilnehmern aufhalst, ist plötzlich weggeblasen und hat nie existiert? Das aus der Steinzeit stammende, mit Gewalt auf irgendwelche politischen Ziele und Sparmaßnahmen zurechtgedängelte Schulsystem soll plötzlich ach so toll sein?

Glaubt ihr Euch das eigentlich selber?

(Quelle: Tagesschau, Spiegel)

Sonntag, 11. November 2007

Zu viel geraucht?

Marihuana Hanf CanabisGerade erst wurde nachgewiesen, dass man sich durch langjähriges Kiffen ziemlich übel die Lunge randalieren kann (nicht nur wegen des Tabaks, sondern wegen der Hanffasern, die sich in der Lunge anlagern und so zu Entzündungen führen), kommen mir zwei Ideen aus der Politik in die Finger, bei denen ich mir dann doch so die eine oder andere Frage stelle.

Zum Einen sind FDP und die Grünen auf die schon fast glorreich zu nennende Idee gekommen, dass die DDR-Geschichte im Lehrplan verankert werden soll. Schüler sollen ihrer Vorstellung nach verpflichtend die Gedenkstätte Hohenschönhausen besuchen. Diese Reaktion auf die Studie der Freien Universität Berlin zeigt mal wieder, wie Politik funktioniert. In der Studie war gezeigt worden, dass unter 2400 Gymnasiasten und Gesamtschülern der neunten bis elften Klasse in Berlin viele Schüler nicht wissen, wer die Mauer gebaut hat, welche Rolle die Staatssicherheit spielte und dass die DDR keine Demokratie war. Das Fazit des Leiters der Studie, Professor Klaus Schroeder, lautete:
"Die meisten Schüler wissen so gut wie nichts über die DDR"
Fast ein Viertel der Schüler hat zugestimmt, dass die DDR keine Diktatur war, sondern sich die Menschen nur wie überall anpassen mussten. Fast ein Drittel meinte, die "Staatssicherheit" sei ein ganz normaler Geheimdienst gewesen. Jeder Fünfte ist davon überzeugt, dass die Planwirtschaft in der DDR nicht besser oder schlechter, sondern nur anders war. 13 Prozent der Jugendlichen glauben, dass die westlichen Alliierten die Erbauer der Mauer sind und Helmut Kohl aus der DDR stammt.

Natürlich hat dieses profunde Geschichtswissen nichts mit der etwas desolaten Lage im deutschen Bildungssystem zu tun oder etwa damit, dass vernünftig ausgebildete Lehrer den Schulbehörden zu teuer sind und daher lieber durch ungelernt Aushilfskräfte ersetzt werden. Da hilft so ein verpflichtender Besuch natürlich ungemein. Prima Plan, nicht wahr?

Damit aber die Unruhe im Volk nicht noch größer wird bei den nächsten Grundrechtseinschnitten und Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte sich besser den echten Problemen (Daten sammeln und auswerten) widmen können, haben die Grünen gleich noch einen nachgelegt. Außerdem ist das Gesundheitsrisiko durch gestrecktes Dope viel zu hoch. Darum sollten Kiffer, die selber Pflanzen großziehen, von einer Strafverfolgung befreit werden. Als "Heimbedarf" geht man bei den Grünen von fünf Pflanzen pro Haushalt aus.

Wen kann man hier in Deutschland eigentlich noch wählen?

(Quelle: n-tv, Berliner Morgenpost)

Freitag, 9. November 2007

Ausverkauf?

Ich kenne Menschen, die studieren BWL. Ich kenne auch Menschen, die andere Menschen kennen, die BWL studieren. Ich kenne auch Menschen, die studieren was, was entfernt mit BWL zu tun hat. Den meisten dieser Leute ist gemeinsam, wie sie über das Studium urteilen. Ich will da jetzt nicht ins Detail gehen, aber "Singen und Klatschen" wird häufiger genannt. Meistens war ich - dank meiner seeligen Unkenntnis über die Details dieses Studienfachs - davon überzeugt, dass die so urteilenden Leute eher gefrustet ob des hohen Anspruchs der Lehrinhalte sind. Oder ich glaubte auch einfach nur an profunden Neid, der aus ihren Worten spricht.

Nun, ich glaube, ich habe mich geirrt. Ein großer deutscher Kaffeehändler bietet heute der interessierten und Internet befähigten Hausfrau die wohl ultimative Beilage zu Kaffee, Kuchen und Doku-Soap an: Das 3-jährige Fernstudium Dipl. - Betriebswirt/in (FH) an der Privaten Fachhochschule Göttingen (PFH). Siehe auch das Bild rechts oben an diesem Artikel.
"Das BWL-Fernstudium an der PFH ist die richtige Wahl für alle, die aktiv und zielgerichtet ihre berufliche Zukunft gestalten wollen. Auch für Sie können sich neue Karrierewege eröffnen."
Nun, das mag ja stimmen, aber BWL als Ramschartikel im Kaffeeladen? Und das soll mir jetzt vertrauen in unsere Wirtschaft geben? Ernsthaft? Gibt demnächst auch Grundschullehramt bei Aldi und das Maschinenbaustudium zum Abo der FAZ dazu?

(Danke drb)

Donnerstag, 27. September 2007

Buch und Bildung (2)

BücherEnde Juli 2007 kam die ehemalige Kultusministerin und jetzige Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan (CDU), auf die naheliegende Idee, dass die Sache mit den Qualitätsunterschieden der Bildungsabschlüsse irgendwie nicht so die Wende ist. Sie brachte - unter anderem - die Idee in ins Gespräch, dass die Schulbücher für alle Bundesländer einheitlich sein sollten. Sie erhielt übel Gegenwind, unter anderem auch von ihren eigenen Parteigenossen, zum Beispiel vom niedersächsischen Kultusminister Bernd Busemann (CDU). Der sagte nämlich:
"Wir wollen den Schulen doch gerade mehr Freiheiten geben, damit sie ein eigenständiges Profil herausbilden können."
Insgesamt geriet die Diskussion bald wieder in Vergessenheit, denn die Politiker haben ja schließlich ihre Lobby zu schützen, der sie ja gerade erst mit Verabschiedung des nächsten "Korbes" der Urheberrechtsnovelle quasi eine Lizenz zum Gelddrucken geschenkt haben (Stichwort: Rückkauf der eigenen Forschungsergebnisse). Wie dem auch sei, so ganz in Vergessenheit geriet das Thema nicht, denn die Stiftung Warentest dachte sich wohl: "Mal schauen, was da so dran ist an dem Qualitätsstandard der deutschen Schulbücher." Darum testete man dort 17 Schulbücher. Exemplarisch wurden aktuell in den Schulen verwendete Bücher für die Klassen 7 bis 10 des Gymnasiums aus den Fächern Biologie (10 Bücher) und Geschichte (7 Bücher) ausgewählt und geprüft.

Wir erinnern uns noch selber an unsere Schulbücher und damals wie heute kritisieren besonders Schüler die unnötig komplizierten Texte, die unverständlichen und verklausulierten Erklärungen und die insgesamt wenig paxisbezogene Gestaltung der Lehrmaterialien. Aber von diesen noch diskutierbaren Mängeln abgesehen kamen die Tester noch zu ganz anderen Ergebnissen. Sie beurteilten sachliche Richtigkeit, fachliche Eignung und didaktische Qualität.

Dr. Holger Brackemann von der Stiftung Warentest fasst das Ergebnis im Kern zusammen:
"Auffällig war, dass wir in sehr vielen Schulbüchern Fehler gefunden haben, teilweise sogar auf jeder geprüften Seite einen Fehler, und dass auch die didaktische Qualität, das heißt also im Aufbau und der Nutzerfreundlichkeit, in der Verständlichkeit der Texte, deutliche Unterschiede bei den Schulbüchern festzustellen waren."
Bitte was?! Auf JEDER geprüften Seite ein sachlicher Fehler? Also nicht etwa Rechtschreibung oder Satzbau, sondern so richtig voll daneben? Quasi "total falsch"? Und dann auch noch die wenig schmeichelhafte Feststellung, dass es "deutliche Unterschiede" bei der Benutzbarkeit gibt, was im Klartext wohl nichts Anderes bedeutet, als das einige Schulbücher vollkommen unbrauchbar sind? Das ist doch hoffentlich ein schlechter Scherz?

Leider nein. Die Stiftung Warentest hat alle Schulbücher von Gutachtern untersuchen lassen. Deren Ergebnis ist vernichtend. Einige der geprüften Schulbücher verbreiten "Halbwahrheiten" (z. B. "die sächsische Kleinstadt Werder", die nicht in Sachsen liegt, sondern in Brandenburg.) In jedem(!) geprüften Buch wurden Fehler gefunden. In einem Geschichtsbuch trat Erich Honecker nicht etwa am am 18. Oktober 1989 zurück, sondern schon am 18. September. Als Ausgleich dafür trat dann Egon Krenz nicht am 3. Dezember 1989 zurück, sondern sehr viel später. Ein Biobuch zeigt den Uhu als an der Spitze der Nahrungspyramide stehenden "Endkonsumenten" an, der sich, über den Füchsen, Mardern und Kohlmeisen als "Konsumenten 2. Ordnung" stehend, von diesen ernährt, was völlig an der Wirklichkeit vorbei ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gutachter viele Schulbücher insgesamt als "schwach" einstufen, weil diese teilwese große Lücken im vermittelten Lernstoff aufweisen.

Gegenüber der Welt erklärte der Bereichsleiter der Stiftung Warentest, Hubertus Primus, für die Qualitätsmängel die unterschiedliche Schulpolitik der Bundesländer mitverantwortlich sei. Manche Verlage müssen für einen Titel bis zu 16 unterschiedliche Länderausgaben herstellen. Darum bleibt den Verlagen gar nichts anderes übrig, als hastig zu produzieren, wodurch für eine gründliche Überarbeitung einfach keine Zeit übrig bleibt.

Unter den getesteten Schulbüchern bekommt im Fach Bio "Nautilus Biologie 2" vom Bayrischen Schulbuchverlag in fachlicher Eignung, Fehlerfreiheit und Didaktik jeweils das Qualitätsurteil "gut". Es war das einzige Biobuch, dass im Bereich Fehlerfreiheit diese Note erreichte. Von den Gschichtsbüchern schnitt "Zeiten und Menschen 4" vom Schöning Verlag mit ebenfalls "gut" in allen drei Kriterien ab. Der ausfürhliche Test ist in der Ausgabe 10 vom Oktober 2007 der Zeitschrift "Test" nachzulesen.

Wer nach diesem unabhängigen Test noch immer ernsthaft der Meinung ist, dass viele unterschiedliche Schulbücher für viele unterschiedliche Schulen eine tolle Idee™ sind, der sollte mal dringend nachlesen, wie wir in den letzten Pisa-Studien abgeschnitten haben und was uns die OECD gerade in Hinblick auf unser Schulsystem an den Kopf geworfen hat.

(Quelle: Stiftung Warentest, Welt)