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Mittwoch, 9. Mai 2018

Warum hat Trump das Abkommen gekündigt?

Präsident Trump hat den "Iran-Deal", den am 14. Juli 2015 beschlossenen und am 16. Januar 2016 in Kraft getretenen Joint Comprehensive Plan of Action, oder kurz JCPOA, verlassen. Damit ist das Ding im Prinzip am Ende, egal, was die verbleibenden Nationen dazu sagen. Abgeschlossen wurde der JCPOA zwar zwischen dem Iran auf der einen und China, Russland, Frankreich, England, Deutschland und den USA auf der anderen Seite. Aber es dürfte kaum realistisch sein, ohne die USA die ausgehandelten Bedingungen aufrecht zu erhalten. Umso mehr, da das Regime in Teheran gerade die USA als Prime Evil betrachten.

Warum Trump das Abkommen letztendlich verlassen hat, wird wahrscheinlich nie vollständig erklärt werden können. Allerdings hat er den JCPOA schon seit Jahren kritisiert und immer wieder Neuverhandlungen gefordert. Er selbst nannte das Aufkündigen des Abkommens ein Wahlversprechen, das er jetzt einlöse. Da der JCPOA von seinem Vorgänger Obama unterzeichnet wurde und Trump eine vorhersagbare Aversion gegen alles von Obama Beschlossene hegt, dürfte auch das eine Rolle mitgespielt haben. Siehe Obamacare.

Auch das Verhältnis zu Israel wird einen Anteil an dem Schritt haben. Auch Netanjahu hat das Abkommen immer wieder kritisiert und zuletzt gar behauptet, Israel hätte Beweise dafür, dass der Iran trotz des Abkommens weiterhin Atomwaffen entwickle - den faktischen Beweis blieb er bis heute allerdings schuldig.

Wer mutig ist, der mag sagen: "Der Trump ist einfach nur bekloppt" und ihm unterstellen, dass er aus reinem Irrsinn heraus getan hat, was er tat. Aber das lässt ein paar Dinge außer Acht. Selbst Politiker, die den Schritt der USA scharf kritisieren, räumen ein, dass der JCPOA reichlich löcherig ist und der Iran nicht gerade zu den mustergültigsten Staaten der Welt gehört.

Im Kern ging es beim JCPOA darum, die Anreicherung waffenfähigen Urans und Plutoniums zu unterbinden. Das ist geschehen. Die IAEA hat bestätigt, dass Teheran kein waffenfähiges Uran bzw. Plutonium herstellt und sich an den Vertrag hält. Allerdings hat der Iran durchaus seine Ambitionen vorangetrieben, mehr Einfluss in der Region zu bekommen. Das wiederum sagt aber nichts darüber aus, was mit dem Wissen über die Entwicklung von Atomwaffen geschieht. Das lässt sich nämlich nicht ganz so einfach wieder aus der Welt schaffen. Auch lies das JCPOA die Frage nach den Trägersystemen und den Mittelstreckenraketen insgesamt außen vor.

Grundsätzlich ist da ja nichts gegen zu sagen. Jedes Land hat das Recht sich zu verteidigen und entsprechende Forschung und Entwicklung zu betreiben. Dem stimmt sogar die US-Regierung zu. Wenn der Iran jetzt nicht ausgerechnet die libanesische Hezbollah und die Huthi-Rebellen im Jemen militärisch unterstützen würde, wära vieles einfacher. Aber das Engagement im Jemen trägt sehr zur Destabilisierung der ganzen Region bei und verhindert, dass die dort seit im Prinzip seit den 1930er Jahren herrschenden Kriege endlich beendet werden können. Allerdings ist auch diese Situation nicht frei von komplizierten Verstrickungen unterschiedlichster, sich diametral entgegenstehender Interessen. Man sollte den Anteil der reinen Propaganda bei keiner der im Jemen beteiligten Parteien unterschätzen, erstrecht nicht was Saudi-Arabien angeht.

Die Unterstützung der schiitischen Hezbollah durch den Iran ist nicht förderlich für einen Frieden im Nahen Osten. Die USA, Israel, die Arabische Liga und Kanada stufen die Hezbollah pauschal als terroristische Organisation ein. Die EU und Australien sehen nur die Miliz der Hezbollah als terroristisch an. Die Regierung des Libanon lehnt eine Entwaffnung der Hezbollah ab und deshalb kann diese nahezu ungestört auch weiterhin in der selbsterklärten Rolle des einzigen Beschützers des Libanon vor Israel auftreten. Israel erklärt seit Ewigkeiten immer wieder, dass die vom Iran unterstützte, militärische Hezbollah eines der zentralen Probleme im Friedensprozess sei.

Zwar ist der Iran im Moment nicht dazu in der Lage, mit irgendwelchen Raketen Mitteleuropa oder gar die USA zu erreichen. Weder konventionell noch nuklear. Aber der Iran hat trotz aller Kontrollen und Embargos erfolgreich Raketen in den Jemen geliefert. Von dort aus wurden - gerade in der jüngeren Vergangenheit - verstärkt Angriffe gegen Saudi-Arabien gefahren. Nun ist Saudi-Arabien auch nicht völlig unumstritten, aber diese Raketenangriffe auch gegen Schiffe auf den international stark frequentierten Seewegen am Horn von Afrika und in der Meerenge zwischen Afrika und der arabischen Halbinsel trugen auch nicht gerade dazu bei, die Lage dort zu entspannen und diplomatische Fortschritte zu erzielen.

Diese Lieferungen in den Jemen dienten auch dem Test der vom Iran entwickelten Mittelstreckenraketen, die sie im eigenen Land nicht durchführen konnten. Die Raketen sind zwar noch nicht so weit entwickelt, dass man davon sprechen könnte, die Raketen des Iran spielten in derselben Liga wie beispielsweise die der USA. Allerdings gelang es des Huthi-Rebellen, mit einigen Angriffen Angehörige der US-Armee und ihrer Verbündeter zu töten und auch einige Patriot-Systeme auszuschalten. Spätestens jetzt wird klar, dass es den USA nicht nur ums Prinzip geht.

Das Pentagon und führende Generäle in der Region bestätigen, wovor der damalige Verteidigungsminister Robert Gates bereits vor inzwischen mehr als zehn Jahren gewarnt hat. Insbesondere warnen sie davor, dass der Iran aktiv an einer Destabilisierung des Mittleren Ostens arbeitet.

General Joseph Votel, Kommandant des US Central Command, warnt immer wieder vor den Zielen des Iran im Jemen. Im Februar sagte er gegenüber dem US Kongress, dass seine Mission darin besteht, die destabilisierenden Einflüsse des Iran in der Region abzuwehren, insbesondere die Verbreitung von Raketen und das Starten von Stellvertreterkriegen:

"Iran has extended its tentacles across the region through numerous proxies." "Iran continues to develop advanced ballistic missile capabilities and also transfer them to the Houthis and to its Hizballah proxies. This will enable them to strike U.S. partners and allies, and the possibility Tehran will reinvigorate its nuclear program in the out-years of the JCPOA remains a potential risk. Nuclear proliferation, combined with proxy warfare, increases opportunities for miscalculation and generates a serious threat to the region and the United States."
(Gen. J. Votel, Central Command)

Auf der einen Seite haben Vertreter der militärischen Geheimdienste jede sich bietende Gelegenheit genutzt, der Presse Belege für aus dem Iran stammende Raketen, Drohnen und ferngesteuerte IED-Schnellboote zu präsentieren, die in Saudi-Arabien und im Jemen gefunden wurden. Dabei spielt auch eine Rolle, dass die Raketen des Iran inzwischen so gut sind, dass der Mittlere Osten nur noch knapp vier Minuten Zeit hätte, auf einen massiven Raketenangriff des Iran zu reagieren, gleichzeitig die Raketen aber immer größere Reichweiten erzielen.

Auf der anderen Seite veröffentlichte die New York Times neulich, dass US Special Forces im Jemen aktiv sind. Etwas, was die US-Regierung nicht unbedingt öffentlich zugeben wollte, während Verteidigungsminister Mattis und andere den US-Kongress drängen, die Mittel für die Unterstützung Saudi-Arabiens und der UAE nicht zu kürzen. Wohl wissend, dass Saudi-Arabien und die UAE nicht gerade mit Präzisionsschlägen gegen die Huthis vorgehen und so letztendlich für zivile Toten durch von den USA gelieferten Waffen sorgen.

Es ist insgesamt nachvollziehbar, warum die US-Administration das JCPOA gekippt hat. Nachvollziehbar ja, ob es richtig war, ist eine andere Frage. Denn aus dem Abkommen auszusteigen ist eine Sache. Aber wichtiger ist, was dem Ausstieg denn jetzt folgt. Zwar hat Trump angekündigt, dass jetzt (realistisch ist in drei bis sechs Monaten) drastische Sanktionen in Kraft treten werden. Er hat auch gesagt, dass er mit "verbündeten" sprechen werde. Er hat auch gesagt, dass dem Iran andere Wege offenstehen. Aber er hat vollkommen offengelassen, wie, wann und in welcher Reihenfolge welche Schritte erfolgen sollen.

Besondere Besorgnis sollte dabei die durchaus realistische Option machen, dass Präsident Trump Militärschläge gegen den Iran anordnen könnte. Allerdings dürften die Entwicklungen entlang der Stellvertreterfronten im Jemen und in Syrien sehr viel interessanter sein. Gerade die Inbetriebnahme der Bunker in den Golan Höhen durch Israel ist ein solcher Hinweis auf sich anbahnende Entwicklungen.

Insofern ist die Sorge um das Ausbrechen eines Krieges zwischen den USA und dem Iran absolut berechtigt. Aber de facto ist ein solcher bereits im Gange, wenn auch verdeckt. Ob Trump soweit geht, militärisch im Iran zu handeln, um etwa den Wiederaufbau von Anreicherungsanlagen zu verhindern oder aber die behaupteten versteckten Nuklearanlagen zu zerstören, ist im Moment kaum abzuschätzen. Aber wie der ehemalige Chairman der Joint Chiefs of Staff, General Martin Dempsey sagte:

"We walked away from allies and withdrew from the Iran Nuclear Agreement." "Yet strategically we should share complex problems. Fewer Partners means fewer options. We are now alone on a more dangerous path with fewer options. We'll see."
(Gen. Martin Dempsey)

"Weniger Optionen" ist nun wirklich nicht das, was ich von jemandem wie Dempsey als Lagebeurteilung hören möchte. Schon gar nicht mit jemandem wie Trump als oberstem Befehlshaber der US Streitkräfte...

Freitag, 30. März 2018

Gesammelter Wahnsinn

Es gibt so Tage, an denen selbst mir zum Irrsinn um mich herum wenig einfällt. Die Tatsache, dass ein Richter in Californien (USA) 90 Kaffeehersteller und -Verkäufer verknackt hat, fällt ja noch unter "typisch...". Verknackt wurden die (unter anderem Starbucks) weil sie nicht davor gewarnt haben, dass beim Rösten der Kaffeebohne Acrylamide entstehen, die als krebserregend gelten. Nach einem Gesetz in Californien müssen Hersteller davor aber warnen, wenn ihre Produkte Acrylamide enthalten. Okay, kann man machen. Aber dass die verknackt wurden, weil sie nicht nachweisen konnten, dass Kaffee für die Gesundheit des Menschen förderlich ist, macht dann doch etwas ratlos.

Ratlos muss man wohl auch darauf reagieren, dass eine Texanerin, die nach absitzen ihrer Strafe wegen Steuerbetrugs auf Bewährung aus der Haft entlassen worden ist, wieder in den Bau geschickt wurde, weil sie ihre Stimme bei der letzten Präsidentschaftswahl abgegeben hatte. Da sie noch unter Bewährung stand, ist das in Texas offenbar illegal - nur hatte davon niemand irgendetwas erzählt. Weder das Gericht, noch ihr Anwalt noch der Bewährungsbeamte. Dem Gericht war das Latte. Auch die Tatsache, dass ihre Stimme gar nicht gezählt wurde, war dem Gericht egal und schickte sie postwendend in den Bau. Für fünf Jahre.

Die Causa Skripal entlud sich mit der bemerkenswert konzertierten diplomatischen Eskalation neulich in einem neuen Höhepunkt. Russland drohte mit Revanche und setzt diese jetzt in die Tat um. Offenbar zahlt Russland es den Widersachern mit gleicher Münze heim: Vier deutsche Diplomaten wurden ausgewiesen, diverse britische Diplomaten, 60 amerikanische... Und das amerikanische Konsulat in St. Petersburg wurde auch dicht gemacht. Nur logisch, dass parallel dazu die russischen und europäischen Raumfahrtagenturen (Roskosmos, bzw. ESA) in friedlicher Eintracht ihr Marsprojekt weiterentwickeln und testen.

Während wir noch über Sinn und Unsinn dieser neuen Eskalation rätseln, wird ein in Tschechien ein mutmaßlicher "Hacker" russischer Staatsbürgerschaft an die USA ausgeliefert...

Weil sich wohl inzwischen jeder fragt, wie das Vorgehen der Türkei in Syrien (und vermutlich auch im Nordirak) völkerrechtlich zu rechtfertigen ist, sagt meine Bundesregierung dazu, dass sie dazu nichts sagt. Das hindert sie aber auf der anderen Seite auch nicht daran, den eigenen Wirtschaftsinteressen nachzukommen. Mein Außenminister sagte zu den Exporten:

"Dass das unseren eigenen Richtlinien nicht widerspricht, ergibt sich ja schon daraus, dass das genehmigt wurde und damit auch innerhalb der Bundesregierung geprüft worden ist."
(Heiko Maas, Bundesaußenminister, CDU SPD)

Und als Krönung des Tages hat das Innenministerium des Kosovo zusammen mit dem Geheimdienst sechs Lehrer mit gültiger Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis an den türkischen Geheimdienst übergeben, der die dann sofort mit einem Privatflugzeug exportierte, um sie in der Türkei dann wohl für immer verschwinden zu lassen. Angeblich, weil sie zur Gülen-Bewegung gehören und weil sie "Verdächtigen" zur Flucht verholfen hätten. Immerhin: Nicht nur wusste quasi niemand was von dieser Aktion, auch der Ministerpräsident des Kosovo wusste nichts davon. Der nannte das Vorgehen illegal und feuerte postwendend Innenminister und Geheimdienstchef. Ob die jetzt auch in die Türkei geflogen werden, bleibt abzuwarten...

Um Guido zu zitieren: Wie erklärt man diesen Planeten einem Außerirdischen?


Bild: Henri Vidal / Wikipedia

Montag, 26. März 2018

...und Du bist 'raus!

Die Causa Skripal zieht weitere Kreise. Westliche Staaten wiesen heute 119 (einhundertneunzehn) russische Diplomaten aus, Deutschland alleine 4. Spitzenreiter sind die USA, die 60 (sechzig) Diplomaten des Landes (12 davon arbeiten bei der UN) verwiesen. Außerdem wurde angeordnet, das russische Konsulat in Seatle zu schließen. Aus dem Auswärtigen Amt (aka: Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten) hieß es dazu:

Es ist klar, dass dieser Anschlag nicht ohne Folgen bleiben kann. Wir haben deshalb deutlich Stellung bezogen und uns in der Europäischen Union hinter Großbritannien gestellt.

Wir haben die Entscheidung zur Ausweisung der russischen Diplomaten nicht leichtfertig getroffen. Aber die Fakten und Indizien weisen nach Russland. Die russische Regierung hat bisher keine der offenen Fragen beantwortet und keine Bereitschaft gezeigt, eine konstruktive Rolle bei der Aufklärung des Anschlags spielen zu wollen.
(Heiko Maas, Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten)

Bislang steht eine Reaktion von höchster Stelle in Russland noch aus. Das russische Außenministerium teilte jedoch mit:

"Es versteht sich von selbst, dass der unfreundliche Schritt der Ländergruppe nicht folgenlos bleiben wird."

Als Reaktion auf die heftige Ausweisungswelle der USA sagte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, dass die Beziehungen zu Washington "zerrüttet" sein. Die Ausweisung würde das Wenige zerstören, das von den russisch-amerikanischen Beziehungen noch übrig ist.

Es sei nur am Rande angemerkt, dass es sich bei den "Diplomaten" um Geheimdienstmitarbeiter handelt. 10 Downing Street reagierte mit kaum kaschierter Begeisterung und nannte die Aktion "die größte kollektive Ausweisung russischer Geheimdienstoffiziere der Geschichte".

Donald Tusk (der aus Brüssel, nicht der aus Washington) betonte im Zusammenhang mit den Ausweisungen, dass "weitere Maßnahmen, inklusive weiterer Ausweisungen (...) in den kommenden Wochen nicht ausgeschlossen" sind. Er sagte, dass der Europäische Rat die Europäische Kommission mit England darin übereinstimmt, dass es "sehr wahrscheinlich" (wörtlich: "highly likely") sei, dass die Russische Föderation für den Anschlag verantwortlich sei. Die EU stehe dem Vorgehen der russischen Regierung weiterhin kritisch gegenüber.

Die Ausweisung der 60 Agenten aus den USA folgt nur 15 Monate nach der unter Präsident Obama angeordneten Ausweisung von 35 russischen Diplomaten wegen Einflussnahme auf die Präsidentschaftswahlen 2016. Dennoch würden zur Zeit über 100 russische Geheimagenten in den USA tätig sein, so ein offizieller Vertreter der US Administration.

In Deutschland wurde die Ausweisung der vier Diplomaten von Stefan Liebich (Die Linke) kritisiert. Deeskalation sei notwendig, nicht Eskalation. Die Ausweisung sei ohne die Vorlage von Beweisen für eine Mittäterschaft staatlicher russischer Organe erfolgt, so Liebich. Fraktionsvorsitzende Sarah Wagenknecht sprach von "schlichtem Unverstand". Rolf Mützenich, stellvertretender Fraktionsvorsitzender für den Bereich Außen-, Verteidigungs- und Menschenrechtspolitik der SPD, sagte gegenüber der Welt:

"Die Ausweisung von vier russischen Diplomaten mit nachrichtendienstlichem Hintergrund ist übereilt und wird den politischen Kriterien, die an den Giftanschlag Skripal angelegt werden sollten, nicht gerecht."

Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, hingegen sagte:

"Als Zeichen der Solidarität mit Großbritannien ist diese Maßnahme richtig. Es darf aber in keinem Fall dazu führen, dass die Gesprächskanäle nach Moskau abbrechen."

Ihm widersprach sein Parteikollege Jürgen Trittin:

"Die Ausweisung ist ein Akt symbolischer Solidarität mit Theresa May. Er erfolgt zu einem Zeitpunkt, wo der Hintergrund des Anschlags, Herkunft und Weg des Giftes nicht abschließend geklärt sind. Von Belegen für die Beauftragung ganz zu schweigen."

Er warf Maas vor, seine Entscheidung auf Grundlage von Indizien und Plausibilitäten getroffen zu haben. Trittin bezeichnete dies als "leichtfertig" und "Anfängerfehler" und warnte davor, dass Deutschland in einen neuen kalten Krieg stolpere.

Jürgen Hardt, der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, sagte, dass die Regierungen der EU-Staaten und die EU-Kommission die Beweislage für eine russische Verantwortung beim Nervengiftanschlag auf Skripal für "erdrückend" halten.

Abgesehen davon, dass nicht alle Bundespolitiker wissen, welche Informationen auf höchster Ebene ausgetauscht werden, ist es dumm, alleine Heiko Maas für die Ausweisung verantwortlich zu machen. Er hat diese Idee sicherlich nicht im eigenen Saft ausgekocht und dann "mal eben" verkündet. Mindestens meine Bundeskanzlerin wird in den Prozess involviert gewesen sein. Es ist in meinen Augen auch etwas kurzsichtig zu glauben, dass eine konzertierte Aktion dieser Größenordnung leichtfertig von 18 (achtzehn) Staaten links und rechts vom Atlantik angestoßen wird. Okay, bei Donald Trump bin ich mir da nicht 100% sicher.

Dennoch sollte man sich im Klaren sein, dass es Russland war, die die Doktrin der "Eskalation zur Deeskalation" eingeführt haben. Ursprünglich zwar in Bezug auf die nukleare Kriegsführung, aber es wäre doch etwas kurz gedacht davon auszugehen, dass eine sich insbesondere auf ihre Geheimdienste stützende Regierung nicht auf die Idee käme, diese Doktrin auch auf andere Bereiche zu übertragen.

Da inzwischen auch die OPCW eingeschaltet ist und seit spätestens dem 19.03. eigene Untersuchungen betreibt, dürften mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erste Ergebnisse vorliegen. Über diese dürften die Staats- und Regierungschefs auch "vorab" in Kenntnis gesetzt worden sein. Oder glaubt ernsthaft irgendjemand, dass bei einer diplomatischen Krise dieser Dimension irgendjemand sagt "och, lass mal, das hat Zeit"? Zwar gab die OPCW an, mindestens zwei Wochen für erste Ergebnisse zu brauchen, aber ich denke schon, dass bei der Organisation ein paar höher gestellte Persönlichkeiten vorstellig geworden sind und eine Bitte um bevorzugte Behandlung mit gewissem Nachdruck vorgetragen haben.

Es sollte auch nicht unterschätzt werden, dass es hier um einen Vorfall handelt, der aus einem Agentenkrimi stammen könnte. Hier rundherum "handfeste Beweise" zu verlangen, ist zwar ehrbar und grundsätzlich auch richtig, aber was erwarten die Damen und Herren, die dies fordern? Das persönlich vorgetragene Geständnis der oder des Attentäters? Eine schriftliche Erklärung aus dem Kreml "Sorry, wir waren das, war blöd, kommt nicht wieder vor"? Auch der Indizienbeweis ist ein Beweis und manchmal muss der (leider) ausreichen. Insbesondere hier, um klar Kante zu zeigen und die Linie in den Sand zu ziehen: "Bis hier hin, und nicht weiter".

Mal ganz abgesehen davon, dass dieser Fall auf angenehme Weise zeigt, dass der ansonsten ziemlich gerne heftig zerstrittene Westen doch manchmal noch in der Lage zu sein scheint, irgendwie zusammenzuarbeiten.

Zumindest ansatzweise.

(Quelle: Zeit, Welt, FR, SZ, SPON, Britische Regierung, Tagesschau, CNN)

Dienstag, 20. März 2018

Skripal - Warum deutet alles auf die Russen hin?

Die Tage war die Geschichte mit dem Gift-Anschlag auf den im englischen Exil lebenden Ex-Doppelagenten Skripal Thema. Das verwendete Gift Nowitschok (oder auch Novichok) spielt dabei ein maßgebliche Rolle. In einer Diskussion wurde mir vorgeworfen, voreilig den Schluss gezogen zu haben, dass Russland derjenige welche sei, denn das sei ja alles andere als klar und bewiesen. Darum möchte ich die Argumentation umreißen, die meiner Meinung zugrunde liegt.

Nowitschok wurde ursprünglich entwickelt in der UdSSR. Die Entwicklung des Programms ging bis in die 1990er Jahre hinein und fand überwiegend im staatlichen Forschungsinstitut für organische Chemie und Technologie (GosNIIOKhT) in Nukus, heute Usbekistan. Nowitschok gilt als Chemiewaffe der dritten Generation und eine Besonderheit dieses Kampfstoffes ist, dass er in binärer Form gelagert und transportiert werden kann.

Komponenten dieses Kampfstoffes sind vergleichsweise harmlos und kaum von Bestandteilen von Düngern und Pestiziden zu unterscheiden und können deshalb problemlos "in plain sight" versteckt werden. Deshalb gilt Nowitschok auch als Testfall für die Chemiewaffenkonvention (Chemical Weapons Convention, CWC), denn die Komponenten fallen eben nicht unter die CWC. Der CWC entsprechend, sind aber alle Chemikalien verboten, die für chemische Kampfstoffe verwendet werden, egal wofür sie eigentlich gedacht sind und verwendet werden.

Noch während die CWC verhandelt wurde, betrieb Russland intensive Forschung an Nowitschok. In einem Artikel ("A Posisoned Policy", Moscow News) machten Vil Mirazayanow und Lev Fedorov die Existenz dieses Kampfstoffs bekannt. Mirazayanow war beauftragt, Möglichkeiten zu entwickeln, mit denen die Armee Nowitschok aufspüren könnte. Dem Artikel zufolge, waren die Filteranlagen der Testlabore unzulänglich, was zu einer Kontamination von Luft, Wasser und Erdboden der Versuchsanstalt führte. Der Regierung wurde vorgeworfen, die Bevölkerung zu vergiften.

Dieser chemische Kampfstoff wurde aber nicht nur in Nukus getestet. Es ist bekannt, dass auch in Krasnoarmejsk, einem Vorort von Moskau, mit Nowitschok gearbeitet wurde. Es kann deshalb mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Nukus zwar das Hauptlabor war, aber nicht das einzige. Das ist insbesondere wichtig für die sich auf den Zusammenbruch der UdSSR beziehende Argumentation.

Seit sich Usbekistan sich von der UdSSR gelöst hat, arbeitet es eng mit den USA bei der Auflösung und Dekontamination der auf dem Hoheitsgebiet Usbekistans befindlichen Chemiewaffenlabore zusammen (Es gab da mehr als nur das in Nukus, wie es wohl insgesamt in der UdSSR mehrere Standorte gab, als nur im heutigen Usbekistan). Allerdings: Dieser Kampfstoff zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass seine Komponenten durch westliche Militärs nicht entdeckt werden können. Da die physischen und chemischen Charakteristika von Novitschok bis heute im Prinzip unbekannt sind, dürfte es schwerfallen, in den Laboren die Komponenten als solche zu identifizieren, selbst wenn man quasi direkt davorsteht.

Das Argument, die USA hätten ja selber den Kampfstoff inzwischen in Händen, weil sie ja uneingeschränkten Zugriff auf das ehemalig herstellende Labor in Usbekistan hätten, setzt aber voraus, dass neben dem Labor als solchem auch die dazugehörenden Unterlagen gefunden worden wären. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall, denn sonst wäre über Nowitschok spätestens jetzt sehr viel mehr bekannt geworden.

Das Argument, dass ja quasi jeder dieses Gift herstellen könnte, ist zwar theoretisch korrekt. Allerdings wird dabei ignoriert, dass man dazu erstens das Rezept benötigt, zweitens ein entsprechend ausgestattetes Labor und drittens Möglichkeiten herauszufinden, ob die Produktion erfolgreich war. Gerade wenn es darum geht, ob die Komponenten korrekt erzeugt wurden, muss man das Endprodukt daraus "entstehen" lassen. Das wiederum ist aber so dermaßen toxisch, dass es ausgeschlossen ist, dass ein solcher Versuch in irgendeinem Kellerlabor oder Wohnküche durchgeführt wurde. Dazu braucht es sehr spezielle Geräte und Einrichtungen, sofern die herstellenden Chemiker nicht Gefahr laufen wollen, während des Experimentierens Opfer ihrer Substanz zu werden. Die dafür notwendigen Räumlichkeiten, Filteranlagen, Schutzvorrichtungen, Gerätschaften und so weiter sind für Privatleute kaum zu beschaffen. Ein Staat jedoch, insbesondere einer, der eigene Erfahrungen bei Herstellung von und Umgang mit diesem Gift hat, sieht das ganz anders aus.

Ein weisteres Gegenargument lautete, dass man ja unmöglich ein Gift entdecken und analysieren könne, über das man nichts weiß. Das stimmt zwar grundsätzlich, aber einiges weiß man eben doch über dieses Gift. Es ist bekannt, dass es auf die Acetylcholinesterase wirkt. Die Symptome sind charakteristisch und der Nachweis, ob die Acetylcholinesterase beim Patienten gehemmt ist, ist vergleichsweise trivial. Dadurch weiß man auch, wo der Wirkstoff zu finden ist. Aus den Körperflüssigkeiten der Opfer dürften die betroffenen Enzyme extrahiert worden sein. Da die grundsätzliche chemische Struktur des Kampfmittels ebenfalls bekannt sind, muss bei der Untersuchung nicht ganz bei null angefangen werden. Auch für den Nachweis phosphorhaltiger Moleküle gibt es zuverlässige Nachweismethoden (zB. 31P-Kernresonazspektroskopie).

Es ist abwegig davon auszugehen, dass die 10 Downing Street mit einem direkten Vorwurf an eine konkrete Adresse an die Öffentlichkeit geht, ohne zumindest starke Indizienbeweise in der Hand zu haben. Die Konsequenzen einer falschen Anschuldigung wären viel zu dramatisch. Viel wahrscheinlicher ist, dass den Wissenschaftlern auf der Insel in wenigen Tagen ein sehr zuverlässiger Nachweis gelang, dass hier mit hoher Wahrscheinlichkeit Nowitschok zum Einsatz gekommen ist. Zusammen mit einer Menge anderer Indizien ergibt sich so ein schlüssiges Bild.

Ein viertes Argument lautet, dass 10 Downing Street sich nicht an das Protokoll gehalten hat, weil die Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW) nicht eingeschaltet wurde. Die OPCW kann angerufen und eingeschaltet werden, aber es gibt keine Verpflichtung dazu. Das Hauptproblem dürfte sein, dass ein Staat die OPCW anrufen kann, wenn solche verbotenen chemischen Waffen eingesetzt wurden. Das war wohl streng genommen auch der Fall. Aber die diplomatischen Konsequenzen eines solchen Schritts wären noch mal eine Hausnummer größer ausgefallen.

Angenommen, England hätte die OPCW eingeschaltet. Das hätte den Vorwurf impliziert, dass Russland einen Angriff auf England mit Chemiewaffen ausgeführt hat, bei dem Menschen zu Schaden gekommen sind. Wenn das bestätigt würde, wäre das nicht nur ein Verstoß gegen den Vertrag zur Kontrolle chemische Kampfstoffe, es wäre auch ein direkter und nicht provozierter Angriff (wo habe ich das heute nur schon mal gelesen?) und das wiederum hätte eine Lawine an Folgen losgetreten, die weit über den Rahmen hinausgegangen wären. Zusätzlich könnte Russland dann argumentieren, dass der Umgang mit den einzelnen Komponenten ja nicht verboten sei und man habe keine Kontrolle darüber, was "irgendjemand" mit diesen Komponenten anstelle.

Ja, hier wurde ein Ex-Agent angegriffen und seine Tochter. Ja, das ist eine Sauerei. Aber das ist ein anderer Maßstab als beispielsweise der Einsatz von Giftgas in Halabdscha (Irak) 1988 oder Chan Schaichun (Syrien) 2017. Die Konsequenzen allerdings wären episch, denn dann könnte (und müsste) England den Bündnisfall ausrufen und dieses Fass wollte 10 Downing Street ganz bestimmt nicht wegen eines übergelaufenen Agenten aufmachen. So oder so: Das Einschalten der OPCW wäre zu dem Zeitpunkt wenig sinnvoll gewesen.

Der Vorwurf, dass dieser Angriff keinen Sinn mache und niemandem helfe, spricht aus einer Sicht- und Denkweise, der ein pazifistisches Miteinander als Prämisse zugrunde liegt. V. Putin und sein Regierungskonstrukt sind nicht unangreifbar, insbesondere so kurz vor der Wahl nicht. Vermutlich liegen genügend Leichen im Keller, die den Ausgang der Wahl erheblich gefährdet hätten. Es ging genau darum zu verhindern, dass irgendjemand diese "Leichen" ausplaudert. Es ging nicht darum, in erster Linie dem Westen eine Warnung zukommen zu lassen. Ja, das war auch beabsichtigt, aber das war nicht der Punkt, um den es ging. Es ging um eine klare Botschaft an alle Dissidenten, Überläufer, Whistleblower und sonstige "Informanten", die irgendwelche schmutzige Wäsche über das System Putin verraten könnten und sich mit diesem Gedanken tragen bzw. trugen: "Wir kriegen Euch, egal wo ihr seid. Und nicht nur Euch, auch Eure Familie. Und Ihr könnt absolut gar nichts dagegen tun."

Darum war England so wichtig als Austragungsort. England hat mit Abstand die höchste Dichte an Kameraüberwachung. Die Rechte zur Informationsbeschaffung für die staatlichen Behörden reichen weit über das hinaus, was wir bereit sind zu akzeptieren. Die britischen Geheimdienste haben einen exzellenten Ruf und arbeiten dicht mit denen anderer Staaten zusammen. Wenn es gelingt, einen Überläufer hier auszuschalten und unerkannt zu entkommen, dann gelingt das überall. Die Adressaten waren deshalb nicht in erster Linie Politiker, die NATO oder sonst jemand. Die Wirkung auf diese Kreise wurde aber mit Sicherheit sorgfältig erwogen und durchdacht und die möglichen Konsequenzen durchgespielt.

Dazu passt auch, dass nach der Konsultation zwischen der EU und Vertretern der englischen Regierung die verabschiedete Erklärung auf eine direkte Beschuldigung Russlands verzichtet - wohl auf Initiative Griechenlands. Man teile aber die Einschätzung, dass die Russen Urheber des Anschlags waren, denn man habe keine andere plausible Erklärung.

Es bleibt spannend und egal, wie die Untersuchungen auch ausgehen mögen: Wollen wir wetten, dass bei den westlichen Geheimdiensten seit dem 4. März 2018 ein etwas strengerer Wind weht?

Mittwoch, 14. März 2018

Ganz bestimmt alles reiner Zufall

Es ist bemerkenswert, wenn ehemaliger russischer Doppelagent Opfer eines Attentats wird. Sergej Skripal und seine Tochter wurden in Sailsbury bewusstlos auf einer Parkbank entdeckt. Sie kämpfen nach Angaben englischer Behörden mit dem Leben. Die Untersuchung der Opfer ergab offenbar, dass beide mit einem sehr speziellen Nervengift in Kontakt kamen: Nowitschok.

Nowitschok ist ein in den 1970er / 1980er Jahren entwickeltes Nervengift, das sich aufgrund seiner zentralen Phosphor-Fluor-Bindung als Weiterentwicklung von Sarin verstehen lässt. Nowitschok gilt als acht Mal giftiger als Sarin und wurde speziell entwickelt, um durch die von NATO-Staaten verwendeten Chemiewaffendetektoren nicht entdeckt zu werden. Zum Teil sind sie so beschaffen, dass selbst bei einem Auslösen eines Giftalarms eines entsprechenden Analysegerätes die Ursache nicht identifizierbar wäre und deshalb von einem Fehlalarm ausgegangen würde.

Angeblich existiert eine Vielzahl an Novitschok-Giften und über 100 verschiedene Varianten wurden während der Entwicklung getestet. Einige sind als binäre Wirkstoffe entwickelt worden, wodurch das Gift nicht nur noch schwieriger zu entdecken ist, sondern auch sehr viel problemloser handhabbar. Einige dieser Binärkomponenten ähneln gängigen Produkten der Agrar- und Industriechemie.

Das Gift wirkt auf das Enzym Acetylcholinesterase. Kurzgefasst legt es das Nervensystem derart lahm, dass es in permanentem Erregungszustand, ähnlich eines epileptischen Anfalls bleibt. Das Opfer stirbt letzendlich an Atemlähmung. Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass das Opfer überlebt, sind die Langzeitfolgen derart schwerwiegend, das überlebende Opfer hinterher in der Reghel schwerstbehindert sind.

Wie gefährlich das Nervengift ist, ist daran zu erkennen, dass infolge des Anschlags nicht nur das unmittelbare Ziel, sondern nach bisherigem Kenntnisstand zwanzig weitere Personen Opfer dieses Gites wurden. Verschiedene Experten sehen in Nowitschok eine Klasse von Chemiewaffen, die praktisch nicht zu bekämpfen sind.

Für sich genommen ist bereits die Tatsache, dass ein ausschließlich in Russland hergestelltes, militärisches Kampfmittel bei einem Attentat in England verwendet wird, ein diplomatisches Problem - um es ganz vorsichtig zu umschreiben. Das Verhältnis zwischen England und Russland ist nicht nur infolge diverser "Manöver" der russischen Luftwaffe an den Grenzen des englischen Luftraums in auffällig-unauffälliger Nähe zu den Heimathäfen der englischen Flotte schon länger angespannt.

Brisant wird die Lage allerdings, wenn wenige Tage nach diesem Attentat ein anderer Exil-Russe tot aufgefunden wird, der möglicherweise stranguliert wurde. Nikolai Gluschkow war enger Vertrauter von Boris Beresowski. Der wiederum war erklärter Kritiker des Kreml und hatte sich mit V. Putin überworfen, war nach London ins Exil gegangen, wo er Asyl erhielt und schließlich im März 2013 tot aufgefunden wurde. Es konnte nicht eindeutig geklärt werden, ob Beresowski Opfer eines Gewaltverbrechens wurde oder sich selbst getötet hatte. Allerdings hatte er gesagt, er halte Präsident Putin für fähig, jeden zu töten, den er als Feind sieht, und er sah sich selbst als potentielles Opfer eines solchen Anschlages. Sein Haus glich deshalb eher einer Festung.

Auch wenn sich zwischen Gluschkow und Skripal kein direkter Zusammenhang zeigen lässt - abgesehen davon, dass beide aus Russland aus Angst um ihr Leben getürmt waren - reicht es der Regierung in London jetzt wohl. Insgesamt 15 ungeklärte Todesfälle von "Exilrussen" sind doch etwas viel Zufall und der Einsatz eines chemischen Kampfstoffes mit ausufernden Kollateralschäden mehr, als 10 Downing Street bereit ist, zu dulden.

Andere westliche Staaten stellten sich inzwischen demonstrativ an die Seite der Inselbewohner. Selbst Donald Trump verkündete, für ihn sähe es so aus, als wären es die Russen gewesen. Die Engländer haben den Russen bis Dienstag Mitternacht (also quasi "bis vorhin") Zeit gegeben, die Sache mit dem Kampfstoff auf englischem Boden zu erklären. Die Russen lehnen jegliche Verdächtigung kategorisch ab und verlangen, das gefundene Gift selber untersuchen zu dürfen.

Wenn Russland oder der Kreml oder die russischen Geheimdienste (früher KGB, heute GRU) keine lange Vita in Sachen Eleminierung von Menschen hätten, die in ihren Augen Verräter am russischen Staat waren, man könnte ernsthafte Zweifel haben. Aber eben diese Vita hat Russland bzw. dessen Geheimdienst(e). Hinzukommt, dass Skripal ehemaliger Oberst der GRU ist. Auch der Umstand, dass dieses sehr spezielle Gift im Westen überhaupt nicht hergestellt werden kann (weil etliche Detailkenntnisse über die Produktion unbekannt sind) und die Existenz des Kampfstoffs einzig durch einen russischen Überläufer im Westen bekannt ist, macht die Indizienlage schon etwas eindeutiger. Auch ist das Dementi von russischer Seite auffallend frei von Belegen und Erklärungen und erstreckt sich auf ein eher aggressiv vorgetragenes "und wenn ihr zehn Mal Beweise habt...".

Berechtigt ist die Frage, wie es überhaupt zu den Attentaten kommen konnte. Lapidare Feststellung und Erklärung: Der Westen bewacht seine Überläufer nicht mehr so wie früher. Das kann notwendige Folge von Einsparungen sein. Wahrscheinlicher ist aber, dass der Westen insgesamt die Situation nicht mehr als so gefährlich eingeschätzt hat, wie noch zu Zeiten des Kalten Krieges. Spätestens die Methode, militärische chemische Kampfstoffe ohne Rücksicht auf Kollateralschäden einzusetzen, ist ein extrem eindeutiges Signal, das mindestens mitteilt "Wir sind hier. Wir haben ein Messer und wir halten es Euch an den Hals." und dürfte ein klares Signal für ein Ende der entspannten geopolitischen Großlage der letzten Jahrzehnte sein.

Es ist offensichtlich, dass die Regierung Englands jetzt reagieren muss. Im Moment ist noch nicht klar, wie England reagieren wird, welche Maßnahmen folgen und welche Gegenmaßnahmen aus dem diplomatischen Werkzeugkasten geholt werden. Allerdings sollte auch auffallen, dass diese ungeklärten Attentate kurz vor der Wahl des russischen Präsidenten am 18.03.2018 stattfanden. Welches Interesse Russland und / oder V. Putin verfolgen könnte, solche Attentate so auffällig so kurz vor der Wahl auszuführen, lässt doch diverse Alarmlampen aufleuchten - zumal kaum realistisch zu erwarten ist, dass der Posten zukünftig von einer anderen Person als dem gegenwärtigen Amtsinhaber besetzt wird.

Eins meiner schon länger gehegten Szenarios beruht auf einer subtilen, aber nachhaltigen Destabilisierung westlicher Schlüsselregierungen: Paris, London, Berlin. Den "Informationskrieg" sollte jeder spätestens bei den Stichworten Trump und RT auf dem Schirm haben. Auch "Cosy Bear" sollte manchen noch irgendetwas sagen. Bei uns häufen sich in jüngerer Vergangenheit (oh Wunder der Choreographie) Berichte über Schläfer, die russische Mafia und andere "Vereinigungen", die mehr oder weniger direkt in Verbindung mit - und deutlich positiv eingestellt zu - V. Putin stehen. Russland und Paris... da bin ich aktuell überfragt, aber Russland hat (mindestens) einigermaßen brauchbare Beziehungen mit Marokko. Erst neulich war der russische Premier Medvedev zu Besuch. Frankreich wiederum hat etliche Probleme mit marokkanischen Migranten.

Als neulich ein weißrussischer Diplomat im Deutschen Fernsehen einen Reporter recht unverblümt fragte, wie der darauf komme, dass der Osten der Ukraine nicht mit russischen Truppen durchsetzt sei, wurde ich hellhörig (wir erinnern uns? Krim? Separatismus Donezk / Luhansk? Da war was, nicht wahr?) Auch der gerade stattgefundene Test der eindeutig für nukleare Zwecke konstruierten Hyperschallrakete war nicht zufällig zu diesem Zeitpunkt angesetzt. Das Engagement in Syrien und die undurchsichtige Annäherung an die Türkei... Sicher. Vage und spekulativ. Aber einen Schritt vom Bild zurückgetreten werden Konturen erkennbar, die zumindest mich etwas beunruhigen.

[Update]

Mittlerweile wurden eine Reihe von Sanktionen in Bewegung gesetzt und angekündigt. In einem ersten Schritt wurden 23 Diplomaten des Landes verweisen. Dies ist die größte Ausweisungswelle seit dem Überläufer Oleg Gordievsky, 1985. Damals wurden 31 Diplomaten des Landes verweisen. Noch folgen sollen:

  • Verschäfte Kontrollen bei privaten Flügen, Zollkontrollen und Frachtverkehr
  • Staatliche Vermögen sollen eingefroren werden, sofern es Beweise gibt, dass diese benutzt wurden, um das Leben oder den Besitz britischer Bürger zu bedrohen
  • Minister und die Königliche Familie werden die Fussball WM in Russland boykkottieren
  • Sämtliche bilaterale Kontakte zwischen England und Russland werden auf Eis gelegt
  • Neue Gesetzgebungen werden in Gang gebracht, um sich besser gegen "feindliche Aktivitäten anderer Staaten" wehren zu können.

Die Diplomaten auszuweisen... gut. Symbolpolitik. Der Boykott seitens der Royalen und Minister tut schon eher weh, denn dadurch kann man nicht "mal eben miteinander über dieses oder jenes reden", aber auch eher nervig. Aber der Rest... das ist schon eher der größere Hammer, zu dem 10 Downing Street da greift. Russlands Reaktion war entsprechend auch wenig begeistert. Davon ausgehend, dass dies die Ouvertüre zu einem längeren Schauspiel war, dürften "bald" noch einige interessante Entwicklungen bevorstehen.

Dienstag, 16. März 2010

Nicht ganz offiziell

Die Kriege im Irak und in Afghanistan haben dazu beigetragen, dass auch hier bei uns an diesen militärischen Großeinsätzen beteiligte Privatunternehmen thematisiert wurden. Besonders der Name "Blackwater" ist in diesem Zusammenhang vielen ein Begriff (Die Firma heißt heute übrigens "Xe Services LLC".) Der Umfang des Einsatzes solcher Firmen in der Nähe des Militärs ist zu Recht umstritten.

Nach Informationen der New York Times hat ein Mitarbeiter des US Verteidigungsministeriums, Michael D. Furlong, ein Netzwerk privater Auftragnehmer in Afghanistan und Pakistan aufgebaut, das Informationen über militante Aufständische gesammelt hat. Diese Informationen wurden vom Militär mit verwendet, um diese aufzuspüren und in einigen Fällen auch um diese zu töten.

Furlong ist ein pensionierter Offizier des US Army, der jetzt als Vollzeitangestellter des Verteidigungsministeriums arbeitet. Er hat umfangreiche Erfahrungen im Bereich der "psychologischen Operationen", was wiederum die militärische Umschreibung für den Einsatz von Informationen zum Zwecke der Kriegsführung ist. Er war an verschiedenen Orten eingesetzt, unter anderem im Balkan und im Irak.

Furlung heuerte Auftragnehmer von privaten Sicherheitsfirmen an. Diese Auftragnehmer wiederum sammelten Informationen über den Aufenthaltsort verdächtiger Milizionäre und Aufständischer, sowie die geographische Lage von Ausbildungscamps. Diese Informationen wurden dann an das Militär und die Geheimdienste weitergeleitet.

Einige Vertreter verschiedener US-Behörden hegten den Verdacht, dass Furlong eine Spionageoperation durchführen würde, die ohne Wissen und an den offiziellen Stellen vorbei stattfand. Diese Behördenvertreter sagten auch, dass unklar sei, wer die Arbeit von Furlong genehmigt hat und wer sie überwachte.

Grundsätzlich gilt es auch in den USA als illegal, private Auftragnehmer als verdeckte Spione für das Militär zu beschäftigen. Verschiedene Mitarbeiter des Militärs vermuten, dass dieses geheime Netzwerk finanziert wurde, indem Furlong Gelder von anderen Projekten abzweigte, die dazu dienen sollten, dem Militär und anderen ein besseres Verständnis über das Land zu vermitteln, in dem sie eingesetzt sind. Es wird vermutet, dass Furlong sein Projekt startete, um an dem Verbot der Regierung vorbei zu kommen, amerikanische Streitkräfte in Pakistan einzusetzen.

Es sieht so aus, als wären die von Furlong initiierten Operationen eingestellt worden. Furlong und seine Aktivitäten sind jetzt Gegenstand einer strafrechtlichen Untersuchung des US Verteidigungsministeriums. Ein amerikanischer Regierungssprecher sagte:
"While no legitimate intelligence operations got screwed up, it's generally a bad idea to have freelancers running around a war zone pretending to be James Bond."
Unbekannt ist allerdings, ob Furlong für seine Aktionen die Genehmigung ranghoher Kommandeure hatte, oder ob er auf eigene Faust operierte.

Furlong heuerte unter anderem Robert Young Pelton an. Pelton ist Autor und schrieb eine Vielzahl an Büchern und Aufsätzen über Kriegsgebiete. Er sagte, dass die US Regierung in angeheuert hat, um Informationen über Afghanistan zu sammeln. Er sagte auch, dass Furlong die von ihm gelieferten Informationen zweckentfremdete:
"We were providing information so they could better understand the situation in Afghanistan, and it was being used to kill people."
Nach Peltons Angaben wurde er zusammen mit Eason Jordan, dem ehemaligen leitenden Angestellten der CNN Nachrichtenabteilung, vom US Militär angeworben. Sie sollten eine öffentliche Website betreiben, die dem Militär dabei helfen sollte, das Land besser zu verstehen und auf diesem Wege dabei helfen sollte, ein besseres Verhältnis zu den Einheimischen aufzubauen. Pelton gab an, dass von den 22 Millionen US Dollar, die zum Aufbau und Betrieb der Website gedacht waren,, etliche Millionen US Dollar für das Sammeln von Informationen abgezweigt wurden, mit deren Hilfe militante Aufständische angegriffen werden sollten.

Zu den Firmen, die Furlong wahrscheinlich beschäftigte, gehörten unter anderem International Media Ventures und American International Security Corporation. IMV ist eine von mehreren Angehörigen der US Special Forces betriebene Firma, deren Schwerpunkt "strategische Kommunikation" ist. Zum Vorstand von IMV gehörte unter anderem General Dell L. Dailey, ehemaliger Leiter des Joint Special Operations Command. AISC wird betrieben von Mike Tylor, einem ehemaligen Green Beret. Tylor gab an, dass er zu einem Zeitpunkt Duane Clarridge (aka "Dewey") beschäftigt habe. Clarridge wiederum ist eine früherer hoher Mitarbeiter der CIA, der mit einer Vielzahl Operationen in Verbindung gebracht wird, und anderem mit der Iran-Kontra-Affäre. Tylor gab an, dass AISC "auf beiden Seiten der Grenze" Informationen über mögliche Bedrohungen für die US-Streitkräfte beschafft habe.

Das Projekt wurde im Jahre 2008 angestoßen, als Jordan und sein Partner Pelton General David D. McKiernan ansprachen, der bald darauf Oberbefehlshaber in Afghanistan werden sollte. Ihr Idee war, ein Netzwerk aufzubauen, über das Berichte und Untersuchungen aus Afghanistan und Pakistan gesammelt werden sollten, die dem Militär und Privatkunden zur Verfügung gestellt werden sollten, um die Zusammenhänge in dieser komplexen Region zu verstehen. Sie konnten sich dabei auf Erfahrungen berufen, die sie bereits mit einem ähnlichen Projekt im Irak gesammelt hatten, jedoch sollte dieses Mal das Projekt durch das Militär finanziert werden. Bei der Projektvorstellung bei General McKiernan war auch Furlong anwesend. McKiernan befürwortete die Idee und Furlong soll gesagt haben, dass es möglich sei Wege zu finden, dieses Projekt zu finanzieren. An diesem Tage, so Pelton, erhielten sie den Auftrag an die Arbeit zu gehen.

Es stellte sich heraus, dass die Hilfe von Furlong sehr begrenzt war. Die Menge des bereitgestellten Geldes war am Ende lediglich ein Bruchteil dessen, was ursprünglich in Aussicht gestellt worden war. Wann immer Jordan bei Furlong wegen finanzieller Unterstützung nachfragte, sagte dieser, dass das Geld für andere Zwecke benötigt wurde und das generelle Interesse an dem Projekt nachließ.

Admiral Smith, Leiter der strategischen Kommunikation in Afghanistan, sagte, dass er bei seinem Eintreffen in Kabul im Juni 2009 der Finanzierung dieses Projektes widersprach. Er sagte, dass er keinen Bedarf für die Dienste hätte, die Jordan und Pelton anboten, weil diese unangenehm nahe daran waren, geheimdienstliche Arbeit zu sein. Admiral Smith lehnte den Vorschlag von Furlong ab, das verbleibende Geld für "andere Zwecke" einzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt stimmte Furlong zu, dass einige der eingesetzten Mitarbeiter von International Media Ventures direkt dem Büro für strategische Kommunikation unter Admiral Smith überstellt wurden. Bis heute fehlen rund 15 Millionen US Dollar, die in das Projekt unter Furlong geflossen sind.

Freitag, 19. Februar 2010

Erfolge und Gesinnungswandel

Die in den letzten Tagen bekannt gewordenen Festnahmen in Pakistan scheinen der Auftakt zu einem größeren Rundumschlag zu sein. Associated Press (AP) berichtet, dass "pakistanische Behörden" (lies: ISI) in Zusammenarbeit mit US Geheimdiensten (lies: CIA) weitere Anführer der Taliban verhaftet haben. Laut AP wurden "mehr als ein Dutzend" Anführer verschiedener Gruppierungen der Taliban verhaftet, darunter bekannte Gefährten von Osama Bin Laden.

Nach Aussagen des pakistanischen Geheimdienstes wurden bei drei Zugriffen am Mittwoch und Donnerstag in der Nähe des Hafens von Karachi, Pakistan, alleine neun Kämpfer der Taliban mit Verbindungen zur al-Qaida verhaftet. Zwei Schattengouverneure der Taliban wurden nach Angaben pakistanischer und afghanischer Regierungsstellen bei zwei anderen Zugriffen verhaftet.

Soweit bisher bekannt ist, wurden bei den Festnahmen unter anderem Ameer Muawiya, Gefährte von Osama bin Laden und zuständig für die ausländischen Kämpfer der al-Qaida im Grenzgebiet Pakistans und Akhunzada Popalzai (aka: Mohammad Younis), ehemaliger Schattengouverneur der Provinz Zabul und früherer Polizeichef von Kabul verhaftet. In Karachi wurden außerdem Abu Hamza, ehemaliger Kommandeur der afghanischen Armee der Provinz Helmland und Abu Riyad al Zarqawi, Kontaktmann zu den tschetschenischen und tajikischen Widerstandskämpfern im pakistanischen Grenzgebiet, verhaftet.

Das Verhören Baradars steht offenbar mit zumindest einigen Festnahmen im direkten Zusammenhang. Ein Mitarbeiter des ISI sagte gegenüber AP, dass Baradar "nützliche" Informationen preisgegeben habe, die zu weiteren Festnahmen geführt haben. Mitarbeiter des ISI bestätigten, dass die von US Geheimdiensten abgefangene Kommunikation eine Schlüsselrolle gespielt habe. Erst mit diesen Informationen sei es möglich gewesen, die Verdächtigen aufzuspüren und zu verhaften, die in Karachi Zeitzünder und andere Komponenten für den Bombenbau zu kaufen. Alle Verhafteten seien nach Islamabad gebracht worden.

Der Sprecher des Pentagon, Geoff Morell, sagte, dass die US Regierung "sehr zufrieden" mit den jüngsten Festnahmen sei. Auch Obamas Vertreter in der Region, Richard Holbroke drückte seine Zufriedenheit aus und nannte die Festnahmen "gute Nachrichten nach einer langen Zeit schlechter Nachrichten". Er nannte die Festgenommenen "enge Vertraute" von Mullah Omar, verwehrte sich aber dagegen, sie der Quetta Shura zuzuordnen:
"I don't want to use the term 'Quetta Shura' because some people in Pakistan don't like it, but these people arrested belong to the supreme command of the Taliban."

R. Holbroke
Ob diese Erfolge auf eine erhöhte Bereitschaft Pakistans zur Zusammenarbeit oder aber bessere Geheimdienstinformationen zurückzuführen wären, wollte Morell nicht kommentieren. Stattdessen sagte er:
"What I will say to you, yet again, is that we are enormously heartened by the fact that the Pakistani government and their military intelligence services increasingly recognize the threat within their midst and are doing something about it"
Besonders interessant ist die AP-Meldung, dass im Nordwesten Pakistans, im Gebiet um Dande Darpa Khel herum, Mohammed Haqqani, Bruder von Sirajuddin Haqqani, nach Angaben des pakistanischen Geheimdienstes durch einen Raketenangriff getötet wurde. Es ist fair davon auszugehen, dass dieser Angriff durch amerikanische UAV ausgeführt wurde, zumal Obama jüngst bekanntgegeben hatte, dass er den Einsatz von UAV im Grenzgebiet verstärken wolle.

Der Angriff richtete sich zwar ursprünglich gegen Sirajuddin Haqqani, aber es ist nicht bekannt, ob er bei diesem Angriff verletzt wurde. Sirajuddin und Mohammed sind die Söhne von Jalaluddin Haqqani, dem Anführer der Haqqani-Taliban und Sirajuddin steht im Verdacht, dass er der Drahtzieher hinter dem Anschlag auf eine US-Einrichtung in Afghanistan ist, bei dem im Dezember mehrere Mitarbeiter des CIA getötet wurden. Sirajuddin erklärte sich selbst für die Planung eines Anschlags auf das Hotel Serena in 2008 verantwortlich, bei dem sechs Menschen getötet wurden. Er gab außerdem zu, dass er hinter dem 2008 versuchten Anschlag auf Afghanistans Präsidenten Karzai steht und dass er mehrfach Angriffe auf das US Militär und deren Alliierte aus Pakistan heraus koordiniert hat und an einigen selber teilnahm. Da Jalaluddin Haqqani inzwischen zu alt und zu krank ist, führt Sirajuddin inzwischen das weiter, was sein Vater aufgebaut hat.

Die Festnahmen sind insgesamt schon aufgrund ihrer Anzahl sehr beeindruckend und zeigen, dass neben rein militärischen Operationen die der Geheimdienste zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die Zusammenarbeit von ISI und CIA wiederum ist für sich genommen auch sehr bedeutsam. Von besonderem Interesse ist jedoch, dass der pakistanische Geheimdienst die den Tot M. Haqqani bekanntgab, obwohl der Angriff durch die USA erfolgte. Damit kann man davon ausgehen, dass der ISI entweder auch hier mit den USA zusammengearbeitet hat oder zumindest davon informiert wurde. Die Bekanntgabe durch den ISI macht deutlich, dass zumindest offiziell nicht dagegen interveniert wurde.

Dieser Schlag gegen die Haqqani-Taliban und die Aussage des Pentagonsprechers Morell lassen vermuten, dass die Theorie ein geheimes Abkommen zwischen den USA und Pakistan betreffend immer wahrscheinlicher ist. Pakistan würde ohne entsprechenden Hintergrund Angriffe auf die Haqqani-Taliban nicht dulden und schon gar nicht als Erfolg verkünden. Die Formulierungen des ISI und des Pentagon lassen vermuten, dass der Angriff auf Siraj und Mohammed Haqqani kein Zufall, sondern sorgfältig geplant war und ihm umfangreiche Geheimdienstinformationen zugrunde lagen.

Wenn der ISI davon im Vorfeld wusste, wovon auszugehen ist, hätte er mehr als genug Gelegenheit dazu gehabt, den Angriff scheitern zu lassen. Insofern kann man vorsichtig darauf spekulieren, dass in Pakistan tatsächlich ein grundlegender Gesinnungswandel stattfindet. Dieser Gesinnungswandel wird mit einiger Wahrscheinlichkeit davon getragen, dass die pakistanische Führung die pakistanischen Taliban zunehmend als Bedrohung für sich selbst versteht. Andererseits wird Pakistan nicht ohne Zugeständnisse und bestimmt nicht ohne Not mit den USA plötzlich gegen den sorgsam aufgebauten Verbündeten vorgehen. Finanzielle und materielle Zugeständnisse dürften hierfür wenig ausschlaggebend sein.

Da Regierungsvertreter aus Kabul und Islamabad nahezu zeitgleich zusammenhängende Erfolge im Kampf gegen die Taliban verkündeten, ist es naheliegend davon auszugehen, dass die USA die Rolle Pakistans in Afghanistan langfristig aufzubauen und eine Nähe zwischen Kabul und Islamabad demonstriert werden soll, die für die Zukunft produktiv erscheint. Wenn den USA daran nicht gelegen wäre, hätten sie das nicht zugelassen. Insofern erscheint die Theorie eines geheimen Abkommens zwischen Pakistan und den USA Afghanistan betreffend immer wahrscheinlicher. Dazu kommt, dass der Telegraph heute Generalleutnant Talat Masood zitiert. Masood ist inzwischen pensionierter Offizier der pakistanischen Armee, der der Führung in Islamabad sehr nahe steht. Er sagte:
"These are very significant arrests because the level of co-operation has improved so much there's a feeling in the present military that while the Taliban have a role in Afghanistan, we don't want to antagonise them, but we don't want to befriend them to the point where they harm our interests. If they're not prepared to negotiate or listen to us, we can't have them as our friends."

Generalleutnant Talat Masood
Masood sagte aber auch, dass während der Afghanistankonferenz in London vergangenen Dezember der Durchbruch erzielt wurde, als die strategischen Interessen Pakistans in Afghanistan anerkannt wurden. Wenn die USA und ihre Alliierten auf einer gemeinsamen Konferenz die "strategischen Interessen" Pakistans anerkennen, dann kann man davon ausgehen, dass dort zwischen den Alliierten und Pakistan eine Übereinkunft geschlossen wurde, die die Rolle Pakistans in Afghanistan für die Zeit nach dem Abzug des Militärs betrifft. Es ist nur wahrscheinlich, dass diese Übereinkunft auch darauf abzielt zu verhindern, dass Pakistan zu einem "failed state" wird, wie in der Vergangenheit mehrfach spekuliert wurde. Das bedeutet, dass wahrscheinlich alle an dieser Konferenz beteiligten Staaten auf die eine oder andere Art Abkommen mit Pakistan geschlossen haben, die langfristig die internationalen Beziehungen zu Pakistan verbessern sollen.

Zusammenfassend bedeutet das wohl, dass die Taliban jetzt von zwei Seiten aus unter massivem Druck stehen und ihr ehemals sicheres Rückzugsgebiet in Pakistan zunehmend unsicher wird. Dass die Alliierten Pakistan zur Mitarbeit überzeugen konnten, ist ein Fortschritt, den man gar nicht hoch genug bewerten kann, auch wenn abzuwarten bleibt, welcher Preis dafür zu zahlen sein wird. Insgesamt lässt diese Entwicklung jedoch einen positiven Ausgang des Engagements in Afghanistan immer wahrscheinlicher werden.

Donnerstag, 18. Februar 2010

Erfolg - Für wen?

Heute Nacht spekulierte ich noch darüber, ob es weitere gemeinsame Zugriffe seitens CIA und ISI geben wird und zack, schon passiert. Mullah Abdul Salaam (teilweise auch "Salam"), Führer der Alizai, wurde in Pakistan verhaftet, wenn auch offenbar schon vor einigen Tagen. Unklar ist, wo genau er verhaftet wurde. Laut SPON war es in Peshawar (das wäre nahe der Grenze zu Afghanistan), Newsweek behauptet, es wäre in Faisalabad passiert (das wäre deutlich weiter im Süden nahe zur Grenze nach Indien) und beruft sich dabei auf Quellen bei den Taliban. Es sieht sehr danach aus, als gäbe es zwischen der Festnahme von Baradar und Salaam eine Verbindung, eventuell sogar mehr als eine.

Dieselben Quellen, die gegenüber Newsweek die Festnahme bestätigten, gaben an, dass Salaam auf dem Weg zu einem Treffen mit Baradar gewesen sei. Die Verbindung zwischen Salaam und Baradar ist zwar insofern offensichtlich, als das sich die Anführer der Taliban häufiger treffen und Salaam seine Befehle direkt von der Quetta Shura empfing. Aber wie Baradar so gilt auch Salaam als einer derjenigen Anführer der Taliban, die grundsätzlich zu Verhandlungen bereit sind. Bereits 2008 berichtete der Telegraph darüber, dass die afghanische Regierung in Verhandlungen mit Salaam und den Alizai stand. Damals wurde versucht, die Streitigkeiten innerhalb der Clan-Strukturen auszunutzen, um so die Taliban zu zersplittern. Die Verhandlungen scheiterten und aus Kreisen der Stammesältesten wurde bekannt, dass die Taliban versuchten, Salam wegen seines bevorstehenden Seitenwechsels zu ermorden.
"Maullah Abdul Salaam ist sehr einflussreich und hat die Unterstützung tausender seines Stammes." "Als die Taliban erfuhren, dass er der afghanischen Regierung beitreten will, haben sie vor drei Tagen versucht ihn umzubringen. Aber sie sind gescheitert."

Haji Saleem Khan, Führer der Alizai Shura, im Oktober 2008
Es ist offensichtlich, dass es auch bei dieser Festnahme eine Zusammenarbeit zwischen US Geheimdienst und ISI gegeben hat, denn ein hoher Beamter aus Kreisen des US Geheimdienstes sagte gegenüber Newsweek:
"Thanks to solid intelligence work and some courageous partners in Pakistan, this hasn't been a good time for the leadership of the Afghan Taliban"
Man beachte, dass eben nicht gesagt wurde, dass die Festnahme allein der Geheimdiensttätigkeit Pakistans zu verdanken ist, sondern allgemein von "solider geheimdienstlicher Tätigkeit" gesprochen wird. Warum wohl?

Interessant wird die Festnahme von Salaam vor den Hintergrund, dass auch Abu Waqas, ein Anführer pakistanischer Talibankämpfer in Bajaur verhaftet wurde (Daily Mail berichtet) und zwar in - man höre und staune - Karachi. Die Festnahme eines eher untergeordneten Anführers pakistanischer Taliban passt gut zur Theorie des Bauernopfers, während die Festnahme Salaams zum Nachdenken darüber anregt, warum ausgerechnet ein weiterer verhandlungsbereiter Taliban hochgenommen wurde. Unklar ist im Moment, in welcher Beziehung Waqas zu Baradar steht. Da er sich auch in Karachi aufhielt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er vom Aufenthalt Baradars wusste. Hat er mit der grundsätzlichen Idee Baradars sympathisiert, dass Verhandlungen möglich sein müssen? Und welches Spiel spielt Pakistan dabei? Solange die Taliban unter Jalaluddin Haqqani unangetastet bleiben, sind Zweifel an den Motiven der pakistanischen Führung durchaus angebracht, denn der ISI betrachtet Haqqani von Anfang an als "ihren Mann" und seine Orgenaisation bleibt in Pakistan bislang unangetastet.

Wenn es sich bei Baradar und Salaam tatsächlich um - aus Sicht der Taliban - potenzielle Überläufer handelt, dann wäre ihre Festnahme eine Art interne Säuberungsaktion. Da keiner der Festgenommenen direkt mit Haqqani verbunden ist, wären alle drei aus Sicht Pakistans eher unbedeutend und damit "entbehrlich". Solange Pakistan den USA bloß ein paar Figuren in den Rachen wirft, die für die Taliban und Pakistans Führung eher lästig oder unbedeutend sind, kann man kaum davon sprechen, dass innerhalb des ISI und der Regierung ein Gesinnungswandel einsetzt. Das wiederum wirft ein sehr seltsames Licht auf die "Erfolge", die man im Kampf gegen die Taliban erzielt in Pakistan haben will.

Dienstag, 16. Februar 2010

Vorsichtiger Optimismus

In den deutschen Medien wurde heute im Laufe des Tages gemeldet, dass Mullah Baradar Abdul Ghani Akhund in Karachi (nein, nicht "Karatschi" (SPON), "Karatchi" (Focus), "Karadschi" (Berliner Zeitung) und erst recht nicht "Karadji" (ein Bekannter von mir) oder sonst was; wer es nicht glaubt: Siehe Auswärtiges Amt für die offizielle Schreibweise) festgenommen wurde. Nur weiter unten, fast schon in einem Nebensatz, wurde in den deutschen Medien überhaupt erwähnt, dass die Festnahme ein Joint Venture von ISI und CIA war. Sowohl Ort der Festnahme als auch die Beteiligten sind jedoch mehr als bemerkenswert. Inzwischen ist die Nachricht in Deutschland fast wieder in der Versenkung verschwunden, obwohl es sich lohnt ein wenig über sie nachzudenken - vorausgesetzt man interessiert sich dafür, was da so los ist.

Karachi liegt weit entfernt von Afghanistan und sowohl Taliban als auch pakistanische Regierungskreise haben sich immer wieder bemüht zu betonen, dass die sich radikalislamischen Taliban aus dem pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet nie so tief im Hinterland Pakistans aufhalten würden. Karachi liegt gut 600 Kilometer Luftlinie von der nächstgelegenen Grenze zu Afghanistan entfernt. Mit der Festnahme von M. Baradar dürfte diese Behauptung endgültig widerlegt sein, was wohl einigen Politikern in Islamabad erhebliches Kopfzerbrechen bereiten wird, denn Karachi ist nicht nur die größte Hafenstadt Pakistans, sondern auch das Finanzzentrum des Landes. Und es liegt sehr nah an Indien.

Der ISI (Inter-Service Intelligence, militärischer Geheimdienst Pakistans), der nicht eben den besten Stand bei den westlichen Alliierten hat und seinerseits die US-Geheimdienste auch nicht gerade als "liebe Freunde" bezeichnet, dürfte kaum von alleine eine Zusammenarbeit mit der CIA angeregt haben. Mit einiger Sicherheit wurde diese gemeinsame Operation auf anderem Wege "angeregt". Oder vielleicht sollte man treffender sagen: "erkauft". Es dürfte interessant sein abzuwarten, was die USA für diese Festnahme zahlen werden.

M. Baradar ist - oder besser: war - mit einiger Sicherheit der Kopf der Quetta Shura, die wiederum für einen Großteil der im Süden Afghanistans verübten Anschläge verantwortlich ist. Ob die Festnahme ein Grund ist davon auszugehen, dass die Anschläge in der Region jetzt weniger werden, ist unklar, denn in der Vergangenheit haben die Taliban Verluste innerhalb ihrer Führungsspitze weitestgehend problemlos und nach außen hin auch ohne sichtbare Folgen kompensieren können. Man denke dabei nur an Mullah Dadullah, Baitullah Mehsud, Mullah Haji Amir und so weiter. Trotz der Verluste innerhalb des Führungszirkels haben die Taliban den Kampf nicht nur aufrechterhalten, sondern zum Teil sogar ausgeweitet und verstärkt.

Vor diesem Hintergrund dürfte die Festnahme zumindest nicht unwichtiger ein symbolischer Erfolg sein, denn ob sich daraus unmittelbar praktische Konsequenzen für den (nach Lesart der Bundesregierung) bewaffneten Konflikt in Afghanistan ergeben, wird sich bestenfalls mittelfristig zeigen können. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Situation unter dem mit Sicherheit sehr bald auftretenden Nachfolger von M. Baradar sogar noch verschlechtern wird.

Baradar hat das Benimm Handbuch der Taliban geschrieben, dass einige der schlimmsten Exzesse der Taliban begrenzen sollte. Er kann daher schon fast (aber eben nur fast) als einer der gemäßigteren Extremisten angesehen werden und die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass genau das in Afghanistan manchmal passiert: Das Ausschalten von Nek Mohammed brachte Baitullah Mehsud an die Macht, dem unter anderem der Mord an Banazir Bhutto zugeschrieben wird. Man wird abwarten müssen.

Es könnte auch sein, dass die Festnahme von Baradar eine Eröffnungszug seitens der Alliierten und Pakistan ist, um die radikalislamischen Taliban, besonders Mullah Mohammed Omar, an den Verhandlungstisch zu zwingen, denn auch wenn die Festnahme keine unmittelbaren praktischen Folgen haben muss, so wird Baradar doch eine nicht zu verachtende Quelle taktischer und strategischer Informationen sein und dadurch zu einem zumindest kurzfristig extrem wertvollen Werkzeug.

Unabhängig davon, ob die Festnahme von Baradar nun konkrete Auswirkungen auf die Vorgänge in Afghanistan und Pakistan haben wird, dürften die unmittelbar betroffenen Organisationen den Verlust nicht "mal eben" wegstecken können und eine Menge Unruhe verursachen. Schon aus dieser Sicht kann die Festnahme als "Erfolg" gewertet werden. Zusätzlich wird die erfolgreiche Zusammenarbeit amerikanischer und pakistanischer Geheimdienste in Pakistan erhebliche Auswirkungen auf die Sichtweise der pakistanischen Bevölkerung haben, die den Amerikanern bislang sehr misstrauisch gegenüber stehen und die Amerikaner eher als destabilisierende Kraft im Lande wahrgenommen haben. Außerdem hat Obama jetzt einen der von ihm geforderten vorzeigbaren Erfolge, um im eigenen Land (und auch international) den Einsatz mit eben solchen Erfolgen zu rechtfertigen.

Die Rolle des ISI, dem häufiger nachgewiesen wurde, dass zumindest einige seiner Teile mehr oder weniger offen mit den Taliban sympathisieren, ist dagegen weniger durchschaubar. Zwar könnte man vermuten, dass der ISI zur Kooperation gezwungen war, allerdings hat sich der ISI schon häufiger politischer Einflussnahme erfolgreich entzogen. Es ist nicht völlig von der Hand zu weisen, dass Baradar eine Art Bauernopfer war. Eventuell wurde er sogar ganz bewusst wegen seiner gemäßigteren Tendenzen ausgewählt, um die Taliban vor inneren Flügel- und Machtkämpfen zu schützen. Andererseits würde das bedeuten, dass die Taliban die letzten zwei Jahre, in denen Baradar die Nummer zwei nach Omar war, als Fehlentwicklung beurteilten, was wiederum ganz andere, weitreichende Konsequenzen hätte.

Es ist vielleicht zu früh, wegen dieser Festnahme die Sektkorken knallen zu lassen und das Ende des Krieges bewaffneten Konfliktes zu feiern, aber vorsichtiger Optimismus ist doch schon angesagt.

Freitag, 4. Januar 2008

Geheimdienste in Deutschland

Verschwörungstheorien sind immer Toll. Haben diese mit Geheimdiensten zu tun, ist deren Erfolg bei der Leserschaft nahezu garantiert. Geht es dann dabei auch noch um Juden, kann man sicher sein, dass Stoff für mindestens einen Bestseller, vier Fernsehsendungen und einen Hollywoodstreifen drin ist. Man denke nur an 9-11. Nun ist es ja so, dass man gerne an das Standardmuster denkt, wenn folgende drei Schlagworte genannt werden: Juden, Geheimdienst und: Deutschland. Stimmt doch, oder? Schon denkt man ganz perfide Storys. So die Richtung Jüdische Geheimdienste unterminieren Deutschland und so. Oder von Deutschland ausgehend gegen die Welt. Irgendwas ganz Krudes halt. Tatsächlich lautet die Geschichte aber anders, wenn auch nicht weniger haarsträubend.

Die Berliner Morgenpost schrie mir entgegen:

russische Juden sollen abgeworben werden
Das hätte mich jetzt nicht so sehr fasziniert, wenn nicht der Artikel begonnen hätte mit:
"Werden die jüdischen Gemeinden in Deutschland von Israels Regierung geschwächt? Eine äußerst heikle Frage, die auch die Bundesregierung beschäftigt. Eine Geheimdienstorganisation will Juden, die aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland ausgewandert sind, nach Israel abwerben."
Ernsthaft. Der Zentralrat der Juden Deutschlands beschwert sich bei der Bundesregierung(!) darüber, dass ein israelischer(!) Geheimdienst namens "Nativ" versucht, aus Russland nach Deutschland ausgewanderte Juden aus Deutschland wegzulocken, damit die sich stattdessen in Israel ansiedeln. Ich war mir erst nicht so ganz sicher, ob das nicht unter "Stutenbeißen" und "Futterneid" abzuheften wäre, aber die Tatsache, dass sogar die Bundesregierung mit eingeschaltet ist, ließ mich etwas länger drüber nachdenken. Was will denn wohl ein Zwergstaat wie Israel mit immer mehr Einwohnern? Platz haben die ja nun wirklich nicht... Moment mal... Die Siedlungen... Sollte Israel etwa versuchen, durch von Innen provozierten Expansionsdruck...? Weltmacht Israel? Deutschland als Spielstein des Konflikts im Nahen und Mittleren Osten? Allen Verschwörungstheorien sind Tür und Tor geöffnet und der Tag wird bunt...

Wünsche schönes Fantasieren!

(Quelle: Berliner Morgenpost)

Freitag, 2. November 2007

Reale Sicherheit

Bundesnachrichtendienst LogoDer Bundesnachrichtendienst tagt. Der tagt zwar nicht jeden Tag, aber so besonders ist das jetzt auch wieder nicht, dass man darüber viele Worte verlieren müsste. Was daran besonders ist? Der Bundesnachrichtendienst ist ein Auslandsgeheimdienst. Prominenter Redner: Der Bundesinnenminister. Genau! Unser aller hochverehrter Beschützer des Rechtsstaats und Innovator der Terrorismusbekämpfung hielt auf dieser Tagung eine von den Anwesenden mit viel Applaus bedachte Rede. Nun bekommt der Herr Dr. Schäuble öfter Applaus wenn er Reden hält, das gebietet wohl schon die Höflichkeit. Aber interessant ist, wofür er dieses Mal gefeiert wurde.

Dem illusteren Kreise verkündete er von seiner gewonnen Erkenntnis, dass die Trennung von Polizei und Geheimdiensten nicht im Grundgesetz verankert sei. Es sei ihm nicht gelungen, irgendwo im Grundgesetz einen entsprechenden Artikel zu finden. Tatsächlich steht von dieser Trennung nichts im Grundgesetz. Die Trennung ist eine unmittelbare Lehre aus den Erfahrungen der NS-Zeit. Auch das Bundesverfassungsgericht leitete das Trennungsgebot unmittelbar aus dem Grundgesetz ab. Das findet der Innenminister aber wohl ziemlich doof, denn für ihn hält sich die Wirklichkeit nicht an diese Trennung und eine bessere Vernetzung von Behörden und Informationen sei eine Notwendigkeit. Auch die Unterscheidung in ein regiläres Völkerrecht und in ein Kriegsvölkerrecht entspricht nicht der (seiner?) Realität.

Ein Spitzensatz, der zu tosendem Applaus führte, war folgende denkwürdige Äußerung des obersten Sicherheitsapostels der Bundesregierung:
"Wir sollten die Leistungsfähigkeit des Bundesnachrichtendienstes nicht durch parlamentarische Untersuchungsausschüsse gefährden."
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Im Klartext bedeutet das, dass der Geheimdienst gefälligst nicht durch eine Überprüfung seiner Arbeit an seiner Arbeit gehindert werden darf. Mit anderen Worten: Es ist der BND! Was die machen, ist per Definition "richtig", egal was es ist und es steht niemandem zu, das in Frage zu stellen. Entsprechend nennt der Herr Schäuble die Informationen des BND auch "lebensnotwendig" und nennt sie "das wichtigste Mittel, um die Stabilität unserer Gesellschaft zu gewährleisten".

Man muss glaube ich nicht extra darauf hinweisen, dass in dieser Sichtweise die Rechtfertigung der Methoden zur Informationsbeschaffung vollkommen ausgeblendet wird. Zu Ende gedacht ist das nicht nur eine Billigung international umstrittener Methoden (Internierungslager, Foltergeständnisse), sondern schon fast eine Forderung, diese auch von deutschen Behörden anwenden zu lassen. Das wiederum hatte Schäuble ja auch schon bei anderer Gelegenheit durchschimmern lassen, als er darüber öffentlich nachdachte, ob durch Folter gewonnene Informationen verwendet werden sollten.

Man sagt ja, dass jedes Land diejenige Regierung bekommt, die es verdient, aber ich habe meine Zweifel, ob die Welt solche Menschen an der Macht verdient, wie eben diesen Herrn.

(Quelle: Zeit)

Dienstag, 17. Juli 2007

Spionage

SpyParanoia kann manchmal ganz schön schlimme Folgen haben. Auch für die Umwelt der Betroffenen. So hat der Iran durch seine staatliche Nachrichtenagentur IRNA verkünden lassen, dass in den vergangenen Wochen durch Geheimdienstangehörige 14 Verdächtige verhaftet worden seien. Ihnen wird vorgeworfen, in der Nähe der Grenze auf iranischem Staatsgebiet Spionage für ausländische Geheimdienste betreiben zu wollen. Die Verdächtigen wären verhaftet worden, bevor sie Schaden anrichten konnten.

Es ist allerdings selbst Insidern nicht ganz klar, was genau wohl die verhafteten 14 Eichhörnchen jetzt erwarten wird. Es ist jedenfalls nicht schwer vorstellbar, dass der Iran 14 Tieren einen Prozess wegen Spionage machen wird. Der Kommandeur der iranischen Poilzei, Esmaeil Ahmadi-Moqadam, sagte zu dem Vorfall:
"Ich habe davon gehört, aber ich weiß nichts über die genauen Hintergründe des Falles."
Unter uns: Ich als Polizeichef würde zu solchen brisanten Fällen auch nichts sagen wollen. Wer weiß, wer da so alles mithört...

(Quelle: PA)

Dienstag, 26. Juni 2007

Das war doch glatte Absicht!

Daten Band kaputt BandsalatAuch Deutschland hat eigene Geheimdienste. So unglaublich es klingen mag, aber es stimmt. Auch wir, die unschuldigen, harmlosen, immer auf Kuschelkurs befindlichen Deutschen haben Leute, die sich mit Spionage und so was beschäftigen. Und sogar gar nicht so erfolglos, wie sich in der Vergangenheit zeigte.

Diese Leute gehören zu verschiedenen Behörden, zum Beispiel auch zum Militär. Da beschäftigt man sich mit Dingen, die nun eher nicht das Niveau der Einkaufsliste von Oma Hildegard haben, sondern eher schwergewichtiger Natur sind. Irgendwie muss man diese ganze Schnüffelei ja auch festhalten, denn ohne Auswertung und Analyse bringt das alles ja nichts. Dafür hat man so Rechner. Computer, quasi. Fast schon solche, wie wir unterm Tisch stehen haben, nur eben um einige komplizierte (und sehr teure) Details erweitert. Besonders die Datenspeicherung sieht irgendwie etwas anders aus als bei uns zu Hause.

Jedenfalls ist schon lange bekannt, dass in Deutschland gerade beim Militär gerne und viel gespart wird. Es ging unserem Bundesfinanzhaushalt ja nun längere Zeit eher nicht so gut. Und da wird dann auch schon mal bei den Schnüfflern ein wenig geknausert. Wir kennen das aber von zu Hause: Wer viel sammelt, der braucht viel Platz. Das ist nun mal so. Und so kam es, dass irgendwann unsere Schnüffelnasen ein Problem hatten, das viele von uns auch kennen: Platte voll - aber Kasse leer. Also nix is mit "mal eben" neue Platte kaufen.

Was tun? Genau: Backup und Platz freischaufeln. Und was schmeißt man als erstes vom Rechner? Eben. Daten von Anno Dunnemals. Weg damit. Braucht eh keine Sau mehr. Das funktioniert bei den Geheimdiensten im Prinzip genau so wie bei jedem anderen Menschen auch, nur gibt's da dann noch so etwas wie "Aufbewahrungsfristen" und "Verjährung" und so. Behördliche Regelungen, Dienstvorschriften und so Zeugs halt. Das regelt, wann unsere Staatsbediensteten überhaupt irgendwas an Daten irgendwie bewegen dürfen. Ist ja nicht wie bei uns, wo der Nachbar mal eben rum kommt und uns beim Käffchen die dezentrale Sicherheitskopie seiner Plattensammlung anvertraut.

Jedenfalls wurde ein Sack voll Daten von "damals" auf Magnetbänder gespeichert. Nun nicht gerade solche von 1970, sondern schon was Neueres, aber eben auch nicht gerade "brandneu", weil - siehe oben - Geld ist ja knapp und so eine Bandmaschine für richtig viele Daten kostet auch richtig viel Geld. Ist zwar was älter, aber "tut ja noch" und darum: Attacke und rauf aufs Band. Gesagt, getan. Die Software meldet: Backup erfolgreich. Was tut man dann? Genau. Bänder ins Regal, Daten runter von der Platte und weiter im Text. Was sollte man auch sonst tun?

Schade eigentlich: Die Technik ist doch schon so alt, dass sie leider nicht mehr richtig funktioniert und deshalb ist das Backup für die Tonne. Das hat man aber erst bemerkt, nachdem die Originaldaten gelöscht waren. Dumm gelaufen. Sollte nicht passieren, kann aber, wie wohl jeder aus eigener Erfahrung weiß: Platten rauchen ab, Rohlinge vergammeln und mancher Brenner produziert halt einfach nur Schrott. Von außen sieht man den Dingern das nicht an. Das merkt man immer erst hinterher. In diesem Fall aber auch nicht erst gestern, sondern schon 2004!

Jetzt kam allerdings jemand von den Medien auf die Idee, ausgerechnet nach Dingen zu fragen, die ausgerechnet zu genau jenen Daten gehören, die verloren gegangen sind. Diese Daten waren - als sie aktuell waren - geheim. Das bedeutet, dass eigentlich für ganz ganz wenige und ganz ganz ganz spezielle Leute überhaupt wussten, dass es diese Daten überhaupt gibt und noch weniger Leute werden gewusst haben, was genau das für Daten sind. Das ist halt so, wenn etwas "geheim" ist. Das ist der Sinn der Übung.

Als die Daten dann nicht mehr gebraucht wurden, waren sie auch im Prinzip nicht mehr geheim, nur irgendwie hat sich kein Aas dafür interessiert. Wollte halt keiner haben den Ranz. Die Platten anderer Leute sind auch schon voll. Aber kaum fragt irgendein Pressefuzzi nach sind genau diese Daten die allerwichtigsten Daten, die es jemals auf dieser Welt gegeben hat. Selbstverständlich wurden diese Daten absichtlich gelöscht, denn wir - die Deutschen - machen ja alles absichtlich und unserer Regierungen sowieso nur aus ganz super schlimmen Beweggründen...

Und so kommt es, dass die Presse sich auf eine wundervolle Verschwörungsgeschichte stürzt, die wahrscheinlich so viel oder so wenig mit Verschwörung zu tun hat, wie alles, was wo irgendwie Geheimdienste mit beteiligt sind. Sicher sind da Daten und Informationen "weggekommen", die für Normalsterbliche ungeheuer interessant und deshalb auch waaaaahnsinnig wichtig sind. Aber hey, sein wir mal ehrlich: Das gilt wohl für so ziemlich alles, was da bei den Geheimdiensten und dem Militär an Informationen gespeichert wird, nur geht das eben nicht jeden was an. Da war was, ne? Genau: Geheimhaltung!

So, halten wir fest: 2004 hat man bemerkt, dass Daten von 1999 bis 2003 weg sind. Wie und warum: Siehe oben. Man hat sich gedacht: "So'n Mist!" und hatte einen Karton voller Speicherbänder für den Mülleimer. Und was macht man damit? Genau. Wegwerfen. Das tat man da auch und sogar genau nach Vorschrift. Man informierte sogar alle zuständigen Stellen darüber. 2007 kommt irgendjemand auf die Idee sich nach genau diesen uralten Daten zu informieren, bekommt gesagt "Sorry, Dude, aber die Daten sind weg!" und schon haben wir einen "Skandal" weil die Bundeswehr absichtlich Daten vernichtet?! Hallo?

Meine Fresse, man merkt echt, das Sommer ist. Manchen Leuten bekommt scheinbar weder das Wetter, noch die Berieselung mit "Wetten Dass?" aus Mallorca. Mal wieder.

Donnerstag, 26. April 2007

Will auch!

AbhoerenWährend die Emotionen hochkochen über die Frage, ob der Staat ohne das Wissen des Betroffenen dessen Computer durchsuchen darf, lacht man sich wahrscheinlich bei anderen Behörden darüber schlapp. Spätestens seit 2005 führen deutsche Geheimdienste und das Bundeskriminalamt durch, was die übrigen Strafverfolgungsbehörden jetzt auch wollen: Den Rechner der interessanten Zielpersonen filzen. Urteilte das Verfassungsgericht noch im Februar, dass zur Durchführung solcher Durchsuchungen ein förmliches Gesetz fehle, reichte dem Verfassungsschutz eine interne Dienstanweisung, um an die begehrten Daten heranzukommen.

Was lernen wir daraus? Wer die Verfassung schützen will, muss sich nicht unbedingt an sie halten. Legt man diese Prämisse zugrunde, sind die meisten der angestrebten "Sicherheitsbestimmungen" viel besser zu verstehen und vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, warum sich Herr Schäuble und seine Gesinnungsgenossen vehement als Verteidiger der Verfassung sehen: In ihren Augen tun sie tatsächlich alles, um die Verfassung zu schützen. Sie wollen nur nicht, dass die Verfassung diejenigen behindert, die sie "schützen" wollen.

Donnerstag, 19. April 2007

Bei Anruf Integration

Kleiner Corc am TelefonBayern, bekannt für seine zuweilen eigenwillige Auffassungen von Recht, Moral, Sitte und Anstand, hält es für vollkommen legitim öffentlich zum Denunzieren aufzufordern. So richtete man dort Hotlines für Rechtsextremismus und für Islamisten ein. Der Verfassungsschutz in Bayern stellte jetzt fest, dass die Hotline für Rechtsextremismus durchaus genutzt werde und wichtige Erkenntnisse liefere, jedoch die für Islamisten bis heute vollkommen ungenutzt geblieben sei. Die Verfassungsschützer sehen die Ursache für die fehlenden Denunziationen von Islamisten darin, dass sich Muslime nicht mit der deutschen Gesellschaft identifizieren.

Denunziantentum als Kennzeichen gesellschaftlicher Identifikation und Integration. Auf solche Ideen kann man wahrscheinlich wirklich nur in Bayern kommen.

(Quelle: n-tv)

Donnerstag, 1. März 2007

Possenspiel

Irgendwie ist diese Geschichte langsam mehr als nur etwas eigenartig. Da wird ein türkischer Staatsbürger von den USA in einem reichlich umstrittenen Lager auf Kuba gefangen gehalten. Irgendwann wird er dann doch frei gelassen und kehrt nach Deutschland zurück. Dort geht der Mann dann vor Gericht, weil sich die Bundesregierung nicht um seine Freilassung gekümmert hätte. Spätestens an dieser Stelle fragt sich wohl jeder: Was um alles in der Welt hat die Bundesregierung mit der Freilassung eines Türken aus US-Amerikanischer Haft am Hut? Ist das nicht eher Sache der Türkei?

Egal wie, bei uns hat man scheinbar nichts zu tun und so stürzt man sich mit Anwälten und Untersuchungsausschüssen auf dieses ziemlich seltsame Thema. Inzwischen wird mehr oder weniger der gesamte Bundesnachrichtendienst aufgerollt und darf sich zum Thema räuspern. Auch hohe Politiker dürfen dort aussagen. Das tun sie auch, mal mehr, mal weniger begeistert. Aber immer wieder heißt es, dass die (damalige) Bundesregierung alles getan habe, um den Herrn Kurnaz aus der Haft frei zu bekommen.

Natürlich gibt es über diesen ganzen Vorfall von "damals" auch etliche Akten. Die möchte der Untersuchungsausschuss auch ganz gerne mal einsehen und so fordert er vom Landesamt für Verfassungsschutz Bremen - dort lebte Kurnaz vor seiner Inhaftierung - die Akten an. Das schickt auch brav die Akten nach Berlin. Ist ja nicht so weit weg. Dort kreisen diese Akten nun durch allerlei Behörden und Ministerien und werden gelesen, zerpflückt und wohl auch zensiert. Jedenfalls sind sie bis heute nicht beim Untersuchungsausschuss angekommen.

Der wiederum hat jetzt die Faxen dick und erklärte gegenüber dem Parlament, dass man ohne diese Akten nicht arbeiten könne und setzte alle Vernehmungen und Sitzungen etc. ab sofort wegen der seit Wochen fehlenden Akten aus. Das kommt natürlich sehr gut, zumal die Presse schon sehnsüchtig auf Aussagen ranghoher Politiker in dieser Sache wartet. Noch besser natürlich, dass diese Ankündigung veröffentlicht wurde.

Parallel dazu meldet sich heute jemand in dieser Sache zu Wort, dessen Schweigen man wohl hierzulande ganz gerne gesehen hat. Der ehemalige US-Sonderbotschafter und Beauftragte für Guantanamo, Pierre Prosper, sagte heute gegenüber der Presse ziemlich deutlich, wie sehr sich die Bundesregierung für die Freilassung des Herrn Kurnaz eingesetzt hatte:
"Von den Deutschen kam keinerlei Signal. Die deutsche Bundesregierung hat sich bezüglich des Kurnaz-Falles niemals an mich gewendet und ich habe auch keinen Hinweis meines Vorgesetzten, Außenminister Colin Powell, erhalten."
Upsi. Nunja, nun muss ja nicht jeder bei den Amerikanern über so etwas Bescheid wissen, mag man denken. Aber jetzt kommts:
"Hätte die deutsche Regierung gesagt, wir wollen Kurnaz haben, hätten wir uns sofort zu Verhandlungen zusammen gesetzt, um eine Verständigung darüber zu erreichen, die es ihm ermöglicht hätte, nach Hause zurückzukehren. Während meiner gesamten Amtszeit hat Deutschland mir gegenüber niemals ein Interesse bekundet, und ich war die Person, die innerhalb der US-Regierung dafür zuständig war."
Hm, naja, wissen ist eine Sache, aber frei lassen wollen ist ja ein ganz anderes Thema. Und da hatten die USA ja angeblich so sehr geblockt. Auch dazu äußerte sich Herr Prosper:
"Im Fall Kurnaz wussten es Deutschland und die Türkei, oder hätten es wissen müssen, dass die USA bereit waren, über seine Ausreise zu sprechen." "Unser Ziel war es, die Zahl der Gefangenen in Guantanamo drastisch zu reduzieren, und dies betraf auch Kurnaz."
Öhm, ja. Aber die USA haben doch verlangt, dass Kurnaz als Spitzel in Bremen gegen islamisten eingesetzt würde. Auch das scheint irgendwie nicht ganz zu stimmen, denn Prosper widerspricht dem entschieden. Von Herkunftsländern wie Deutschland sei nur verlangt worden "zu gewährleisten, dass von den Gefangenen nach deren Rückführung keine Gefahr für die Sicherheitsinteressen der USA oder der internationalen Gemeinschaft ausgeht." Nicht mehr, nicht weniger.

Jetzt bin ich richtig gespannt, wie sich diese Posse weiterentwickelt.

(Quelle: Tagesschau, Monitor, Pressedienst des Deutschen Bundestages)