Donnerstag, 18. Februar 2010

Erfolg - Für wen?

Heute Nacht spekulierte ich noch darüber, ob es weitere gemeinsame Zugriffe seitens CIA und ISI geben wird und zack, schon passiert. Mullah Abdul Salaam (teilweise auch "Salam"), Führer der Alizai, wurde in Pakistan verhaftet, wenn auch offenbar schon vor einigen Tagen. Unklar ist, wo genau er verhaftet wurde. Laut SPON war es in Peshawar (das wäre nahe der Grenze zu Afghanistan), Newsweek behauptet, es wäre in Faisalabad passiert (das wäre deutlich weiter im Süden nahe zur Grenze nach Indien) und beruft sich dabei auf Quellen bei den Taliban. Es sieht sehr danach aus, als gäbe es zwischen der Festnahme von Baradar und Salaam eine Verbindung, eventuell sogar mehr als eine.

Dieselben Quellen, die gegenüber Newsweek die Festnahme bestätigten, gaben an, dass Salaam auf dem Weg zu einem Treffen mit Baradar gewesen sei. Die Verbindung zwischen Salaam und Baradar ist zwar insofern offensichtlich, als das sich die Anführer der Taliban häufiger treffen und Salaam seine Befehle direkt von der Quetta Shura empfing. Aber wie Baradar so gilt auch Salaam als einer derjenigen Anführer der Taliban, die grundsätzlich zu Verhandlungen bereit sind. Bereits 2008 berichtete der Telegraph darüber, dass die afghanische Regierung in Verhandlungen mit Salaam und den Alizai stand. Damals wurde versucht, die Streitigkeiten innerhalb der Clan-Strukturen auszunutzen, um so die Taliban zu zersplittern. Die Verhandlungen scheiterten und aus Kreisen der Stammesältesten wurde bekannt, dass die Taliban versuchten, Salam wegen seines bevorstehenden Seitenwechsels zu ermorden.
"Maullah Abdul Salaam ist sehr einflussreich und hat die Unterstützung tausender seines Stammes." "Als die Taliban erfuhren, dass er der afghanischen Regierung beitreten will, haben sie vor drei Tagen versucht ihn umzubringen. Aber sie sind gescheitert."

Haji Saleem Khan, Führer der Alizai Shura, im Oktober 2008
Es ist offensichtlich, dass es auch bei dieser Festnahme eine Zusammenarbeit zwischen US Geheimdienst und ISI gegeben hat, denn ein hoher Beamter aus Kreisen des US Geheimdienstes sagte gegenüber Newsweek:
"Thanks to solid intelligence work and some courageous partners in Pakistan, this hasn't been a good time for the leadership of the Afghan Taliban"
Man beachte, dass eben nicht gesagt wurde, dass die Festnahme allein der Geheimdiensttätigkeit Pakistans zu verdanken ist, sondern allgemein von "solider geheimdienstlicher Tätigkeit" gesprochen wird. Warum wohl?

Interessant wird die Festnahme von Salaam vor den Hintergrund, dass auch Abu Waqas, ein Anführer pakistanischer Talibankämpfer in Bajaur verhaftet wurde (Daily Mail berichtet) und zwar in - man höre und staune - Karachi. Die Festnahme eines eher untergeordneten Anführers pakistanischer Taliban passt gut zur Theorie des Bauernopfers, während die Festnahme Salaams zum Nachdenken darüber anregt, warum ausgerechnet ein weiterer verhandlungsbereiter Taliban hochgenommen wurde. Unklar ist im Moment, in welcher Beziehung Waqas zu Baradar steht. Da er sich auch in Karachi aufhielt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er vom Aufenthalt Baradars wusste. Hat er mit der grundsätzlichen Idee Baradars sympathisiert, dass Verhandlungen möglich sein müssen? Und welches Spiel spielt Pakistan dabei? Solange die Taliban unter Jalaluddin Haqqani unangetastet bleiben, sind Zweifel an den Motiven der pakistanischen Führung durchaus angebracht, denn der ISI betrachtet Haqqani von Anfang an als "ihren Mann" und seine Orgenaisation bleibt in Pakistan bislang unangetastet.

Wenn es sich bei Baradar und Salaam tatsächlich um - aus Sicht der Taliban - potenzielle Überläufer handelt, dann wäre ihre Festnahme eine Art interne Säuberungsaktion. Da keiner der Festgenommenen direkt mit Haqqani verbunden ist, wären alle drei aus Sicht Pakistans eher unbedeutend und damit "entbehrlich". Solange Pakistan den USA bloß ein paar Figuren in den Rachen wirft, die für die Taliban und Pakistans Führung eher lästig oder unbedeutend sind, kann man kaum davon sprechen, dass innerhalb des ISI und der Regierung ein Gesinnungswandel einsetzt. Das wiederum wirft ein sehr seltsames Licht auf die "Erfolge", die man im Kampf gegen die Taliban erzielt in Pakistan haben will.

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