Freitag, 24. Februar 2006

Deutschland, der Irakkrieg und der BND

Bundesnachrichtendienst bei Muenchen - Foto: ARDDie Bundesrepublik hat einen Geheimdienst. Genauso wie bei James Bond, nur eben ganz anders. Was? Oh Schreck! Darf man denn...? Sicher, jeder andere Staat auf dieser Welt hat sowas auch. Ach so, ja dann... Soweit also nichts Besonderes und alles im grünen Bereich. Dieser Geheimdienst ist der Bundesnachrichtendienst (kurz: BND). Der wohnt in Pullach bei München und soll "uns" Informationen beschaffen, damit Deutschland nicht ganz so dumm da steht, wenn andere was gegen uns aushecken. Auch das ist nicht ungewöhnlich und reichlich unspektakulär, aber irgendwie auch wichtig und anrüchig, weil eben geheim. Es heisst ja auch "Geheimdienst".

Vor einiger Zeit dachte man sich woanders, dass es eine prima Idee wäre mal eben in den Irak zu fahren und eine Runde Krieg zu spielen. Das wurde lang und breit in den Medien gezeigt und noch heute haben wir ziemlich viel damit um die Ohren. Deutschland - damals noch mit Herrn Schröder am Ruder - hatte sich, obwohl Mitglied der Nato und trotz diverser Bündnisse mit den Expeditionsteams, sehr deutlich von diesem Horrortripp distanziert. Man wolle nichts damit zu tun haben. Wörter wie "Kriegsverbrechen" und so fielen, und generell wurde infrage gestellt, ob das denn alles so seine Richtigkeit hätte. Inzwischen ist es eher akademisch über diese Frage zu sinnieren, denn die Truppen sind nunmal da und man hat mit dem Hammer draufgehauen und es ist ziemlich viel kaputtgemacht worden. Sowohl die Einheimischen als auch die Ortsfremden haben der jeweils anderen Seite ziemlich viele Verluste beigebracht und langsam hält man auch woanders die Sache mit dem Irak nicht mehr für die beste aller Ideen.

Neulich kam nun irgendwer an und meinte, dass Deutschland sich doch an den Vorbereitungen des Krieges im Irak beteiligt hätte. Der BND soll damals mit Inforamtionen 'rübergekommen sein, wo denn lohnende strategische Ziele zu finden sind. Wie jetzt? Der Informationsdienst der Bundesregierung macht Feindaufklärung für anderer Länder Invasionstruppen? Da war ganz schön Hektik angesagt. Die Regierung wollte das am liebsten unter den Teppich kehren. Das ging aber nicht, weil zu viele Leute zu hartnäckig an der Sache herumzerrten. Also Plan B: "Dann machen wir eben einen Untersuchungsausschuss dazu. Dann brauchen wir nichts zu veröffentlichen, aber es sieht wenigstens so aus als würden wir was tun!" - Prima Plan, hat nur nicht so ganz geklappt weil einigen Leuten das eben vorher auffiel. Also musste man sich doch zähneknirschend daran setzen und die Sache mehr oder weniger öffentlich durchwalken.

Und was kam jetzt dabei heraus? Ein Bericht. Und was sagt der? Zur großen Verwunderung der Medien: Nichts. "Stets im Rahmen der rechtlichen und politischen Vorgaben" habe sich der BND bewegt und gehandelt. Keine der Meldungen an die USA hätte "Bedeutung für das aktuelle operative Kampfgeschehen" gehabt. Einzelne Dokumente hätten "Informationen mit durchaus militärischen Bezügen" enthalten, aber damit könnte man garantiert nicht "die Streitkräfte in der taktischen operativen Kriegsführung zu unterstützen." Aha. Ja dann... Aber ob das alles so richtig ist?

Nun mal unter uns: Was hätte die Bundesregierung denn auch sonst sagen sollen? "Ja, der BND hat entgegen unserer medienwirksamen PR-Kampagne die USA unterstützt, damit die uns nicht vollends zur Achse des Bösen dazurechnen und wir voll eine an den Latz kriegen"? Hätte die Untersuchungskommision etwa sagen sollen: "Klar, Leute, wir haben Euch voll verarscht! Ätsch-ätsch, alles gelogen mit 'Deutschland ist für eine freidliche Lösung im Irak'!"? Hätte man etwa vor die Kameras treten sollen und sagen "Die USA haben uns so dermaßen an den Eiern, wenn wir nicht wenigstens etwas nach deren Pfeife tanzen, dann ist schluss mit lustig und hier geht gar nichts mehr"? Sein wir mal realistisch. Was würde das für Folgen haben? Innen- wie Außenpolitisch wäre das ein Supergau. Alle würden sich kaputtlachen und auf Deutschland zeigen. Die Folgen wären unüberschaubar, der Schaden immens. Über alles gesehen könnte das Deutschland für sehr lange Zeit dramatisch schaden, was wiederum unmittelbare wirtschaftliche Folgen haben würde. So gesehen blieb der Regierung also nichts Anderes übrig als alles so darzustellen, als wäre "gar nichts Schlimmes passiert" und "alles in bester Ordnung".

Damit es aber nicht ganz so deutlich jedem auffällt, das man hier ganz schön eng am politischen Abgrund herumlaviert lässt man es zu, dass ein paar "aufmüpfige Randfiguren" der politischen Bühne mit "brisanten Insiderinformationen" ein völlig anderes Bild zeichnen. Man lässt zu, dass anderslautende Berichte veröffentlicht werden aus denen hervorgeht, das man eben doch damal ziemlich dick mit drin saß im "wir fahren nach Irak"-Boot. Das man damals aber gar nicht anders konnte, weil man sonst von den USA richtig einen an die Batterie bekommen hätte, das steht da natürlich nicht drin. Das wird auch so niemand zugeben. Jedenfalls nicht öffentlich.

Wie auch immer. Die Jungs und Mädels aus Pullach können einem jedenfalls leid tun. International eh noch nie als erste Garde angesehen werden sie wohl auch auf absehbare Zeit ziemliche Schwierigkeiten haben, ihren Job mit voller Unterstützung von Bevölkerung und Regierung zu machen. Klar, kritisch gegenüber seinem Geheimdienst zu sein ist gut und richtig. Das Beispiel USA zeigt das sehr deutlich. Aber man muss sich auch nicht gerade so sehr dafür schämen, wie es in Deutschland Mode ist. Etwas mehr Rückgrat und politischer Realismus wären echt klasse.

Aber das ist wohl zu viel verlangt.

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