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Samstag, 21. Juli 2007

Wahlfreiheit

Manchmal überschneiden und ergänzen sich bei mir zwei völlig unterschiedliche Diskussionen, ohne das diese Diskussionen irgendetwas mit einander zu tun hätten. Heute Morgen unterhielt ich mich zum Beispiel mit einem Bekannten über die CDU und was der Brandenburger Innenminister Jörg Schönbohm so über seine Partei denkt. Seine Gedanken sind sicherlich nicht für jedes Mitglied der CDU repräsentativ, aber seine Einschätzung zum Begriff "Konservativ" scheint sich meiner Erfahrung nach doch größerer Akzeptanz in dieser Partei zu erfreuen. Heute veröffentlichte die Berliner Morgenpost ein Interview mit Herrn Schönbohm, in dem er sich zu genau diesem Thema äußert.

BMP: "Was ist eigentlich ein Konservativer?"

Schönbohm: "Die Grundlage des Denkens des Konservativen ist das christliche Menschenbild, mit der Einmaligkeit, aber auch mit der Eigenverantwortlichkeit des Menschen. Für mich ist konservativ, dass wir das fortschreiben, was sich im Leben bewährt hat und es nur dann ändern, wenn wir wissen, es gibt etwas besseres. Der Konservative geht aus von der Unverwechselbarkeit, aber auch von der Entscheidungsfreiheit des Menschen, so zu leben, wie er es will. Daraus ergeben sich dann die Folgen für Familie oder das Verhältnis zum Vaterland."

BMP: "Was heißt das nun konkret?"

Schönbohm: "Nehmen wir die Familienpolitik: Die einen sagen, die Frau muss an den Herd. Die anderen sagen, sie muss in die Arbeit. Beides ist falsch. Wir haben als politische Partei keine Erziehungsaufgabe, sondern die Aufgabe, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Menschen selber entscheiden, wie sie leben. Ich kann deshalb nicht einsehen, warum wir ein junges Ehepaar dazu zwingen wollen, dass der Mann zwei Familienmonate nimmt? Das ist dieser erziehungspädagogische Ansatz, hinter dem eine Ideologie steht. Und Konservative sind gegen ideologische Vorgaben. Ich hab das auch in der CDU gesagt, aber die Mehrheit sieht das anders."
Mit anderen Worten: Konservativ ist es, dem Menschen die Wahl zu lassen und so zum Besseren zu finden. Für den Konservativen ist Wahlfreiheit der richtige Weg. Aber ist er das tatsächlich?

In einer anderen Debatte, die ich fast zeitgleich mit einem anderen Bekannten führte, ging es um das Thema Wahl der richtigen Partnerin und der Frage, ob es in dieser Hinsicht nicht "besser" wäre, wenn Mann einfach nur blöd ist, über keine nennenswerte Intelligenz verfügt. Unser beider Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht sind nicht unbedingt die besten, allerdings unterscheiden wir uns in der Perspektive. Ich bezweifle die richtige zu finden (weil ich dazu zu doof bin), er bezweifelt, dass es die richtige überhaupt gibt.

Im Verlauf der Diskussion schickte er mir jedenfalls den Link zu einem Video, in dem sich der Psychologe Barry Schwartz mit der Frage beschäftigt, ob Wahlfreiheit wirklich gut für das Individuum ist. Die Schlüsse, die er zieht, machen nachdenklich:

Stellt man dieses Video mit den Aussagen von Herrn Schönbohm in Kontext, dann stellt sich mir irgendwie die Frage, ob die Konservativen der CDU wirklich wissen, was sie da fordern. Ich vermute, sie wissen es ganz genau und daraus ergibt sich für mich irgendwie der Eindruck, dass es dieser Partei nie um den Menschen, sondern immer nur um die Wirtschaft gehen wird.

Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren...

(Quelle: Berliner Morgenpost, TED. Danke Abti und danke M* für die Debatten und die Links)

Freitag, 15. Dezember 2006

Polizeistaat Brandenburg

N24 - Bundespolizei mit MP5Die durch die Verfassung garantierten Freiheitsrechte in Deutschland werden mal wieder "reformiert". In Schönbom-County (Brandenburg) gilt seit gestern ein neues Polizeigesetz, dass eine ganze Menge weitreichender Eingriffsbefugnisse neu regelt. Die Polizei darf dort ab sofort Wohnungen "akustisch Überwachen" ohne dazu vorher einen Richter fragen zu müssen. Wenn mal keine "Gefahr im Verzug" vorliegt, reicht es einen Amtsrichter zu fragen - bislang mussten mehrere Landesrichter zustimmen. Auch wenn es um das Verfolgen von Handys geht braucht die Polizei keine richterliche Erlaubnis mehr.

Sofern es der "Gefahrenabwehr" dient - also wohl so ziemlich immer - darf die Polizei für die nächsten zwei Jahre mit einem "IMSI-Catcher" Handys "orten". Dieses Gerät bildet eine komplette Relaistation für das jeweilige Handy nach und ermöglicht dessen allumfassende Kontrolle. Außerdem darf die Polizei in Brandenburg jetzt ohne jeden Verdacht - also "weil sie es kann" - Telekommunikationsvorgänge verhindern und unterbrechen.

Damit aber nicht genug. Auch die bislang weitestgehend ohne Rechtsgrundlage in Brandenburg "erprobte" Videoüberwachung wird nicht nur gesetzlich verankert, sondern auch deutlich ausgeweitet. Zukünftig darf jeder "öffentlich zugängliche Ort" gefilmt werden, für den sich eine "besondere Gefährdung" konstruieren lässt - zum Beispiel, weil dort irgendwann mal ein Drogendealer langelaufen ist oder so. Die Aufzeichnungen dürfen 48 Stunden lang aufbewahrt werden.

Die automatische Erfassung, Kontrolle und Auswertung von Kfz-Kennzeichen wird jetzt auch erlaubt. Speziell Autobahnbrücken sollen dazu mit Spezialkameras ausgerüstet werden, mit denen dann alle Autos erfasst und kontrolliert werden. Diese Regelung ist vorläufig auf zwei Jahre befristet.

Trotz erheblicher Proteste im Vorfeld wurden die Überwachungsbefugnisse zu lasten der Bürger einseitig stark erweitert. Auch Landespolitiker kritisierten die neue Gesetzgebung. Die Kritik reicht von "unangemessen", "gegen die liberalen Grundsätze verstoßend" bis hin zu "verfassungswidrig". Sehr bedenklich ist bei dieser Gesetzgebung, dass jeder überwacht und kontrolliert werden darf (und wohl auch wird), egal, ob er sich etwas zu Schulden kommen ließ oder nicht. Zukünftig gilt in Brandenburg damit der Generalverdacht gegen alle und nicht der Staat muß die Schuld beweisen, sondern der einzelne Bürger seine Unschuld.

Interessant ist, dass nicht nur die Fraktion "Die Linke" gegen die Gesetzesvorlage stimmte, sondern auch die rechtsextreme DVU. Bedenklich ist bei der Gesetzesänderung auch, dass sich die Kriminalitätslage in den letzten 10 Jahren immer mehr verbessert hat und die Statistiken einen Rückgang der Straftaten um mehr als 30% attestieren.

J. Schoenbohm, CDUInnenminister Schönbohm (CDU) meint dagegen, die Sicherheit der Bürger müsse gewährleistet werden - was sie ja bislang definitiv nicht war, sieht man ja an den hunderttausenden, die jedes Jahr in Brandenburg Opfer schwerster Straftaten werden. Das Gesetz ist seiner Meinung nach rechtsstaatlich einwandfrei - ach was? - und vor allen Maßnahmen gebe es hohe juristische Hürden. Sagt er. Welche denn? Ein "Besonders gefährdeter Ort" lässt sich ohne großen Aufwand leicht argumentativ begründen. Zumal die Überwachung nicht bekanntgegeben werden muss und auch nicht in jedem Fall im Nachhinein auf ihre Zulässigkeit durch Gerichte überprüft wird. Verstecken wir halt die Kamera! Wenn die keiner sieht, dann wird auch keiner fragen!

Wohnraumüberwachung ohne richterliche Genehmigung? Wie war das noch mit dem Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung? "Gefahr im Verzug" lässt sich auch nicht gerade schwer herbeiargumentieren: "wenn ohne das Eingreifen der Polizei Schaden für Staat, Rechtsordnung etc. entstehen könnte". Ich möchte den Polizisten sehen, der das nicht aus dem Stehgreif beliebig "nach Bedarf" herleiten kann. Auch toll ist der Wegfall der richterlichen Kontrolle bei der Überwachung von Handys.

Welche "hohen juristischen Hürden" meint Herr Schönbohm denn genau? Die Hürde Polizist zu werden oder die Hürde gegen diese Maßnahmen anzugehen bzw. sie durch Gerichte überprüfen zu lassen?

(Quelle: Heise)

Donnerstag, 18. Mai 2006

No Go Areas.

Uwe Karsten HeyeUwe-Karsten Heye war mal Regierungssprecher, als Onkel Gerhard noch nicht mit den Russen in Sachen Gas machte, sondern mit den Deutschen Politik. Er ist sich mit einiger Sicherheit absolut im Klaren darüber, welche Macht dem gesprochenen Wort inne wohnen kann. Wird das gesprochene zum geschriebenen Wort, wird es "verbrieft" und so zur "Wahrheit". Mit der Wahrheit aber ist das gerade in der großen Politik so eine Sache. Hat Herr Heye nur einen Aussetzer gehabt oder war es Absicht als er dem Deutschlandradio Kultur in einem Interview sagte:
"Ich glaube, es gibt kleinere und mittlere Städte in Brandenburg und auch anderswo, wo ich keinem raten würde, der eine andere Hautfarbe hat, hinzugehen. Er würde es möglicherweise lebend nicht wieder verlassen."
Wie wir spätestens seit der Geschichte mit dem Ingenieur in Potsdam wissen, ist eine solche Warnung vielleicht nicht ganz unangebracht. Aber wir wissen auch, dass dieses Thema bei manchen Leuten zu einer spontanen allergischen Abwehrblockade führt.

Dabei ist seit Hoyerswerda und Rostock Lichtenhagen jedem klar, dass im Osten "anders" mit Ausländern umgegangen wird. Im Zusammenhang mit Potsdam ist nocheinmal in aller Deutlichkeit analysiert worden, wie groß das Problem der "Rechten Gewalt" im Osten ist. Nicht ohne Grund gab der Afrikarat eine Reisewarnung für bestimmte Gegenden Deutschlands heraus. Heye tat wenig Anderes, als diese Warnung aufzugreifen und erneut ins Gedächtnis zu rufen. Und das war richtig!

Was hat sich denn getan seit jenem Überfall in Potsdam? Welche Maßnahmen wurden denn ergriffen, um den neonazistischen Sumpf trocken zu legen? Was ist denn getan worden, um soetwas zu verhindern? Hilft es der Sache so zu tun, als sei das alles eine Bagatelle und Streiche von pubertierenden Jugendlichen? Zwar ist der Hinweis korrekt, dass es nicht nur im Osten rechte Gewalttäter gibt. Aber es sei an das Phänomen der statistischen Häufigkeit erinnert. Mit anderen Worten: Auf wieviele Einwohner im Osten kommt eine Straftat mit "rechtsradikalem Hintergrund"? Und wie sieht die Quote im Vergleich dazu im Westen der Republik aus?

Die "Kriminalstatistik" (PKS) ist eine Erfassungsmethode zur Feststellung von Häufigkeit und Verteilung begangener Straftaten. Welche Straftaten unter welchem PKS-Schlüssel verbucht werden, ist nicht selten ein Politikum. Die genannten Zahlen sind daher als "absolut nicht schön zu redendes Minimum" zu verstehen. Wie viele Delikte aus dem Bereich des Rechtsextremismus zum Beispiel in eine einfache Körperverletzung verschoben wurden, weil die Angreifer beim Zuschlagen gerade keine rechten Parolen skandierten, kann man nicht mal ahnen. Das Verhalten von Herr Schönbohm im Zusammenhang mit dem Vorfall in Potsdam lässt aber einige ungute Ahnungen aufkommen.

FaschosIm März 2006 sind von der Kriminalstatistik 155 rechtsextreme Straftaten in Nordrhein-Westfalen und 71 rechtsextreme Straftaten in Brandenburg erfasst worden (Zahlen der Bundesregierung), aber in NRW wohnen mehr als 18 Millionen Menschen und in Brandenburg "nur" etwas mehr als 2,5 Millionen. Ausgehend von diesen Zahlen hat Brandenburg eine mehr als drei Mal so große Häufigkeit von Straftaten mit rechtsextremen Hintergründen. Und das sind aktuelle Zahlen, keine Werte von vor 8 oder 10 Jahren.

Und jetzt stellt Herr Schönbohm (mal wieder) hin und nennt das Benennen von Tatsachen eine "unglaubliche Entgleisung"? Eine schon eher "unglaubliche Entgleisung" leistete sich Herr Schönbohm mit seiner schon fast krampfhaften Verharmlosung der Vorgänge in Potsdam. Und es ist ja hinlänglich bekannt, wie Herr Schönbohm über die "Schuldfrage" denkt, zumindest in Sachen "Integration" und Migranten.

Keine Frage: Es ist falsch zu behaupten, es gäbe "nur hier und da" in Deutschland rechtsradikale Spinner. Die gibt es leider überall. Aber es ist ebenso falsch so zu tun, als sei der Osten eine Oase der Ruhe für Menschen mit dunkler Hautfarbe. Oder wer rät seinen ausländischen Freunden heute nachts doch mal bestimmte Stadtteile von Halle, Berlin, Magdeburg oder Rostock zu besuchen? Saß nicht in Sachsen die NPD sogar im Parlament? Und war es nicht Sachsen-Anhalt, das durch eine besondere Form des Lobbyismus auf sich aufmerksam machte? Sicher, so gesehen kann man natürlich auch sagen "der Osten hat kein Problem mit den Rechten". Aber das ist dann schon eine sehr zynische Betrachtung - oder eine sehr verzweifelte, je nach dem.

Immerhin: Auch wenn Herr Heye jetzt Angst vor seiner eigenen Courage hat, er hat etwas sehr Wahres ausgesprochen und uns allen damit vor Augen geführt, wie groß die Gefahr von Rechts tatsächlich ist: Wenn Politiker der "großen" Volksparteien schon beim bloßen Erwähnen des Wortes in panische Verneinungskrämpfe verfallen, es einen Skandal nennen, wenn das Kind beim Namen genannt wird, dann muss schon etwas sehr im Argen liegen.

Mittwoch, 10. Mai 2006

Was auf uns zu kommt

J. Schoenbohm, CDUEnde März wurde mit dem Innenminister von Brandenburg, Herrn Schönbohm, ein Interview geführt, das in seltener Offenheit Rückschlüsse auf ein paar kommende und spanndende Entwicklungen in Deutschland zulässt.

Herr Schönbohm stellte zum Thema Einbürgerung und Integration fest, dass eine Staatsbürgerschaft verliehen wird. Dazu sei angemerkt, dass auch Orden und Ehrentitel verliehen werden. Beides kann aber auch wieder aberkannt und entzogen werden. Steht uns hier etwa bald eine Diskussion über "Ausbürgerung" und "Aberkennung der Staatsbürgerschaft" ins Haus, wie es in anderen Staaten (z. B. USA und Österreich) möglich ist?

Immerhin stellt Herr Schönbohm fest:
"Jetzt geht es um die Frage, wie man feststellen kann, ob das nur ein Lippenbekenntnis ist oder, ob der Bewerber dahinter steht."
Und wenn er nicht dahinter steht? Wenn er sich nur des sozialen Netzes und anderer Vorteile wegen "eingeschlichen", die Staatsbürgerschaft "erschwindelt" hat? Nachdenklich machen zwei Umfragen, die Herr Schönbohm nennt:
"In einer Studie des Zentrums für Türkeistudien haben beispielsweise 47 Prozent der befragten türkischstämmige Migranten dem Satz zugestimmt: 'Wir Türken müssen aufpassen, dass wir nicht allmählich zu Deutschen werden.' In einer anderen Befragung des Zentralinstituts Islam-Archiv-Deutschland haben sogar 21 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime die Meinung vertreten, das Grundgesetz sei nicht mit dem Koran vereinbar."
Den entscheidenden Hinweis gibt aber die folgende Argumentation:
"Deutschland ist anders als andere Länder (...) Wer nicht gewillt ist, das zu akzeptieren, tut sich und tut uns einen Gefallen, wenn er wieder geht."
Wir dürfen gespannt sein, wann dieser Aspekt in der sogenannten "Integrationsdebatte" als "Lösungsansatz" öffentlich diskutiert wird - Eine Debatte dieser Idee hinter vorgehaltener Hand scheint ja schon stattzufinden, sonst hätte Herr Schönbohm diese Andeutung nicht öffentlich fallen gelassen.

BundeswehrHerr Schönbohm äußerte sich im selben Interview auch ausgiebig zum Thema Bundeswehr im Inland. Seiner Meinung nach existiert der Unterschied zwischen innerer und äußerer Bedrohung seit 1989 (da war der "Mauerfall" und so weiter) nicht mehr, was aber in unserem Rechtssystem bislang nicht berücksichtigt wurde. Herr Schönbohm kann sich sehr gut eine Art "Nationalgarde" nach US-amerikanischem Vorbild vorstellen, jedoch ist für ihn eine Diskussion über Inhalte zunächst wichtiger. Er betont vor allem, dass eine Trennung dieser "Sicherheitskräfte" unabdingbar ist und die Aufgaben und Zuständigkeiten klar voneinander getrennt sein müssen:
"In dem Moment, wo wir eine Diskussion beginnen über die Verzahnung von Bundespolizei und Bundeswehr, haben wir schon verloren."
Ob tatsächlich eine zusätzliche Mischform aus Armee und Polizei als Eingreifreserve auf Bundesebene vorgehalten werden muss, um einer abstrakten Bedrohung entgegenzuwirken, die nicht durch die Polizei im Inland oder die Bundeswehr an den Grenzen oder im Ausland bekämpft werden kann, ist nicht unumstritten. Tatsächlich ist aber der Aufbau einer solchen "Deutschen Nationalgarde" - wie sie auch immer tatsächlich heißen wird - aus mehreren Gründen für viele eine "tolle Idee"™: Man kann auf einfachem Weg die Truppenstärke vergrößern, Aufgaben von der Bundeswehr weg verlagern und gleichzeitig eine umfassende Modernisierung der Truppe umsetzen.

Der Schutz des Inlandes wäre plötzlich nicht mehr Aufgabe der Bundeswehr. Dadurch würden Kräfte frei. Auch andere, Personal bindende Aufgaben ließen sich von der Bundeswehr abkoppeln, und plötzlich hätte die Bundeswehr richtig Leute "über." Nebenher steht die Umrüstung des Soldaten auf das "neue" Konzept des "IdZ" (Infanterist der Zukunft) vor der Tür, zusammen mit einer kolossalen Umrüstung der technischen Ausrüstung aller Waffengattungen und Truppenteile. Als bekannteste und präsenteste Beispiele dafür sei nur an den Puma (ersetzt den Marder), die Fregatten Typ 124 (ersetzt die Zerstörer Typ 103), die Korvetten Typ 130 (ersetzt Schnellboote Typ Tiger, Gepard und Albatros), die U-Boote Typ 212A (ersetzt Typ 206A), Airbus A 400 M (ersetzt die C-160 "Transall") und den Eurofighter erinnert. Dazu kommen zahllose andere systemische und technische Neuerungen, die die Bundeswehr insgesamt auf eine neue Ebene stellen. Die Bundeswehr spricht selber bereits von "Einsätzen von langer Dauer im multinationalen Verbund".

Wenn man dann eine neue "Sicherheitstruppe" hinstellt, muss man die ja auch ausrüsten. Die brauchen dann ja nicht gerade das "Neueste vom Neuen", denn sooo schlecht ist das Zeugs ja auch nicht, dass jetzt gerade bei der Bundeswehr "über" ist. Außerdem gibt es ja noch genug Liegenschaften mit geeigneter Infrastruktureller Anbindung, mit denen man irgendetwas anfangen sollte. Da liest es sich in der Presse bestimmt deutlich besser, wenn man das innerhalb Deutschlands von einer hoheitlichen Organisation zu einer anderen "verschiebt". Jedenfalls ist das problemloser, als wenn das gerade ausgemusterte Material in die Dritte Welt exportiert würde, wo es dann plötzlich dem Verbündeten oder den eigenen Soldaten Probleme bereiten kann.

UN VollversammlungDazu passt, dass Deutschland heute einen dauerhaften Sitz im UN Menschenrechtsrat erhielt, der Nachfolgeorganisation der Genfer Menschenrechtskommission. Die Bundesrepublik erhielt mit 154 Stimmen die größte Zustimmung (vor Frankreich, 150 Stimmen, Großbritannien, 148 Stimmen und der Schweiz, 140 Stimmen). Wie lange es wohl noch bis zum dauerhaften im Sitz UN Sicherheitsrat dauert?

Verteidigungsminister Josef JungJedenfalls hielt es Herr Schönbohm, wie vom Verteidigungsminister Josef Jung (CDU) angeregt, für eine gute Idee, ein Denkmal für im Auslandseinsatz gefallene Soldaten zu errichten. Allerdings würde er dieses Denkmal nicht auf einem Bundeswehrgelände aufstellen, sondern es für alle sichtbar vor den Reichstag stellen wollen:
"Der Standort ist besser, weil die Bundeswehr ein Parlamentsheer ist. Gegen eine Militärliegenschaft spricht zudem, dass es sich um Soldaten des deutschen Volkes handelt."
Damit dem deutschen Volk auch immer bewußt bleibt, dass die Bundeswehr im Ausland in Kampfeinsätzen aktiv ist. Passend dazu könnte man - ebenfalls nach amerikanischem Vorbild - einen "Heldenfriedhof" errichten. Da stört den Herrn Schönbohm dann aber doch der Begriff zu sehr und er scheut erkennbar die sich ankündigende Debatte:
"Der Begriff Heldenfriedhof würde in Deutschland eine Diskussion lostreten, die dafür sorgt, dass sich die Helden in ihren Gräbern umdrehen."
Das heißt aber nicht, dass eine solche Einrichtung nicht kommen wird, im Gegenteil. Zuerst muss jedoch der politische Boden bereitet werden, auf dem eine "erfolgreiche" Diskussion um dieses Thema möglich ist.

Abstrakt? Abwegig? Spökenkiekerei? Mag sein. Es sei daran erinnert, dass die Bundeswehr in Afghanistan, in Masar-i-Scharif derzeit ihr größtes Feldlager außerhalb Deutschlands aufbaut. Zur Zeit sind dort rund 600 deutsche Soldaten stationiert, die jedoch später auf mindestens 1700 aufgestockt werden sollen. Im Juni wird dann die Bundeswehr das Kommando über die internationale Schutztruppe Isaf in ganz Nordafghanistan übernehmen. Daneben denke man an "Kongo", das "Horn von Afrika", "Darfur"...

(Quelle: N24, Netzzeitung, FAZ)

Sonntag, 23. April 2006

Schönbohm (mal wieder)

J. Schoenbohm, CDUEin Deutscher afrikanischer Abstammung wurde in Potsdam brutal zusammengeschlagen und liegt im Krankenhaus. Sein Zustand wird als "kritisch aber stabil" bezeichnet. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen. Das fand Herr Schönbohm gar nicht lustig, denn einerseits ging so seine Spekulation den Vorfall unter den Teppich kehren zu können nicht auf und andererseits wurde das Problem der "Rechten" im "Osten" plötzlich bundesweit in den Medien vorgestellt.

Kay NehmDer Herr Innenminister des Landes Brandenburg kann dem Herrn Generalbundesanwalt allerdings nicht nur nicht vorschreiben was dieser zu tun und zu lassen hat, sondern ist auch in erster Linie deswegen Innenminister (eines wie auch andere dort zunehmend an Bevölkerung verlierenden) Bundeslandes im Osten der Republik und nicht Generalbundesanwalt der Bundesrepublik Deutschland, weil er von Jura und vom oberster Ankläger der Bundesrepublik Deutschland sein wahrscheinlich nicht so viel versteht, wie vom Innenminister sein auf Landesebene. Und das passt ihm irgendwie gerade gar nicht.

Wolfgang Schaeuble, CDU, BundesinnenministerHatte er zunächst noch den Ahnungslosen in der Republik versucht klarzumachen, dass es um einen Einzelfall gehe und dass es im Osten, aber insbesondere in Brandenburg keine Rechte Gewalt gäbe, so musste er bald erkennen, dass ihm nicht nur irgendwie keiner zuhört, sondern - und das wird wohl viel schlimmer sein - erst recht keiner glaubt. Selbst als er seinen Parteifreund und Amtskollegen auf Bundesebene, den Herrn Innenminister Schäuble zu Hilfe rief und der ihm dann auch prompt Schützenhilfe gewährte, wurde es nicht besser, im Gegenteil. Herr Schäuble kassierte postwendend Kritik von der eigenen Partei, die sich ungewohnt deutlich von seiner Darstellung distanzierte.

Für Herrn Schönbohm hat das alles nichts zu sagen. Für ihn gibt es nach wie vor kein Problem mit NeoNazis, Faschos und anderen rechten Schwachköpfen. Erst recht nicht im Osten und schon gar nicht in Brandenburg. Deshalb hat er sich auch vorgenommen, bei der Verteidigung seines Landes dem Feind in aller Deutlichkeit die Stirn zu bieten. Und der Feind ist natürlich nicht etwa der rechte braune Sumpf mit seinen gewaltbereiten Extremisten, mehr als fragwürdigen Sympathisanten, seinen völlig abstrusen Ansichten und seinen mehr als zweifelhaften "demokratischen" Methoden.

Nein, der erklärte Feind und Gegner des Herrn Innenministers des Landes Brandenburg ist der der Herr Generalbundesanwalt Kay Nehm. Herr Schönbohm ist nicht nur davon überzeugt, dass es überhaupt nicht notwendig war, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernimmt, nein. Herr Schönbohm ließ die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung wissen:
"Der Generalbundesanwalt hat überzogen." "Er hat aus der Sache ein Politikum gemacht und zu einer Stigmatisierung Brandenburgs beigetragen. Der politische Schaden, den er angerichtet hat, ist erheblich."
Genau! So sieht es nämlich aus! Denn erst durch die Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft und des Herrn Generalbundesanwalts ist überhaupt erst die rechte Gewalt entstanden! Vorher gab es nämlich gar keine Faschos und so in Brandenburg! Die sind alle plötzlich vom Himmel gefallen, als sich der Herr Nehm mit der Sache befasst hat und verhindern konnte, dass das mal wieder unter den Teppich gekehrt wird.

Übrigens, der Herr Schöhnbohm ist schonmal wegen seiner Äußerungen zum Thema Kindstötung in die Schlagzeilen geraten und kritisiert worden. Und auch sonst ist Herr Schönbohm nicht völlig frei von Kritik.

Ich kann mich ja irren, aber ich glaube in Brandenburg wird bald ein Arbeitsplatz frei.

(Quelle: AFP)

Freitag, 21. April 2006

Was man so sagt...

J. Schoenbohm, CDUHerr Schönbohm, brandenburgs Innenminister, General a. D., CDU, stellte neulich noch fest, dass man mit bestimmten Äußerungen vorsichtig und zurückhaltend sein müsste. Besonders wenn es um Formulierungen geht, die eine Verbindung zwischen den Begriffen "rechts", "radikal" und "Brandenburg" herstellen.

Als jetzt zwei Tatverdächtige im Zusammenhang mit dem brutalen Angriff auf den deutschen Ingenieur äthiopischer Abstammung in Potsdam verhaftet wurden, war Herr Schönbohm denn auch sofort bemüht deutlich klarzustellen, dass diese beiden irgendwie Außenseiter sein müssten, denn sie gehörten keiner der beobachteten rechtsextremen Gruppierung an.

Aha, jetzt wissen wir mehr: Wenn die keiner bekannten oder beobachteten Gruppierung angehören, dann muß es eine Splittergruppe gewesen sein. Eine extreme Randgruppe bestenfalls. Außenseiter. Folglich handelt es sich hier natürlich um einen Einzelfall. Tragisch. Global gesehen quasi ein Vorfall, der in der statistischen Gesamtbetrachtung eigentlich nie stattgefunden hat. Ergo: Wenn es nie stattgefunden hat, dann gibt es auch gar keine rechtsradikalen Gewalttäter. Besonders nicht in Brandenburg.

Wolfgang Schaeuble, CDU, BundesinnenministerDas sieht natürlich auch sein Parteigenosse, der Bundesinnenminister Schäuble so (das ist übrigens der mit der Bundeswehr im Inland). Der meinte nämlich auch, dass man nur wegen der bis jetzt bekannten Fakten ganz bestimmt nicht nicht davon ausgehen könne, dass ein fremdenfeindlicher Hintergrund der Tat gegeben sei. Schon klar.

Demnach werden jeden Tag von irgendwelchen Gestörten ohne jeglichen politischen Hintergrund Leute auf der Straße als "Nigger" beschimpft und zusammengeschlagen. Das hat natürlich nichts mit "Fremdenfeindlichkeit" oder "Rechtsradikalismus" zu tun. Absolut abwegig sowas auch nur in Erwägung zu ziehen. Es ist also nicht so, dass wir in Deutschland ein Problem mit "Rechtsradikalen" haben, wir haben vielmehr ein Problem mit herumziehenden Schlägerbanden oder wie? Oder was soll uns die Message von den Herren Schäuble und Schönbohm mitteilen?

Kay NehmDer Generalbundesanwalt Nehm fand es jedenfalls nicht ganz so lustig, was seitens der Politiker in diesem Zusammenhang alles geäußert wurde. Herr Schönbohm hatte nämlich am späten Donnerstagnachmittag mitgeteilt, es gebe eine erste Spur. Nehm kritisierte das scharf:
"Nach der Festnahme des ersten Beschuldigten bestand die Gefahr, dass der Zweite gewarnt werden würde und wir es nicht schaffen würden, auch den Zweiten festnehmen zu lassen." "Ich habe eben schon gesagt, dass die Äußerungen von Innenministern nicht unbedingt hilfreich sind für die Ermittlungen. Und sie sind auch nicht Maßstab der Ermittlungen."
Ob die Herren Politiker darauf hören werden? Ich habe Zweifel. Wir werden bestimmt auch weiterhin erzählt bekommen, dass "die Rechten" gar kein Problem sind, dass es in Deutschland nur ein Problem mit störrischen Einwanderern gibt und insgesamt die Bürger viel zu viele Rechte haben, mit denen sie gar nicht umgehen können.

Vielleicht haben wir aber auch ein Problem mit bestimmten Politikern und meinungsfaulen Mitbürgern, die einfach nur feige sind?

Donnerstag, 20. April 2006

Tut sich was?

J. Schoenbohm, CDUDer brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) im rbb-Inforadio:
"Ich weigere mich, voreilige Schlussfolgerungen zu ziehen. Sicher ist eins: Ein Mensch ist in Potsdam angegriffen und schwerst verletzt worden. Er hat schwarze Hautfarbe."
Man kann "nur vermuten", dass es einen Zusammenhang zwischen dem Aussehen des Opfers und der Tat geben könnte.

Der "Makel" der ausländerfeindlichen Gewalt (im Volksmund auch über das politische Spektrum als "die rechte Gewalt" bezeichnet) ist für die wirtschaftlich immer mehr existentiell vom Tourismus abhängigen Regionen im zunehmend bevölkerungs- und damit auch finanzschwachen Osten überaus gefährlich. Es ist deshalb nicht ganz unverständlich, dass Herr Schöhnbohm es tunlichst vermieden wissen möchte, von "gewalttätigen Rechten in Brandenburg" zu sprechen - so lange wie irgendwie möglich. Und selbst wenn tatsächlich und wider allen Erwartungen nachgewiesen und vielleicht sogar noch von den Tätern zugegeben werden sollte, dass die Tat faschistischen Hintergrund hatte: Wetten, dass von einem "tragischen Einzelfall" gesprochen werden wird?

Solingen, 1993Solche "Einzelfälle" scheint es aber in Deutschland eine ganze Menge zu geben. Alleine die von der französischen Nachrichtenagentur AFP angeführte und von den deutschen Medien regelmäßig zitierte Liste der herausragend bekannt gewordenen Vorfälle der letzten 16 Jahre zeigt, wie dramatisch die Lage tatsächlich sein muss. Alleine 13 Vorfälle werden aufgelistet, zu denen wohl den meisten von uns die Nachrichten und Pressebilder fast sofort mehr oder weniger lebhaft präsent sind.

Der Verfassungsschutz kennt Ende 2004 168 rechtsextremistische Gruppen oder Organisationen mit mehr als 40.000 Mitgliedern in Deutschland. Dazu kommt noch die Zahl der "Sympathisanten". Ebenfalls 2004 kennt der Verfassungsschutz 950 von deutschen(!) Neonazis betriebene Websites und listet 776 Gewalttaten mit eindeutig rechtsextremistischem Hintergrund auf. 2005 wurden 10.271 rechtsextreme Straftaten bekannt. In diesem Jahr (2006) wurden alleine im Januar 53 Menschen bei Angriffen durch rechte Gewalttäter verletzt.

Aber wir haben "kein Problem mit den Rechten" in Deutschland. Sicherlich. Die Erde ist ja auch eine Scheibe im Zentrum des Universums. Natürlich haben wir Probleme mit den Rechten! Die Zeitungen sind voll davon und das nicht erst seit gestern! Es wird nur langsam mal Zeit das zuzugeben und zu handeln.

Es mag zwar eine zahlenmäßig kleine Gruppe aktiver Extremisten sein - verglichen zur Gesamtbevölkerung. Und die Zahl der Sympathisanten? Wieviele Stammtischpolitiker müssten da noch mit zu gezählt werden? Dieser "kleine Haufen" schafft es nicht nur, dass ganze Landstriche als "zu meidendes Gebiet" in Verruf geraten, dass die Medienlandschaft immer wieder auf den "ewig gestrigen Deutschen" zeigt. Warum werden wir im Ausland gerne so dargestellt, wie wir dargestellt werden? Als das Volk der (Neo)Nazis? Warum hängt uns denn auch zwei Generationen nach Ende des Zweiten Weltkrieges noch immer der Ruf nach, im Grunde unseres Herzens doch ein Land von Faschisten zu sein? Geben wir in Deutschland erst dann zu ein "Problem mit den Rechten" zu haben, wenn eine faschistoide Einheitspartei Massenaufmärsche veranstaltet?

Dieser Haufen verbreitet Angst und Schrecken, erpresst erfolgreich Regierungen, verursacht Kosten in Milliardenhöhe und zeigt vor allem eins in aller Deutlichkeit: In Deutschland kannst du machen was du willst, Hauptsache du zahlst Steuern.

Wir schützen die Täter und bedauern die Opfer. Wir suchen die Schuld im "Umfeld", bei "den Anderen", aber nicht bei denen, die das Problem sind. Unsere Führungselite demonstriert mit dem konzentrierten Wegschauen vor der gesamten Weltöffentlichkeit die deutsche Mentalität der Problembehandlung. In Deutschland ist der Täter nie, sein Umfeld aber immer Schuld. Eigenverantwortung?

Solange aber Politiker nicht den Mut haben zuzupacken und sich dieses Problems entschlossen, mit Nachdruck und auf der Höhe der Zeit zu befassen, solange wird auch die Gesellschaft, der Bürger, wie das Karnickel vor der Schlange hocken und Schiss haben. Solange die Debatte über rechte Gewalt dahin ausartet, ob ein Problem ein Problem ist oder vielleicht doch eher eine super tolle echt realistische metrosexuelle Episode einer Telenovela, wird sich nichts zum Nachteil der Rechten ändern.

Joseph GoebbelsDie Rechten können sich wunderbar an den Problemen der Gesellschaft polarisieren. Sie finden da ihren Nachwuchs, wo die Gesellschaft es versäumt, ein geschlossenes Ganzes zu bilden und Randgruppen absondert. Das gilt besonders für die Bereiche Arbeitsmarkt und Integration. Die häufig ausweglose Situation auf dem Arbeitsmarkt führt zu sozialer Verzweiflung und ohne Zweifel zu einer gefährlichen Randgruppensituation. Gerade in dieser Situation zeigt sich, dass das seit Generationen gerade von der Führungselite vorgelebte Paradigma des "die Anderen sind Schuld" die schon fast symptomatische Suche nach einem Schuldigen überhaupt erst ermöglicht und besonders fördert: "Wenn nicht ich selber verantwortlich bin, dann muss es ja jemand anderes sein."

Auf wem wird "herumgehackt"? Natürlich hackt der Stärkere auf dem Schwächeren herum. Und wer ist in einer Gesellschaft der Schwächste? Der, der nicht dazugehört, aber dazugehören will (oder muss). Und das sind in Deutschland besonders die Einwanderer. Hier bieten "die Rechten" anderen von der Gesellschaft erzeugten Randgruppen, den "sozial Vernachlässigten", den "auf der Strecke Gebliebenen", das, was die Gesellschaft ihnen nicht bietet, nämlich einen ideologischen und utopischen Ausweg. Einen realistisch erscheinenden Weg, einen Ausweg, der die Verzweifelten durch einen gemeinsamen Traum verbindendet und ein mit diesen oder jenen Methoden tatsächlich erreichbares Ziel: "Die Ausländer sind schuld, sie nehmen Dir Deinen Arbeitsplatz weg. Keine Ausländer in Deutschland bedeutet Arbeit für alle und das Ende aller Probleme."

Prussian BlueDieses Denkmuster, das einen scheinbaren und in einer verqueren Fantasie auch tatsächlich erreichbaren und erstrebenswerten Lösungsansatz bietet, ist es doch am Ende, was den Rechten ihren Nachwuch in die Arme treibt, denn die gewählten Methoden der rechten Gewalttäter sind nicht nur auf den ersten Blick scheinbar erfolgreich, sie schmieden die Gruppe zusammen und sie verschaffen den Eindruck aktiv etwas zur Problemlösung beizutragen, statt nur drüber zu reden und das Problem zu vertagen bzw anderen die Schuld zu geben. Und sie verschaffen Aufmerksamkeit in anderen gesellschaftlichen Kreisen und den Medien und ein dadurch Gefühl von Macht.

Es ist eben nicht etwa die Aussicht auf die faschistische Utopie der "arischen Weltherrschaft". Das ist den gescheiterten Existenzen am Rande der Gesellschaft genau so wichtig, wie allen anderen Bürgern jedes übergeordnete Ziel im Wahlprogramm jeder beliebigen anderen Partei. Wer weiss schon wirklich, was SPD, CDU, Grüne, FDP als großes übergeordnetes politisches Ziel verfolgen? Und wer teilt dieses Ziel? Das ist bei "den Rechten" nicht anders.

Act Now!Wir werden deshalb nicht darum herumkommen, das Problem der "rechten Spinner" zusammen mit "Integration" und zusammen mit anderen Problemen anzufassen. Es wird zu nichts führen den Rechten "mehr Polizei" oder irgendwelche abstrusen Verbote oder Zensurmaßnahmen entgegenzusetzen. Kurzfristig wird es vielleicht vertuschen, dass sich am Problem nichts ändert, aber dafür wird es hinterher um so schlimmer.
"Nicht was lebendig, kraftvoll sich verkündigt,
Ist das gefährlich Furchtbare.
Das ganz Gemeine ists, das ewig Gestrige,
Was immer war und immer wiederkehrt,
Und morgen gilt, weils heute hat gegolten!"

(Schiller)