Samstag, 21. Juli 2007

Wahlfreiheit

Manchmal überschneiden und ergänzen sich bei mir zwei völlig unterschiedliche Diskussionen, ohne das diese Diskussionen irgendetwas mit einander zu tun hätten. Heute Morgen unterhielt ich mich zum Beispiel mit einem Bekannten über die CDU und was der Brandenburger Innenminister Jörg Schönbohm so über seine Partei denkt. Seine Gedanken sind sicherlich nicht für jedes Mitglied der CDU repräsentativ, aber seine Einschätzung zum Begriff "Konservativ" scheint sich meiner Erfahrung nach doch größerer Akzeptanz in dieser Partei zu erfreuen. Heute veröffentlichte die Berliner Morgenpost ein Interview mit Herrn Schönbohm, in dem er sich zu genau diesem Thema äußert.

BMP: "Was ist eigentlich ein Konservativer?"

Schönbohm: "Die Grundlage des Denkens des Konservativen ist das christliche Menschenbild, mit der Einmaligkeit, aber auch mit der Eigenverantwortlichkeit des Menschen. Für mich ist konservativ, dass wir das fortschreiben, was sich im Leben bewährt hat und es nur dann ändern, wenn wir wissen, es gibt etwas besseres. Der Konservative geht aus von der Unverwechselbarkeit, aber auch von der Entscheidungsfreiheit des Menschen, so zu leben, wie er es will. Daraus ergeben sich dann die Folgen für Familie oder das Verhältnis zum Vaterland."

BMP: "Was heißt das nun konkret?"

Schönbohm: "Nehmen wir die Familienpolitik: Die einen sagen, die Frau muss an den Herd. Die anderen sagen, sie muss in die Arbeit. Beides ist falsch. Wir haben als politische Partei keine Erziehungsaufgabe, sondern die Aufgabe, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Menschen selber entscheiden, wie sie leben. Ich kann deshalb nicht einsehen, warum wir ein junges Ehepaar dazu zwingen wollen, dass der Mann zwei Familienmonate nimmt? Das ist dieser erziehungspädagogische Ansatz, hinter dem eine Ideologie steht. Und Konservative sind gegen ideologische Vorgaben. Ich hab das auch in der CDU gesagt, aber die Mehrheit sieht das anders."
Mit anderen Worten: Konservativ ist es, dem Menschen die Wahl zu lassen und so zum Besseren zu finden. Für den Konservativen ist Wahlfreiheit der richtige Weg. Aber ist er das tatsächlich?

In einer anderen Debatte, die ich fast zeitgleich mit einem anderen Bekannten führte, ging es um das Thema Wahl der richtigen Partnerin und der Frage, ob es in dieser Hinsicht nicht "besser" wäre, wenn Mann einfach nur blöd ist, über keine nennenswerte Intelligenz verfügt. Unser beider Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht sind nicht unbedingt die besten, allerdings unterscheiden wir uns in der Perspektive. Ich bezweifle die richtige zu finden (weil ich dazu zu doof bin), er bezweifelt, dass es die richtige überhaupt gibt.

Im Verlauf der Diskussion schickte er mir jedenfalls den Link zu einem Video, in dem sich der Psychologe Barry Schwartz mit der Frage beschäftigt, ob Wahlfreiheit wirklich gut für das Individuum ist. Die Schlüsse, die er zieht, machen nachdenklich:

Stellt man dieses Video mit den Aussagen von Herrn Schönbohm in Kontext, dann stellt sich mir irgendwie die Frage, ob die Konservativen der CDU wirklich wissen, was sie da fordern. Ich vermute, sie wissen es ganz genau und daraus ergibt sich für mich irgendwie der Eindruck, dass es dieser Partei nie um den Menschen, sondern immer nur um die Wirtschaft gehen wird.

Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren...

(Quelle: Berliner Morgenpost, TED. Danke Abti und danke M* für die Debatten und die Links)

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