Kritisiert hatte die UNO damals nichts, was wir nicht schon selber längst gewusst hätten, so ist es ja nun nicht. Wir wissen selber, dass unser Schulsystem ziemlich mau ist. Immerhin waren wir selber auch mal da und können uns zum Teil noch recht gut an vieles erinnern. Wie aktuell unsere Erinnerungen sind, zeigt sich immer wieder, wenn wir ständig Leuten zu tun haben, die selber gerade zur Schule gehen - Kinder. Die bestätigen immer wieder, dass sich dort nichts zum Guten verändert.
Neulich - ich erzählte davon - hatte mein Sohn seine Abschlußfeier. Neben allerlei Geschichten des Lehrkörpers über die Schule machte mich vor allem eins sehr nachdenklich: Alle, restlos alle Lehrer hatten erhebliche Sorge, dass die Kinder in den weiterführenden Schulen, die sie jetzt besuchen werden, zurecht kommen werden. Die Sorge des Lehrkörpers galt dem kommenden Lehrstoff. Warum? Haben die Lehrer nicht alles getan, um die Kinder auf die weiteren Schulen vorzubereiten? Was genau haben diese Lehrer in den letzten vier Jahren eigentlich meinem Sohn beigebracht, dass sie jetzt Angst haben müssen und mir diese Angst weitergeben wollen?
Wundert es da, dass eingangs erwähnter Sonderermittler der UN, Venor Muñoz, gestern in Berlin angemahnt hat, die Bundesregierung solle doch mal was zu seiner Kritik sagen? Es war allen Ernstes sein Hauptanliegen, dass die Bundesregierung wenn schon nicht handeln, dann doch wenigstens antworten solle. Ist das zu fassen? Wir, das ach-so-tolle Deutschland bekommen von der UNO, einer internationalen Institution, der wir einen gewaltigen Stellenwert beimessen, so richtig in die Fresse, weil wir ausgerechnet bei dem Thema, auf das wir uns unheimlich was einbilden, fürchterlich versagen, nämlich der Bildung, und unsere Regierung sagt nicht mal was dazu? Warum? was wird hier vertuscht und totgeschwiegen?
Lehrer beschweren sich ja besonders zur Zeit ganz gerne darüber, wie ungerecht doch mit ihnen umgegangen wird. Sie wollen verbieten lassen, dass man ihre Arbeit öffentlich bewertet und sprechen sowieso jedem jegliche Ahnung ab, der nicht selber Lehrer ist. Wer selber Lehrer ist und die Arbeit kritisiert, ist ein Nestbeschmutzer. Angeblich sind Lehrer ja - glaubt man ihren Parolen - die tollsten und besten und modernsten Menschen der Welt. Die Kinder, deren ausbleibender Lernerfolg uns immer wieder entgegenspringt, haben sowieso keine Ahnung und haben gefälligst einfach nur die Fresse zu halten - finden jedenfalls die Lehrer und ziehen jammernd vor Gericht.
Warum fordert dann der Leiter der PISA-Studien, Andreas Schleicher, gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung, dass die Ausbildung der Lehrer radikal reformiert werden müsse? Seine Kritik sollte alarmieren, denn in Deutschland werden seiner Ansicht nach
"Kinder des 21. Jahrhunderts von Lehrern mit einem Ausbildungsstand des 20. Jahrhunderts in einem Schulsystem zu unterrichten, das im 19. Jahrhundert konzipiert wurde"Damit aber nicht genug. Er kritisiert darüber hinaus den fehlenden Praxisbezug der Lehrerausbildung. Warum er und warum nicht die Lehrer?
Fassen wir zusammen. Lehrer mauern, wollen sich nicht reinreden lassen und zeigen sich kritikresistent, werden aber gleichzeitig von einer mächtigen Lobby und einem völlig weltfremden Verwaltungs- und Behördenmoloch aus Kaisers Zeiten geschützt. Die Politik schiebt das Thema auf die lange Bank, weil wir damit ja endlos lange Zeit haben. Viele Eltern interessiert das Thema nicht, weil sie als Opfer unseres Schulsystems gar nicht anders können, als andere Sorgen zu haben. Leichen aus Afghanistan zum Beispiel.
Sollte es uns nicht hellhörig machen, dass die Kinder die Sache selber in die Hand nehmen? Drastisch zwar und nicht immer unbedingt maßvoll, aber das Drastische und Maßlose ist Kennzeichen der Jugend. Unsere Kinder schlagen Alarm und klagen ihre Bezugspersonen, die Lehrer, in aller Öffentlichkeit an und was ist unsere Reaktion? Wir schicken Polisten und bewaffnete Sicherheitskräfte in die Schulen. Super.
Vielleicht sollten wir unsere Kinder statt in die Schule lieber direkt in den Knast stecken.
Aber man muss die Lehrer doch auch verstehen. Wer jahrelang nur in der Schule war und gelernt hat das wenn man Lehrer kritisiert immer eins auf die Fresse kriegt, das prägt.
AntwortenLöschenWer danach jahrelang nur auf der Uni war und gelernt hat das man Profs in den Arsch kriechen muss um seine Noten zu kriegen, das prägt.
Wer danach wieder jahrelang nur in die Schule geht und dann auf einmal von außerhalb des Elfenturms Bildungssystem angegriffen wird, dem bleibt nur mauern oder weglaufen.
Man muss halt ein gewisses Verständnis für Lehrer aufbringen, sie kennen es einfach nicht anders.
Eine Anspruchsvolle Ausbildung wie in den Must-Have-Fächern Sport und Deutsch für die Kernkompetenz des unterrichten eines Abiturjahrgangs lässt nunmal keine Zeit für den Blick über den Tellerrand.
Und um wenigstens auf Leistungsbezogenes Mobbing verzichten zu können wird nunmal auch auf jeglichen Leistungsvergleich verzichtet.
Schließlich haben alle die gleiche Ausbildung genoßen und sind somit gleich gut!
So bleibt dem aussenstehenden nunmal nur Verständnis für die armen Geschöpfe aufzubringen, verstehen tut man nunmal nichts von diesem unfassbaren Kampf den ein Lehrer täglich (außer in den 2-3 Monaten Ferien, Wandertagen, Klassen- und Kursfahrten) von 8 bis 13 Uhr ausfechten muss.
Wir haben nunmal höchstens 2 der 3 Schritten der Ausbildung absolviert.
Schule waren wir alle, Uni ja durchaus auch, aber zurück an die Schule, so mutig war halt keiner.
Schließlich weiß doch jeder das Kuschelpädagogik, singen und klatschen nunmal nur was für die härtesten, intelligentesten und besten dieses Landes sind!
Ich bin kein Lehrer und halte viel von dem Gejammere vonwegen "ich habe sooooo viel zu tun und sooooo wenig Zeit" auch für maßlos übertrieben.
AntwortenLöschenAllerdings sind die ganzen Ferien und Klassenfahrten nicht unbedingt arbeitsfreie Zeit. Und der normale Arbeitstag endet auch nicht um 13:30 Uhr, wenn die sechste Stunde vorbei ist.
Einen Teil der Ferien müssen die Lehrer zur Vorbereitung von Schuljahren nutzen. Einen Teil der Arbeitszeit, also der Zeit, die sie nach dem Unterrichtsschluss in der Schule verbringen oder zu Hause arbeiten, müssen sie damit zubringen, Klausuren und Klassenarbeiten vorzubereiten oder zu korrigieren.
Ich glaube schon, dass ein durchschnittlicher Lehrer einer allgemeinbildenden Schule auf eine Wochenarbeitszeit von 37-40 Stunden kommt. Und damit ist er genau so belastet wie ein normaler Angestellter.
Aaaber: Bloß weil man viel arbeitet, heißt es ja nicht, dass man alles, was man da tut auch richtig macht oder dass das, was man da tut auch den Ansprüchen gerecht wird und somit richtig ist. Genau *da* liegt der Hase im Pfeffer: Kritisiert man diesen Punkt, stößt man auf taube Ohren. Als Schüler gegen Lehrer zu demonstrieren bringt einem eine sechs ein, wegen unerlaubtem Fehlens vom Unterricht. Kritisiert man das als Erziehender auf dem Elternabend, heißt es "Das ist hier und heute nicht das Thema". Geht man Lehrer im Einzelgespräch deshalb an, wehren sie ab, sie hätten Verständnis, könnten aber an der Situation nichts ändern.
Insgesamt ist also ein Schulsystem im Einsatz, das unflexibel und überaltert ist. Die Methoden sind nur minimal modernisiert worden, entsprechen also zum großen Teil noch den anfänglichen Methoden aus dem 19. Jahrhundert. Die Inhalte sind teilweise um mindestens 50 Jahre hinter dem aktuellen Wissensstand zurückgeblieben. Und die Sozialkompetenz, die sich früher noch halbwegs mit den gesellschaftlichen Normen in Einklag bringen ließ, obwohl auch da schon teilweise erhebliche Reibungspunkte existierten, ist heute nicht mehr auch nur im Ansatz vorhanden. Weil es die Lehrer versäumt haben, sich anzupassen. Weil die Ministerien und Behörden es versäumt haben, für angemessene Fortbildung zu sorgen. Das entspricht ja auch nicht dem Credo "Sparen um jeden Preis". Fortbildung kostet Geld, *richtig viel* Geld. Geld das nicht vorhanden ist und das so knapp ist, dass zu meiner Realschulzeit in Hamburg um 1989 sogar die Tafelkreide rationiert wurde, was soweit ging, dass Lehrer die Kreide mitbringen und nicht zurücklassen durften. Vermutlich aus Angst, die bösen Schüler könnten die ja selber benutzen oder noch schlimmer: ungenutzt wegwerfen.
Der UNO-Beauftragte hat Recht, wenn er Antworten fordert. Und er hat mit seiner Kritik recht. Es wird Zeit, dass sich ein paar schlaue Köpfe hinsetzen und das System kippen und eine überarbeitete Version aufstellen, auf dessen Basis ein Neuanfang gewagt werden kann. Und es wird sicherlich Wege geben, dass so umzusetzen, dass dabei der bisherige Bildungsweg nicht komplett sinnlos gewesen ist.
Und es sollten Leute daran beteiligt sein, die nicht unter der verbreiteten Betriebsblindheit leiden. Nur dann haben wir wirklich noch eine Chance, international auf dem Bildungssektor wieder halbwegs Anschluss zu finden.
Bis dahin kann ich nur jedem empfehlen, seinem Kind intensiv Subversion zu vermitteln. Wenn es lernt, Dinge zu hinterfragen, lernt es auch, die Dinge nicht zu nehmen wie sie sind, sondern sie zu verbessern.
<ironie> <sarkasmus>
AntwortenLöschenDas Lehrer sich gerne als "Opfer" sehen, ist nichts Neues. Das Lehrer auch der Meinung sind, sie wären die Heilsbringer der Menschheit ist auch nicht unbedingt "neu". Neu ist allerdings - für die Lehrer - dass sie sich in aller Öffentlichkeit für den Mist rechtfertigen müssen, den sie seit Jahrhunderten verzapfen. Neu ist für Lehrer auch, dass sich ihre unmittelbaren Opfer, nämlich die Schüler, direkt und mit aller Macht wehren. Neu ist für deutsche Lehrer, dass ihnen von höchster internationaler Stelle gesagt wird "ihr könnt nix".
Bei so vielen Neuigkeiten ist doch nur zu verständlich, dass die armen Lehrer völlig verwirrt sind...
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