Montag, 11. Dezember 2006

Nur zu Besuch

Herr Olmert kommt vorbei, um sein neues Hoheitsgebiet zu besichtigen. Und damit wir hier in Deutschland dann auch gleich wissen, warum er hier ist, hat er uns dann auch schon mal für unsere tolle Tante Angie gelobt - er hält sie für eine "sehr beeindruckende" Frau - und auch ansonsten festgestellt, dass wir hier in Deutschland richtig gut Fortschritte gemacht haben. Immerhin erkennt nach seiner Ansicht die Mehrheit der Israelis an, dass Deutschland nicht mehr das alte Deutschland - also das von '33-'45 - ist. Na das ist doch mal ein echtes Lob.

Damit uns all diese Lobhudelei nicht zu Kopfe steigt, spart Herr Olmert denn auch nicht mit Kritik. Er schlägt uns vor, dass wir doch bitte mal unsere Position in Bezug auf den Iran revidieren. Das von uns vorgebrachte Argument der wirtschaftlichen Interessen sei ja wohl nicht so der Bringer. Immerhin geht es hier um ein Land und eine Regierung, dass Israel auslöschen will und gerade da habe Deutschland eine historische Verantwortung, der sich Deutschland nicht entziehen dürfe.

Im Klartext bedeutet das wohl, dass Deutschland nur aus einem einzigen Grund gegen den Krieg mit dem Iran ist: Des Geldes wegen, das wir am und mit dem Iran verdienen. Und das wiederum bedeutet, dass uns dieses Geld wichtiger ist, als das Leben der Israelis. Mit anderen Worten: Deutschland verkauft das Leben der Juden an den Meistbietenden.

Bei allem Respekt, Herr Olmert, aber wie war das noch mit der Einstellung Israels zur Frage was andere Menschen wert sind? Ganz davon abgesehen geht es der Mehrheit in Deutschland nicht in erster Linie um die wirtschaftlichen Interessen den Iran betreffend. Die sind der Mehrheit hier - mit Verlaub - völlig egal. Es geht uns grundsätzlich darum, dass wir - im Gegensatz zu manch anderen - einen Krieg gegen den Iran für eine ziemlich dumme Idee halten. Es ist zwar verständlich, dass für einen kriegserfahrenen, expansionisorientierten Kontrollstaat der Gedanke absurd erscheint, dass man Probleme auch mit anderen als militärischen Mitteln lösen kann, aber das ist nicht unser Problem und das lassen wir auch nicht zu unserem Problem machen. Egal wie sehr Herr Olmert der Meinung ist, uns darauf hinweisen zu müssen, dass das Deutschland von heute noch immer Schuld daran ist, was im Dritten Reich passierte.

Oder wie genau war das gemeint, als Herr Olmert festellte:
"Es hat sich etwas so fundamental geändert, die gesamte menschliche Perspektive des jüdischen Volkes in der Welt hat sich durch den 2. Weltkrieg und das, was hauptsächlich Deutsche getan haben, verschoben. Das kann nicht vergessen und vergeben werden."
Es wäre natürlich etwas vermessen zu fragen, ob das ausreichend Rechtfertigung dafür ist, sich von Deutschland U-Boote und anderes Militärgerät schenken zu lassen. Auch die Frage, wie es denn um den eigenen Umgang mit der Vergangenheit steht wäre ziemlich frech. Trotzdem frage ich mich, ob Herr Olmert wirklich will, was er dort letztenendes verlangt. Will er wirklich, dass Deutschland in die Fußstapfen Amerikas tritt und mit militärischen Mittel diejenigen Probleme löst, die diplomatisch zu langwierig sind? Außerdem ist es wohl nicht vermessen zu fragen, welche Rüstungsverträge bei diesem Besuch unterzeichnet werden, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sich jemand wie er, der gerade bei Rüstungsfragen so unverschämt die Hand aufhält, nur mal eben zum Kaffee bei Tante Angie einlädt.

Israel ist in einer schwierigen Situation, daran gibt es keinen Zweifel. Diese Situation ist allerdings nicht ausschließlich fremdverschuldet und gerade in der jüngeren Vergangenheit hat sich Israel nicht gerade dadurch hervorgetan, aktiv an einer produktiven Lösung mitzuwirken. Nicht ohne Grund sehen viele das Handeln Israels in erster Linie daraufhin ausgerichtet, Verschiedene Staaten auf der Landkarte durch Israel zu ersetzen. Auch die jüngsten Anmerkungen von Herrn Olmert, dass die durch Israel besetzten Golanhöhen nicht zur Disposition stünden und auch die militärischen Operationen im Gazastreifen und anderswo kann man nicht gerade als "produktiv" bezeichnen.

Auch sei in diesem Zusammenhang die Frage erlaubt, was genau man in Israel denn wohl meint, wenn man einer Untersuchungskommission der UNO unter der Führung eines Trägers des Friedensnobelpreises die Einreise in ein anderes Land verweigert, weil dieser Besuch "anti-israelisch" ausgerichtet sei? Was genau ist an der Untersuchung des Todes von 19 Zivilisten, die beim israelischen Beschuss eines palästinensischen Wohnhauses am 8. November dieses Jahres in der Ortschaft Beit Hanun ums Leben kamen und der Prüfung, wie künftig der Tod von Zivilisten bei israelischen Angriffen zu verhindern wäre "anti-israelisch"? Was soll hier denn wohl vertuscht werden, Herr Olmert?

Es mag richtig sein, dass "die Deutschen" eine historische Verantwortung tragen, aber das tut jeder Staat. Die Frage ist, ob wir hier in Deutschland mehr oder weniger aus unserer Verantwortung lernen als andere.

Und gerade da habe ich manchmal so meine Zweifel.

(Quelle: N24, AFP)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Bedingt durch die DSGVO müssen Kommentare zu Beiträgen der Tapirherde manuell freigeschaltet werden, um um der Veröffentlichung von Spam-, Hass- oder sonstiger unerwünschten Kommentaren vorbeugen zu können. Die Veröffentlichung eines Kommentars kann deshalb ein wenig dauern. Sorry dafür.
Wenn Sie Beiträge auf Tapireherde kommentieren, werden die von Ihnen eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. die IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Weitere Infos dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.