Die USA verkünden mehr oder weniger deutlich, dass sie ihre Truppenpräsenz im Irak reduzieren wollen. Von einem deutlichen Abbau der Truppenstärke ist die Rede und es wird von "2008" gesprochen. Nur vereinzelt wird gefragt, was denn im Irak passieren soll, wenn die US-Truppen abgezogen sind.
Häufig belächelt werden die Hinweise auf die laufenden Modernisierungen der Armeen weltweit. Zwar sieht man hin und wieder die unmittelbaren Auswirkungen und hört auch von adoptierten Projekten in der eher zivilen Nutzung, aber grundsätzlich sieht der Krieg in den Köpfen der breiten Öffentlichkeit noch immer so aus, wie durch Filme wie Black Hawk Down, Jarhead und andere propagiert.
Die USA haben nach Angaben von General Charles A. Cartwright, Program Manager Future Combat System (FCS) Brigade Combat Team (BCT), Ende September 2006 in Afghanistan und Irak mehr als 10.000 verschiedene Roboter am Boden im Einsatz. Die Army plant 2008 eine neue Flotte robotischer Geräte im Irak in den Einsatz zu bringen. Na so ein Zufall. Kurz danach soll überall eine Vielzahl solcher Geräte - von automatischen Waffen bis hin zu autonomen Panzern - verstärkt überall in den Einsatz kommen.
Das FCS soll mehr sein, als eine reine Modernisierung bestehender Ausrüstung, sondern einen Paradigmenwechsel in der Kriegsführung darstellen. Abgesehen von einer noch nicht dagewesenen, umfassenden Vernetzung aller Bestandteile der Truppe, werden auch völlig neue Komponenten zum Einsatz kommen, von denen die autonomen Einheiten mit Sicherheit die mit den weitreichendsten Konsequenzen sind.
Zwar wird immer wieder betont, dass zuerst bemannte und unbemannte Systeme parallel zueinander eingesetzt werden sollen. Cartwright betont aber, dass erklärtes Ziel eideutig das Ersetzen bemannter Systeme "wo immer möglich und sinnvoll" ist. Spätestens 2015 soll ein Drittel aller Fahrzeuge der US-Streitkräfte autonom operieren. Das klingt zwar nach "nicht viel", ist aber bei näherer Betrachtung eine ziemlich große Streitmacht, die da automatisiert wird. Ein Drittel aller Fahrzeuge ist einiges mehr, als die USA zur Zeit im Irak stationiert hat.
Es hört sich vielleicht nach Fantasterei an, aber ich vermute, der Truppenabzug der Amerikaner bedeutet nicht unbedingt einen Rückzug aus dem Irak, wie ihn sich die meisten vorstellen. Vielmehr wird eine Verlagerung der Art der Kriegsführung stattfinden. In ihrer Argumentation wird die US-Regierung selbstverständlich immer wieder auf den Truppenabbau hinweisen. Dass jedoch im gleichen Zuge die menschlichen Truppen nach und nach gegen Roboter ersetzt werden, wird man nach Möglichkeit nicht zur Sprache bringen.
Vermutlich ist der Irak das erste groß angelegte Freiluftlabor, in dem die Armeen der Zukunft ausprobiert werden. In Anbetracht der Doktrin der US Armee und deren Umsetzung dürfte das Problem der Kollateralschäden auch eher ein untergeordnetes Problem werden: Wenn keine (oder kaum noch) menschlichen Truppen mehr im Irak sind, dann kann man auch keine Journalisten "einbetten" und beschützen. Die US-Regierung kann mit den von ihren Robotertruppen aufgenommenen Bildern und Daten dann den Medien selber Material anbieten und so steuern, worüber berichtet wird und worüber nicht. Das Mediendesaster um Haditha wäre so zu vermeiden gewesen, denn wenn es keine Journalisten gibt, gibt es keine Berichterstattung und worüber nicht berichtet wird, das findet auch nicht statt.
Gleichzeitig lassen sich in der Heimat die Kritiker beruhigen: Roboter sind bloß Maschinen. Defekte Maschinen sind weit weniger dramatisch, als Verluste menschlichen Lebens. Parallel dazu kann man den Kostenfaktor Mensch in den Truppen reduzieren und so auch noch eine Menge Geld sparen, was sich im amerikanischen Haushalt sehr gut machen würde.
Zwar gehen die Überlegungen von General Cartwright wahrscheinlich noch ein gutes Stück weit von Spekulationen aus. In Anbetracht der tatsächlichen Leistungsfähigkeit bereits heute existierender autonomer Kriegsgeräte sollte man aber ein klein wenig hellhörig werden, wenn die USA von "Truppenabbau im Irak" reden und was genau abgebaut werden soll und wogegen das ersetzt werden wird.
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