Montag, 15. Mai 2006

Filme legal downloaden und brennen

Stefani MorganFilme gibt es nicht nur von Disney oder Warner oder Sony. Filme gibt es zum Beispiel auch von Vivid Entertainment. Der Unterschied zwischen diesen Firmen ist nicht etwa nur der Grad der Bekanntheit, sondern auch und besonders der Kundenkreis. Während die einen Produkte im Angebot haben, die sich an alle Altersklassen richten, haben die anderen das eher "erwachsene" Publikum im Sinn: Vivid Entertainment ist Publisher von "exotischen Medien". Platt formuliert: Pornofilme. Und Vivid verkauft eine Menge davon. Rund ein Drittel aller in den USA verkauften Pornos stammt von diesem Publisher.

Diese Firma hat sich vorgenommen, der übrigen "Mainstream" Industrie mal zu zeigen, was man mit dem Internet so alles tolles machen kann. Ab heute wird dieses Unternehmen ganze Filme in DVD-Qualität zum Download und zum legalen Brennen auf DVD anbieten. Während Firmen wie Sony den Kunden in erster Linie als Verbrecher betrachten und entsprechend behandeln (man denke nur an die tollen Werbefimle im Kino, die Rootkits, "Region Codes", "Content Scrambling System", die Gerichtsverfahren, die Novelle des Urheberrechts und anderes), geht Vivid Entertainment offen auf den Kunden zu und bietet ihm an die Filme direkt zu ziehen und zu brennen. Gegen Gebühr, versteht sich, dafür aber ohne jeden Fallstrick, ohne Hintertür. Einzige Restriktion: Einmal gebrannte Filme dürfen nicht dupliziert werden. Bezahlen, downloaden, Deins - mach damit, was Du willst.

Entsprechend süffisant fiel das Statement von Michael Greeson, dem Gründer von "The Diffusion Group", einem Think Tank für Verbraucherelektronik in Plano, Texas, aus:
"Leave it to the porn industry once again to take the lead on this stuff"
DVD Regal EinzelhandelDer Vorteil, den sich dieser Publisher zu nutze macht, ist in erster Linie der Struktur dieses Marktes zu verdanken, den sich die Pornoindustrie weitestgehend selber aufgebaut hat. Es gibt hier keine "dominanten Verkaufsstellen" oder "marktbestimmende Vertriebswege", wie sie für andere Medien existieren: Man denke zum Beispiel an Wal-Mart oder Blockbuster Video und andere Firmen dieser Art. Immerhin macht die Filmindustrie mehr Umsatz mit Filmen auf DVD als durch Kinos. Da möchten die Firmen nicht so gerne ihre eigenen Absatzmärkte torpedieren.

Allerdings: Der Drang dahin, den Zwischenhändler "loszuwerden", ist nicht nur hier deutlich zu erkennen. Gerade die Softwareindustrie zeigt mit Produkten wie Steam, wie man den Einzelhandel ganz einfach aus der Rechnung streichen kann. Spätestens seit auch Electronic Arts (EA) auf den Zug der Onlinedistribution aufgesprungen und Microsoft mit "XBox Live" am Start ist, dürfte jedem klar sein, wohin die Reise geht.

EinkaufenDem Kunden das Produkt in die Hand zu geben ist nicht das, was die Firmen tatsächlich wollen. Die Firmen wollen an jedem Konsum verdienen. An jedem einzelnen Konsum. "Pay per View", "Pay2Play", "Deliver On Demand" und so weiter sind die Stichworte. In Zukunft wird es keine Datenträger beim Endverbraucher mehr geben. Der Weg ist eindeutig hin zu zentralisierten Datenlagern, aus denen auf Knopfdruck gegen Gebühr Inhalte angeboten werden. Da werden noch interessante Zeiten auf Kunden und Handelsketten zukommen, denn wie Greeson richtig feststellt:
"The more they champion Internet distribution directly to the consumer, the more it seems they're turning their back on their old media partners, which they can't afford to do."
Es wird noch ein paar Jahre dauern, bevor das Realität wird, aber es wird kommen. Die Infrastruktur der Netzanbindung ist bei der Breite der Masse noch lange nicht so, dass z. B. ein Download einer DVD als Streaming Content überhaupt machbar wäre. Zu viele "Endverbraucher" (aka: "zahlende Kunden") leben in Gegenden, in denen es kein DSL oder Ähnliches gibt. Der Ausbau dieser Infrastruktur wird ein entscheidender Taktgeber für die Entwicklung im Vertriebswesen für Filme, Fernsehn, Musik, Spiele und so weiter, oder kurz: für mediale Inhalte sein.

Bis dahin wird die Pornoindustrie wahrscheinlich eine Menge Geld gemacht haben, wie Greeson feststellt:
"The vanguard here is porn. They made a tremendous amount of money on the Web, but they know they can make more if they get to the living room."
Forrester Research schätzt den Umsatz der Pornoindustrie alleine in den USA auf 10 Mrd US Dollar. Fragt sich, wann Neid und Gier bei den "anderen" Medien groß genug wird, dass die diesen Schritt auch gehen.

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