Die Veranstalter der Fußball WM 2006 haben sich ja einiges einfallen lassen, um möglichst dick Kohle abzugreifen. Besonders in Erinnerung geblieben sind die Versprechen um den wirtschaftlichen Nutzen, den Deutschland durch die Veranstaltung erfahren soll - wie hoch der "Gewinn" für die deutsche Wirtschaft tatsächlich sein soll, ist jedoch umstritten. Natürlich erinnern wir uns auch alle noch an die "völlig marktüblichen Werbevorschriften" und die recht eifrigen Klebebandaufpasser. Unvergessen auch die geringfügige Datenerhebung bei der Bewerbung um die Bestellung einer Anwartschaft auf die Option eines möglichen Ticketerwerbs. Und natürlich die Sache mit Goleo und Nici. Ach ja, und die Eröffnungsgala nicht zu vergessen.
Jetzt kurz vor der WM werden dank der Süddeutschen Zeitung noch ein paar amüsante Details bekannt. Zum Einen ist da die in der Schweiz ansässige Agentur ISE zu nennen, die im Auftrag des Weltverbandes Fifa die sogenannten "VIP-Karten" vermarktet. Diese Agentur hat - je nach Lesart - entweder noch 70.000 Tickets "übrige" oder 70.000 Optionen auf solche Tickets "nicht wahrgenommen", je nach dem, wen man fragt. Um den Ausfall nicht zu hoch ausfallen zu lassen, hat nun schon vor einiger Zeit eben diese Agentur damit begonnen, die Tickets mit "geringfügigem" Rabatt an die eigenen Mitarbeiter zu verschachern.
Kosten die Tickets für die Spiele der Vorrunden im normalen Handel zwischen 2.199 und 3.299 Euro, können Mitarbeiter von ISE die Tickets für nur 900 bis 1.000 Euro pro Stück aufkaufen - und weiterverkaufen. Angeblich kann nun jeder ISE-Mitarbeiter mit bis zu 40 Tickets pro Spiel handeln - das wären, allein auf die deutschen Partien bezogen, bis zu 13.200 Karten. ISE-Chef Georg Taylor räumte gegenüber der Süddeutschen ein, dass diese Zahlen wohl "nahe an der Realität" sind. Happy Dealing. Und dabei hatte die Fifa doch genau diesen Handel im Vorfeld ausschließen wollen und so die exessive Datensammelwut gerechtfertigt.
Damit aber nicht genug. Wer jetzt tatsächlich eins der rund 300.000 VIP Tickets hat, dem kann es passieren, dass er trotzdem nicht ins Stadion reinkommt.
Das Bundesinnenministerium (dessen Chef ist der Herr Schäuble, der uns auch die Bundeswehr ins Inland holt) besteht darauf, dass von allen Besuchern der Spiele vorher Namen, Adresse und Passnummer erfasst werden. Genau das wurde aber bei den VIP-Tickets nicht gemacht.
Das Organisations-Komitee von Franz Beckenbauer und die Agentur ISE von Herrn Taylor schieben sich gegenseitig die Schuld zu: Keiner will es gewesen sein. Es kann sogar sein, dass nicht nur VIP-Tickets "unregistriert" im Umlauf sind, sondern noch sehr viel mehr.
Da viele der VIP-Tickets in Konzerne gegangen sind, ist es nicht ganz einfach herauszufinden, wer denn nun tatsächlich die Tickets hat. Viele Tickets sind bei Konzernen gelandet und die Empfänger dort sehen noch weniger als der "normale Fußballfan" ein, ihre Daten erfassen zu lassen: Wie unangenehm wäre es, wenn diese Listen bei Staatsanwaltschaft oder Finanzamt landeten...
Immerhin: solche Tickets sind einige Tausend Euro wert und müssen von den Firmen versteuert werden. Entsprechend ermittelt auch bereits die Staatsanwaltschaft gegen einer Energieversorger, der großzügig Politiker und Manager eingeladen hat.
Was lernen wir daraus? Daten sammeln wollen ist eine Sache, aber plötzlich selbst erfasst zu werden, das ist der Wirtschafts"elite" dieses Staates dann doch zu viel des Guten. Schließlich ist man wer und will nicht Opfer der eigenen Datenerfassungsmaschinerie werden.
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