Zu den Argumenten von Onkel George für ein militärisches Eingreifen im Iran gehört zur Zeit das unbewiesene Szenario, dass der Iran Atombomben bauen wolle und könne. Ohne Erlaubnis der USA. Und das geht schon mal gar nicht.
Das Israel, Pakistan, Indien und wahrscheinlich auch Nordkorea und Brasilien und eventuell auch noch ein paar andere Länder dieser Welt inzwischen über Atomwaffen verfügen oder zumindest sehr wahrscheinlich Zugriff darauf haben, lässt Onkel George ersteinmal unter den Tisch fallen. Im Fall von Indien hat Onkel George sogar ausdrücklich die Leistungen des Indischen Staates gelobt und das zweit bevölkerungsreichste Land der Erde de facto im Kreise der etablierten und anerkannten Atommächte willkommen geheißen.
Nun könnte man lange darüber debattieren, wo für die USA der Vorteil läge den Iran zu überfallen, welche wirtschaftlichen und energiepolitischen Interessen hier eine Rolle spielen und so weiter, aber das soll jetzt mal gar nicht Thema sein. Sehr viel mehr Stirnrunzeln verursacht es allerdings (zumindest bei mir), wenn Onkel George nicht nur mehr oder weniger unverhohlen mit einer militärischen Expedition in Richtung Theran droht, sondern dabei den Einsatz von Atombomben mehr oder weniger ausdrücklich als Option mit einschließt.
Spätestens an dieser Stelle hätte ich erwartet, dass die klassisch in Deutschland recht stark vertretenen Friedensbewegungen auf der Straße stehen und Alarm schlagen. Zu nicht nur meiner recht großen Verblüffung tun sie aber nicht. Warum denn nicht? Ist der Iran "unwichtiger" als der Irak? Kein Bock? Keine Zeit? Oder hat plötzlich etwa Onkel George wider Erwarten und entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch Recht?
Gestern bekam ich überraschend die Antwort. Auf Radio Bremen vier war anlässlich der jetzt 20 Jahre zurückliegenden Katastrophe im Block 4 des Kernkraftwerks in Чернобыпь (Tschernobly) ein leitender Vertreter einer Anti-Atomkraft Iniative eingeladen. Auch wenn das Interview überwiegend als "das übliche Blah-Blah" abgetan werden mag, machte mich eine besonders betonte Aussage hellhörig:
"Es kann keine friedliche Nutzung der Kernenergie geben"Abgesehen davon, dass diese Aussage nicht ganz unumstritten sein dürfte, war ich verblüfft, dass diese These tatsächlich genau so von den Atomkraftgegnern vertreten wird. Und zwar nicht nur "ausnahmsweise" oder "vereinzelt", sondern scheinbar quer durch die ganze Szene scheint diese Sichtweise "etabliert" zu sein.
Atomkraftgegner und Friedensbewegung sind in Deutschland historisch eng miteinander verzahnt und haben nicht nur viele Berührungspunkte und Überlappungen, sondern häufig sind die Mitglieder der einen Gruppierung auch Mitglied in der jeweils anderen. Damit wird klar, warum sich kaum was tut bei den "klassischen Widerständlern". Schön selber ausmanövriert möchte man sagen. Ich möchte zwar nicht soweit gehen zu behaupten, dass den Atomkraftgegnern absichtlich die These "es kann keine friedliche Nutzung geben" zugespielt und die Etablierung dieser Argumentation bewußt von außen gefördert wurde. Aber an dieser Stelle zeigt sich, wie mit einem einfachen argumentativen Zirkelschluß gegen absolute Verallgemeinerungen ganze Bevölkerungsgruppen mundtot gemacht werden können.
Ich weiß nicht, wem ich zuerst gratulieren soll: den "Atomkraftgegnern" zu ihrer Glanzleistung oder Onkel George zum Erkennen und Ausnutzen dieser Situation.
Da kann man nur sagen: "Schach und Matt".
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