Mittwoch, 4. Juli 2018

Der ganz ganz große Wurf aus Bayern

Ich gebe ja gerne zu, dass ich nicht alles verstehe. Das Dingen von gestern verstehe ich nicht. Glaube ich.

Die Geschichte ging ja in etwa so: Nach heftigem Staatskrisen-Geplänkel zwischen einer Bundesweiten Mehrheitspartei und einer lokalen Trachten-betonten Radikalgruppierung (Selbstverständnis: "Das Krachlederne gehört zur DNA der CSU dazu"), gab es einen sagenhaften Kompromiss. Dieser Kompromiss erlaubt es dem Chef eben jenes örtlichen Trachtenvereins mit politischen Weltstarambitionen, vom angedrohten Rücktritt zurückzutreten und sein Bundesamt weiterhin auszuüben.

Dieser Kompromiss lautet wie folgt:


(Klick Bild für Großansicht. Quelle: Dorothee Bär via Twitter)

Wenn ich es jetzt nicht mt den Augen habe, dann steht da "...an der deutsch-österreichischen Grenze...". Mag ja sein, dass ich in Erdkunde nicht gerade das Non-plus-ultra an Zitierfähigkeit bin, aaaber hatte Deutschland nicht noch mehr Nachbarländer? Oder ist jetzt überall Österreich?

Oder bedeutet der Kompromiss, dass jetzt zum Beispiel... äh... sagen wir mal Hassan-Ali Müller(*), der aus... puh... sagen wir mal aus Somalia abhaut und - wieder angenommen - irgendwo bei Frankfurt/Oder die Deutsch-Polnische Grenze übertritt - wegen der Fiktion der Einreise - zuerst von Brandenburg nach Bayern und von da dann nach Österreich abgeschoben wird? Das juristische Konstrukt der "Fiktion" besagt ja, dass die Einreise juristisch nicht nur nicht da stattgefunden hat, wo sie stattgefunden hat, sondern eigentlich gar nicht stattgefunden hat.

Wenn das jetzt alles nach Österreich abgeschoben wird, was ja jetzt der heilige Bündniskompromiss ist: Die Ösis wollen alles aus Bayern direkt nach Italien abschieben. Sagte deren Generaldirektorpräsident jedenfalls vorhin. Hassan-Ali Müller wird also nahtlos von Kiefersfelden/Kufstein direkt nach Steinach/Sterzing teleportiert und dadurch zum Problem der Pizzaproduzenten südlich der Alpen. Zumindest, wenn die Eimerkette grob so abgeht, wie aktuell angedroht. Und was machen die dann mit Hassan-Ali Müller? Entsorgen die Römer ihn dann auf einem Gummibot mit 'ner Pulle Cola und zwei Kaugummis ins Mittelmeer? Der dezent rechtsorientierte politische Außenborder und Chef-Römer hat ja sowas in der Richtung gerade wortreich angedroht.

Da der gegenwärtig ans Ruder gewählte Ostalpenlandbeherrscher und Nachbar des (noch?) amtierenden Bundesinnenministers ja gerade sagte, dass er sich nationale Alleingänge von Deutschland nicht bieten lässt und erstrecht keine Verträge unterschreiben wird, die zum Nachteil seiner Ex-Monarchie gereichen, was passiert denn dann mit Hassan-Ali Müller an der bayrischen Grenze? Wenn es keinen Ersatzzustellungsvertrag zwischen Deutschland und Österreich gibt und Bayern schmeißt Hassan-Ali Müller raus, aber Österreich lässt ihn nicht rein, was passiert denn dann?

Campiert Hassan-Ali dann im Todesstreifen zwischen den nach dem Vorbild von Panmunjeom und Umgebung hochgerüsteten Zollhütten? Wird Hassan-Ali dann auch noch wegen wilden Campierens (und wahrscheinlich Wilderei sowie diverser hundert Verstöße gegen der Abfallrecyclinggesetze, Naturschutz, Wegelagerrei, Betteln und Hausieren, Pass- und Melderecht sowie dem Herbeiführen einer Kernexplosion oder so) verknackt? Falls ja, wird er dann wieder von den Königlich-Bayrischen Gebirgscarabineri eingesackt und in Stadelheim eingeknastet?

Falls das aber jetzt alles nicht so ist und Hassan-Ali Müller zwar in Brandenburg aufgegriffen wird, die Bayern entgegen jeder Wahrscheinlichkeitsvermutung jetzt aber doch nicht allgemein zur Reinerhaltung Deutschlands zuständig sind, dann bleiben doch die Brandenburger auf Hassan-Ali Müller sitzen, oder? Muss Brandenburg Hassan-Ali Müller dann auf dem Luftweg nach Österreich transportieren? Und wenn das Alpenland die Annahme der Luftpostsendung verweigert und Brandenburg Hassan-Ali selber nach Hause bringen muss? Wird dann die LH 181 wieder eingeflaggt und nach Mogadischu losgeschickt? Hieße das nicht, dass "die Asylwende für Deutschland" Brandenburg genau gar nichts bringt, weil der (noch?) amtierende Bundesinnenminister aus Bayern keine Gesetzgebung unter Androhung seines Rücktritts erzwungen hat, die auch für dieses Bundesland dient? Wenn ja, wäre dann dieser gigantisch gefeierte Notfall-Kompromiss nicht einfach nur eine gigantische Verarsche?

Jetzt mal kurz weg von der Polemik.

Nach Deutschland kommen im Moment jeden Monat irgendwas zwischen 10 und 12tausend Asylbewerber. Ein Drittel davon kommt über die Deutsch-Österreichische Grenze. Das sind grob 4tausend Menschen. Von denen sind weniger als ein Drittel solche, die im Sinne der Vereinbarung "illegale" Asylbewerber sind, weil sie bereits in einem anderen Land Asyl nachgefragt haben. Das sind irgendwas bei 1300 Menschen.

Jeden Tag überqueren diverse tausend Fahrzeuge und Menschen die Grenze zwischen Österreich und Deutschland. Auf einer Länge von 815km gibt es zwischen Deutschland und Österreich irgendwas zwischen fünfzig und um die sechzig Grenzübergänge auf dem Landweg (zuzüglich solcher auf Bahngleisen und Schifffahrtswegen). Davon werden ganze DREI in Bayern tatsächlich einigermaßen dicht überwacht.

Und das ist jetzt die "Asylwende für Deutschland"? Deswegen haben unsere hochprofessionellen Berufspolitiker die Regierung ohne mit der Wimper zu zucken aus reiner Selbstsucht an den Rand des Zusammenbruchs gezockt? Really? Und ausgerechnet DIE fragen sich, warum ihnen die Wähler in Scharen weglaufen?

Auch n Bier?


*) Ich habe mir irgendeinen plakativ klingenden Namen ausgedacht, der einzig der Verdeutlichung dienen soll. Jegliche Ähnlichkeit mit noch lebenden oder bereits verstorbenen Personen ist nicht beabsichtigt und rein zufällig.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Bedingt durch die DSGVO müssen Kommentare zu Beiträgen der Tapirherde manuell freigeschaltet werden, um um der Veröffentlichung von Spam-, Hass- oder sonstiger unerwünschten Kommentaren vorbeugen zu können. Die Veröffentlichung eines Kommentars kann deshalb ein wenig dauern. Sorry dafür.
Wenn Sie Beiträge auf Tapireherde kommentieren, werden die von Ihnen eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. die IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Weitere Infos dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.