Freitag, 7. September 2007

Spiel mit dem Feuer

Israel ArmeeIsrael, der Staat am Mittelmeer, dessen paranoid-aggressives Verhalten gegen alle Nachbarn inzwischen legendär ist, hat sich offenbar nach dem jüngsten, selbst bei der ansonsten meistens permanent bedingungslos pro-israelisch eingestellten US-Bevölkerung umstrittenen Libanonkrieg von vor gut einem Jahr jetzt ein neues Ziel ausgesucht. Bereits gestern drangen israelische Kampfflugzeuge vom Mittelmeer aus kommend in den syrischen Luftraum ein und bombardierten nicht näher benannte Ziele. Die syrische Luftabwehr wurde daraufhin aktiviert und beschoss die Flugzeuge, die infolge des Beschusses abdrehten. Israel bestreitet die syrische Darstellung.

Schon 1973 gab es einen handfesten Krieg zwischen Israel und Syrien, in dessen Folge Israel die Golanhöhen besetzte und bis heute mit der Begründung besetzt hält, dass diese Besatzung für das Überleben des Staates Israel unbedingt und zwingend notwendig sind. 2003 griff die israelische Luftwaffe erneut Ziele in Syrien an. Israeli behauptete damals, dass ein Ausbildungslager palästinensischer Kämpfer angegriffen worden sei. Auf diesen Angriff hatte damals die syrische Armee nicht reagiert. Im jüngsten Libanonkrieg griffen israelische Truppen einen libanesisch-syrischen Grenzübergang an. Eine direkte militärische Auseinandersetzung zwischen den beiden Staaten blieb jedoch aus.

Heute könnte das anders sein. Syrien unterstreicht immer wieder seinen Anspruch auf die gesamten Golan-Höhen als Voraussetzung für ein Friedensabkommen und bezeichnete das jüngste Vorgehen Israels als "aggressiven Akt". Man behalte sich vor, entsprechend zu reagieren. Syrien untersagte in diesem Zusammenhang den Angehörigen von Reserve-Einheiten der syrischen Armee Reisen ins Ausland. Verschiedene andere Anzeichen deuten auf eine generell erhöhte Alarmbereitschaft der syrischen Armee hin.

Hintergrund für den Konflikt wird wahrscheinlich auch die Haltung Syriens in Bezug auf Israel sein. Syrien ist nicht eben als ein bedingungsloser Befürworter Israels bekannt und unterstützt oft dessen militärische Gegner mit Geld und Material. So hatte Syrien zum Beispiel im letzten Libanonkrieg die libanesische Hisbollah-Miliz nachhaltig unterstützt. Darüber hinaus fordert Syrien seit mehr als einem Jahr entgegen früherer Praxis seine Bürger auf, im syrischen Teil der Golanhöhen zu siedeln. Dieser Aufforderung kommen besonders häufig ehemalige Militärangehörige nach, die in diesem Teil des Landes Dienst getan haben. Früher benötigte man spezielle Visa, um überhaupt in dieses Gebiet reisen zu dürfen.

Bereits 2003 bezeichnete Lawrence Ari Fleischer, von 2001 bis 2003 Pressesekretär von Präsident Bush, Syrien als Schurkenstaat und schon länger wird spekuliert, dass Syrien auf der Liste der zu "befreienden Länder" für die gegenwärtige US-amerikanische Administration einen Spitzenplatz einnimmt. Unvergessen die Spekulation von US-Militärs, dass die im Irak ums Verrecken nicht zu findenden Massenvernichtungswaffen rechtzeitig vor dem Angriff der Koalition der Willigen nach Syrien exportiert worden sind. Ebenfalls 2003 forderte der britische Außenminister Jack Straw, dass Damaskus beweisen müsse kein Schurkenstaat zu sein - in vollem Bewusstsein um die Groteske und Unerfüllbarkeit dieser Forderung.

In Syrien selber ist die Stimmung deutlich gegen Israel eingestellt. Die Hisbollah hat hier sehr viele Sympathisanten und Mitglieder. Deren Chef, Hassan Nasrallah, hält sich hier auf und lässt sich immer wieder feiern. Israel gilt hier als Aggressor, der alle Nachbarn zerstören will. Vielen Syrern gilt die Hisbollah deshalb als Verteidiger von Leben und Ehre der Syrer. In der Region steht Syrien insgesamt recht stark da, denn weder die Versuche das Land politisch zu isolieren, noch die insbesondere von den USA verhängten Sanktionen haben zu greifbaren Erfolgen geführt. Im Konflikt mit der Hisbollah tätig zu werden lehnen führende syrische Politiker strikt ab, solange nicht klar ist, was Syrien dafür erhält und was Syrien dafür will, ist klar: Man will den Golan zurück - ohne Wenn und Aber. Das wiederum kommt für das unter Expansionssucht leidende Israel überhaupt nicht infrage.

Es bleibt abzuwarten, ob Israel lediglich austesten wollte, wie weit man gehen darf oder ob es hier darum ging herauszufinden, ob die Zeit reif ist für einen weiteren Krieg in der Region. Egal wie: Für die Stabilität des Nahen und Mittleren Ostens wäre ein weiterer Krieg eher nicht von Vorteil und für das Ansehen Israels erst recht nicht.

(Quelle: FAZ, Telepolis, Tagesspiegel)

1 Kommentar:

  1. Nicht zu vergessen: Syriens Verbündeten, den Iran. Ich hab zwar keine Ahnung, wieviel Militär die da bei sich haben, aber die werden alles daran setzen - falls es zum Krieg kommen sollte - den Erzfeind Israel zu schlagen. Und da gab es ja vor gar nicht all zu langer Zeit Spekulationen, der Iran könnte die Atombombe bauen...

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