Donnerstag, 26. Juli 2007

Steuern in Bayern

GeldWenn es um das Prinzip geht, dann ist man bei Deutschlands Behörden gerne ganz weit vorne dabei. Diese Prinzipienreiterei hat uns im Ausland berühmt und berüchtigt gemacht. Was sich andere gerne als "Preussische Gründlichkeit" schön reden, wird von denen gerne auch noch als herausragende positive Eigenschaften gelobt. Zu allem Überfluß - man mag es kaum glauben - werden wir darum auch noch beneidet.

Das wäre nicht so schlimm, wenn es nicht in der Natur der Sache läge, dass Menschen trotz aller Gründlichkeit hin und wieder Fehler machen. Wenn wir bei Aldi statt das Müsli einzupacken knapp vorbei greifen und den 87cm LCD Fernseher in den Wagen schubsen, dann ist das vielleicht ärgerlich, weil man hat ja schon drei Stück davon zu Hause und wegen des Müslis jetzt noch mal durch den Laden zu rennen ist ja auch nur nervig. Wenn aber eine Behörde auf Stur schaltet, dann kann das schon mal bitter werden.

In Bayern wird das gerade vom Finanzministerium durchexerziert. Eine selbständige Fachkraft für Zubereitung und Verkauf von Bratprodukten (früher hieß sowas Chefin einer Imbißbude) bekam einen Steuerbescheid. Der Steuerbescheid war etwas ungewöhnlich, denn sie sollte dem Königreich angeblich mehr als zwei Milliarden Schekel schuldig sein. Fällig sofort, versteht sich.

Nun war die Dame auf anhieb nicht in der Größenordnung liquide und sie hielt es auch für etwas vermessen, eine Imbißbude mit einer derart hohen Steuer zu belegen. Darum fragte sie beim zuständigen Finanzamt und sogar dem zuständigen Sachbearbeiter - alleine dafür gebührt ihr das Bundesverdienstkreuz - nach, ob das denn so mit rechten Dingen zu gehen könne. Natürlich kann es! "Das Finanzamt Macht Keine Fehler! Zahle Sie Gefälligst!" so oder ähnlich muss dann wohl die Reaktion ausgefallen sein.

Die Frau darauf hin zum Steuerberater und der sich gedacht "Coole Scheiße! Das gibt Zaster!" Er also einen Einspruch aufgesetzt, der - es gibt da so eine per Gesetz vorgeschriebene Gebührenordnung - Geld kostet. Der Preis dieses Zettels mit ein paar Zeilen Text drauf richtet sich nach dem Streitwert und der liegt bei jenseits der zwei Milliarden. Entsprechend kostet der Zettel - allerdings inklusive Porto - im Sonderangebot nur noch etwas mehr als 2,5 Millionen Kaurimuscheln.

Noch immer etwas heftig für unsere professionelle Bratgerätschwenkerin. Das Finanzamt sah sich ob des boßhaften Schreibens aus dem niederen Volke so rein gar nicht belustigt und tat, was so eine Behörde besonders gut kann: Man stellte sich taub. Zwei Milliarden Steuereinnahmen sind schließlich keine Summe, auf die man freiwillig verzichtet! Millionen hungriger Staatsbediensteter wollen schließlich ernährt werden und des Königs Altenteil muss ja auch finanziert werden.

So sah sich die Herrscherin über Grill, Currywurst und Jägerschnitzel genötigt, vor Gericht zu ziehen. Da allerdings will man auch gerne ein paar Dukaten sehen. Im Voraus. Prozeßkosten und so. Das war so viel, dass die Dame ihre Forderungen an zwei Anwälte abtrat, die jetzt an ihrer Stelle vor Gericht mit dem königlich bayrischen Finanzministerium in die Schranken ziehen werden.

Das Gericht schlug neulich dann mal vor, man könnte sich ja auf einen Schadensersatz für die Dame einigen. So 10.000 Ningi wären vielleicht angemessen und dann könnte man die Sache einfach vergessen und sich um wichtigere Themen kümmern. Was weiß denn schon ein Gericht? Der Vergleich kam nicht zu Stande. Empörung macht sich breit in den heiligen Hallen des hochheiligen Finanzministeriums.

Aus den Fenstern der oberen Etagen des elfenbeinernen Turms in jener Region des La-La-Landes, wo der Himmel grundsätzlich eine vollkommen andere Farbe hat als überall sonst, ertönt die Schelte, dass das Verhalten des Steuerberaters sehr fragwürdig sei. Eindeutig habe man zugesichert, dass die hoheitlichen Finanzprofis sich der Änderung des Steuerbescheids "rechtzeitig" annehmen werden. "Rechtzeitig" ist ja nun so eine Sache und Behörden sind auch nicht unbedingt dafür bekannt, dass sie regelmäßig irgendwelche Wettbewerbe im schnellen Bearbeiten von Vorgängen gewinnen. Darum verwundert es niemanden - das Gericht am allerwenigsten - das bis heute der Steuerbescheid nicht widerrufen, korrigiert oder sonst wie aufgehoben wurde.

Wenigstens räumen die königlich bayreischen Schergen ein, dass sie eventuell, aus bestimmten, sicherlich sehr abstrakten, Blickwinkeln, vielleicht doch möglicher Weise teilweise nicht so ganz 100% korrektes Verhalten ein:
"Das Finanzministerium bedauert ausdrücklich, dass sowohl bei der Festsetzung der Umsatzsteuer offensichtlich Fehler gemacht worden sind als auch die Korrektur des Fehlers der Steuerpflichtigen und ihrem Steuerberater nicht schnellstmöglich mitgeteilt wurde."
Als Steuerzahler ist man zu allerlei Dingen verpflichtet, die zum Teil haarsträubend anmuten. Man denke nur an die Pflicht als Privatmensch Rechnungen von Firmen fünf Jahre aufbewahren zu müssen. Bei solchen Fristen verstehen Finanzbehörden gar keinen Spaß. Was hätte der Steuerberater denn tun sollen? Welche Alternative hatte er denn, als fristgerecht Widerspruch einzulegen, als die Aufhebung des Bescheides nicht erfolgte? Auf die Kulanz seiner Mandantin hoffen, dass die ihn nicht in Regress nimmt, wenn die hochwohlgeborenen königlich bayrischen Finanzbüttel zwecks Beitreibung der urkundlich festgesetzten Steuerschuld Haus und Hof pfänden und sie, ihre Sippe und alle Nachbarn mit Leibeigenschaft bis in die achte Generation belegen?

Das Gesetz spricht hier eine eindeutige Sprache. Wer einem Steuerbefehl nicht nachkommt und Kraft eigener Willkür nicht zahlt, dem wird eine Säumnisgebühr aufgebrummt. Die richtet sich nach der Höhe der im Steuerbefehl festgesetzten Steuerschuld. Bei einer Steuerschuld von mehr als zwei Milliarden Golddublonen nicht eben ein Pappenstil, nämlich mehr als zwei Millionen Hinkelsteine. Diese Säumnisgebühr wäre in jedem Fall fällig, egal ob der Steuerbescheid nun rechtens oder richtig war oder eben nicht. Wohl niemand wäre so risikofreudig, sich die Kulanz gegenüber den königlichen Geldzählern zwei Millionen kosten zu lassen.

Der ganze Hokuspokus, der mit tödlicher Sicherheit zum Nachteil des Finanzministeriums des Königreichs Bayern vor Gericht entschieden wird, kostet den Steuerzahler gewaltige Summen. Der Brief des Steuerberaters kostet in jedem Fall seine zwei Mille. Auch die beiden Anwälte, die das Finanzministerium vor den Kadi gezerrt haben, werden einige Kohle sehen wollen, denn ihre Gebühren errechnen sich auch aus einer gesetzlich vorgeschriebenen Gebührenordnung, in der der Streitwert eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Die Gerichtskosten errechnen sich auch aus dem Streitwert und werden ebenfalls vom Gesetz vorgeschreiben. Diverse Millionen Euro Steuergeld werden hier zum Fenster raus geworfen, weil man im Königreich Bayern der Meinung ist, dass die königlich hoheitlichen Reichsbeamten keine Fehler machen und gesunder Menschenverstand nur anderen passiert.

Ich bin der Meinung, schon alleine dafür gehört Bayern pauschal eingezäunt.

(Quelle: dpa)

6 Kommentare:

  1. Ningis...als ob sich das Finanzamt mit solch fipsigem Kleingeld abgeben würde.

    Zu den Hinkelsteinen sei angemerkt, dass der Hinkelstein als Währung um 50 v.Chr. durch eine Inflation so erheblich an Wert verloren hat, dass er - wie vor seiner Einführung auch - durch Sesterzen ersetzt wurde. Nachzulesen in der Enzeklopedie von Goscinny und Uderzo, Ausgabe 23 von 1978 (dt.).

    Soweit zu den genannten Währungsforderungen des Finanzamtes. Über die Höhe indes kann man nur zwei Worte verlieren: "Welt" und "fremd".
    Ich selbst erlebe das im Kleinen jedes Jahr aufs Neue. Mein Arbeitsweg (einfache Wegstrecke) beträgt mit den bescheidenen Möglichkeiten des ÖPNV oder mit dem Fahrrad 20,7km. Also 700m über der Grenze, aber der tatsächlich wieder Kilometergeld gezahlt wird.

    Mit schöner Regelmäßigkeit bekomme ich für meinen Steuerbescheid eine Begründung für die Ablehnung der Kilometerpauschale, der ein Ausdruck von Map24.de beiliegt, wonach die einfache Wegstrecke nur 18,7km betrage.
    Was der gute Finanzbeamte (es ist ja immer der gleiche) nur in jedem Jahr falsch macht ist, dass er mir, der kein Auto besitzt, unterstellt, ich würde für meinen Arbeitsweg die - in der Tat kürzere - Strecke über die Autobahn nehmen. Das ist schlechterdings aber unmöglich. Weder ist die Deutsche Bahn gewillt, ihre Züge der S-Bahnlinie S3/S31 über die Autobahnen fahren zu lassen, noch bin ich gewillt, dies - so ich denn mit dem Drahtesel unterwegs zu sein beliebe - mit dem Fahrrad auf mich zu nehmen. Und das, obwohl ich es zu schätzen wüsste, im Radio Erwähnung zu finden.

    Mit großer Freude und Tendenz zu jährlicher Widerholung also schicke ich einen Widerspruch an das Finanzamt, dabei ein Foto meines Fahrrades sowie ein Ausdruck aus Map24.de, der der Tatsache gerecht wird, dass ich eben nicht auf Autobahnen fahren kann und darf...

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  2. Du kannst Dich aber auch anstellen...

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  3. Solang das Finanzamt einen nicht für jede Steuererklärung an einen anderen Wohnort umsiedeln will, weil man da zwar Miete zahlt aber nicht den Hauptlebensmittelpunkt dort hat ist doch alles wunderbar.

    Den schlimmer als ein Finanzamt mit einem Sachbearbeiter sind nur zwei Finanzämter mit zwei Sachbearbeitern die alles fröhlich noch fünf mal im Kreis schicken, bevor überhaupt etwas bearbeitet wird.

    Das man dann Einsprüche und andere Formulare zur weiteren Auskunft idR doppelt ausfüllen darf versteht sich natürlich von selbst.

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  4. dann hol mich aber vorher hier raus, bevor der zaun gebaut wird.

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  5. und zu deichschafs geschichte:
    dazu passt seine domain ja mal hervorragend!

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