Freitag, 23. März 2007

Rauchverbotskompromiss (2)

RauchverbotVor einigen Tagen kam das Thema auf, dass Deutschland sich um einen umfassenden Schutz der Nichtraucher kümmern wolle. Deshalb sollte in der Gastronomie ein umfassendes Rauchverbot gesetzlich verankert werden, weil die Erfahrung gezeigt hatte, dass die Gastronomie eine Selbstregulierung nicht umsetzen wollten. Das fanden auch alle ganz toll. Am Anfang zumindest. Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen forderten Ausnahmeregelungen. Das fanden wohl auch andere eine ganz tolle Idee, darum forderten bald noch mehr Ausnahmen. Am Ende forderten Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Bayern Sonderregelungen. Gestern nun entschlossen sich die Ministerpräsidenten für ein umfassendes Rauchverbot. Mit Ausnahmen.

Die Mehrheit der Ministerpräsidenten der Länder habe sich darauf verständigt, dass Rauchen in Gaststätten grundsätzlich nur noch in abgetrennten, geschlossenen Räumen erlaubt sein soll. Einige Länder wollen sich die Möglichkeit offen halten, in einzelnen Fällen den Gastronomen Ausnahmen zu erlauben.
"Es gibt einige wenige Länder, die bei der Eckkneipe noch prüfen wollen, ob sie Ausnahmen machen"

Ministerpräsident Roland Koch (CDU), Hessen
Komplett verboten werden soll das Rauchen in allen Behörden, Bildungs-, Kultur- und Gesundheitseinrichtungen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Diskotheken und in der Gastronomie. Gerade in Diskotheken und Tanzlokalen soll es nach dem Beschluss der Ministerpräsidenten keine "Hinterzimmer-Ausnahme" geben. In Altenheimen soll es Ausnahmen in den privaten Wohnräumen der Menschen geben dürfen. Wulff und Wowereit sagten, dass in Vereinshäusern und privaten Klubs das Rauchen vielleicht erlaubt bleibt, doch darf das keinesfalls dazu führen, dass sich kleine Lokale einfach in Klubs umtaufen. Bayern besteht darauf, das Festzelte nicht als "geschlossene Räume" im Sinne dieser Regelung zu verstehen sind - man befürchtet wohl negative Folgen für das Oktoberfest.

Der Kompromiss mit seinen Ausnahmeregelungen wird fast überall kritisiert. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der für sein Bundesland eine Ausnahme eingefordert hatte, lobte dagegen den Kompromiss in den Himmel:
"90 Prozent des Nichtraucherschutzes in Deutschland wird einheitlich sein" "Das ist der größte Schritt zum Schutz von Passivrauchren, den es je in Deutschland gegeben hat" "Ich bin sicher, dass die Länder sehr verantwortungsvoll mit dem Spielraum umgehen werden."
Gerade da darf man so seine Zweifel haben, wie man bei vielen solcher Spielraumentscheidungen immer wieder sieht.

Nach Angaben Wulffs gehen die 16 Ministerpräsidenten davon aus, dass in mehreren Jahren alle Gaststätten rauchfrei sein sollen. Unabhängig von der sich hier aufdrängenden Frage, warum man dann diesen hart kritisierten Kompromiß überhaupt erst zu Papier brachte, ist diese Annahme nicht völlig unbegründet. Die Raucherlobby hat bestenfalls einen eingeschränkten Sieg erzielt. Nicht nur verschiedene Bundespolitiker, auch die einflussreiche Bundesärztekammer warf den Ministerpräsidenten vor, mit diesem Kompromiss nicht im Sinne der Bevölkerung gehandelt zu haben. Auffällig ist wohl auch, dass ausschließlich CDU/CSU regierte Bundesländer Kompromisse zum Nachteil der Nichtraucher und der Gesundheit aller gefordert haben. Wieviel Geld da wohl von den Tabak- und Zigarettenherstellern wohl fließen mag?

Die Initiatoren des Rauchverbots auf Bundesebene bereiten deshalb auch schon den zweiten Schritt vor. Über den Umweg des Gesundheitsschutzes für Arbeitnehmer, der bundeseinheitlich geregelt wird, soll das Rauchen noch weiter eingeschränkt werden. Von Seiten der EU wurde bereits deutlich signalisiert, wie man auf einen "Flickenteppich" abweichender Regelungen und Ausnahmen reagieren werde. Seitens der EU ist ein generelles Rauchverbot für ganz Europa denkbar, dass den Rauchern am Ende nur noch das Rauchen in der eigenen Wohnung und in der freien Natur erlaubt.

Ich bin gespannt, wie dieses Possenspiel weitergeht und ich frage mich, wie viele der abstimmenden selber Raucher sind.

(Quelle: Tagesschau, n-tv, N24, FAZ)

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