Montag, 14. August 2006

Nanu?

Da macht sich halb Europa in die Hose, Transatlantikflüge werden gestrichen, das Inselkönigreich (genau, das auf der anderen Seite des Kanals) verschärft drastisch seine Flugsicherheitsbestimmungen und alle sind in heller Aufregung, weil angeblich mehrere Wellen von Sprengstoffattentaten (mit Flüssigsprengstoff) auf jeweils mehrere Flugzeuge "unmittelbar" bevorstünden. Alle Welt hat jetzt seinen Spass beim Fliegen und was ist der Grund?

Der Grund ist laut der NBC, die sich auf Angaben eines hohen britischen Beamten beruft, der in die Ermittlungen involviert ist und deshalb aus verständlichen Gründen ungenannt bleiben möchte, ein anderer. Nicht etwa ein unmittelbar bevorstehendes Attentat. Oh aber contraire mein lieber Watson. Nein, der Grund war weder der just in den Flieger kletternde Attentäter in Spé, noch der soon-to-be Attentäter, der sich gerade still und leise verdrücken wollte. Nein, ganz so akut war es dann doch nicht.

Der Grund für die ganze Panik war einzig und allein Paranoia, gekoppelt mit ein ganz klein wenig, nun, sagen wir mal "deutlicher Argumentation".

Von wem das alles ausging? Oh, darauf wäre ich für meinen Teil nicht sofort gekommen, aber es ist sehr naheliegend. Von den USA geht die ganze Chause aus. Ja, richtig. Onkel George und seine Mannen aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten haben die Party gebucht. Und warum? Wie gesagt: Von den Verdächtigen war keiner dabei sich zu verdrücken. Man kannte seine Pappenheimer. Keiner von denen hatte überhaupt Flugticket und manche noch nicht einmal einen Paß (im Inselkönigreich braucht man den nur, wenn man ins Ausland will.)

Es bestand also überhaupt kein akuter Handlungsbedarf, weshalb die Britische Polizei auch ganz gerne noch mindestens eine Woche weiter observiert hätte, um Beweise und Fakten zu sammeln. Zwar hätten sich die Verdächtigen schon einige der Komponenten für den Sprengstoff beschafft, aber sie hätten diese weder vermischt noch sonstwie irgendwelche Vorbereitungen getroffen. Wir erinnern uns? Die Komponenten waren allesamt ziemlich harmlose Flüssigkeiten, die theoretisch jeder zu Hause haben kann - Bist auch Du ein Bombenbauer? Jedenfalls darf man den Briten das ruhig glauben, denn immerhin beobachteten sie einige der Verdächtigen bereits seit mehr als einem Jahr.

Und so unwahrscheinlich es auch klingt, aber in England gelten noch einige Gesetze, die dem Verdächtigen einige Rechte zubilligen. Und es gibt soetwas wie eine Beweispflicht für die Behörden. Anderswo ist das ja schon etwas anders.

Und so gerieten sich - so der oben angeführte Beamte - britische und amerikanische Behörden fürchterlich in die Klatten. Einer der Verdächtigen hatte nämlich möglicherweise vor, demnächst einen Trockenlauf zu probieren. So ganz sicher war man sich da nicht. Die Briten hätten ihn deshalb gerne gewähren lassen, um mehr über das geplante Vorgehen zu lernen, aber die Amis flippten bei dieser Vorstellung völlig aus.

Im Weißen Haus stritt eine Beraterin von Präsident Bush diese Version vehement ab. Frances Townsend, Assistentin des Präsidenten für Homeland Security und Counterterrorismus, sagte:
"There was unprecedented cooperation and coordination between the U.S., the U.K. and Pakistani officials throughout the case and we worked together to protect our citizens from harm while ensuring that we gathered as much info as possible to bring the plotters to justice. There was no disagreement between U.S. and U.K. officials."
Mit anderen Worten: Alles fine and dandy und wir haben uns alle ganz dolle lieb. Ein anderer Beamter der US-Regierung gab allerdings zu, dass es einige Unstimmigkeiten zwischen den USA und den Briten gab, was das timing der Verhaftungen anging und seit 9/11 seien amerikanische Behörden wegen der seinerzeit verpassten Gelegenheiten in solchen Dingen - salopp formuliert - ziemlich pissig. Aber abgesehen vom timing gab es angeblich keine Probleme.

Angeblich.

Interessant ist eine Anmerkung von britischer Seite, was diesen "Rashid Rauf" angeht, der in Pakistan als Schlüsselfigur verhaftet wurde und jetzt als Der Große Erfolg von den Amis herumgezeigt wird. Einerseits liefen bereits von den Briten Ermittlungen gegen ihn und man hatte vor, ihn vor ein britisches Gericht zu stellen. Andererseits hat die Amerikaner das nicht im Geringsten interessiert. Die haben stattdessen den Engländern die Pistole auf die Brust gesetzt: Entweder ihr nehmt den jetzt sofort hopps, oder wir machen das selbst oder wir zwingen die Pakistanis das zu tun. Der Einwand der Briten, dass man den wegen dieser und jener Rechtslage vor ein britisches Gericht zu stellen gedenke, hat man in Amerika jedenfalls ziemlich ignoriert.

Ach ja, anderswo äußerte sich ein nicht ganz unbekannter Amerikaner und anerkannter Fachmann in Sachen Sicherheit zum wilden Gehabe an den Flughäfen. Bruce Schneier meinte zum Verschärfen der Sicherheitsvorkehrungen eine Menge. Kurz gefasst: An Flughäfen fängt man die Dummen und Ahnungslosen. Die wirklich professionellen und entschlossenen Täter fängt man da nicht. Die USA schafft es außerdem nicht einmal, Schusswaffen aus Gefängnissen fernzuhalten. Wie kann die USA da auch nur im Entferntesten annehmen, das bei Flugzeugen schaffen zu können?

Gute Frage irgendwie.

1 Kommentar:

  1. Der Bloedsinn in London war nur der erste Schritt, um Amerika dazu vorzubereiten, dass wieder Zwangs Militaer Dienst eingesezt wird. Denn Bush will in Iran einmarschieren, um "Das Heilige Land" (Israel) vom Anti-Christus zu schuetzen (Islamismus)

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