Montag, 7. Mai 2018

Befristete Verträge und Glaubwürdigkeit

Früher, noch bevor von blühenden Landschaften die Rede war, es noch Eckkneipen und Gewerkschaften gab, da gab es noch Rente und man arbeitete sein Leben lang für ein und denselben Arbeitgeber. Der unbefristete Arbeitsvertrag war die Norm. Dann kamen das Gendering, die Krise in der Pflege und Donald Trump und zack: Alles anders.

Befristete Arbeitsverträge und Leiharbeiter sind in der Masse eingeführt worden, um den Firmen das Loswerden lästiger, nur temporär benötigter Arbeitskräfte zu erleichtern. Es war zwar "angeblich" nicht gewollt, dass diese arbeitsmarktpolitischen Instrumente zur Regel werden, aber hey, das ist wie mit Sex und Schwangerschaft. Immer kann man es nicht verhindern.

Jetzt wurde bekannt, dass die Post an die Zustellkräfte nicht nur einen verdammt geringen Lohn zahlt, sondern auch noch knüppelharte Bedingungen stellt, um im Anschluss an einen befristeten Arbeitsvertrag einen festen dauerarbeitsvertrag zu erhalten. Der Furor in den Medien und der Politik war schon sehenswert. Die Post reagierte entsprechend pikiert.

Mitarbeiter dürfen in zwei Jahren nicht häufiger als sechsmal krank gewesen sein dürfen, beziehungsweise nicht mehr als 20 Krankheitstage angehäuft haben sollen. Sie dürfen nicht mehr als zwei Unfälle verschuldet haben, bei denen maximal 5000 Euro Schaden entstehen. Und sie dürfen in drei Monaten nicht mehr als 30 Stunden länger für ihre Touren gebraucht haben als vorgesehen.

Die Post und auch von den Medien befragte Arbeitsrechtler stellen fest: Und? Das ist völlig legal. Die Politik hingegen findet es "unerhört" und will Druck auf die Post machen - obwohl die bereits festgestellt hat, dass sie dieses Vorgehen von anderen Firmen übernommen hat. Die Politik hackt auf der Post rum, wohl weil man indirekt noch zu 20% an der Bude beteiligt ist und man irgendwie Schiss hat, doch hintenrum verantwortlich gemacht werden zu können.

Genau das ist das Perfide. Finanzminister Olaf Scholz wirft seinen Handschuh in den Ring und will mal mit der Post reden. Warum nur mit der Post? Da geht es zwar um ein paar tausend befristete Verträge, aber warum geht die Politik nicht die Ursache an? Das Problem ist nämlich nicht, dass die Post das macht. Das Problem ist, dass es erlaubt ist. Wäre es verboten, würde sich schlagartig einiges ändern, wetten?

So richtig spannend finde ich aber, dass sich die Politiker schockiert darüber zeigen, welche Regeln an die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gekoppelt sind. Ich mein, mal ehrlich: Immerhin gibt es da klare, für jeden nachlesbare Bedingungen. Frag doch mal die Leute die an Deutschlands Unis arbeiten, welche Bedingungen für sie gelten, um in unbefristete Arbeitsverhältnisse übernommen zu werden. Oder bei Lieferdiensten. Oder bei Automobilherstellern.

Nein, da will die Politik nicht ran, denn das würde den Wirtschaftsstandort Deutschland "gefährden", weil die Firmen ihre Tagelöhner dann nicht mehr nach Bedarf wieder wegwerfen könnten. Es geht ja beim Arbeitsmarkt schließlich nicht um die Arbeitskraft. Es geht um die Firma und deren ausgeschüttete Dividende.

Da die meisten das ahnen und spüren, bleibt auch die Aufregung der Massen aus: Es wird sowieso nichts passieren. An den Bedingungen wird ein wenig geschraubt, vielleicht wird noch ein wenig herumgeklagt, aber insgesamt wird sich nichts verändern. Warum also aufregen?

Falls sich Politiker fragen, warum sie ein Glaubwürdigkeitsproblem haben: An diesem Beispiel lässt es sich hervorragend zeigen...

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