Sonntag, 24. Juni 2007

Handyterror

Jugendliche SchuleHierzulande machen sich Lehrer sehr viele Gedanken darum, wie sie sich selber vor den Angriffen ihrer Schüler schützen können. Glaubt man dem vereinten Lehrerkollegium, dann haben es sich "die Schüler" zur Aufgabe gemacht, den Lehrern zu schaden, wo immer sie nur können. Insbesondere die moderne Technik, deren Mystik und Komplexität den stets auf der Höhe der Zeit befindlichen Lehrkörpern trotz intensiver Bemühungen zum Trotz auf Ewig verschlossen zu bleiben scheint, bereitet ihnen Kopfzerbrechen.

So berichtete der u. a. Spiegel neulich, dass eine Lehrerin in therapeutische Behandlung unabsehbarer Dauer gehen musste und damit einstweilen aus dem aktiven Schuldienst ausscheiden wird, weil die Schüler ihr Gesicht nicht nur in Aufnahmen sehr expliziter pornographischer Aufnahmen montiert hatten, sondern diese auch noch im Internet veröffentlichten. Die Links zu den Bildern kursierten wochenlang, bevor die Lehrerin überhaupt dahinter kam, was seit Ewigkeiten Gesprächsthema Nummer Eins an der Schule war. Die Lehrerin in Therapie, der Provider gezwungen, die Bilder vom Netz zu nehmen und die Schüler... nun, denen kann man nicht viel, sie sind noch minderjährig und unser Schulsystem hat seine eigene Vorstellung von Autorität. Deren Begründung für den doch recht derben Scherz lautete jedenfalls sinngemäß: "Weil wir es können".

Seit dem fordern die Lehrer vom Bundesinnenminister und vom Bundesjustizminister rechtliche Handhabe, auf Verdacht Handys "sicherstellen" zu dürfen um entsprechende "Inhalte" aufspüren und deren Verbreitung unterbinden zu können. Der Nimbus des Unfehlbaren, der perfekten Lehrer darf schließlich keinen Kratzer bekommen. Da passen dann Videos von Lehrern, die Schüler beleidigen, anschreien oder vielleicht sogar angreifen natürlich nicht ins Bild. Wäre es da nicht einfacher und sinnvoller, wenn man ganz einfach Handys in Schulen verbieten würde?

Gibt es tatsächlich irgendeinen Rechtsanspruch darauf, dass Schüler im Unterricht oder ganz allgemein in Schulen ein Handy mit sich herumschleppen? "Ich muss mein Kind ständig erreichen können" ist das Argument der Eltern. Ist es wirklich ein zutreffendes Argument? Gibt es diesen Rechtsanspruch? Wenn ja, dann müsste jedem Kind ein Handy zur Verfügung gestellt werden. Von der Schule. Wo sind denn die Klagen in dieser Richtung? Wo die Überlegungen, dass Schulen "Schülerhandys" anschaffen? Es gibt bestimmt mehr als genug Mobilfunkbetreiber, die sich sofort an einem solchen Projekt beteiligen wollen.

Andererseits darf man jetzt aber auch nicht glauben, dass die Schüler heutzutage vollkommen harmlos wären. Die armen Kinderchen von heute haben es faustdick hinter den Ohren, das zeigt nicht nur der Fall der Porno-Montage. Man erinnere sich nur an das Phänomen der Gewaltvideos, die von Schülern selber aufgenommen werden und dann weitergereicht werden. Die Presse berichtete unlängst im großen Stil davon. Auch die zunehmende Affinität zur Pornographie ist nicht unbedenklich.

So haben im Züricher Oberland laut dem schweizer Magazin "Facts" mehr als ein Dutzend Schüler getroffen, um Gruppensex-Filme mit Handys zu drehen. Der Schulleiter der betroffenen Schule wurde erst durch ein Mädchen darauf aufmerksam gemacht, das sich wegen sexueller Belästigung meldete. Der Leiter der Schule sagte, dass man den Verdacht habe, dass sich die Schüler gegenseitig beim Oral-Sex gefilmt hätten und später diese Filme in der Schule gezeigt wurden. Insgesamt betrifft dieser Skandal 14 Schüler zwischen 13 und 16 Jahren. Bei Ermittlungen wurden bisher zwei solcher Filme gefunden. Sollten darin Minderjährige zu sehen sein, gelten die Filme als Kinderpornographie. Solche "Partys" sollen die Schüler regelmäßig "gefeiert" haben.

Da stellt man sich dann doch ein paar Fragen über den Umgang mit den Jugendlichen und deren Erziehung und das Bildungssystem ganz allgemein. Ist es wirklich richtig, dass auf Autorität weitestgehend verzichtet wird und die Marschlinie der "Kuschelpädagogik" gefahren wird, was nicht wenige eher konservative Eltern verneinen? Wo kommen die Grundlagen für solche Exzesse überhaupt her? Wie kann man die eingrenzen? Kann man sie überhaupt eindämmen oder ist das generell nicht zu leisten? Welche Rolle spielt das Bildungssystem dabei und wo kann und muss der Staat eingreifen? Muss der Staat überhaupt eingreifen, oder ist das alles "ganz normal" und ungefährlich? Und vor allem: Welche Folgen wird das für die Zukunft haben?

6 Kommentare:

  1. "Wenn ich die Jugend von heute sehe, so mache ich mir um meinen Job keine Sorgen mehr".

    Allerdings kommt es in diesem Fall auch stark auf die Lehrer an. Mein Vater ist Lehrer an einer Hauptschule. In einer Kleinstadt zwar, aber auch diese Dinge verbreiten sich langsam dort. Es gab zum Beispiel schon einige Übergriffe auf Lehrer, unter anderem mit einem Messer, was der rüstige Lehrer jedoch mit einem Knockout des Schülers abwehren konnte. Es kommt vor allem darauf an, wie die Lehrer auf die Schüler reagieren. Dies kann unter anderem durch Gespräche mit den Eltern erfolgen, was aber in den meisten Fällen nicht von Erfolg gekrönt ist: "Mein Kind? - Niemals!"

    Hier müssen viel mehr Strafen in den Vordergrund treten. Bevor mein Vater in einigen Klassen den Unterricht überhaupt beginnen kann, um _mit_ den interessierten und desinteressierten (aber nicht störenden) Schülern zu arbeiten, muss er die störenden Subjekte erst entfernen.

    Allerdings steigt dadurch nicht gerade die Beliebtheit. Man muss also abwägen.

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  2. schuld daran sind nur diese gottverdammten hippies!

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  3. Ach? Jetzt doch mal nicht die Russen oder die Moslems, sondern die Hippies? Das ja mal ganz was Neues...
    ;-)

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  4. it smells like the art teachers office

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  5. Dass "Die Jugend" irgendwie doch so in falsche Richtungen driftet, ist nichts wirklich neues. Handys verbieten oder dergleichen ist da in etwa so sinnvoll, wie nur die Blätter von Unkraut rauszureißen - kurzzeitig mag's irgendwas bringen, danach suchen sich die Kids halt andere Sachen um Radau zu machen. Ich kann solche jugendlichen nicht nachvollziehen, und habe somit keine Idee, wo die Ursachen für solches Verhalten liegen. Ich glaube dennoch, dass es nicht die ganze Wahrheit ist, wenn man in Richtung "Perspektivlosigkeit der Jugend" denkt - mir kommt es einfach so vor, als würden diese Jugendlichen immer denkfauler und dümmer, und damit Bezin, was einen Funken ersehnt. Vielleicht ja mal wieder die Medien...

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  6. Jaja, die Jugend von heute:
    http://www.little-idiot.de/teambuilding/JugendvonHeute.pdf

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