Donnerstag, 26. April 2007

Gaming und die Leistungsgesellschaft

JoystickNicht nur Kirchen drehen sich die Welt so zurecht, wie sie diese gerade brauchen. Auch in der nicht enden wollenden Debatte um Computerspiele nehmen die Argumentationen und Forderungen immer seltsamere Formen an. In einem Interview angesichts des fünften Jahrestages des Amoklaufs in Erfurt mit dem Stern forderte Christian Pfeiffer:
(Stern) In einem Papier schreiben Sie: "[Es] existieren klare Belege für Zusammenhänge zwischen intensivem Konsum bestimmter Spielgenres und der Erhöhung der Gewaltbereitschaft." Konkret: Was für "klare Belege" sind das?

(C. Pfeiffer) Dazu gleich. Aber viel wichtiger ist für uns der Befund, den wir selbst erarbeiten konnten, dass solche Spiele eine destruktive Wucht auf die Schulnoten entfalten. Je mehr Zeit Kinder und Jugendliche mit solchen Spielen verbringen und je brutaler die Inhalte sind, umso schlechter fallen die Schulnoten aus. Das interessiert die Eltern am meisten. Und dass dann noch eine kleine Gruppe von ohnehin gefährdeten Jugendlichen dazu animiert wird, noch tiefer in ihre Machokultur einzutauchen und diese Gewaltmuster zum Vorbild zu nehmen, das ist für die meisten Eltern irrelevant, weil sie keine gefährdeten Kinder haben. Der sorgsam gehütete Jüngste ist dann etwa kaum in Gefahr, ein Gewalttäter zu werden, wohl aber ist er in Gefahr, in Mathe einen Fünfer zu schreiben. Die Wirkung auf die Schulnoten ist viel entscheidender. Wir können klar belegen, dass die Leistungskrise der Jungen in einem beachtlichen Ausmaß damit zusammenhängt, dass sie zu viel Zeit verdaddeln und zu wenig Zeit aufs Mathe- und Vokabelnlernen verwenden.
Wir erinnern uns? Herr Pfeiffer war schon früher der Meinung, dass Kinder eingesperrt gehören und dass man sie rund um die Uhr bewachen muss, damit sie nicht etwa auf dumme Ideen kommen. Seine Argumentation dreht sich weg von der allgemeinen Bedrohung aller Spieler, der durch die Spieleindustrie herangezüchteten Generation der Massenmörder, hin zu der Aussage, dass das Spielen die Kinder verblöden lasse - Auch hier steht Herr Pfeiffer zwar auch ziemlich alleine da, denn es gibt etliche Studien und Forschungen, die das Gegenteil belegen, aber immerhin tut sich was an der Argumentation. Was Herr Pfeiffer uns jetzt sagt, ist etwas, dass wir schon lange wissen: Es fehlt an Medienkompetenz und die Schulbildung lässt immer mehr nach. Er postuliert, dass das Eine mit dem Anderen direkt zusammenhängt und der Medienkonsum die mangelhafte Schulbildung bedinge.

Fehlende Medienkompetenz bedeutet nichts Anderes, als das es an dem Wissen mangelt, wie mit Medien intelligent umzugehen ist. Und gilt nicht nur für Computerspiele, sondern für alle Medien, auch und besonders für Zeitungen und das Fernsehn. Die Diskussion darum, dass der Konsum dieses neuen Mediums sich dramatisch negativ auf die Jugend auswirken werde hatten wir schon beim Buchdruck, bei der Zeitung, beim Radio, bei Schallplatten, beim Fernsehen und wir haben sie jetzt wieder. Ist es vermessen zu fragen, wer eigentlich von dieser Debatte profitiert?

Wohl nicht. In einer vor gar nicht so langer Zeit von der Tagesschau geführten Onlinediskussion zum Thema sagte der Medienwissenschaftler Mathias Mertens der Universität Hildesheim:
Hilli: Ganz einfach: Gibt es statistische Belege für den Bezug zwischen Ballerspielen und Gewaltbereitschaft?

Mathias Mertens: Ganz einfach: Nein. Es gibt tausende Untersuchungen, die für ein bestimmtes Setting die Möglichkeit eines Zusammenhangs nicht ausschließen können. Aber das ist jenseits von Belegen.

m0nstersin: Wieso wird dann beides immer wieder in Zusammenhang gebracht und so publiziert?

Mathias Mertens: Weil es Ausdruck eines Medienwandels ist. In dem Moment, in dem ein neues Medium sich so weit verbreitet hat, dass es als ernst zunehmende Kommunikationsform in Konkurrenz mit anderen, etablierten Kommunikationsformen tritt, entsteht dort ein Verteidigungsimpuls. Einfacher gesagt: Dem Fernsehen passt es nicht, dass Leute Computerspiele spielen und nicht fernsehen. Also muss die Kritik, die es selbst früher einstecken musste, jetzt an den Konkurrenten ausgeteilt werden.
Da stellt man sich doch schon fast zwangsläufig die Frage, von wem Herr Pfeiffer eigentlich bezahlt wird? Klar ist aber, was er will: Geld. Das verpackt er zwar schön in eine schon fast antrophosophisch anmutende Forderung, aber am Ende will er nur Geld. Was er fordert? Er will eine "Sonderabgabe" auf jedes verkaufte Computerspiel. 50 Eurocent schweben ihm vor. Damit kämen dann 20 Millionen Euro jedes Jahr zusammen. Mit denen "wir bundesweit Therapieansätze für die Computersüchtigen entfalten können".

20 Millionen im Jahr für eine "Hilfsorganisation". Wie war das noch mit der Entlohnung von Beratertätigkeiten?

(Quelle: Tagesschau, Stern)

2 Kommentare:

  1. Der nette Herr Pfeiffer hat auch an jede Kirchengemeinde eine CD schicken lassen Enhalten ist seine "Studie" Sowie eine komische predigt er gerade zu dazu aufruft gegen die Computerspiele Herrstelle zu Rebelieren

    Schon sehr witzig zu sehen wohin das Geld die menschen treib :D

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  2. Er will 20Mio für Therapieplätze haben?

    Dann soll er bitte auch gleich 80Mio von der GEZ abzweigen für Therapieplätze für Fernsehgeschädigte.

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