Dienstag, 3. April 2007

Eine Frage des Geldes

Bundestag PlenumDas muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: In Niedersachsen wird es aller Wahrscheinlichkeit nach die mit Abstand laschesten Regelungen zum Schutze der Gesundheit in Sachen Rauchen geben, weil sich die Parteien von der Tabakindustrie ihre Fress- und Saufgelage bezahlen lassen. Nicht etwa, dass es zu verschämten Reaktionen käme, weil jemand das auf Heller und Pfennig vorrechnet, wer wann welche Party in welcher Höhe bezuschusst hat - in Fachkreisen spricht man von Sponsoring - nein, weit gefehlt. Die niedersächsische CDU besitzt auch noch die Dreistigkeit das eigene Vorgehen mit der Bemerkung zu rechtfertigen, dass man ja nur halb so viele Sponsorengelder kassiert habe, wie die SPD-Regierung vorher. Natürlich wird dabei nicht erwähnt, dass die CDU hier noch längst nicht so lange an der Regierungsmacht ist, wie die SPD vorher war. Lobbyismus in Reinform: Sie brauchen ein Gesetz? Alles eine Frage des Geldes.

Wie sehr politische Entscheidungen gerade bei den großen "Volksparteien" davon abhängen, wer wie viel für was bezahlt, sieht man auch ganz besonders schön bei dem Thema "Deutschland kümmert sich um seinen Nachwuchs". Unsere Familienministerin hat sich wohl gedacht "wenn man den Leuten eine schöne, knackige und handfeste Kinderbetreuung an die Hand gibt, dann haben die auch keinen Schiss mehr davor, durch ihren Nachwuchs den Job zu verlieren." Ist ja eigentlich nicht so weit weg von der Realität, wenn man sich so ansieht, wie die Leute ihre Kinderlosigkeit begründen.

Entsprechend groß war auch der Zuspruch aus allen Richtungen, aber der CDU war das wiederum nicht geheuer und so wurden der Ministerin mal eben die Flügel gestutzt. Der "Kompromiss", der zwar schon im Koalitionsvertrag Jahre vorher vereinbart wurde, wird als "tollste Errungenschaft" verkauft und man hofft auf das Schweigen des dummen Bürgers. Weit gefehlt. Also lässt man der Frau Familienministerin mal wieder etwas mehr Leine und die prescht auch sofort los. 750.000 Krippenplätze fordert sie und macht damit Werbung für eine nachwuchsfreundliche CDU.

Bis man das Kleingedruckte liest. Diese rund 500.000 Plätze mehr sollen nicht etwa "morgen" oder "in diesem Jahr" entstehen, sondern ungefähr bis 2013, also innerhalb der nächsten fünf Jahre. Und dann sollte man sich darüber im Klaren sein, dass das nur etwa ein Drittel des tatsächlichen Bedarfs abdecken können wird: Nur jedes dritte Kind wird dann überhaupt einen Krippenplatz in Anspruch nehmen können. Immerhin: Wir hätten dann - wenn es denn überhaupt soweit kommt - in "nur noch" fünf Jahren als eine der eigentlich führenden Nationen der EU wenigstens schon mal den Durchschnittswert aller anderen EU Länder erreicht.

Naja, und damit Bernd Bürger nicht auf dumme Gedanken kommt, einigt man sich nebenbei dann auch gleich noch darauf, dass es keinen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz geben werde. Weil das eine Prozesslawine in Gang setzen würde, weil sich Bund, Länder und Gemeinden einfach nicht dazu in der Lage sehen, den tatsächlichen Bedarf auch zu decken. Wegen des Geldes. Weil das ja schon so eine Milliarde Euro kostet. Daraus werden dann später auch mal drei Milliarden.

Im Klartext bedeutet das: Man lässt ein Vorhaben verkünden und nennt ach so tolle Zahlen, vermeidet aber gleichzeitig auch, dass diese Zahlen in irgendeinem naheliegendem Zeitraum auch nur annähernd relevant werden könnten. Und falls sich wider Erwarten doch irgendwann irgendjemand an so was erinnern sollte, dann verhindert man gleich noch mit, dass man irgendwem daraus einen Strick drehen könnte.

Das Allerschlimmste an der Sache ist aber, dass sich die Verantwortlichen absolut darüber im Klaren sind, dass sie so ganz bestimmt nichts gegen die immer weiter zurückgehenden Geburtenzahlen tun. Sie wissen, dass sie so nicht das Geringste dazu beitragen, dass die Bevölkerungszahlen sich stabilisieren. Und es ist ihnen absolut egal: Bis die jetzt entscheidenden Politiker in Pension gehen, wird ihre garantierte Altersversorgung bestimmt nicht angetastet und Deutschland bestimmt nicht entvölkert sein.

Schade eigentlich.

1 Kommentar:

  1. Eine Sehr interessante Geschichte zu den Krippenplätzen:

    Mein Patenonkel hat eins seiner Miethäuser in einem kleinen Ort bei Lüneburg sehr günstig an zwei junge Frauen vermietet. Diese wollten/sind dabei darin eine Kindertagesstätte aufzubauen. Die Eltern die ihre Kinder hier beträut sehen wollen zahlen dafür einen Betrag X.
    Nur wird dieser private Kinderhort aber regelmäßig von den Beamten der Kreisstadt belangt.
    Es dürfen nur 20 Kinder aufgenommen werden, wenn eins nur bis 12 bleibt darf ein weiteres nicht den Rest das Tages kommen, ist ein besonders schönes Beispiel.
    Es gibt in Kassel 2 Juristen die sich ausschließlich damit beschäftigen das solch privaten Kindertagesstätten eine Überlebenschance zugute kommt.

    Zum Glück gibt es Diese zwei Juristen und Leute wie meinen Onkel, der im Alter nicht besseres zu tun hat als jungen engagierten Leuten gegen den Behördenwahnsinn zu helfen.

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