Problematisch sind solche Gegebenheiten, bei denen die Kirche gehandelt hat (wie zum Beispiel die Kreuzzüge, die Inquisition) oder eben nicht gehandelt hat, wie zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg. Da hat die universale Kirche schon länger mit erheblichen Problemen zu kämpfen, wird hier doch eine nicht ganz von der Hand zu weisende Fehlbarkeit aufgezeigt. Johannes Paul II. hatte da ja schon ein wenig vorgearbeitet und dafür gesorgt, dass einige dieser "Geschehnisse" relativiert werden können.
Das wohl weltweit einzige Staatsoberhaupt mit doppelter Staatsbürgerschaft, Papst Benedikt XVI., hat jetzt unter alle Debatten um die Fehler der Vergangenheit einen finalen Schlußstrich gezogen:
"Wir müssen uns gegen den arroganten Anspruch wappnen, über frühere Generationen zu richten, die in anderen Zeiten und unter anderen Umständen lebten."Im selben Zusammenhang wies der Pontifex auf ein wichtiges Detail hin:
"Wir müssen den Wunsch zurückweisen, uns nur mit denen zu identifizieren, die ohne Sünde sind."So, damit das mal ein für alle Mal klar ist: Eine Kritik an den Menschen vergangener Zeiten steht uns nicht zu und es ist schon gar nicht drin, dass wir uns nur an denen orientieren, die frei sind von Fehl und Tadel.
Es wäre jetzt bestimmt zynisch zu vermuten, dass der ehemalige Chef der direkten Nachfolgeorganisation der Inquisiton seine eigene Amtsabstammung reinwaschen will oder die Rolle seiner Kirche in Polen aus der Kritik manövrieren möchte. Auch wäre es bestimmt vermessen zu spekulieren, dass der medienwirksam erteilte Segen seiner Heiligkeit in Richtung des Denkmals für den Aufstand im Warschauer Ghetto in irgendeiner Form eine tiefergehende Symbolik ausdrücken soll, etwa eine Art Entschuldigung oder so.
Trotzdem sei die Frage erlaubt, wie seine Heiligkeit das denn jetzt genau meint mit der Kritik und der Freiheit von Sünden und so. Wer erinnert sich nicht an solch interessante Aussagen wie die eines gewissen Josef Goebbels in "Michael. Ein deutsches Schicksal in Tagebuchblättern", 1929:
"Wieder komme ich zu Christus. Die deutsche Glaubensfrage ist nicht von Christus zu trennen... Volk ohne Religion, das ist so wie Mensch ohne Atem."Aber auch die Worte eines gewissen Herrn Himmler (Josef Ackermann: "Himmler als Ideologe", Göttingen 1970. S. 87) haben damit bestimmt nichts zu tun:
"Wir glauben an das Volk, des Blutes Träger und an den Führer, den uns Gott bestimmt."Hoffentlich nicht gemeint ist der unvergessene historische Schulterschluß, der in den berühmten "25 Punkten der NSDAP" ("Die Gartenstadt", Nr. 10, Dezember 1934, Herausgeber: Baugenossenschaft Nürnberg-Gartenstadt, Finkenbrunn 1. S. 6.) nachzulesen ist:
"Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden."Und wer erinnert sich nicht an die folgenreiche Aufforderung überzeugter Katholiken vom 13.03.1932:
"Katholiken! Wählt den gläubigen Katholiken Adolf Hitler!"Was natürlich nicht im Zusammenhang steht mit einer Rede von 1922 (Friedrich Heer: "Der Glaube des Adolf Hitler. Anatomie einer politischen Religiosität", Bechtle Verlag München und Esslingen 1968)
"Ich sage: Mein christliches Gefühl weist mich hin auf meinen Herrn und Heiland als Kämpfer. Er weist mich hin auf den Mann, der einst einsam... diese Juden erkannte und zum Kampf gegen sie aufrief, und der wahrhaftig Gott, nicht der Größte war als Dulder, sondern der Größte als Streiter! In grenzenloser Liebe lese ich als Christ und Mensch die Stelle durch, die verkündet, wie der Herr sich endlich aufraffte und zur Peitsche griff, um die Wucherer... hinauszutreiben aus dem Tempel... Vor zweitausend Jahren wurde auch ein Mann denunziert von der gleichen Rasse... er hetzte gegen den >Gott< der Juden, denn dieser Gott ist nur das Gold."Ich bin gespannt, welche segensreichen Erkenntnisse aus dieser weisen und heilssprechenden Richtung noch auf uns zukommen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Bedingt durch die DSGVO müssen Kommentare zu Beiträgen der Tapirherde manuell freigeschaltet werden, um um der Veröffentlichung von Spam-, Hass- oder sonstiger unerwünschten Kommentaren vorbeugen zu können. Die Veröffentlichung eines Kommentars kann deshalb ein wenig dauern. Sorry dafür.
Wenn Sie Beiträge auf Tapireherde kommentieren, werden die von Ihnen eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. die IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Weitere Infos dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.