In England kann die Polizei gesetzlich abgesichert jegliche Bildaufzeichnung einsehen. Da hier die höchste Dichte von Überwachungskameras weltweit herrscht, kann die Polizei nahezu jeden Bürger außerhalb seiner Wohnung lückenlos überwachen und lässt das sogar die eigenen Bürger machen, um so Personal einzusparen. Der Neid anderer Länder und Polizeien dürfte den Engländern gewiss sein. Die angeblich ständig zunehmende Gefahr durch den weltweiten Terrorismus veranlasst immer wieder Überwachungsfetischisten vom Schlage Schäubles und Becksteins dazu, auch den deutschen Sicherheitsbehörden umfangreiche Überwachungsnetzwerke zur Verfügung zu stellen.
Es fehlt allerdings an Argumenten, die der widerspenstigen deutschen Bevölkerung ein für alle Mal klar machen, warum sie sich lückenlos überwachen lassen will. Da kommen doch die mysteriösen Bombenfunde überaus passend. Zwar fragt keiner danach, warum es weder Droh- noch Bekennerschreibe, geschweige denn irgendeine Forderung oder Parole gab, aber das sind wohl Details, nach denen nur Haarspalter und Kleingeister fragen. Auch der eigenartig konstruiert erscheinende Zusammenhang mit dem Nahen Osten, der sich einzig an einer Plastiktüte festmachen soll, wird wohl nur bei mir Stirnrunzeln und Fragezeichen hervorrufen. Anyway.
Jedenfalls haben die Überwachungsfetischisten jetzt das, was sie brauchen: Einen Aufhänger. Und den nutzen sie einerseits für eine PR-Kampagne, mit der schonmal die Videoüberwachung des öffentlichen Schienenverkehrs propagiert werden soll. Und da das alleine ja nicht so der Bringer ist, führt man nebenher noch die Überwachung der Bundesautobahnen ein. So soll "die Polizei" Zugriff auf die Daten des Maut-Systems bekommen.
Das sind aber nicht nur die Daten der Zahlstellen, sondern insbesondere die Daten, die in der automatisierten Überwachungsstationen gewonnen werden. Dort werden nicht nur die Durchfahrzeiten und Signale der Mautgeräte registriert, sondern auch digitale Fotos von Kennzeichen und Fahrer gemacht. Angeblich nur von Lkw und angeblich auch nur "zeitweise" und "ausschließlich zur Überwachung der Mautpflicht". Aber was lässt sich aus der Datendichte eines umfassenden Verkehrsüberwachungssystems gewinnen, das lückenlos Autobahnen, Landstraßen und Innenstädte überwacht?
Das ist zwar alles angeblich "gar nicht geplant" und eine "Pkw Maut" soll ja angeblich auch gar nicht zur Debatte stehen, aber angeblich sollte die Wiedervereinigung ja auch für den Bundesbürger steuerneutral bleiben und angeblich war ja die Erde auch mal eine Scheibe und die Sonne soll sich ja auch schon um die Erde gedreht haben.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die Überwachungs- und Kontrollexperten in Deutschland ziemlich genau angesehen haben, was mit den Systemen und Einrichtungen im Inselkönigreich auf der anderen Seite des Kanals so alles möglich ist und sich dann daran gesetzt haben, um das zu verbessern. Wer weiß denn schon, dass das Deutsche Maut-System zwar als das weltweit teuerste, aber auch als das insgesamt ausgereifteste und beste System zur Verkehrsüberwachung gilt? Und was bauten noch gleich Carl-Zeiss, Schneider Kreuznach und Leica? Und wie war das noch mit dem Frauenhofer Institut und der Mustererkennung?
Wen verwundert es, dass zwar noch immer keiner der Kamerafetischisten wirklich erklären kann, welcher echte Nutzen von der stetig wachsenden Zahl überwachungskameras ausgeht. Dafür kann man aber schön auf die abstrakte Gefahr des globalen Terrorismus verweisen und darauf hinweisen, dass ja von der Kameraüberwachung eine Abschreckung ausgehe, die ihrerseits die notwendige Sicherheit "für alle" produzieren könnte.
Und das ist ja als Argument absolut ausreichend, um die Grundrechte der Bürger abzuschaffen. Man denke dabei nur an Stichworte wie "Beweislastumkehr" und "Pauschalverurteilung". Insgesamt zeigt diese Entwicklung jedoch sehr deutlich, wie in manchen Kreisen der Politik über den Bürger gedacht wird: Jeder Bürger ist pauschal ersteinmal verdächtig und schuldig. Nur durch seine ständige Überwachung kann seine Unschuld gewährleistet werden.
Ich bin gespannt, wann es Pflicht wird, sich RFID-Chips (oder soetwas in der Richtung) einpflanzen zu lassen, um die Deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten...
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