Montag, 19. Juni 2006

Meinungsfreiheit (3)

Edmund StoiberNachdem Karikaturen als Aufhänger der Debatte um Meinungsfreiheit benutzt wurden, sah Edmund Stoiber (CSU) die Chance, dem langsam sinkenden Stern seiner politischen Karriere neuen Glanz zu verschaffen. Der Schutz religiöser Gefühle und der Schutz der Kirchen vor, wie er es nannte: "Verunglimpfung", der Rest der Welt nennt es eher "humoristisch verpackte Kritik", war sein Aufhänger, um gegen "Popetown" anzuwettern.

Popetown wurde trotzdem gesendet und die Erde dreht sich entgegen aller Befürchtungen noch immer. Diese vorübergehende Niederlage nahm Herr Stoiber aber wohl irgendwie persönlich. Der Schutz der Religionen ist ihm offenbar wichtigstes Anliegen der Politik - andere wichtige Themen gibt es ja nicht, auch nicht im Lederhosenfreistaat. Darum hat sich Herr Stoiber jetzt überlegt, dass Gotteslästerung bestraft gehört.
"Es darf nicht alles mit Füßen getreten werden, was anderen heilig ist“
Seiner Meinung nach ist der §166 StGB:
"völlig stumpf und wirkungslos, weil er eine Bestrafung nur dann vorsieht, wenn der öffentliche Frieden gefährdet ist und Aufruhr droht.“
Als Bekräftigung für seinen Standpunkt sieht Herr Stoiber die Vorgänge rund um die sogenannten "Mohamed-Karrikaturen". Er meint, dass
"der Streit um die Mohamed-Karikaturen in diesem Jahr auf alarmierende Weise zeigt“
welche Dimension solche Auseinandersetzungen annehmen können. Herr Stoiber will den Passus aus dem Paragraphen streichen lassen, der auf die Eignung zur Störung des "öffentlichen Friedens" abstellt. Dann könnte jeder belangt werden, der sich in gotteslästerlicher Weise verhält oder äußert.

Ich bin mir sicher, dass Deutschland eine solche Regelung unbedingt braucht. Wir brauchen auch unbedingt eine Religonspolizei, die die normale Polizei unterstützt und kirchliche Beisitzer im Gerichtsverfahren, damit die peinliche Befragung mit Gottes Beistand geführt wird, brauchen wir auch unbedingt. Die Trennung von Kirche und Staat war ja eh ein Fehler. Eigentlich hätte man die Staatsführung nie aus den Händen der Kirche nehmen dürfen. Oder zumindest die Krönung der Staatsoberhäupter durch die Kirche hätte nicht abgeschafft werden dürfen, denn dann müsste sich Herr Stoiber jetzt nicht davor fürchten, endlich abgewählt und in den Ruhestand geschickt zu werden.

Gott sei Dank.

(Quelle: AFP)

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