Mittwoch, 12. April 2006

Meinungsfreiheit, made in Germany

KrawallNeulich... da ging es richtig rund wegen ein paar Cartoons. Da gingen was weiß ich wie viele auf die Straße und haben richtig Stimmung gemacht wegen Verunglimpfung ihres Glaubens und so. Die Antwort aus Deutschland? "Nu habt Euch mal nicht so!" "Freie Meinungsäußerung" und so. "Wir wissen es besser", "sowas darf man", "das gehört hier eben dazu". Inzwischen haben sich die Medien wieder beruhigt und berichten nicht mehr von den Demonstrationen - wahrscheinlich damit der Leser glaubt alles sei wieder in bester Ordnung.

Ist es das wirklich? Eine gerade vom Fernsehen aufgegriffene "neue" Cartoon-Serie mit dem vielsagenden Namen "Popetown" könnte unfreiwillig zum Maßstab unseres eigenen Verständnisses für Meinungsfreiheit werden. Die Hersteller (produziert wurde die 10teilige Serie von der BBC, CHX Productions und Moi J'Aime La Television) beschreiben die Serie selber als "die lustigste, frevlerischste, kontroverseste und am meisten süchtig machende Comedy Serie, die jemals gemacht wurde"

PopetownZusammengefasst: Es geht um Geld, Macht und Korruption im Vatikan. Die Serie stellt die Katholische Kirche auf eine sehr eigenwillige Art dar und gibt sich Mühe, viele der "geheimnisvollen" Klischees bewusst zu verdrehen. Hauptrolle spielt der rechtschaffene Pater Nicholas, der umgeben ist von geldgierigen Kardinälen, angeführt von einem infantilen Papst.

Insgesamt eine Mischung, die angenehme Kurzweil verspricht, zumal ein wenig mehr Zynismus und schwarzer Humor langsam mal wieder dringend Not tut im niveaulosen Einheitsbrei der Unterhaltungsmedien.

Und was passiert? Noch bevor die Sendung überhaupt in Deutschland startet, melden sich die Politiker zu Wort: "Das geht nicht! Das kann man doch nicht machen!" "Geschmacklos!" "Der christliche Glaube wird lächerlich gemacht!" und so weiter.

MTV (da soll die Serie starten) ist deshalb auch schon teilweise eingeknickt und hat zumindest die Werbung für die Serie reduziert.

Aber was passiert hier tatsächlich? Solange es gegen die anderen, gegen die "Andersgläubigen", gegen die "bockbeinigen Einwanderer", gegen "die da ganz hinten" ging, war alles in Butter. Da durfte jeder Cartoons machen und verbreiten, die keine Grenzen und kein Pardon kannten. Und jetzt geht es gegen das Christentum (nicht zum ersten Mal, siehe z. B. South Park) und schon stehen alle Politiker Gewehr bei Fuss und machen Stimmung? Welche Message wird denn hier gerade verkauft? Sogar Sendeverbote werden bereits gefordert, vorne weg - mal wieder, wir ahnen es bereits - die CDU/CSU, vertreten diesesmal durch die Junge Union und ihren Chef Philip Mißfelder.

So viel also zum Thema "Meinungsfreiheit aus der Sicht deutscher Politiker". Ich hoffe jedenfalls, dass in diesem Fall der kapitalistische Gedanke ans Geld siegt und gerade wegen des jetzt ausbrechenden Trubels diese Serie gesendet wird.

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