Montag, 16. Juni 2008

Firmenphilosophie

AbhoerenDie Wirtschaft überwacht. Nicht nur den Kunden, sondern insbesondere eigene Mitarbeiter. Kameras und Detektive gehören zum Entsetzen der Allgemeinheit und der Politik zu den "branchenüblichen Führungsmethoden", mit denen Konzerne ihre alles und jeden überwachen, egal ob Kunde, Auftraggeber oder Mitarbeiter. Auch die Telekom überwacht. Sie zeigt uns exemplarisch, wie weit ein Konzern diese Überwachung auf die Spitze treiben kann, wenn er das Geld dafür hat und es wirklich will. Nicht nur Telefongespräche wurden mitgeschnitten, auch Büros wurden komplett abgehört.

In der Telekom-Zentrale in Frankfurt wurden bei einer erneuten Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft Geräte zum Aufzeichnen von Gesprächen gefunden. Brisant ist dabei nicht nur die Tatsache, dass überhaupt solche Geräte gefunden wurden, sondern vielmehr wo: Die Anlage wurde in einem Raum des Konzernkrisenstabes gefunden. Zwar lässt sich im Moment nicht nachweisen, was damit wie aufgezeichnet wurde, aber die Erklärung eines Sprechers des Konzerns klingt für mich doch ziemlich eigenartig:

Mitschnittanlagen in Lagezentren sind durchaus üblich, um im Krisenfall, etwa bei Drohungen, handlungsfähig zu bleiben. Ob die gefundenen Geräte nur in diesem Sinne verwendet wurden, oder ob Missbrauch vorgelegen habe, wollen nun die Ermittlungsbehörden ans Tageslicht bringen. Bis dahin gelte die Unschuldsvermutung, so die Telekom gegenüber Heise.

Diejenigen Leute, die ich mit der Bewältigung von Krisen beauftrage, sind genau die Leute, die man besonders intensiv heimlich überwachen muss, besonders dann, wenn sie gerade Krisen bewältigen. Schwer vorstellbar, welche Firmenphilosophie einen solchen Überwachungszwang rechtfertigt. Andererseits zeigt aber das Ausmaß der Überwachung, dass es am Unrechtsempfinden offenbar vollkommen fehlt, nicht nur bei dieser Firma, sondern generell in der Wirtschaft. Man hat keine Geheimnisse zu haben, wer Geheimnisse gegenüber der Firma hat, kann kein guter Mitarbeiter sein.

Ich stelle mir die Frage, ob ein Gesellschaftsmodell, deren selbsternannte Leistungsträger eine dermaßen verquere Ansicht über Menschenrechte ausleben, auf Dauer überlebensfähig ist.

(Quelle: heise)

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