1969 gab es jenen denkwürdigen Moment, in dem zwei Männer aus den USA eine Flagge hissten. Grundsätzlich passiert das jeden Tag überall, aber dieser Moment war bedeutsam, denn die beiden Männer waren Amerikaner und sie hissten die Flagge ihres Landes auf dem Mond. Damit traten sie eine politische Debatte los, ob der Mond jetzt von den Amerikanern in Besitz genommen worden sei. Die Frage ist nicht abschließend geklärt und je nach dem wen man fragt, bekommt man unterschiedliche Antworten, aber immerhin behauptet eine Plakette am Raumschiffrest: "Wir kamen stellvertretend für die gesamt Menschheit".
Nicht ganz 40 Jahre später pflanzten wieder zwei Männer eine Flagge. Dieses Mal jedoch nicht auf einem anderen Planeten, sondern auf der Erde. An einem Ort, wo nie zuvor jemand eine Flagge hissen konnte. Sie hinterließen keine Plakette, auf der verkündet wurde "stellvertretend für alle Menschen" und die symbolische Geste wurde auch nicht beschwichtigt oder relativiert, im Gegenteil. Unter dem Nordpol, in 4.261 Metern Tiefe, pflanzten zwei Russen mithilfe eines Ubootes eine Flagge ihres Landes aus Titan. Sie nahmen ausdrücklich stellvertretend den Meeresboden und alles darin befindliche in Besitz.
Das wiederum ist nicht wenig, denn unter dem zunehmend abtauenden Nordpol werden riesige Lager von Bodenschätzen vermutet, die durch das verschwinden des Eises nach und nach zugänglich werden. Zwar regeln internationale Verträge die Nutzung des Polarmeeres, aber Russland sieht irgendwie nicht ein, dass diese Verträge den faktischen Ansprüchen genügen und nimmt sich deshalb die Freiheit, seine Vorstellungen des Hoheitsgebietes festzuschreiben.
Besonders die Amerikaner dürften das eher nicht so lustig finden und auch die anderen Staaten, die an das Nordpolarmeer grenzen (Kanada, Norwegen und Dänemark) sind nicht eben begeistert von dieser Aktion. In Anbetracht der Grundhaltung Russlands in der letzten Zeit werden nicht ganz unberechtigt aus diplomatischen Kreisen Befürchtungen eines neuen "Kalten Krieges" (im wahrsten Sinne des Wortes) laut, denn erst neulich hatte Präsident Putin das KSE Abkommen einseitig aufgekündigt und für bleibende Unruhe gesorgt.
In den USA verhält man sich zur Zeit allerdings noch sehr still, vermutlich weil man um die historischen Präzedenzfälle weiß und sich nicht der Gefahr aussetzen will, dass man plötzlich die eigenen, irgendwohin gestellten, Flaggen und eventuell damit verbundenen Ansprüche auch als gegenstandslos bewerten muss. Bleibt abzuwarten, wie sich die Lage weiterentwickelt, aber eins ist klar: Mit Krieg im Eis haben die Russen mehr Erfahrung...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Bedingt durch die DSGVO müssen Kommentare zu Beiträgen der Tapirherde manuell freigeschaltet werden, um um der Veröffentlichung von Spam-, Hass- oder sonstiger unerwünschten Kommentaren vorbeugen zu können. Die Veröffentlichung eines Kommentars kann deshalb ein wenig dauern. Sorry dafür.
Wenn Sie Beiträge auf Tapireherde kommentieren, werden die von Ihnen eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. die IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Weitere Infos dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.