Mittwoch, 18. Juli 2007

Ost-West-Beziehungen

Soldat vor brennender ÖlquelleDie Töne aus Russland werden zur Zeit nicht unbedingt freundlicher. Erst vor wenigen Tagen gab Präsident Putin bekannt, dass er den KSE-Vertrag über die Abrüstung in Europa einseitig auf Eis legen werde. Er gab zu verstehen, dass dieser Schritt eine Reaktion auf die Bedrohung durch die Maßnahmen der USA wären. Die wollen ihrerseits Raketenbasen und Radaranlagen in ehemaligen Ostblockstaaten aufbauen. Mit diesem System will die USA sich nach eigenem Bekunden vor der Berohung schützen, aus dem Nahen und Mittleren Osten mit Raketen angegriffen zu werden. Russland ist das nicht ganz geheuer und bei genauerer Betrachtung kann man ihnen ein gewisses Mißtrauen auch nicht wirklich verübeln.

Allerdings gibt es da auch noch ein paar andere "Vorfälle", die sich in diesem Kontext nicht ganz so lapidar abtun lassen. Zunächst wäre da die Geschichte mit dem ehemaligen russischen Geheimagenten, der in England ermordet worden ist. England hat da so den einen oder anderen Verdacht und will diverse Leute von Russland ausgeliefert haben. Das lehnt Russland pauschal ab. Deshalb kam es zu einigen Spannungen zwischen dem Inselkönigreich und dem Land am Ural. Zuletzt gipfelte das darin, dass das Inselkönigreich Diplomaten aus jenam Land am Ural rauswarf.

Putin, oberster Chef in jener Ex-Weltmacht fand das so rein gar nicht lustig und kündigte "angemessene Reaktionen" an, ließ aber offen, worin diese bestehen würden. Gestern nun geriet man auf der Insel ein wenig in Hektik, weil zwei Bomber (Tu95) beinahe bis nach Schottland flogen. Daraufhin wurde die Royal Airforce in Alarmbereitschaft versetzt und zwei Tornados starteten, um die beiden Bomber, inzwischen auch von zwei F-16 der Norweger verfolgt, in Empfang zu nehmen. Die Bomber drehten ab, bevor sie den britischen Luftraum erreichten.

Gleichzeitig verkündet das US Verteidigungsministerium, dass es erfolgreich eine in einer Boeing 747 installierte Laserwaffe in der Luft gegen ein anderes Flugzeug in der Luft getestet habe. Damit sollte der Abschuss einer anfliegenden Rakete durch eine "Energiewaffe" simuliert worden, sagte ein Sprecher des US Militärs. "Diese neue Technologie wird die Art und Weise, wie wir bewegte Ziele angreifen und zerstören, entscheidend verändern." Boeing, Entwicklungspartner dieses Systems, wird wiederum aller Voraussicht nach entscheidend am Bau der eingangs erwähnten Abwehrsysteme beteiligt sein.

Das Militärexperten-Kollegium Russlands wiederum traf sich nach Informationen der Komsomolskaja Prawda (Hintergründe) neulich und überlegte, ob die USA eine Bedrohung für Russland sind. Bei dem Treffen trafen unter anderem auch der ehemalige Generalstabschef und jetzige Präsident der Akademie für Geopolitik, Generaloberst Leonid Iwaschow, Generaloberst Viktor Jessin, erster Vizepräsident der Akademie für Probleme der Sicherheit, Verteidigung und Rechtsordnung, sowie Alexander Scharawin, Direktor des Instituts für politische und militärische Analyse und andere hochrangige Militäre zusammen.

Nach Angaben des Viezepräsidenten, Generalmajor Alexander Wladimirow, hält es dieses Kollegium für durchaus realistisch, dass die USA Russland innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre angreifen werde. Die vielleicht nicht völlig aus der Luft gegriffenen Argumente sind gerade in Bezug auf die USA nicht gänzlich von der Hand zu weisen:

Einerseits ist "die Beseitigung des mächtigsten geopolitischen Gegners vom Antlitz der Erde, der über die Möglichkeit verfügt, die USA innerhalb von 30 Minuten auszulöschen" (Wladimirow) nicht völlig fernab der Realität. Die USA sind ja nun nicht eben unbekannt dafür, dass der eigene Vormachtanspruch auf der Welt "um jeden Preis" zu sichern und zu festigen ist. Andererseits lagern in Sibiriens und dem Fernen Osten ziemlich viele Rohstoffe (Stichwort: "Öl"). Den Zugang dazu schaffen sich die USA schon ganz gerne mal mit Waffengewalt, wie man ja gerade am Beispiel Irak nur zu deutlich gesehen hat.

Diese Einschätzung fällt parallel zu der Wiederaufnahme des von Putin veranlassten Rüstungsprogramms, dass bis 2015 den Zustand und die Einsatzfähigkeit der Russischen Armee verbessern soll. Experten halten das Programm jedoch für nicht ausrecihend genug, um einen entscheidenden Wandel und eine maßgebliche Modernisierung innerhalb der Streitkräfte zu realisieren.

In dieses Bild passt besonders England sehr gut mit hinein, da England in der jüngeren Vergangenheit gerne der militärische Schoßhund der USA waren und der Nato im gezeichneten Szenario eine Schlüsselrolle zukommt. So ist für Wladimirow offensichtlich, dass die USA "unter dem Vorwand der Verletzung der Menschenrechte" die Zulassung westlicher Unternehmen zu den Rohstoffquellen verlangen werden. Unter dem Eindruck von Militärschlägen könne gar der Einsatz von Friedenstruppen der Nato in Russland, die Abtrennung der Region Kaliningrad, Teilen des Nordkaukasus und der Kaspi-Region verlangt werden.

Zieht man zusätzlich in Betracht, dass auch China in jüngster Vergangenheit nicht gerade wenig Geld in die Rüstung investiert und die Stimmung zwischen Russland und China historisch auch nicht unbedingt die beste ist, dann kann man durchaus verstehen, dass sich Russland vielleicht nicht so ganz wohl fühlt. Vor diesem Hintergrund ist auch verständlich, warum Russland so vehement gegen ein unabhängiges, autonomes Kosovo ist. Das ehemalige Jugoslavien hält mehr oder weniger zu Russland und ist vertraglich auch recht eng daran gebunden. Der Kosovo jedoch als unabhängiger Staat wäre unter Kontrolle der westlichen Staaten, voran der EU und damit der Nato und der USA.

Die Situation mag zwar abstrakt erscheinen, ähnelt aber sehr der Ausgangssituation des Kalten Krieges, als es den Machtblöcken um die USA und die damalige UdSSR darum ging, ihren geopolitischen Machtbereich so weit es irgendwie ging auszuweiten und so zur dominierenden Weltmacht zu werden. Bleibt die Frage, wie es weitergeht, denn Putin ist nicht bekannt dafür, ein Mensch des "Friedens und der Abrüstung um jeden Preis" zu sein und auch die USA sind in letzter Zeit nun wirklich nicht diejenige Nation auf der Erde, mit der man den Begriff "friedliche Problemlösung" in Verbindung bringt.

Ach ja: Erwähnte ich schon, dass man vor der Küste Vietnams völlig überraschend ein ziemlich großes Ölfeld gefunden hat, dass im Volumen denen Saudi-Arabiens gleichgesetzt wird? Und überrascht es irgendjemanden, dass man nicht erst seit gestern in der Region ziemlich viel Öl vermutet?

(Quelle: Reuters, dpa, Berliner Morgenpost, Spiegel)

1 Kommentar:

  1. Ich lass mir ein T-Shirt drucken..."Dritter Weltkrieg - Ich war dabei!"

    Es ist doch immer wieder faszinierend wie sehr dieses hin und her rudern dieser beiden "Weltmächte" uns in die nähe eines Krieges bringen der sagen wir mal nicht unbedingt schön wird...

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