Mittwoch, 10. Januar 2007

Exzellenzwettbewerb

Uni Furtwangen NeubauUniversitäten sind für Deutschland das, was anderswo Bergwerke oder Fabriken sind: Sie fördern und produzieren das, was wir exportieren können. Unser Bildungssystem in Deutschland steht nicht erst seit gestern in der Kritik und es ist auch nicht neu, dass davon auch unsere Universitäten betroffen sind. Für die meisten sichtbares Signal der Unruhe war die Einführung der Studiengebühren, über deren "Richtig" oder "Falsch" kommende Generationen urteilen werden.

Fast gleichzeitig zur Einführung der Studiengebühren wurde die Diskussion um Elite-Unis losgetreten, in dem Wissen, dass so ein Wettbewerb unter den Hochschulen entsteht, der - so verspricht man sich - letztenendes zu einer deutlichen Steigerung der Qualität der Universitäten insgesamt führen soll. Die Rechnung lautet, dass Angebot und NAchfrage den Preis des Studiums (die Höhe der Studiengebühren) regulieren sollen. Um einen besonderen Anreiz zu geben, benennt die hohe Politik ein paar "Elite Unis" und fördert diese mit staatlichen Mitteln, während alle anderen weitestgehend zusehen können, wo sie bleiben. Dieser Wettbewerb wird vollmundig "Exzellenzwettbewerb" genannt und ist gerade in die zweite Runde gegangen.

Inzwischen wird an diesem - sich übrigens ganz offiziell nicht an objektiven Gesichtspunkten, sondern an subjektiver Wertung orientierenden - Verfahren nicht nur deswegen Kritik geübt, weil er sich in verschiedenen Aspekten als zu eindimensional entpuppt (so meint zum Beispiel "internationaler Ruf" offenbar ausschließlich "Ruf der Wissenschaftler in den USA"), aber vor allem auch deswegen, weil wohl ausschließlich technische und naturwissenschaftliche Fakultäten berücksichtigt werden, während die Geisteswissenschaften offensichtlich als "unwichtig" abgehakt werden - wer braucht schon Psychologie oder BWL?

Schwerwiegendster Kritikpunkt ist allerdings, dass es am Ende um ganze 10 Universitäten geht, die sich "Elite-Uni" schimpfen dürfen - 10 von 87. Selbst konservative Stimmen geben offen zu, dass für einen Standort wie Deutschland, wenn man denn schon so offensichtlich den Vergleich mit den USA sucht, entsprechend dem Vorbild mindestens 20 solcher Universitäten notwendig wären. Davon aber ganz abgesehen fragen nicht wenige Kritiker, welche Universität in der Welt denn wohl bitte wie gefordert auf allen Gebieten so gut sei, dass sie als "Elite-Uni" entsprechend der am grünen Tisch ausgeheckten Anforderungen bestehen könne.

Gleichzeitig fällt immer mehr Leuten auf, dass "hintenrum" die Universitäten finanziell trockengelegt werden und so der Standard der Ausbildung an den Universitäten insgesamt "runtereschraubt" wird. Selbst bei den "Gewinnern" stellt man fest, dass man sich mit dem Titel im eigenen Haus erhebliche Probleme eingehandelt hat: Während die Bereiche, die gefördert werden, ausreichend Geld haben, werden andere stark zurückgedrängt. Es entsteht eine staatlich geförderte Schieflage in der Breite der Wissenschaft und Forschung, die im Endeffekt zu einer Trennung von Forschung und Bildung an den Universitäten führt: In den "Elite"-Bereichen sind die Professoren quasi freigestellt und müssen sich nicht mehr mit der lästigen Bildung befassen.

Wenn ich mir das alles so ansehe, dann frage ich mich vor allem, was eigentlich tatsächlich das Ziel dieser "Initiative" ist. Elite-Unis ist ja gut und schön, aber mit welchem Zweck? Billiger wird Bildung nicht dadurch, dass man irgendwelche Schildchen mit hochtrabenden Titeln an irgendwelche Mauern schraubt. Besser schon gar nicht. Da die Kritik am System "Uni" damals eher die war, dass zu wenig Geld auf zu viele Studenten verteilt werden muss, scheint es Sinn der Übung zu sein, die Anzahl der Studierenden auf Dauer zu reduzieren.

Nicht nur ich stelle mir deshalb die Frage, wie sich die universitäre Ausbildung, sozusagen der "Output" verbessern soll, wenn die Mittel dazu reduziert werden, die Bildung als solche sich nicht verändert und der Unterbau, das Schulsystem mehr und mehr "Ausschuß" produziert. Über lange Sicht lässt das eigentlich nur einen Schluß zu: Die hohe Politik weiß, dass langfristig sowieso kaum noch jemand die Qualifikation für die universitäre Ausbildung erfüllen wird, denn die Schulische Ausbildung legt den Schwerpunkt nicht mehr auf umfassende Bildung auf hohem Niveau in der Breite, sondern auf eine schnell verfügbare Masse billiger und williger Arbeitskräfte. Für die braucht man auch keine Universitäten.

(Quelle: Tagesspiegel, Stern, FAZ, Welt)

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