Freitag, 13. Oktober 2006

Geld machen (20)

UniversitaetMit dem in diesem Monat beginnenden Wintersemester werden viele Universitäten von den Studenten Studiengebühren erheben. Es ist heftig umstritten, ob diese Gebühren letztendlich für den Studenten von Vorteil sind oder nicht, denn in jedem Fall stellen sie eine Eigenfinanzierung der Bildung durch den Lernenden dar. Das widerspricht der Idee der "freien Bildung", die soziale Unterschiede nicht zum Zugangshindernis zur Bildung machen darf.

Befürworter weisen darauf hin, dass es zinsfreie Darlehn geben müsste, dass den Studenten Wege eröffnet werden müssten, das Studium ohne finanzielle Mehrbelastung bewältigen zu können. Die Befürworter weisen auch darauf hin, dass den Studenten durch die Gebühren ein Mehrwert geboten wird, weil den Universitäten durch die Gebühren mehr Geld zur Verfügung steht, mit dem sie wiederum das Leistungsangebot der Unis steigern. Die Befürworter weisen auch darauf hin, dass durch sich am Angebot orientierende Studiengebühren ein Wettkampf zwischen den Universitäten entsteht, der letztendlich über das Verhältnis von Preis zu Leistung nur von Vorteil für die Studenten sein kann.

Die Gegner sehen genau das anders. Sie argumentieren, dass die wirtschaftliche Lage der Studenten durch die Studiengebühren zusätzlich verschärft wird und sich nur wohlhabende Eltern zukünftig studierenden Nachwuchs leisten können. Die Gegner weisen darauf hin, dass zwar theoretisch mehr Geld zur Verfügung steht, dass allerdings nirgends garantiert ist, dass das Geld, das die staatlichen Bildungsanstalten einnehmen, auch wieder direkt diesen Bildungseinrichtungen zugute kommt. Die Verlockung, sich aus dieser Einnahmequelle zu bedienen ist groß, das Argument "dann erhöht halt die Gebühren" zu naheliegend. In anderen Ländern ist genau das zu beobachten.

Die Frage ist, was sich tatsächlich, abgesehen von diesen Schwarzmalereien und Schönfärbereien tatsächlich tut. Eine Verbesserung des Leistungsspektrums der Universitäten konnte mir bislang noch kein Student nennen oder zeigen, während Universitäten wiederum nicht müde werden darauf hinzuweisen, dass doch jetzt alles "viel besser" wird. Allerdings benennt keine mir bekannte Universität konkret die Details dessen, was denn jetzt besser werden wird, als es vorher war. Keine einzige konnte im Detail benennen, was dem Studenten denn jetzt tatsächlich an "Mehrwert" für sein Geld geboten wird. Dafür finden sich aber überall Hinweise wie "zukünftig wegfallend" oder "Studiengang wird ab kommendem Semester nicht mehr angeboten".

Das Ganze macht sehr den Eindruck einer Gelddruckerei für den Staat. Eine "Mogelpackung", aus der sich die Politiker bei Bedarf bedienen werden - und der Bedarf ist angesichts chronisch leerer Staatskassen sehr groß. Eine "Zweckbindung" staatlicher Einnahmen ist ausgeschlossen, was mehrfach in der Vergangenheit betont und von der Rechtsprechung bestätigt wurde, zuletzt im Zusammenhang mit der Lkw-Maut. Für diese wurde nämlich ausdrücklich eine Zweckbindung für den Straßenbau bzw. den Ausbau und die Instandhaltung des Verkehrssystems mit genau diesem Argument abgelehnt. Bei den staatlichen Einnahmen aus den Universitäten ist es mit Sicherheit nicht anders.
Wohin wird das führen? Keine Ahnung. An der Einführung der Gebühren wird sich mit Sicherheit nichts ändern. Diese Gebühren sind da und sie werden bleiben. 500 Euro sind mit Sicherheit ein Sonderangebot, dass den Studenten für einige wenige Semester geboten wird, bevor die Universitäten "richtig" zugreifen. Überall "da draußen" werden Gebühren um 1.000 Euro als "realistische Summe" gehandelt, tatsächlich dürfte es auf ungefähr 1.200 bis 1.500 Euro hinauslaufen, wenn meine Quellen aus den Verwaltungsräten der Hochschulen einigermaßen richtig liegen.

Die Einführung der Studiengebühren wird nicht dazu beitragen, dass der Standard der Bildung in Deutschland zwangsläufig steigt. Die Gebühren werden auch nicht dazu führen, dass die Qualität der Ausbildung zwangsläufig besser wird. Auch werden die beruflichen Chancen der Studenten nicht zwangsläufig besser auf dem Arbeitsmarkt. Um das zu erreichen, müsste sehr viel mehr Geld bei den Universitäten bleiben, als das im Moment absehbar ist. Tatsächlich dürfte der Grund für die Einführung der Gebühren in erster Linie der sein, dass man aus staatlicher Sicht die Studentenzahlen senken will, die staatlichen Ausgaben für die Bildung zurückfahren will und stattdessen an der Masse der Studenten verdienen will.

Die Frage ist, ob das nicht ein Schuss ins Knie ist, denn Deutschland hat nicht viele Rohstoffe, die es exportieren kann, aber Know-How und Bildung ist einer, für den wir einen Ruf haben. Diesen Rohstoff künstlich zu verknappen, zu verwässern, zu einer Einnahmequelle während der Rohstoffgewinnung zu machen, ist ein sehr riskantes Spiel, bei dem sehr viel schief gehen kann.

1 Kommentar:

  1. Es wird noch viel teurer. Im Spiegel steht heute:

    "Deutschland hat gute Chancen im globalen Bildungswettbewerb - wenn es bereit ist, ihn anzunehmen.

    Dazu braucht es Geld. Weit mehr Geld, als über die Exzellenzinitiative an die Hochschulen fließt. Bundespräsident Horst Köhler mahnte unlängst in einer viel beachteten Grundsatzrede zurecht an, die öffentlichen Bildungsausgaben in Deutschland hätten längst nicht internationalen Durchschnitt erreicht. Doch das Geld kann nicht allein aus dem Staatshaushalt kommen. In Ländern wie Japan, China oder den USA ist es üblich, dass Familien über Jahre hinweg Geld für die Ausbildung ihrer Kinder ansparen. Da sind 500 Euro an Studiengebühren in Deutschland ein vergleichsweise geringer Betrag."

    In Amerika und Japan darf man inzwischen von einem "Universitätssystem der Reichen" sprechen. Normalbürger kommen nicht an diese Studienplätze heran, weil sie sich die nicht leisten können. Stipendien sind ein Witz, politische Weichmacher, mit denen das Volk beruhigt wird. Bildung als Weg zum sozialen Aufstieg? My Ass!

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