Wenn man an Entführungen denkt, dann denkt man zur Zeit wohl in erster Linie an Afghanistan und Taliban oder so. Generell aber wohl an irgendwelche militanten Extremisten, die unschuldige Opfer zur Durchsetzung ihrer meist sehr kruden und nicht selten auch sehr wirren Ziele verschleppen. Wohl kaum einer wird beim Thema Entführung an den Sport denken und dabei gleichzeitig auch noch an Kuba und Deutschland. Sollte man aber, denn der internationale Boxsport wird zur Zeit durch einen schwerwiegenden Entführungsfall aufgewühlt.
In Brasilien, genauer in Rio de Janeiro, fanden im Juli die Panamerikanischen Spiele statt. Dabei traten auch die beiden kubanischen Boxer Guillermo Rigondeaux (25) und Erislandy Lara (24) an. Beide sind in ihrer Heimat sehr beliebt, denn Rigondeaux ist Doppel-Olympiasieger im Bantamgewicht und ist einer der ganz großen Stars des kubanischen Boxsports: Zwischen 1999 und 2003 gewann er 142 Kämpfe in Folge. Lara ist immerhin Weltmeister im Weltergewicht.
Am 21. Juli passierte aber etwas Eigenartiges. Rigondeaux und Lara bekamen von den kubanischen Delegationsführern freien Ausgang und wollten in Rio ein Videospiel kaufen. Von diesem Einkaufstripp kehrten sie nicht zurück. Schon bald meldete sich der als Musterdemokrat und Menschenfreund bekannte kubanische Revolutionsführer Fidel Castro zu Wort. Er führte das Verschwinden der beiden Profiboxer auf eine "deutsche Mafia" zurück, die "sich der Auswahl, des Kaufes und der Förderung kubanischer Boxer bei internationalen Turnieren" widmet. Diese Mafia benutzt für ihre fiesen Abwerbetricks "raffinierte psychologische Methoden" und "viele Millionen Dollar".
Skandal! Deutschland entführt kubanische Boxer! Wie können wir es nur wagen! Nun könnte man ja denken, dass sich der Herr Castro da einfach was aus den Fingern gesaugt hat. Dummerweise bestätigte nur wenige Tage nach dem Verschwinden der beiden der Boxstall Arena Box Promotion, dass Rigondeaux und Lara Verträge über fünf Jahre mit diesem Hamburger Boxstall unterschrieben hätten. Upsi.
Ich mein, ist ja auch nahe liegend. Bei uns in Deutschland kann eh kein Aas halbwegs vernünftig boxen. Gerade in unserer winzigen Bananenrepublik ist es ja sowieso völlig normal, dass Fachleute im Ausland geklaut werden. Die verschleppen wir dann immer gegen deren Willen in unser fernes Deutschland, wo sie dann unter katastrophalen Bedingungen in einem völlig desolaten Land den zurückgebliebenen Einheimischen ihr Können beibringen müssen. Ich mein, wer will schon freiwillig nach Deutschland?
Außerdem sind solche Sportler ein hervorragendes Druckmittel. Gerade gegen die weit fortschrittliche HighTech-Nation Kuba, mit deren Rumproduktion wir qualitativ niemals werden Schritt halten können. Auch als Schutz vor der international gefürchteten kubanischen Armee sind solche Geiseln natürlich ein überaus wertvoller Schutz, denn nach der unmittelbar bevorstehenden Unterwerfung des nordamerikanischen Kontinents ist Europa - und damit auch zwangsläufig Deutschland - das logische nächste Ziel.
Allerdings: Rigondeaux und Lara sind wieder aufgetaucht. Man mag es kaum glauben, aber man fand sie in Brasilien. Am Strand. Am vergangenen Mittwoch nahm sie die brasilianische Polizei in einer Strandgemeinde bei Rio de Janeiro fest, weil sie keine gültige Aufenthaltserlaubnis für Brasilien hatten. Gegenüber der Polizei erklärten die Sportler, sie wären von zwei Männern unter Drogen gesetzt worden, die sie anschließend verschleppt hätten, damit sie in Europa Profikämpfe bestreiten. Siehste! Als sie in Rio besagtes Videospiel kaufen wollten, waren sie von zwei Männern "mit Drogen in einem Getränk" bewusstlos gemacht worden! Fiese Sache das!
Die Aussagen der Boxer führte jedenfalls dazu, dass die Staatsanwaltschaft aus Rio bei der Bundespolizei eine Untersuchung wegen eines möglichen Entführungsfalls beantragt hat. Der Staatsanwalt Leonardo Figuereido erklärte, dass man einen deutschen und einen kubanischen Staatsbürger im Verdacht habe. Möglicher Entführungsfall? Skandal! Natürlich haben die fiesen Deutschen mal wieder einen unschuldigen Profisportler aus den paradiesischen Zuständen des Kubanischen Sportlerhimmels entführt!
Daran kann es doch gar keinen Zweifel geben! Schon 2006 haben wir das ja schon mit drei anderen Spitzenathleten des kubanischen Boxsports so gemacht. Damals haben wir Yan Barthelemy, Yuriorkis Gamboa und Odlanier Solís bei einem Turnier in Caracas (Venezuela) einkassiert! Die sind nun auch unter Zwang in Deutschland aktiv.
Die Heimatliebe von Rigondeaux und Lara jedenfalls wird niemand jemals anzweifeln. Die beiden haben trotz ausführlicher Erklärung der Möglichkeiten eines Asylantrages selbigen nicht gestellt. Stattdessen hätte sie betont, dass sie Kuba vermissen und in ihrer Heimat sehr beliebt wären und außerdem ihr Heimatland über alles lieben. Ist ja auch nur zu verständlich. Wer würde nicht sofort nach Kuba zurückgehen, um da seine Sportlerkarriere fortzusetzen?
Bleibt eigentlich nur noch abzuwarten, wann unsere Bundeskanzlerin und der Bundespräsident sich offiziell für ihr Versagen entschuldigen. Ich mein, was ist das für ein Pfusch? Erst erfolgreich entführen und dann die Beute nicht mal in Sicherheit bringen können! Das ist der wahre Skandal! Dafür braucht es unbedingt einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss!
(Quelle: dpa)
Sonntag, 5. August 2007
1 Kommentar:
Bedingt durch die DSGVO müssen Kommentare zu Beiträgen der Tapirherde manuell freigeschaltet werden, um um der Veröffentlichung von Spam-, Hass- oder sonstiger unerwünschten Kommentaren vorbeugen zu können. Die Veröffentlichung eines Kommentars kann deshalb ein wenig dauern. Sorry dafür.
Wenn Sie Beiträge auf Tapireherde kommentieren, werden die von Ihnen eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. die IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Weitere Infos dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Ich geh hinüber bei dem Text ...
AntwortenLöschenOh man *äugleinwisch* :D