Freitag, 12. Mai 2006

Wettbewerb der Schulen

UnterrichtDie Pisa-Studie wurde, nicht zuletzt dank der zaghaften Hinweise ferner wie naher Freunde als Menetekel verstanden. Dank bundesweiter Diskussionen wissen wir jetzt, dass es "nachhaltige Reformen" und "grundlegende Veränderungen der Struktur" und wohl auch "neue Konzepte" braucht - Marketingsprache für "wir wissen zwar nicht was, aber dafür wissen wir das etwas verändert werden muß".

In Zukunft sollen es zahlungskräftige Elternhäuser einfacher haben, die "richtigen" Schulen für ihre Kinder zu finden. Dieser elitäre Kreis möchte natürlich nicht, wie in der Vergangenheit, auf der Masse zugängliche und bekannte Maßstäbe wie z. B. das "Uni-Ranking" des Spiegels angewiesen sein. Von der Fachkompetenz ganz abgesehen birgt eine solche Boulevardpublikation das nicht gerade geringe Risiko, dass man im Run auf die besten Plätze am Ende gar noch mehr Beziehungen spielen lassen muss als bisher, damit der zumindest elitär geredete Nachwuchs nicht etwa an der Rütli Schule strandet.

KMK WegweiserPolitiker der Bundesländer haben lange beraten und schließlich ist etwas ganz super Tolles dabei herausgekommen. Die 16 Kultusminister der Länder haben sich grundsätzlich auf einen regelmäßigen Wettbewerb nach dem Vorbild der "Programme for International Student Assessment" der OECD (besser bekannt als "Pisa-Studie") geeinigt. Im Juni soll dieses Projekt offiziell beschlossen und damit bundesweit verbindlich werden. Damit dürfen dann Schulen ganz legal im direkten Vergleich zeigen, wie viel sie besser sind als ihre "Mitbewerber".

Das Gremium, das diese schon beinahe revolutionäre Neuerung in Sachen bundesweit einheitliche Standards in Schulen eingeführt hat, lässt keinen Zweifel daran, dass es um eine Förderung des Konkurrenzdenkens der Schulen untereinander geht. Während am Anfang die Bundesländer ihre Systeme in einer Rangliste miteinander messen sollen, ist als langfristiges Ziel der direkte Vergleich einzelner Schulen im gesamten Bundesgebiet formuliert worden.

Damit Schulen aber nicht zu sehr unter Druck geraten und sich die finanzstarken Eliten nicht etwa mit "dem Pöbel" in einem am Ende zu allem Übel auch noch "fairen" Losverfahren um die Plätze an den besten Bildungseinrichtungen streiten müssen, werden in vielen Bundesländern die Ergebnisse von vorne herein "unter Verschluß" gehalten. "Nur für interne Zwecke" heisst das im Politikerdeutsch. Ob eine signifikante Parteispende an die regierende Partei als "interner Zweck" verstanden werden kann?

Trotz dieser internen Leistungsvergleiche soll die Bundesrepublik auch weiterhin an den Überprüfungen der OECD teilnehmen. Die ersten Testaufgaben der nächsten Studie werden 2008 erwartet, die nächste Studie 2009 bis 2011.

Sorgen macht aber wohl nur mir, wenn der Deutsche Philologenverband jubelt:
"Die Länder haben sich bis jetzt über die Qualität ihrer Schulen in die Taschen gelogen. Mehr Transparenz ist der richtige Schritt"
Oder stellen sich noch andere die Frage, was denn ein solcher Test und ein solches Ranking an der Qualität der schulischen Ausbildung verändert? Oder ist dieses Ranking der "Allgemeinbildenden Schulen" nur ein weiterer Schritt hin zur privatisierten Bildung? Ist das Ranking am Ende nichts Anderes als das auf dem Silbertablett präsentierte Freilos zur Begründung der Höhe des Schulgeldes?

(Quelle: FTD)

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