Dienstag, 9. Januar 2007

Beweislastumkehr

Im Zusammenhang mit der Umstellung der Zigarettenautomaten auf Altersverifikation kam neulich eine kleinere Diskussion darüber auf, ob diese und andere Kartendaten den "Sicherheitsorganen des Staates" zur Verfügung stehen und ob sie vom Staat genutzt werden. Der Spiegel beantwortet diese Frage heute sehr eindeutig:

Im Zusammenhang mit der Fahndung nach den "Kunden" und Hintermännern einer Webseite mit Kinderpornographie wurden alle von Deutschen Banken ausgegebenen Kreditkarten überprüft. Im Detail wurde der Zahlungsverkehr aller deutschen Kreditkartenbesitzer dahingehend kontrolliert, ob eine bestimmte Summe in einem bestimmten Zeitraum auf ein Konto im Ausland überwiesen wurde. Alle um Auskunft ersuchten Banken, Sparkassen und sonstige Finanzunternehmen der Kreditkartenwirtschaft kooperierten mit den Ermittlern und gaben die Daten ihrer Kunden weiter.

Interessantes Detail: Alle deutschen Kreditkartenbesitzer sind für diese Ermittlung juristisch des Bestizes, der Verbreitung, der Förderung (und so weiter) von Kinderpornographie verdächtig. Da alle verdächtig sind, kann man auch alle überprüfen. Die Finanzwirtschaft begründet die Weitergabe mit einem Eigeninteresse, das den Kunden in den AGB der Unternehmen zu ihrer Kreditkarte bekanntgegeben wird. Die Beschuldigten müssen sich deshalb nicht nur auf unangenehme Strafprozesse einstellen, sondern dürften wohl - entsprechend der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditkartenwirtschaft - auch ihre Kreditkarte los sein.

Es steht nicht zur Debatte, ob Kinderpornographie "richtig" verfolgt wird oder nicht. Das ist ein anderes Thema, um das es hier nicht geht. Interessant ist einzig die Tatsache, dass (zusammengefasst) alle Banken alle ihre Kunden dem Generalverdacht der Ermittlungsbehörden ausgesetzt haben. Der Kunde war damit ersteinmal ein potentieller Kinderschänder und musste seine Unschuld beweisen, in dem er seine Kontobewegungen offenlegte. Was hier passiert, ist eine Umkehr der Beweislast und es ist davon auszugehen, dass solche Vorgänge nicht nur für solche Straftaten initiert werden.

Ich bin gespannt wie lange es dauert, bis alle Autofahrer pauschal der illegalen Abfallentsorgung an Autobahnraststätten verdächtigt werden oder Bürger einer Stadt des Rotlichtverstoßes oder der nicht genehmigten Demonstration oder der illegalen Nutzung nicht autorisierter Informationen...

(Quelle: Spiegel, danke Gex)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Bedingt durch die DSGVO müssen Kommentare zu Beiträgen der Tapirherde manuell freigeschaltet werden, um um der Veröffentlichung von Spam-, Hass- oder sonstiger unerwünschten Kommentaren vorbeugen zu können. Die Veröffentlichung eines Kommentars kann deshalb ein wenig dauern. Sorry dafür.
Wenn Sie Beiträge auf Tapireherde kommentieren, werden die von Ihnen eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. die IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Weitere Infos dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.