Dienstag, 18. Juli 2006

Deutsch-Polnische Beziehungen

Zwar blicken momentan alle Augen auf den Nahen und Mittleren Osten, aber auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft geht es gerade "zur Sache". Zwar nicht mit so tollen Bildern, aber dafür mit ebenso tollen Ideen und Ansichten. In Polen haben Zwillingsbrüder die Staatsführung übernommen. Die Brüder Kaczynski haben jetzt die höchsten Ämter des Staates inne und werden unseren unmittelbaren östlichen Nachbarn in nächster Zeit regieren.

Das ist für sich gesehen noch nicht so dramatisch, veranlaßte aber die TAZ zu einer Satire, über deren Qualität und Orginalität man streiten kann. Jedenfalls wird diese Satire in Polen Gegenstand heftigster politischer Verstimmung. So weit geht die Verstimmung, dass die polnische Staatsführung von der Bundesregierung verlangt, sie solle gegen die Autoren Strafrechtlich vorgehen, denn das Verunglimpfen der obersten Chefs ist in Polen bei Strafe verboten. Sogar einen europäischen Haftbefehl wollte man einfordern.

Die Bundesregierung hat sich darüber nicht weiter geäußert und durch die Blume mitgeteilt, wie man über das Ansinnen denkt und das ist auch gut so. Immerhin haben wir hier nicht ohne Grund ein Recht auf freie Meinungsäußerung und ein Recht auf politische Opposition und das Grundrecht auf Freiheit der Kunst und so weiter. Diese Grundrechte verteidigen die ansonsten ja eher portestfaulen Deutschen sogar überraschend vehement. Oder genauer: lassen verteidigen. Von den Medien. Jedenfalls hat sich in Polen, das seit Jahren eine zunehmend deutlicher wahrnehmbare und von manchen geförderte Rechtsdrift mitmacht, die Ansicht festgesetzt, dass diese Satire ein Problem ist.

Natürlich ist diese Satire nicht die Ursache. Die ist vielmehr da zu suchen, dass es niemanden gibt, der kontrolliert, was denn da so veröffentlicht wird. Und weil das eben niemand kontrolliert, kann es schnell mal zu Eskalationen kommen. Das haben wir ja in jüngster Vergangenheit nicht nur im Zusammenhang mit Karikaturen aus Dänemark vorgeführt bekommen. Es ist nicht wirklich "neu", wie empfindlich gerade Polen reagiert, wenn man die häufig sehr geschönte Interpretation historischer Überlieferungen auf eine nachprüfbare Faktenbasis stellt. In diesem Punkt von zwanghafter Realitätsverneinung zu sprechen wäre vielleicht etwas gewagt, auffällig ist das Verhalten allemal.

Jedenfalls möchte Polen uns beibringen, wie das denn so geht mit Staatsführung und internationalen Beziehungen und so. Und deshalb wurde die Lösung des Problems jetzt an die "Alltagspolitik" verwiesen, die sich mit der Lösung der Probleme im Sinne Polens befassen soll. So veröffentlichte Marcin Bosacki ein Essay, in dem er darstellt, wo denn die Probleme zu suchen sind und wie man (Deutschland) sie zu lösen hätte. Spiegel Online veröffentlichte die deutsche Übersetzung.

In dem Essay bleibt kein Zweifel daran, dass die Schuld natürlich bei den Deutschen liegt, die sich aus der Mitte der Europäischen Union entfernt hätten und ihre eigenen Interessen über die der Gemeinschaft stellen und dass es natürlich eine Anmaßung der Deutschen ist, aus den wenigen Fehlern der neuen Staatsführung Polens auf die zukünftige politische Entwiklung zu schließen. Auch ist es natürlich die Beleidigung als solche Schuld der Deutschen, die diese Entgleisung der Presse hätten verhindern müssen und natürlich dürfen die Deutschen sich nicht einfach an Polen vorbei Politik machen, schon gar nicht dann, wenn es um Rußland geht. Auch historische Debatten sollten doch bitte endlich im Sinne Polens beendet werden, denn wer historisch der Schuldige ist, ist doch schließlich hinlänglich bekannt.

Ich bin gespannt wann Polen unter Hinweis auf das Recht auf Selbstverteidigung der existentiellen Bedrohung durch Deutschland ein Ende und die eigene Armee unter dem Zeichen des Kreuzes und der allumfassenden Wahrheit in Marsch setzt, denn das ist ja gerade wieder ein probates Mittel internationaler Diplomatie...

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