Dienstag, 18. April 2006

Rechts ab?

FaschosIn Potsdam wurde jemand überfallen. Das passiert auch anderswo. An diesem Fall sind allerdings drei Fakten herausragend: Die Tat wurde mit erheblicher Brutalität begangen, das Opfer ist äthiopischer Abstammung und in Deutschland kursiert gerade die Debatte um die Integration.

Keine Frage, die Tat mit unstrittig ausländer- bzw fremdenfeindlichem Hintergrund ist ein weiteres negatives Highlight in Deutschland. Es ist richtig, dass mit aller Härte dagegen vorgegangen wird. Alas: War das nicht irgendwie abzusehen? War da nicht "neulich" noch diese Geschichte in ... wie hieß das noch... da im Osten mit dem Dings... na... wo der nicht auftreten durfte? Genau. Die Rede ist von dem Konzert von Konstantin Wecker in Halberstadt, das leider ausfallen musste, weil faschistoide Gruppierungen Aktivität angekündigt hatten.

In der sich anschließenden - und wahrscheinlich nicht zufällig sehr klein und kurz gehaltenen - politischen Debatte wurde schließlich festgestellt, dass der Rechtsradikalismus ja keine Gefahr in Deutschland mehr sei und dass der eingeschlagene Weg der Politik der richtige wäre: Die rechten Parteien hätten ja bei der Wahl den Sprung in die Parlamente nicht geschafft und das sei ja ein deutliches Zeichen. Nur falls es den Herren und Damen Politikern noch nicht aufgefallen sein sollte: Diesen Gruppierungen ist der "demokratische Prozess" nicht nur - mit Verlaub - scheißegal, er ist sogar Inbegriff all dessen, gegen was sie nach eigener Ansicht stehen und kämpfen.

Was zeigt dieser Vorfall? Der Rechtsextremismus ist in Deutschland präsent. Er ist eine faktische Bedrohung. Die Politik sieht da zwar nicht so sehr das Problem: "Hab ich im Parlament nicht neben mir sitzen, wohnt nicht in meiner Straße, gibts nicht am Internat meiner Kinder, also ist es nicht existent". Maßnahmen werden aber sicherlich keine folgen. Jedenfalls keine mit Breitenwirkung oder gar solche, die offensiv Front machen gegen Rechts. Ja, man wird dieses eine spezielle Verbrechen ahnden und Politiker aller Parteien werden sich - im Beisein der Presse - regelmäßig nach dem Befinden des Opfers erkundigen und lamentieren, wie "böse und gemein" das doch war. Aber Maßnahmen ergreifen? "Um Gottes Willen! Bloß nicht! Nachher bin ich noch verantwortlich!" Stattdessen aber den Widerstand gegen Rechts vor Gericht zerren. Das ist mal clever.

Gibt es hier Methode? Gibt es hier ein "System"? Warum wird nicht mit "voller Wucht" gegen Rechts vorgegangen? Warum wird geleugnet, dass es ein Skandal ist, wenn sich Politiker der ach so großen Volksparteien von einer Bande rechter Gewalttäter erpressen lassen? Was wird dem Volk hier für eine Botschaft vermittelt? "Erpressung ist legitim"? "Rechts ist ok"? "Besser Rechts als Links"?

Oder wird hier einfach nur gelebte Ignoranz vorgeführt?

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