Montag, 9. April 2018

Wenn es der Post zu langweilig wird, klingelt sie bei Opa

Ich bin Fan kreativer Ideen. Wenn die dann auch noch nicht nur ausreichend interessant, sondern tatsächlich hilfreich sind, umso mehr. Deshalb finde ich den grundsätzlichen Ansatz aus Bremen gar nicht so verkehrt. Wie gesagt: grundsätzlich. In Bremen hatte man folgende Idee:

Die völlig unterforderten Postboten werden zukünftig ihre massenhafte Freizeit besser zu nutzen wissen. Nach Vorstellungen der total bürgernahen und stets den Finger am Puls der Zeit und natürlich immer den eigenen Kontostand Angestellten im Blick habenden Chefs werden die Postboten in Bremen künftig bei "ausgewählten" Senioren klingeln und nach ihrem Wohlbefinden fragen.

"Post persönlich 2.0", so der wohlklingende Name des Modellprojektes, wird in den kommenden Tagen im Detail vorgestellt. Allerdings ist schon jetzt bekannt, dass vor allem eines nicht passieren wird: Eine Aufstockung des Personalbestandes ist schon heute ausdrücklich ausgeschlossen worden. Selbstverständlich wird dieser "Service" nicht kostenlos sein.

In der Theorie werden die Postboten klingeln, nach dem Befinden fragen und dann wieder abrücken. Immerhin müssen ja noch zwei oder drei Briefe entsorgt, Verzeihung, ich meinte natürlich zugestellt werden. Was aber tun, wenn niemand antwortet? Oder wenn - oh graus! - Hilfe erbeten wird? Oder wenn gar - welch abwegiger und schrecklicher Gedanke - der wachgeklingelte Senior plötzlich Redebedarf hat?

Ganz einfach. In diesen Fällen ist der Postbote natürlich nicht zuständig, sondern aktiviert über den Johanniter-Hausnotruf andere, die sich dann um das Problem kümmern dürfen, während fleißig weiter Briefe zugestellt und Klingelknöpfe gedrückt werden. Gleichzeitig sollen die Postboten natürlich auch noch Werbung machen. An jeder Haustür soll ein Faltblatt persönlich überreicht werden, in dem für ehrenamtliches Engagement (lies: sich kostenlos ausnutzen lassen durch Unternehmen, die dafür richtig Kohle kassieren) geworben wird.

Ach und oh Wunder der Choreographie, gleichzeitig wird auch eine neue Dienstleistung vorgestellt: Postboten überbringen Bargeld von der Sparkasse Bremen, wenn das vom Kunden angefordert wurde. Mal so unter uns: Es sind ja noch nie Briefe weggekommen. Und Geld ist aus Briefen auch noch nie verschwunden.

Sowohl die Gewerkschaft Verdi als auch der Betriebsrat sind voll für diese Aktion. Denn in Zeiten von Email haben Postboten ja nichts mehr zu tun. Da gilt es Jobs zu sichern. Übrigens war ein ähnliches Projekt bereits 2014 am Start. Im Ruhrgebiet. Allerdings ohne den Zusatzdienst "Bargeld" und ohne Faltblattwerbung. Knappe 40 Euro sollte damals die Aufmerksamkeit der Briefträgerinnen und Briefträger kosten. Seltsamerweise war das den Senioren wohl etwas zu teuer. Dabei schwimmen die doch alle im Geld.

1 Kommentar:

  1. Herrlich. Unser Postbote schafft es nicht mal, die Post in seinem Bezirk (en) an einem Tag auszutragen. Manchmal sieht man ihn am nächsten Morgen mit Stirnlampe Post austragen, so gegen 6-7 Uhr morgens. Während der Urlaubszeit kann es sogar soweit kommen, dass die Post sich nur einmal die Woche blicken lässt. Der wird sicherlich hoch erfreut sein, noch bei ausgewählten Senioren klingeln zu dürfen. Was das Überbringen von Bargeld anbelangt, sehe ich das mehr als kritisch. Unsere Postbote ist schon manchmal mit den Nachnahme-Päckchen überfordert. Abgesehen davon, dass die Vertrauenswürdigkeit der Post auch schon ziemlich angeschlagen ist.

    Man wird sehen was die Zukunft zeigt.

    AntwortenLöschen

Bedingt durch die DSGVO müssen Kommentare zu Beiträgen der Tapirherde manuell freigeschaltet werden, um um der Veröffentlichung von Spam-, Hass- oder sonstiger unerwünschten Kommentaren vorbeugen zu können. Die Veröffentlichung eines Kommentars kann deshalb ein wenig dauern. Sorry dafür.
Wenn Sie Beiträge auf Tapireherde kommentieren, werden die von Ihnen eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. die IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Weitere Infos dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.