Donnerstag, 15. März 2018

Konsens und Harmonie - Bitte nicht um jeden Preis

Mir geht schon lange der a priori gesetzte Zwang auf den Sack, bei jeder Diskussion, jeder Meinungsverschiedenheit und jeder Thematik immer und in jedem Fall der Harmonie wegen auf Kompromiss ausgerichtet sein zu müssen. Mir erschließt sich einfach nicht, warum diese Prämisse angeblich immer und in jedem Fall gelten soll. Warum muss eine Position aufgeweicht werden, sobald jemand die Sache anders sieht? Ist 2 + 2 plötzlich nicht mehr 4, nur weil irgendjemand meint, sein Weltbild verbiete die Zahl 4 und deshalb sei 2 +2 entweder 3 oder 5, je nach Wochentag? Soll ich einräumen, dass das Ergebnis von 2 + 2 diskutierbar ist, nur damit ich irgendjemandem sein krudes Weltbild erhalte?

Nicht falsch verstehen: Bei der Suche nach Antworten ist es unumgänglich, Sichtweisen zu hinterfragen und anzupassen. Spätestens wenn klar wird, dass die eigene Position auf unvollständigen Voraussetzungen oder falschen Annahmen basiert. Oder wenn Meinungen und Fakten kollidieren. Oder kürzer: wenn sich herausstellt, dass man zwar den Hals aufklappt, aber eigentlich gar keine Ahnung hat, das Gegenüber aber schon. Harmonie und Ausgleich sind ja gut und schön, aber Kompromiss einzig nur um des Kompromisses Willen... da hört es bei mir auf. So richtig griffig und eloquent konnte ich das allerdings bisher nie so richtig auf ein konkretes Beispiel anwenden und 'rüberbringen.

Hilfestellung leistet mir Dr. Bernhard Weidinger. Der sagte in einem Interview:

SPIEGEL ONLINE: Also sollte man Rechtspopulisten weniger Aufmerksamkeit schenken oder gar ignorieren?

Weidinger: Unterhalb einer gewissen Relevanzschwelle wirkt Berichterstattung oft eher als Werbung denn als Aufklärung. Wo die extreme Rechte politische Relevanz erlangt, was im Fall der AfD ja nicht zu leugnen ist, muss man sich natürlich mit ihr auseinandersetzen. Aber die Idee, dass sich in Diskussionen 'auf Augenhöhe' das bessere Argument durchsetzt, geht nicht auf, weil der populistische Stil gar nicht auf Überzeugung abzielt. Ihm geht es um Emotionalisierung, Verschleierung, Schmeichelei gegenüber den 'Eigenen' und Feindbildpflege in Bezug auf die 'Anderen'. All das funktioniert in Talkshows als inszenierte Schaukämpfe wunderbar. Ich bin für Berichterstattung über Rechtsextremismus, aber ich bin gegen einen Dialog mit Rechtsextremisten. Dialog bedeutet immer auch Legitimierung.

Das bringt auf den Punkt, was ich meine.

1 Kommentar:

  1. Es ist gut zu verstehen, was du meinst. Ich selbst mag es gerne harmonisch, aber auch nicht um jeden Preis. Es gibt Dinge, die sind mir nicht wichtig genug, da gehe ich dann auch gern Kompromisse ein. Aber es gibt durchaus auch Dinge, es gibt es sie nicht, da es einfach keinen Sinn machen würde. Manchmal ist ein klein bisschen nachgeben schon zu viel, wenn man genau weiss, dass es falsch ist. Da muss man standhaft bleiben.

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