Sonntag, 11. März 2018

Quo Vadis SPD?

Die SPD hat es geschafft, sich vom Range einer Firma Partei, die zumindest theoretisch grundsätzlich dazu in der Lage sein könnte, sich alleine einen regierungsfähigen Prozentsatz bei einer Bundestagswahl zu erkaufen erobern, auf das Segment "ambitionierter Nebendarsteller" zu befördern. Das mag man - je nach politischer Bildung, Ausrichtung, Kompetenz und individueller Dummheit - begrüßen oder eben nicht. Angesichts der verschiedensten Glanzleistungen anderer Zusammenschlüsse überbezahlter Volksvertreter, erscheint es mir unangebracht, einzig auf den Resten einer ehemals Mehrheiten der Bevölkerung dieses unseres Landes als alleinige Versammlung ausgemachter Professionalidiotie herumzutrampeln - auch wenn ich das aus Perspektive des Nichtinitiaten beobachtbare Postengeschachere schon bemerkenswert albern bis vielsagend finde, aber sei es drum.

Die Spitze der Verzweiflung schien mit 15% bei der Sonntagsfrage erreicht und Befürchtungen ob der weiteren Überlebensfähigkeit dieses käuflichen Zankvereins mehr als nur angemessen. Offenbar steht es aber noch sehr viel schlimmer, als selbst ich über Popcorn und Dosenbier hinweg befürchtet habe. Warum?
"Das gab es seit der Nominierung von Martin Schulz nicht mehr. Nach dem positiven Mitgliedervotum steigen die Genossen enorm in der Wählergunst."

"Nach Monaten der Verluste kann die SPD ihren Sinkflug in einer Umfrage stoppen. Im „Sonntagstrend“, den das Meinungsforschungsinstitut Emnid wöchentlich für die „Bild am Sonntag“ erhebt, legt die Partei gegenüber der Vorwoche um drei Prozentpunkte auf 19 Prozent zu. Damit stiegen die Genossen in der Wählergunst so stark wie seit der Nominierung von Martin Schulz zum SPD-Kanzlerkandidaten nicht mehr. Ende Januar 2017 gewann die SPD zunächst sechs Prozentpunkte hinzu auf 29 Prozent, eine Woche später noch einmal drei Prozentpunkte auf 32 Prozent." (Welt)
Wie schlecht muss es einer Partei gehen, sich ausgerechnet von der Welt, jenem für Weltklassejournalismus täglich gefeierten Presseoutlet, dafür feiern zu lassen, wenigstens in der Nähe von 20 Prozentpunkten herumzulavieren? Und für wie hirnentkernt enddoof hält die zuständige Redaktion ihre Leser Konsumenten, wenn sie allen Ernstes 19 (neunzehn!) Prozent mit 32 (zweiunddreißig) Prozent gleichsetzt?

Die lange Liste der politischen Erfolge der designierten Führungsriege der SPD erschöpft sich ja in parteiinternen Intrigen (Müntefering, Scharping, Gabriel) und eher der Partei Die Linke zuzurechnenden Positionen (Nahles) und sagenhaft erfolgreich umgesetzten Wirtschaftskongressen und Bürgermeister sein (Schloz). Aber damit nicht genug. Jurist und Publikumsliebling Maas wechselt nach einer enormen Erfolgsserie aus dem Ministerium der Justiz auf den Posten des Außenministers. Berufsreferent Hubertus Heil, von sagenhaften 61% der eigenen Parteigänger unterstützt, wird Arbeitsminister (wer die Pointe verpasst hat: Üblich sind bei den Parteiinternen Inthronisierungszeremonien Zustimmungsergebnisse jenseits der 80%), wobei sich die Frage stellt, wofür der Mann eigentlich steht. Seine bisherige Laufbahn verlief bislang weitgehend frei von Inhalten. Katarina Barley, Juristin, nach ihrer überaus erfolgreichen Tätigkeit als Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Stichwort: Rechtsanspruch auf Kita-Platz) übernimmt das Ministerium für Justiz und Svenja Schulze, unter deren Führung über zweitausend Brennelemente aus einem Forschungsreaktor verschwanden, übernimmt das klassische Erfolgsthema der SPD "Umwelt".

Mit diesen Popularitätsmagneten und Erfolgsgaranten wird es der SPD mit Sicherheit gelingen, sich der zweifelnden Bevölkerung (lies: mir) als Vertreter und naheliegender Adressat aller Sorgen, Nöte und Interessen zu positionieren. Ich gönne es der SPD wirklich, ein Konzept als Wesens- und Markenkern zu finden, das sie glaubwürdig vertreten und umsetzen kann. Allerdings habe ich Zweifel. Die Agenda 2010, die Causa Schröder, der unfassbare Verschleiß an Führungspersonal und nicht zuletzt das ständige Umfallen bei nahezu allen Grundsatzpositionen, zuletzt bei der Frage nach dem Wiedereintritt in eine Regierungskoalition, machen die Partei insgesamt im Moment für mich zu einem eher ungeeigneten Verein, dem es eher um sich selbst zu gehen scheint, als um Land, Leute, Zukunft und das Große und Ganze.

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