Während die Diskussion um die Onlinedurchsuchung immer mehr zu einem Possenspielchen ausartet, in dem es immer weniger um die Sache an sich, aber dafür immer mehr um philosophische Überlegungen um den Staat und seine liberale Rechtsordnung geht, treffen sich in Lissabon die Innenminister der EU-Staaten. Sie werden unter anderem Diskutieren, was alles an Maßnahmen umzusetzen ist, damit Europa - aus ihrer Sicht - sicherer wird. Was sie dabei unter "sicher" verstehen, ist klar: Sicherheit bedeutet, dass der Staat jederzeit alles über seine Bürger weiß, steuert, was der Bürger weiß und jederzeit die Kontrolle darüber behält, was der Bürger überhaupt darf. Nur dann, so die unausgesprochene Maxime, wenn der Mensch komplett überwacht und jedes Schutzrechtes gegenüber dem Staat beraubt ist, gibt es überhaupt Sicherheit für den Staat.
Darum ist es wohl nicht verwunderlich, dass zum Beispiel das Bundeskriminalamt seit Jahren jeden Besucher seiner Webseite nicht nur registriert und seine IP-Adresse speichert, sondern den Besuch als solchen bereits zum Anlass nimmt herauszufinden, welche Person denn zu dieser IP gehört. Und was diese Person so alles treibt. Und ob man diese Person nicht vielleicht dauerhaft kontrollieren sollte. So berichtet jedenfalls der Tagesspiegel. Wir müssen uns glaub ich nicht darüber streiten, dass "identifizieren" auch bedeutet, dass erstmal alle erreichbaren Akten und Datenbestände eingesehen werden, wer denn dieser jemand da genau ist. Wie war das noch mit dem Gesetz über den behördenübergreifenden Datenaustausch?
Jedenfalls will man auf EU-Ebene jetzt noch ein paar drauflegen. Zwar bezeichnete der jüngst ins Gerede gekommene EU-Innen- und Justizkommissar Franco Frattini die Berichte über seine Vorschläge und Ideen als unzutreffend. Er habe gar nicht vor jeden zu verfolgen, der solche Wörter wie "Bombe" oder so im Internet sucht. Viel mehr wolle er alle Seiten finden und schließen, auf denen Anleitungen zum Bombenbau oder Ähnliches verbreitet werden, denn das sei die wirkliche Gefahr.
Wenn schon alle solche Seiten gesucht und "verboten" werden sollen, wer glaubt ernsthaft, dass es "nur" dabei bleibt? Wer definiert denn, was "gefährliches Wissen" ist? Und wer glaubt bitte, dass es bei der kontinuierlichen Überwachung von Webseiten bleibt? Einen Ausblick gibt der Forderungskatalog, der diskutiert werden soll. Darin wird unter anderm Verlangt, dass die EU mit der USA gleichzieht und ebenfalls alle nur denkbaren Daten über Flugpassagiere erhebt, denn für Frattini ist "die EU mindestens genau so vom Terror bedroht wie die USA". Damit nicht genug. Es soll auch eine EU-weite Datenbank eingeführt werden, auf die dann alle Polizeibehörden aller EU-Länder Zugriff haben werden. Natürlich nur, damit man sich gegenseitig darüber informieren kann, wo Sprengstoff geklaut wurde. Oder wer vielleicht irgendwo falsch geparkt hat.
Oder vielleicht mal nach "Bombe" im Internet gesucht hat oder mal in einer Bibliothek war oder vielleicht auch nur mal auf Bildungsreise im Ausland war...
(Quelle: Tagesspiegel, Tagesschau)
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