Sonntag, 12. August 2007

Emotionskontrolle

CCTV ÜberwachungskamerasDie United States of Paranoia leben in der Vorstellung, dass absolute Sicherheit machbar und lediglich eine Frage des Aufwandes ist. Das Einfallstor schlechthin für alle Terroristen sind nach der Diktion der Amerikaner die Flugzeuge. Da Terroristen immer aus dem Ausland kommen, sind natürlich alle Flüge aus dem Ausland in Richtung USA ein ganz gravierendes Sicherheitsproblem. Darum müssen wir ja jetzt auch immer brav unsere Daten abgeben und von den USA archivieren und auswerten lassen.

Da alleine diese Sicherheitsmaßnahmen noch nicht ausreichen, hat sich das Department for Homeland Security (DHS) ausgedacht, dass ab 2012 an allen Grenzübergängen alle in die USA Einreisenden automatisch von Kameras und allerlei anderen Sensoren abgetastet werden sollen. Von besonderem Interesse sind für die Sicherheitswächter dabei die Emotionen des Flugreisenden, denn anhand der Emotionen, so die Idee, könne man ablesen, wer denn so alles eine Straftat plane. Das soetwas einwandfrei funktioniert, haben wir das ja schon im Kino gelernt, siehe "Minority Report" und die Gefahren der Emotionen kennen wir hinlänglich aus "Equilibrium".

Jedenfalls soll ab 2012 ein vollautomatisches System Blutdruck, Puls, Perspirationsrate, Bewegungen und Gesichtsausdruck jedes Reisenden vermessen und bewerten. Erscheint irgendetwas verräterisch, wird Alarm geschlagen. Stolz verweist die Transport Security Administration (TSA) darauf, dass man mit den 2003 eingeführten Gesichtskontrollen bereits einige Drogendealer, Geldwäscher und sogar einen Doppelmörder gefasst habe. Eine Ausweitung dieser Fahndungsmethode ist deshalb naheliegend und erfolgversprechend - glauben jedenfalls die Behörden.

Die Theorie ist, dass der Mensch seine Mimik zwar kontrollieren und steuern kann, es aber Augenblicke gibt, in denen ihm diese Kontrolle zusammenbricht. Diese Ausfälle nennt der Fachmann "Mikroexpression", allerdings dauert eine solche Veränderung im Schnitt nur knapp eine fünftel Sekunde. Einem Menschen entgeht das vielleicht, einem Computer wahrscheinlich nicht. So jedenfalls die Theorie. In der Praxis stellen sich jedoch ein paar Fragen: Welche Emotionen sind denn wohl verdächtig? Liebe? Abneigung? Neutralität? Stress? Trauer? Wut? Oder gar Verwirrung?

Egal, denkt man sich bei den US-Sicherheitsbehörden. Es ist völlig unerheblich, ob eine Maschine den Unterschied zwischen echter und gestellter Emotion erkennen kann. Auch ist für den Normalsterblichen schwer vorstellbar, wie jeder Passagier, der - aus Sicht des Computers - auffallend unter Stress steht, befragt werden soll, der Behörde ist das völlig Wumpe. Man denke dabei nur an solche Kleinstflughäfen wie LAX oder JFK an einem gewöhnlichen Montagmorgen. Auch die Anzahl der Falschmeldungen ist den Sicherheitsbehörden völlig egal: Solche Fehlalarme nimmt man in Kauf, solange die Technik den Hauch einer Chance biete, die USA sicherer zu machen.

Ich hätte da einen besseren Vorschlag: Macht einfach alle Grenzen zu und lasst niemanden mehr rein oder raus.

(Quelle: Welt)

6 Kommentare:

  1. Offensichtlich reicht es ja schon, Journalist zu sein, um eine potentielle „Bedrohung“ für die USA darzustellen.

    http://www.guardian.co.uk/usa/story/0,12271,1231089,00.html

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  2. "Haben Sie vor, während ihres Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten von Amerika eine Straftat oder ein Verbrechen zu begehen?" [_]ja [_]nein

    Nicht lachen, steht wirklich drin (natürlich english) und ist ernst gemeint. Wer aus Jux "ja" ankreuzt, hat sich auf längere Zeit jede Chance verspielt, jemals einreisen zu dürfen...

    Bei der Einreise nach Australien wurde man bislang gefragt "Do you have a criminal record?" - also ob man in einem Strafregister eine Eintragung hat. Wer hier mit "Oh, I didn't know that I still need one down here..." antwortet, darf auch sofort wieder nach Hause...Die Aussies verstehen bei Witzen über die ehemalige britische Strafkolonie keinen Spaß.

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  3. Zumindest müssen wir nicht bis 2012 warten, um mögliche Auswirkungen zu sehen - LA hat es uns dieses Wochenende schon mal vorgeführt:
    http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,499479,00.html

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  4. So weit weg (andere Seite vom Teich) ist die Paranoia nicht. Wenn man sich mal vorstellt, Deutschland hätte einen vergleichbaren Etat, würde die Idee höchstwahrscheinlich unseren Gollum auf Rädern (+andere) beflügeln.

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  5. "unser Gollum auf Rädern" - Nein wie gehässig...

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  6. Aber irgendwie treffend. Kann man Kommentare anderer leute hier nicht bewerten? Dafür gäbs mal sowas von ++ ;-)

    @jhary: Nimm mal eine kürzere URL oder jag' die Spiegel-URL durch TinyURL.com, dann ist sie auch nutzbar:
    http://tinyurl.com/2b97xp

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