Mittwoch, 25. Juli 2007

Abstand halten

CCTV ÜberwachungskamerasÜberwachungssysteme stehen bei auf die Sicherheit fixierten Behörden ganz hoch im Kurs. Besonders Kameras werden gerne als die Sicherheitsgaranten schlechthin genannt. Sollen sie doch Verbrechen aufklären helfen und Sicherheit produzieren und so weiter. Zwar konnte noch kein einziges der Argumente der Befürworter eine lückenlosen Kameraüberwachung bewiesen werden, aber das ist ja auch völlig egal, denn es reicht ja die ungefähre Ahnung, dass die Auswirkung positiv sein könnte.

Positiv ok, aber für wen eigentlich? In Beijing zum Beispiel werden Paare jetzt davor gewarnt, sich in der Öffentlichkeit zu küssen. Das könnte nämlich die Polizei auf den Plan rufen. Die verlässt sich inzwischen auf ihre automatischen Überwachungskameras, deren Auswertungssysteme besonders den Abstand der Menschen zueinander bewerten. Dadurch sollen Straftaten wie zum Beispiel Entführung, Raub oder Taschendiebstahl erkannt werden. Darum wurden die Systeme auf einen bestimmten Sicherheitsabstand der Menschen zueinander programmiert. Wird der verletzt, lösen die Computer Alarm aus und Polizisten beschäftigen sich mit der Sache.

Immerhin: Schon nächsten Monat will man in China eventuell Schilder anbringen, die auf die Überwachung hinweisen. Gleichzeitig will China aber auch die Überwachung gleichschalten und vereinheitlichen. In Anbetracht der kommenden Olympiade will man alles tun, um die Sicherheit zu maximieren.

Und das scheint am Einfachsten zu gehen, in dem man das Verhalten der Menschen ändert und nicht die Programmierung der Maschinen verbessert. Ich mein, mal ehrlich: Wenn die Kamerasysteme Orwel-like alleine entscheiden, ob da eine Straftat vorliegt oder nicht und bekannt ist, dass diese System nicht dazu in der Lage sind zu unterscheiden, ob zwei Menschen sich gern haben und einfach nur rumknutschen oder ob da eine Straftat begangen wird, dann wäre meine erste Reaktion das System "nicht ausgereift" zu nennen und es den Entwicklern zurückzuschicken.

Scheinbar bin ich mit dieser Idee aber recht alleine. Was mich dabei allerdings so verwirrt ist die Verwandtschaft der Argumentation dort wie hier. Weder in China noch sonstwo kann belegt werden, dass durch die Überwachung der einzelne Bürger tatsächlich sicherer ist. Weder hier wie dort ist nachweisbar, dass durch die Überwachungssysteme Straftaten verhindert werden. Insgesamt ist das einzige, was den Systemen tatsächlich attestiert werden kann, dass sie es den Sicherheitsbehörden (und damit dem Staat) effizient ermöglichen, umfangreiche Bewegungsprofile der Bürger automatisiert anzulegen und auszuwerten.

Und damit das nicht so aufwändig wird, ändert man eben ein paar Gesetze, damit sich die Menschen "überwachungsfreundlicher" verhalten...

7 Kommentare:

  1. mhh... das in china war mir neu - verwundert mich aber nicht. in so ziemlich jedem land auf diesem planeten schein die richtung der entwicklung ja ähnlich zu sein. Hobbes' Leviathan lässt grüßen...

    die technische entwicklung schreitet voran - einigen (betrachtet man den staat als kontinuum müsste man sagen "einem") nicht schnell genug, also sollen sich die menschen entsprechend anpassen. ich frage mich, wo die ursachen darin liegen, dass sich scheinbar niemand daran stört. kann man den menschen etwa wirklich nur auf auf seinen überlebenswillen reduzieren?

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  2. in london sind nachweislich die straftaten um einen gewissen prozentanteil, den ich gerade nicht im kopf habe, zurückgegangen, dank der überwachungskameras....

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  3. Quelle? Die mir bekannten Quellen, die sich bisher zu dem Thema äußern, belegen lediglich eine Verlagerung der Kriminalität, aber nicht einen Rückgang: Wenn eine Straftat nicht hier sondern da begangen wird, ist das kein Rückgang.

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  4. kommt drauf an ob man für hier oder da oder für hier und da zuständig ist

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  5. Ich verstehe nicht, warum überwachungskameras in der Öffentlichkeit, gleich mit Überwachungsstaat verbunden wird.
    Die wirksammkeit der Überwachung mag ja dahingestellt sein, aber ich kann es mir nicht vorstellen, das irgend sich die Arbeit macht, über jeden und alles sämtlichen verfügbaren Daten zu speichern. Diese Datenmengen sind so gigantisch, das es sicht wohl nicht rechnet allen Bürgern nachzu spionieren.
    Mir ist der Gadanke auch fremdartig, zu wissen das alle meine Telefongespräche abgehört werden, aber da ich mir nichts schlechtes vorzuwerfen habe, ist es schon eine genugtuung zu wissen, das die vielen Daten von mir vergebens ihre Festplatten belegen.

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  6. Erinnert an "Die Insel", da dürfen Männlein und Weiblein sich auch nicht zu nahe kommen, geschweige denn berühren ;)

    btw: http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,496243,00.html

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