Dienstag, 1. Mai 2007

Aprilwetter

30 Grad ThermometerEs wird warm auf der Erde. So warm, dass es mitten im April so warm ist, wie sonst eher im Hochsommer. Seit über 200 Jahren soll dies der wärmste April gewesen sein. In Karlsruhe hat es in diesem Monat gar nicht geregnet, in anderen Gegenden eher sehr wenig. Seit beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnung 1901 soll es sogar der wärmste, sonnigste und trockenste April gewesen sein.

Die Hitze hat ernste Folgen. Die Landwirtschaft leidet erheblich unter dem ausbleibenden Regen. Beim Raps zum Beispiel rechnet man mit 30% und mehr Ernteausfällen. Die Wintergerste hat wegen der Trockenheit auf vielen Feldern das Wachstum komplett eingestellt. Besonders im Osten der Republik wird es immer trockener. Professor Friedrich Wilhelm Gerstengarbe vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung:
"Der Osten Deutschlands ist vom Klimawandel deutlich stärker betroffen. Es ist das trockenste Gebiet in ganz Deutschland." "Die Gebiete der neuen Bundesländer haben die geringsten Niederschläge. Und wir befürchten, dass die Niederschläge in den nächsten Jahrzehnten deutlich zurückgehen." "In Zukunft kann man Maispflanzen in Gegenden, in denen Trockenheit herrscht, nicht anbauen. Denn sie brauchen viel Wasser. Stattdessen sollte man Hartweizen verwenden, der beispielsweise in Italien angebaut wird und der viel trockenresistenter ist."
Das kommt bei den Landwirten der Region eher nicht so gut an. Der Landesbauernverband zweifelt offen an der Seriosität des Instituts für Klimafolgenforschung, obwohl dessen Direktor Schellenhuber Berater der Bundesregierung für Klimafragen ist. Holger Brandt, Sprecher des Brandenburger Bauernverbandes:
"Institute müssen Werbung für sich selbst betreiben." "Ich betrachte diese Aussagen bedingt als populistisch."
Der Grund dafür ist offensichtlich. Der Maisanbau ist Grundlage für eine nicht eben unwichtige Einnahmequelle, die Milchproduktion. Der Futtermais ernährt das Milchvieh. Fällt dieser weg, muss Futter teuer eingekauft werden. Hinzu kommt die Einschätzung der Landwirte, dass zum Beispiel die betroffene Lausitz für Weizen gar nicht geeignet sei:
"Der Ertrag ist mindestens um zwei Drittel niedriger als in typischen Weizenanbaugebieten. Weizen ist überhaupt keine Alternative." "Man muss darüber nachdenken, ob man nicht gänzlich aufhört mit der Milchproduktion, wenn hier nichts mehr läuft."
Das Landesumweltamt Brandenburg nennt das Klima der Niederlausitz bereits "Steppenklima" und führt das auch auf den seit 150 Jahren betriebenen Braunkohleabbau zurück, dem Wälder, Moore und Feuchtgebiete zum Opfer fallen. Das größte Problem ist aber, dass für den Abbau der Braunkohle das Grundwasser durch die Energiekonzerne massiv abgesenkt wird. So wird die Braunkohle auf mehrere Art zur problematischen Energiequelle.

Ungeachtet dessen suchen die USA nach einer langen Blockadehaltung langsam und vorsichtig eine Annäherung an die Umweltpolitik Europas. Beim USA-Europa-Gipfel in Washington haben Präsident Bush, EU-Ratspräsidentin Merkel und Kommissionschef Barroso ihre gemeinsame Linie betont. Unsere Bundeskanzlerin verkündet gar, dass es beim Klimaschutz Fortschritte gäbe:
"Wir wissen, dass wir das Problem gemeinsam lösen müssen" und man sei "auf einen gemeinsamen Nenner gekommen."
Selbst US Präsident George Bush verkündet, dass das Problem des Klimawandels ein bedeutendes Problem sei. Er hält die Reduzierung der Abhängigkeit vom Öl und die Entwicklung neuer Umwelttechnologien sowohl für Amerikaner als auch für Europäer für gleichermaßen wichtige Ziele. Beide Seiten hätten anerkannt, dass sie ein gemeinsames Problem hätten. Trotzdem betont er, dass jedes Land seinen eigenen Weg finden müse, diese Probleme zu lösen - wohl um klarzustellen, dass das Abkommen von Kyoto für die USA auch weiterhin nicht annehmbar sein werde.

Das alles geht manchen Klimaschützern nicht schnell genug. Darum will jetzt Greenpeace selber Hand anlegen und zumindest die Autofahrer dazu bewegen, weniger zur Schädigung des Klimas beizutragen. Darum wollen die Umweltaktivisten n den kommenden Wochen sämtliche Streckenabschitte bundesdeutscher Autobahnen - immerhin rund 6.000 Kilometer - ohne Tempolimit mit Schildern zu versehen, mit denen eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 120 km/h vorgeschrieben wird. Immerhin: Die Schilder sollen an Aufschriften wie "Klimaschutz" oder "Greenpeace" erkennbar sein.

Ungeachtet dessen verkünden die USA und Europa, dass der Himmel für die Luftfahrtunternehmen zukünftig freier wäre. Das Abkommen "Open Skies" soll ab 2008 dafür sorgen, dass erstmals ein gemeinsamer transatlantischer Luftraum geschaffen wird. Damit soll, so verspricht man sich, der Wettbewerb bei Flügen über den Atlantik belebt werden. Die EU verspricht sich 80.000 zusätzliche Arbeitsplätze und wirtschaftliche Vorteile von bis zu zwölf Milliarden Euro. Die Zahl der Flugpassagiere soll durch das Abkommen in den nächsten Jahren um 26 Millionen steigen. Zwar ist wohl auch dem Letzten klar, dass der Flugverkehr zu den ganz großen Umweltsündern gehört, aber wenn es ums Geld geht, ist der Umweltschutz ganz weit hinten angesiedelt.

Bei all dem sollte uns langsam klar werden, wie sehr wir von der Natur abhängig sind. Wenn wir kein Getreide mehr anbauen können, wenn unsere Landwirtschaft mehr und mehr unmöglich wird, wo sollen wir dann unsere landwirtschaftlich produzierten Grundnahrungsmittel herbekommen? Brot kommt zwar inzwischen aus der Fabrik, aber Getreide muss noch immer auf den Feldern wachsen. Zusätzlich ist noch lange nicht klar, welche Wechselwirkungen wir in Gang bringen und welche Folgen das für uns haben wird.

Sicherlich, die Natur wird sich verändern und es dürfte auch kaum in Frage stehen, dass Artenvielfalt und so weiter leiden werden. Damit können wir bis zu einem bestimmten Punkt leben, indem wir Ersatz und Ausweichlösungen schaffen. Allerdings kann irgendwann der Punkt kommen, an dem bestimmte Abhängigkeiten des Systems zusammenbrechen, die wir nicht wieder kompensieren können. Die Natur hat mehrfach bewiesen, dass sie dazu in der Lage ist, mit einem Federstrich nahezu wieder komplett bei Null anzufangen. Der Mensch hingegen hat nur bewiesen, dass er ohne die Natur nicht kann, andererseits aber nicht nur keine Ahnung von der Natur hat, sondern dass sie ihm auch überwiegend scheißegal ist.

Mal sehen wie egal uns Menschen die Natur ist, wenn sie sich von der harten, unliebsamen Seite zeigt. Mal sehen, wie egal uns eine Natur sein wird, die das Trinkwasser abdreht, die Kornkammern trocken legt und andere, noch viel rabiatere Methoden auspackt. Wir vergessen gerne, dass es uns Menschen "erst" seit grob optimistisch gerechnet 160.000 Jahren gibt. Die Natur jedoch "gibt" es schon seit einigen Milliarden Jahren und sie hat mehr als einmal bewiesen, dass sie schon ganz andere "dominante Lebensformen" wieder loswerden konnte. Nicht wir sind hier der 800 Pfund Gorilla im Ring. Im Gegenteil, wir Menschen sind eher die Pogostocktester im Minenfeld die freudig jauchzend rufen "Warum die Panik? Bis jetzt ging doch alles gut!"

(Quelle: Tagesschau, Spiegel)

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