"Warum ich nicht ins Kino gehe", wollte jüngst eine große deutsche Kinokette von mir wissen. Warum sollte ich ins Kino gehen? Oder besser: Warum sehe ich nicht ein ins Kino zu gehen? Ganz weit oben auf der Liste steht die Frage, was ich mir im Kino ansehen will und was das Kino meint, was ich mir ansehen muss. Als Kinozuschauer darf man sich als Raubkopierer beschimpfen lassen und sich minutenlange Filme zum Thema "GEZ ist toll", "Raubkopieren ist böse", "Werbung ist super" und so weiter ansehen. Gegen Bezahlung, versteht sich. 30 Minuten Berieselung durch grottenschlechte Werbefilme sind die Norm, nicht die Ausnahme.
Ein weiteres Argument für den Kinobesuch ist ja gerne das Ambiente, das Flair des Kinos, der "besondere Reiz". Ich weiß ja nicht, wann solche Leute, die mit diesen Sprüchen um sich werfen, das letzte Mal im Kino waren, aber dazu gleich mehr. Auch das stundenlange Anstehen, um die reservierten Tickets abzuholen ist immer wieder ein Erelbnis. Gerne hört man nach überstandener Tortur zwischen der quängelnden Großfamilie ("Julian, sei endlich still, es gibt jetzt keine Bonschen! Eberhardt, sag doch auch mal was!") und der hyperaktiven Girliebande ("Das neue Stück von Tokio Hotel ist ja sooooo suuuuper, das hab ich glaub ich auch auf meinem Handy dabei...") von der schwerhörigen und strunzendämlichen Ticketschlampe an, dass man vor 10 Minuten am Schalter hätte sein müssen. Die Reservierung ist natürlich verfallen und die Tickets sind selbstverständlich "schon lange" verkauft. Aber für den Scheißfilm in Kino 4, den keine Sau ohne massiven Drogenkonsum freiwillig sehen würde, da gibt es natürlich noch 480 Tickets...
Klar, der eigentliche Film ist mit irgendwo zwischen fünf und fünfzehn Euro pro Nase und Ticket vielleicht noch im akzeptablen Rahmen, aber das sind ja längst nicht alle Kosten. Man muss zum Kino hin (ja, Kinos nehmen inzwischen Parkgebühren von ihren Kunden), man darf nichts mehr an Getränken und Fressalien mitbringen, sondern muss es dort kaufen. Die Leibesvisitation im hiesigen Kino einer großen Kinokette - bei einem anderen Gast - überzeugte mich vollends davon, dass der Unterschied zwischen Flughafen und Kino nicht so groß sein kann.
Geht man trotz dieser Erfahrungen dann doch mal mit der Freundin ins Kino, ist es ja nicht mit 10 oder 20 Euro getan. Meistens gerät das "Vergnügen" zu einer mindestens 30, eher 50 Euro "preiswerten" Veranstaltung, die man in einem ausgelatschten Sitz gekauert, zwischen irgendwelchen hirnamputierten "den Film kenn ich schon, gleich kommt..."-Tussen und den immer an der leisesten Stelle des Films die Chipstüte aufreißenden Fettsäcken erleiden muss, während man sich mit Inbrunst wünscht, dass irgenjemand bitte ein Gerät erfindet, dass Handys beim Klingeln auf Knopfdruck in explodierende Handgranaten verwandelt.
Davon aber ganz abgesehen: Die Qualität der filmischen Produkte darf man hinterfragen, schließlich sind sie es, weswegen man eigentlich ins Kino geht. Ich frage mich zum Beispiel, welchen Film ich denn im vergangenen Jahr "unbedingt" im Kino hätte sehen müssen? Mir fällt so aus dem Stand keiner ein. Klar, es gab eine ganze Reihe kurzweiliger Streifen, aber deshalb ins Kino? DVD ist billiger - für rund 10 Euro zwei Tage lang so oft ich will, mit Zeitlupe, Szenenauswahl, im O-Ton und meistens sogar "Bonusmaterial".
Da ist es doch seitens der Kinobetreiber eine richtig gute Idee sich mit einem der ganz großen Filmproduzenten anzulegen. Es geht um 20th Century Fox. Eine Produktionsfirma, aus deren Fundus so unwichtige Cineastische Begleiterscheinungen stammen, wie zum Beispiel "Rocky", "Ice Age", "Aliens" und einige andere mehr. Diese Firma stellt sich wie auch nicht wenige Film-Fans die Frage, ob es nicht sinniger wäre, die Filme nicht erst Jahrzehnte nach dem Kinostart als DVD herauszubringen, sondern sehr viel früher.
Immer häufiger bringt Fox Home Entertainment (der DVD Produzent der 20th Century Fox) weniger als vier Monate nach dem Kinostart die Filme auf Silberling heraus. Das wiederum passt den Kinoketten gar nicht. Nachdem hinter den Kulissen gedroht wurde, machen jetzt eine Reihe Ketten ernst.
"Wir wollen der Fox nichts Böses." "Es gibt keinerlei Absprachen, wir boykottieren auch gar nichts und wollen nichts erpressen. Wir möchten Fox-Filme zeigen, aber haben sie derzeit nicht im Programm."
Arne Schmidt,
Pressesprecher Cinemaxx
"Was die Unternehmer tun, ist allein eine individuelle unternehmerische Entscheidung." "Sobald ein DVD- oder Fernsehstart angekündigt ist, gibt es Verluste."Aha. Naja, wahrscheinlich ist es eine "Gute Idee", soetwas am Kunden auszulassen. Es ist bestimmt für jeden Kunden sehr sehr einsichtig, warum es ein noch schmaleres Angebot an eventuell sehenswerten Filmen im Kino gibt. Das fördert natürlich immens die Bereitschaft, sein Geld ins Kino zu tragen.
Andreas Kramer,
Sprecher des Hauptverbandes deutscher Filmtheater (HDF)
Meine Meinhnung dazu? Macht die Kinos zu. Es gibt zu viele davon und die meisten sind einfach nur schlecht. Kinos sind unverhältnismäßig teuer und es macht einfach kaum noch Spaß. Zu Hause die DVD einlegen ist angenehmer, komfortabler und schlichtweg besser und gesünder für meine Nerven. Fox hat das offenkundig erkannt und tut genau das Richtige: Gebt dem Kunden, was er will. Das Kino jedenfalls will er nicht - oder warum sonst schreiben die Kinos so massiv rote Zahlen, wenn das Kino doch ach so hoch angesehen und toll und überhaupt ist?
(Quelle: Frankfurter Rundschau, Financial Times)
Jaaaaaaa !!!!!!!
AntwortenLöschenSelten würde ich einen Text so gerne Unterschreiben wie diesen.
Und das, was sich das Kino hier so erlaubt ist echt der Knaller.
Gut das ich nicht der einzige bin
( trotzdem schade ums WallKino )
Kino...das war für mich "damals (tm)" immer so:
AntwortenLöschenHinfahren, Schlange stehen, Karten für den gewünschten Film bekommen, reinsetzen, Klingel betätigen und sich zu den mitgebrachten Chips was zum Trinken bestellen. "Verzehrkino" nannte man das. Mit Tischbedienung.
THX? Dolby-Digital? Damals gabs nicht mal Stereo. Und das Bild? Der Projektor hat senkrecht nach Unten gestrahlt und das Bild wurde über einen dreckigen, staubigen Spiegel an die noch dreckigere Leinwand geworfen.
Die Stimmung war in diesen Kinos (ich kannte derer drei in Hamburg und Neustadt/Holstein) immer erste Sahne. Die Betreiber immer freundlich und darum bemüht, einem den Abend schön zu machen. Sowas wie "das dürfen Sie nicht mit reinnehmen" gabs nicht. Stattdessen wurde auch der abgefahrenste Getränkewunsch nach bestem Können erfüllt.
Heute - Adger schrieb es ja - Leibesvisitationen, Kriminalisierung durch GEZ- und GVU-Spots, Dauerberieselung mit 30 und mehr Minuten Werbung. Und von *echter* Freundlichkeit beim Personal keine Spur. Stattdessen nur aufgesetzte Höflichkeit, die schon beim ersten kleinen Sonderwunsch ("Ich hätte gerne die Coke ohne Eis") wie Putz abbröckelt und sich in eisiges Behördengebahren verwandelt, wenn man sich dann über den nicht bis zum Eichstrich gefüllten Becher beschwert...
Sehr schön übrigens die 2-for-1-Verarsche von Cinemaxx: Man bekommt eine Karte, der man dem Vernehmen und der Werbung nach zu zweit zum Preis einer Karte jeden Film in einem beliebigen Cinemaxx sehen dürfen soll. Nach Erhalt der Karte stellt sich heraus: Nur Filme, die ohnehin eine Woche vor dem Auslaufen sind, nur in bestimmten Kinos und vor allen Dingen nur an bestimmten Tagen. Danke sehr, dann bleibe ich doch lieber zu Hause.
Jo, den Beitrag hätte ich auch so schreiben können.
AntwortenLöschenUm ehrlich zu sein, habe ich das auch gestern getan.
Ich werde auf jeden Fall keinem dieser Cinemaxx-Klötze hintertrauern.
ich mag das regina kino hier bei uns. gehört zu der sparte studentenkinos und es gibt den service den deichschaf beschreibt.
AntwortenLöschen+ angenehme sitze sowie galerie:)