Dienstag, 29. August 2006

Schleppen

BaeckereiEinkaufen ist bei mir manchmal abenteuerlich. Wir erinnern uns an das Erlebnis beim Bäcker? Heute war ich mal wieder in besagtem Supermarkt. Einkaufen. Mit DEM Rucksack von neulich. Wenn Männer Einkaufen, reagieren Frauen ja gerne äußerst mißtrauisch, um nicht zu sagen verstört, denn wir Kerle haben unser ganz eigenes Jagdverhalten und es geht dabei nicht um Ästhetik, sondern eher um Problemlösung. In der Lebensmittelbeschaffung lautet das Problem nun mal "Hunger".

Und so schaufelte ich mir einiges an Zeugs in den Einkaufswagen. Mann lernt ja recht schnell abzuschätzen, was so alles in das mitgebrachte Transportgerät reinpasst. Im Falle dieses Rucksacks ist das eine Menge. Irgendwann war der erste Beschaffungsdrang durch. Auf, zur Kasse und bezahlen - lästig, aber nur schwer zu umgehen.

Danach das übliche logistische Abenteuer, bei dem nach meiner Erfahrung gerade Frauen immer wieder kläglich scheitern: "Wie verpacke ich diesen Stapel Einzelteile möglichst effizient in diesem Transportbehälter?" Zugegeben, manchmal muss auch ich zweimal ansetzen, um die optimale Verteilung von Gewicht und Belastbarkeit zu finden, aber wie gesagt: Manchmal. Und so packte ich fleißig vor mich hin.

Tasmanian Tiger Missionbag TT FirmenfotoDank der beiden sehr großen Staufächer verschwanden der Stapel Ein- und Zweiliter Tetrapacks im Handumdrehen. Die Flaschen mit kostbaren Abendverfeinerers gesellten sich dazu. Und schon war das erste Fach gefüllt. Noch eben den Stapel Kleinteile ins vordere Staufach kippen und fer... verdammmt. Brot vergessen. Ach, egal. Brot gibts auch beim Bäcker.

Rucksack in den Einkaufswagen stellen und hin da. Mal wieder nett Volksversammlung. Schön bunt. Banker, Omas, ein paar Punks und ... was ist das für eine Gestalt? Egal. Die Blonde neben mir ist interessanter und dank der überaus zügigen Geschwindigkeit des Personals kommen wir ins Gespräch. Sehr schön. Ja, das Wetter ist sehr mau. Und ja, Stadtfest wird bestimmt wieder voll. Sicher und Benzin ist ja sowas von teuer geworden.

Plötzlich ruckt mein Einkaufwagen. Zeitgleich ein Ächzen, ein Klötern gefolgt von einem lauten Aufschrei. Alarmiert sehe ich hin: Der undefinierbare Kerl sitzt auf seinem Hintern auf dem Fußboden, mein Rucksack auf seinem Schoß. Ziemlich hektisch versucht er sich aus dem Gewirr der Gurte zu befreien und das Gewicht los zu werden. Deutliche Panik in seinem Gesicht.

Ich nehme mich freundlich seiner an. "Darf ich Dir helfen?" und greife mir freundlich, aber bestimmt meinen Rucksack, und wuchte den mit einer schwungvollen Bewegung wieder in den Einkaufswagen - fünf Besuche im Sportstudio jede Woche zeigen Wirkung. Die sich inzwischen versammelnde Menge hält den verhinderten Dieb fest, der - mit deutlichem Entsetzen beobachtet - wie ich den Inhalt des Rucksacks auf Schäden checke. Er stammelt "Scheiße! Soviel hab ich Dich gar nicht einpacken sehen. Was ist da alles drin?!" Scheinbar mehr als er tragen kann.

Ich verzichte auf Polizei und Anzeige und so, gebe dem inzwischen hinzugekommenen Marktleiter meine Personalien und bestelle meine Brötchen, die ich überraschend schnell bekomme. Fröhlich vor mich hin summend wandere ich gen Ausgang. Zu Hause packt mich die Neugierde und ich wiege nach: Deutlich über 25 Kilo wiegt der Einkauf samt Rucksack.

Ach ja, die Blondine. Die wartete am Ausgang auf mich. Ob man nicht noch nen Kaffee...? Klar. Es regnet eh gerade... Mal sehen, ob sie morgen wirklich wie versprochen anruft.

Und während ich dieses denkwürdige Erlebnis für die Nachwelt festhalte, klingelts. Die Nachbarin aus dem dritten Stock. Ob ich vielleicht kurz helfen könnte. Sie hatte sich einen Computertisch bestellt, der gerade geliefert wurde, aber sie bekommt den nicht alleine nach oben geschleppt. Und acht Euro für die Spedition sähe sie ja nun gar nicht ein.

"Na gut," denke ich mir, "bist Du mal nicht so" und tingel mit runter. Unten erwartet mich ein Paket, so groß wie eine Zimmertür. Vielleicht etwas kleiner, dafür aber dicker. Und schwerer. Handlich wie ein Blauwal im Besenschrank. Jedenfalls mache ich mir noch so meine Gedanken darum, wie ich mich aus der Sache wieder rausrede, als die Nachbarin meint "also Du fasst da an und ich hier".

TreppenhausUnd schon trägt sie das Paket QUER(!) durch ein nicht ganz anderthalb Meter breites Treppenhaus, nur um nach wenigen Schritten zu merken, dass es Kurven gibt. Enge Kurven. Kehren, quasi. Ihre hilflosen Verrenkungen machen mir Angst. Vorsichtig gebe ich ihr Anweisungen, wie Mann (ja, mit zwei "N") ein solches Paket trägt, nämlich HOCHKANT, aber das Resultat ist so... so... albern und gleichzeitig so besorgniserregend, dass ich beim Erreichen des ersten Stocks eine Entscheidung treffe. Ich schicke sie weg. "Mach Platz und die Tür auf, ich nehm das Dingen alleine".

Ok, zugegeben, das war eine nicht nur mutige, sondern auch anstrengende Idee, aber hey, von nichts kommt nichts und irgendwann muss sich der Sport ja mal rentieren. Jedenfalls kamen Paket und ich unversehrt bei ihrer Wohnung an. Die Nachbarin war völlig perplex. Ob ich denn nicht noch eben was trinken wolle... ihr Mitbewohner wäre ja nur Mittwochs und am Wochenende da...

Danke, wollte ich nicht. Sie ist zwar nett, aber die Blondine ist im Moment deutlich mehr mein Fall als sie. Aber wer weiß...

3 Kommentare:

  1. "Takedown by Tasmanian Tiger"...an deiner Stelle würde ich der Firma mal den Link zum Eintrag schicken.

    Warum hast du eigentlich auf eine Anzeige verzichtet? Ich hätte so einen Typen zwar vermutlich auch nicht angezeigt, aber dafür nen schönen Schuhsohlenabdruck in seinem Gesicht hinterlassen.

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  2. Ich war wirklich versucht - im ersten Augenblick. Aber der war so schon gestraft genug, denn so ziemlich der gesamte Laden stand in kürzester Zeit um uns herum und war sehr neugierig...

    Auf die Anzeige hab ich verzichtet, weil.. ich mein, weswegen? Versuchter, aber unvollendeter Diebstahl? Versuchte Sachbeschädigung? Kannse knicken. Macht nur Arbeit für die Cops und führt zu nix - außer dazu, dass man bei den Cops unbeliebt wird, weil Arbeit für die Tonne.

    Außerdem wollte ich ja noch meine Brötchen und die Blonde hätte SO lange bestimmt NICHT gewartet...

    Prioritäten halt.

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  3. Ach ja: Die Blondine hatte sich gemeldet, aber es wurde trotz gegenseitigem Interesses nichts daraus.

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