Profis im Transportwesen meinen, dass Wander- und Outdoorrucksäcke das Mittel der Wahl wären. Solche Produkte sind inzwischen in allen möglichen (und unmöglichen) Farbkombinationen zu finden. In den Größenordnungen "Handtasche zum umschnallen" bis "Schuhkarton mit Gurten" bekommt man eine unvorstellbar große Auswahl an Hightechzeugs mit atmungsaktiven Tragesystemen und allerlei bunten - und häufig auch völlig unnützen - Zusatzfunktionen. Wer jemals die "gepolsterte Laptoptasche" bei einem Rucksack ernsthaft als Kaufargument in Erwägung gezogen hat, sollte auch weiterhin mit dem Auto zur Uni fahren und nicht versuchen mit seinem modischen Treckingrucksack und dem stylischen Mountainbike (mit Scheibenbremsen! Im Flachland ein absolutes Muss!) den Eindruck zu erwecken, er sein in irgendeiner Form "der wilde Outdoor-BWL'er".
Als Resultat der überwältigenden Produktvielfalt sieht man immer wieder Leute gegen ihre Packsäcke ankämpfen. Besonders die in manchen Kreisen schon fast zwanghafte Neigung sich solche Rucksäcke zu kaufen, deren Top mit sogenannten "Kapuzentaschen" zusätzlichen Stauraum bieten sollen, dürfte unzähligen Psychatern und Therapeuten auf lange Sicht einen ausreichenden Kundenstamm garantieren. Die Orthopäden und Chiropraktiker werden sich händereibend über jeden Kunden eines "Markenrucksacks" freuen, der mit millimeterdünnem Schaumstoff die Illusion von ergonomischem Tragekomfort suggeriert.
Manch einer meint ja, das lokale Military-Outlet hätte im Programm, was gut und robust wäre. Grundsätzlich ist das auch richtig, nur scheitert die ahnungslose Sozialpädagogin meist schon an der Tür und der Rest hat seine liebe Mühe aus der Menge Schund das wirklich Gute herauszufiltern (Man Google mal nach "Mülltec".) Anderes ist zwar schon besser, aber wer mal versucht hat, mit einem "Original BW Rucksack" ohne dämliche Kommentare durch die Uni zur Mensa zu pilgern, der weiß ganz genau was ich meine. Diese Dinger sind zwar toll durchdacht und eignen sich auch prima für den Transport der Einbauküche, aber für "mal eben..." sind diese Dinger einfach indiskutabel, weil zu sperrig. Außerdem passt Flecktarn so rein gar nicht zu rosa Polohemden.
Die Alternative der alten Baumwollrucksäcke ist im eher alternativ bis autonom angehauchten Lager seit der 68er Generation tres chic. Versuch aber mal mit so einem Sack für 14 Tage einzukaufen. Spätestens seit Al Quaida ist das auch nicht ganz risikolos, mit so einem Beutel ins Straßenlokal zu gehen. Zu schnell hat man GSG9 und CIA an den Hacken. Kurz: "Kannse knicken".
Es geht aber auch anders. Ich habe viele Jahre selber vor dem Problem gestanden, die Notwendigkeiten des alltäglichen Überlebenskampfes in einem Produkt vereint mit technischer Funktionalität, Tragekomfort und materieller Widerstandskraft zu finden. Deshalb war lange Zeit mein "Trunk & Co." fast ständiger Begleiter. Inzwischend ist das Ding aber eindeutig zu unansehnlich geworden und verschiedene technische Defizite stören mich inzwischen doch zu sehr. Trotzdem, ich war sehr zufrieden damit. Wie gesagt: war.
Vor inzwischen einem guten dreiviertel Jahr sah ich dann aber das ultimative Produkt: Tasmanian Tiger Missionbag TT. Der Preis von gut 120 Euro ließ mich aber schmerzerfüllt zurückschrecken. Auch die Farbe war nicht gerade der Brüller. Und so machte ich mich auf die Suche. Ich sprach mit vielen Fachangestellten in vielen Fachgeschäften, ich recherchierte im Netz und ich fragte auch bei "alten Kontakten" nach.
In der Praxis sah das so aus, dass man mir, wann immer ich nach Rucksäcken fragte, Deuter oder Tatonka oder ähnliche Produkte ans Herz legte. Man war eifrig darum bemüht, mich auf die vielen Taschen und Vorteile der unwesentlich teureren Version der nächsten Saison gegenüber der leider nicht mehr lieferbaren Version der aktuellen Saison hinzuweisen. Wenn ich dann speziell nach diesem Hersteller und diesem Produkt fragte, hatte das was von abenteuerlich.
Bei meiner ersten "Rundreise" durch die lokalen Outdoor-Läden waren die Reaktionen zunächst in Anbetracht des zu erwartenden Umsatzes sehr freundlich. Nannte ich dann aber das Objekt der Begierde, schlug das mehrfach blitzartig in offene Feindseeligkeit aus. Unvergessen die Reaktion eines Verkäufers:
"Soetwas führen wir nicht und werden es auch garantiert nicht hereinbekommen, sie sind hier im falschen Geschäft, guten Tag!"Andere Geschäfte waren da schon geschickter:
"Also diesen Hersteller kennen wir so jetzt nicht, aber wir werden mal schauen, was sich machen lässt. Was halten sie denn alternativ von..."Also blieb dann doch nur das Internet übrig. Nach langen und reiflichen Überlegungen bestellte ich ihn mir dann schließlich ohne ihn genau unter die Lupe nehmen zu können. Ich musste mich voll und ganz auf die Aussagen "überall" verlassen. Und die sind durch die Bank irgendwo zwischen kompromisslos positiv und uneingeschränkt ehrfürchtig anzusiedeln:
"Alternativ dazu? Öhm. Vielleicht in einer anderen Farbe?"
"Ok, wenn sie sowas haben wollen, dann brauchen wir nicht weiter zu diskutieren. Dagegen kann kein einziges Produkt hier im Laden mithalten. Können wir ihnen beschaffen, aber für uns ist das ein schlechter deal, denn an sie wird danach nie wieder jemand einen Rucksack verkaufen können, weil sie nie wieder einen anderen brauchen werden. Darum ist der auch nicht ganz billig."
"Nimm den, damit kannst du den Berg runterrutschen und danach trotzdem noch einkaufen gehen."
"Wenn Du den kennst, was fragst Du mich nach Alternativen? Soll ich dir Schund andrehen?"Heute bekam ich ihn geliefert. In schwarz. Ich verstehe jetzt, warum die Leute reagiert haben, wie sie reagiert haben. Dieser Rucksack ist die Antwort auf nahezu alle Probleme. Ernsthaft, es gibt wenig, was an diesem Rucksack in irgend einer Form "negativ" zu nennen wäre. Abgesehen von seiner Größe vielleicht.
Dieses "Gerät" ist ernorm groß. Angegeben mit 55 x 28 x 20 Zentimetern rechnet man mit einem "etwas größerem, aber handlichem Gepäckstück". Um es gleich zu sagen: Diese Maße sind deutlich UNTERtrieben. Locker 60 Zentimeter Standhöhe bei mehr als 30 Zentimeter Breite sind eher realistische Maße. Das liest sich zwar noch immer irgendwie "klein", aber hat man ihn in der Hand und vergleicht direkt mit anderen Produkten wird klar, wie groß das Ding tatsächlich ist.
Angegeben mit 37 Litern ist er gut 15 Liter größer, als mein kampferprobter Fahrradrucksack von Mambo, aber in der Praxis wird in dieses Monster weit mehr reinpassen. Haben moderne Outdoorrucksäcke inzwischen mehr Taschen als jeder Mensch Finger und Zehen zusammen, noch dazu an den unmöglichsten und vor allem unzugänglichsten Stellen, ist dieser Rucksack vollkommen durchdacht. alle Taschen sind leicht und einfach zu erreichen und man merkt bei jeder Kleinigkeit, dass hier Leute an dem Produkt gearbeitet haben, die damit tagtäglich "arbeiten" und nicht einfach nur gut aussehen wollen.
Haben andere Rucksäcke kleine, niedliche Rückentäschchen, geht bei der Missionbag TT die Rückentasche über die gesamte Höhe des Rucksacks und ist beidseitig auf voller Länge mit je einem robusten zweiteiligen Reißverschluß zu öffnen - falls man gerade mal seinen Parka und den Schlafsack unterbringen möchte. Die nicht ganz über die volle Höhe gehende Tasche für "Trinksysteme" eignet sich wunderbar zum Suchen von Kleinteilen wie Schlüsseln, Armbanduhren oder Bohrmaschinen. Nifty Feature: Oben am Rücken ist ein mit Klettverschluß befestigtes Reflektorschild angebracht, dass einen Einschub für Namensschilder hat und mit Band in der eigens dafür vorgesehenen Einschubtasche gegen verlieren gesichert ist. Dieses Schild ist überaus sinnvoll, denn der Rucksack ist vollkommen tiefschwarz und an keiner Stelle "hochglanz" oder reflektierend.
Die beiden Hauptfächer - beide durch massive zweiteilige Reißverschlüsse zu öffnen gähnen einen an wie schwarze Löcher. An genau den richtigen Stellen sind genau die richtigen Staufächer angebracht, die optimal nicht im Weg sind und trotzdem weit ausreichend Platz bieten. In jedem der Hauptfächer ist je eine Innentasche mit Reißverschluß.
Angesichts des unvorstellbaren Platzangebots (man hat den Eindruck, ein Golf 4 könnte ohne Mühe darin wenden) wünscht man sich instinktiv soetwas wie eine Innenbeleuchtung - wer genau hinsieht findet denn auch an der Innenseite der Reißverschlussabdeckung zwei Haltelaschen für einen Kaltlichtstab für genau diesen Zweck. Insgesamt sieben verdeckte Durchlässe für Kabel, Antennen oder auch den Gewehrlauf des im Rucksack mitgeschleppten Liliputanerattentäters sind an strategisch sinnvollen Stellen verteilt. Zwar im ersten Moment ungewohnt ("Ieks! Da sind ja Löcher drin!"), aber man lernt sie sehr schnell zu schätzen. Und weil es ja manchmal gerade hier im Norden ein wenig heftiger schüttet, ist im Bodenfach der Missionbag TT ein - ebenfalls mattschwarzer - Überzug für den gesamten Rucksack eingebaut, der in Sekunden angelegt ist und den Rucksack effizient vor jeder Nässe Schützt.
Insgesamt drei Tragegriffe erleichtern das Verstauen des Rucksacks. Je einer rechts und links unten und einer oben drauf. Letzterer ist dick gummiert und an allen Griffen kann man gefahrlos "richtig anpacken", ohne das man Gefahr läuft, irgendwas kaputt zu machen.
Das Tragesystem ist schnörkellos und einfach. Zwar gibt es kein topmodernes Abstandssystem aus Federstahl, sondern "nur" eins aus dickem Schaumstoff. Selbst bei schweren Lasten trägt sich die Missionbag TT erstaunlich bequem. Die Schutlergurte sind ergonomisch geform und lassen sich auf nahezu jede Körpergröße einstellen - Personen, die kleiner sind als 1,60m dürften allerdings etwas eigenartig mit diesem Rucksack aussehen. Der Verschluss des verstellbaren Brustspanngurts ist als einziges Teil am ganzen Rucksack in mittlerem grau und hat eine integrierte Signalpfeife (die man im urbanen Dschungel natürlich unbedingt braucht). Der beidseitig verstellbare Bauchgurt hat auf jeder Seite eine überaus praktische Reißverschlußtasche, in denen man jeweils locker drei Handys verstauen kann.
Alles in allem: Wer einen City-Rucksack braucht, für Uni, Einkauf, SpecOps-Einsatz und konspirative Saufsitzung, der ist mit der Missionbag TT von Tasmanian Tiger voll und ganz an der richtigen Adresse. Als Lieferant kann ich sehr die Firma Riehl aus Altenstadt empfehlen, die mir einen wirklich konkurrenzfähigen Preis gemacht hat.
Der Grund dafür, dass du den Rucksack nicht im Geschäft gefunden hast, mag wohl daran liegen, dass Tasmanian Tiger die Militär- und Behördensparte von Tatonka ist.
AntwortenLöschenDas weiss ich inzwischen auch. Lustig waren allerdings die schon fast feindlichen Reaktionen in diversen "Outdoor"-Fachgeschäften. Der Verkäufer in dem im Artikel genannten ("Sowas führen wir hier nicht...") hat mich unmittelbar nach der Erwähnung von "Tasmanian Tiger" ganz stumpf rausgeworfen. In einem anderen Outdoor-Fachgeschäft behauptete man ganz stumpf "Tatonka hat keine Spezialabteilungen. Da gibt es nur Tatonka. Eine Firma Tasmanian Tiger gibt es nicht." Wieder wo anders hörte man nur "Tasmanian Tiger" und ließ mich mit voller Absicht eeeeelendig lange warten, während man sich mit der Mittagspause und der Tageszeitung und dem Schuhputz und so weiter beschäftigte.
AntwortenLöschenMuss daran liegen, dass hier in Oldenburg manche der im Outdoor-Bereich beschäftigten Leute glauben, dass die 68er noch immer leben und dass "Military Equipment" per se etwas ganz arg doll Verbotenes ist...
Aber egal wie: ich hab den Rucksack und ich find den klasse!