Montag, 27. März 2006

Wahlen...

BundesadlerPolitik ist in Deutschland unpopulär. So unpopulär, dass die Parteien gezwungen sind, die Unpopularität in ihr Gegenteil schönzureden. Und die Medien machen mit.

Am vergangenen Wochenende wurde gewählt. In Baden-Würtemberg (da, wo man sich vor Gericht Gedanken um die NS-Vergangenheit macht), in Rheinland-Pfalz (da, wo Deutschlands Atombomben lagern) und in Sachsen-Anhalt (und das ist wiederum da, wo man ein ganz eigenes Verständnis von Demokratie hat) war die Bevölkerung aufgerufen, ihrem Auftrag als Souverän der Demokratie zu handeln und über die jeweiligen Landtage zu bestimmen.

Trotz des üblichen Tamm-Tamm, aufwändiger und teurer Werbung, vielen bunten Plakaten und Berichten in den Medien, war das Resultat ernüchternd. Von allen Wahlberechtigten nahmen tatsächlich an der Wahl teil:
  • Rheinland-Pfalz: 58%
  • Baden-Würtemberg: 53%
  • Sachsen-Anhalt: 44%
Knapp die Hälfte derer, die über die Politik in Deutschland laut Grundgesetz entscheiden, hatte wichtigeres zu tun als sich um die Jobs der Politiker zu kümmern.

Ist davon etwas in den Reaktionen der Parteien nach der Wahl zu spüren? Nein, natürlich nicht. "Die schwarz-rote Koalition sieht sich bestätigt" (worin?), "Schwarz-Rot kann anfangen zu regieren" (und was haben die bis jetzt gemacht?), "Union und SPD gestärkt" (so schwach sind die?) und so weiter prangt es in den Medien. Gleichschaltung? Wer sagt das? Zwar liest man vereinzelt darüber, dass die Wahlbeteiligung "so niedrig wie nie zuvor" war, aber das eher selten und unter "ferner liefen".

Ob nun über die Bedeutung der Wahlbeteiligung gestritten wird oder nicht, ändern wird sich bei den Politikern wohl eher nichts. Diese betreiben zu häufig ihren Job als reinen Selbstzweck. Ihre innere Distanz zu denen, für die sie ihren Job machen müssten, kann kaum größer sein. Politiker ist ein Dienstleistungsauftrag und gerade das - die Dienstleistung - hat gerade in Deutschland einen ganz schlechten Stellenwert. Dazu kommt, dass Politiker mit Profil sehr rar geworden sind in diesem Lande und solche, die es haben, haben oft schnell keinen Bock mehr (z. B. Roman Herzog). Genscher, Strauß, Schmidt und so weiter hatten Format und Präsenz. Sie haben ihrem Volk etwas gegeben, und sei es nur der Anlass über sie Witze zu machen, aber vor allem Diskussionen anzuregen und in Gang zu halten. Schon mal zugehört, wenn heute die Politiker der "alten Garde" was über die Poliziker von heute sagen? Wann wurde denn die letzte Rede eines Bundespolitikers vor dem Parlament in den Nachrichten gezeigt? Und die eines Landespolitikers? Und warum? Nicht etwa, weil die Themen nicht wichtig wären, nein, das bestimmt nicht.

Inzwischen ist wahrscheinlich jedem klar geworden, dass Politik nicht von den Politikern in der Öffentlichkeit gemacht wird, sondern heimlich und im Verborgenen. Nicht der Bürger hat Einfluss auf das Geschehen, sondern die Wirtschaft und andere Kräfte bestimmen, was geschieht. Darum ist zumindest für mich die Frage offensichtlich, die als Antwort auf eine andere Frage gelten mag, nämlich die nach der Wahlverweigerung und der Politikverdrossenheit: Warum soll man sich mit etwas beschäftigen, auf das man offenbar keinen Einfluß hat, das scheinbar nur zum Nachteil des Einzelnen agiert, langweilig ist und im Großen und Ganzen als einziges Lügengebilde wahrgenommen wird?

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