Donnerstag, 4. Januar 2007

Geld und Wissen

Neubau Tecnikmuseum BerlinIn Berlin steht das Deutsche Technikmuseum. Es ist nicht nur ein Museum mit internationalem Ruf, sondern auch eines der größten Museen für Technik in der Welt. Gezeigt werden in Exponate aus der Kulturgeschichte der Verkehrs-, Kommunikations-, Produktions- und Energietechniken, mit Ausstellungen zu Binnen- und Hochseeschifffahrt und Schienenverkehr, einem Oldtimer Depot mit 70 Automobilen und Motorrädern, sowie dem Museumspark mit Brauerei und Mühlen und einer Dauerausstellung zur Luft- und Raumfahrt. Insgesamt ein umfangreiches und bedeutendes Museum.

Dieses Museum hat - wie viele andere Museen auch - ein Platzproblem: Man hat einfach mehr wertvolle Exponate als man Platz zum ausstellen hat. Deshalb wollte das Museum schon seit langer Zeit einen Neubau errichten, um so seine Ausstellungsfläche zu vergrößrn. Ein solches Vorhaben kostet Geld, besonders mitten in Berlin. Und so bat man denn die Stadt und den Staat um Hilfe. Die Stadt Berlin, seit jeher chronisch pleite, winkte dankend ab, aber auch der Staat sah sich nicht in der Lage, der Kulturstätte weiterzuhelfen.

So war das Museum denn gezwungen, sich nach anderen Geldquellen umzusehen, die, in Anbetracht der benötigten Summen, eher dürftig gesät sind. Man fand aber doch jemanden, der bereit war, dem Museum mit einer erheblichen Geldspende unter die Arme zu greifen. Nicht etwa einen deutschen Großindustrieellen oder eine deutsche Stiftung oder soetwas. Nein, weit gefehlt. Ausgerechnet ein Mäzen aus dem Inselkönigreich auf der anderen Seite des Kanals kündigte an, dem Museum mit einigen Millionen Euro unter die Arme greifen zu wollen.

Der Direktor des Museums, Dirk Böndel, bekam vom edlen Spender Glenn Lacey, einem kinderlosen industrieellen aus der englischen Grafschaft Surrey, dessen Testament gezeigt, in der dem Museum insgesamt rund 14,5 Millionen Euro vermacht werden. 5,5 Millionen Euro sollten bereits Ende 2005 überwiesen werden und das war auch der Grund, warum das Museum Grundstücke erwarb, auf denenen der Erweiterungs- und Neubau entsehen sollte: Man verließ sich auf die Versprechen des englischen Sponsors, der sein Geld nicht nur mit Flugzeugen verdient, sondern auch für diese wieder aus dem Fenster... Verzeihung, es sollte natürlich heißen in den Erhalt historisch bedeutsamer Maschinen investiert. So besitzt der Herr angeblich in seiner eigenen Sammlung u.a. eine BF109, eine FW190, ein StuKa Ju87 und andere weit überwiegend flugtaugliche Geräte.

Zur allgemeinen Verwirrung traf das Geld aber nicht wie versprochen Ende 2005 ein und bis heute wartet man beim Museum auf das versprochene Geld. Dafür hat man jetzt allerdings einige Quadratmeter Land mitten in Berlin für eben jene 5,5 Millionen Euro gekauft, auf denen jetzt nichts passiert. Aus Kreisen der Politik hört man, als sich der Sponsor nicht mehr meldete, seitens der Kultur- und Wissenschaftsverwaltung noch "Mahn- und Bittbriefe" an ihn gesandt habe. Wohl ohne Erfolg. Deshalb sprang mehr oder weniger gezwungener Maßen die Stadt Berlin ein und streckte die Summe vor.

Die Gründe für die ausbleibende Überweisung klingen etwas eigenartig: Zuerst hatte Lacey Zweifel daran, dass der Senat die Spende zweckgemäß einsetzen wird. Dann brauchte er das Geld für seine eigenen Unternehmen und am Ende wurde auf Komplikationen mit dem Steuerrecht verwiesen. Auch bei Direktor Böndel machten sich gestern erste Zweifel breit: "Vielleicht war ich zu gutgläubig.“

Der Vorgang für sich ist ja schon haarsträubend genug. Was an der Geschichte wirklich traurig ist, ist der Umstand, dass das Museum überhaupt solche zweifelhaften ausländischen Investoren in Betracht ziehen musste. Sicher, Deutschland muss schon irgendwie sparen, aber nicht am Kapital der Zukunft, der Bildung und Kultur, denn das ist der einzige "Rohstoff", den wir hier wirklich produzieren.

So gesehen ist dieser Vorgang nicht etwa eine Ausnahme, sondern Symptomatisch. Bundesweit werden seit Jahren die Ausgaben für solche "unbedeutenden Nebensächlichkeiten" wie Museen, Denkmalschutz etc. immer weiter zurückgefahren, während gleichzeitig Milliarden in die Rüstung und andere, überaus sinnvolle Projekte investiert werden - verwiesen sei nur am Rande auf das "Schwarzbuch" des Bundes der Steuerzahler.

Zwar haben Museum und Schule auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun, aber beides sind Sachen des Kultuswesens. Es darf fleißig spekuliert werden, ob die Länder und Komunen in einen Teilbereich dieses Sektors investieren, was sie im anderen einsparen, die deutlich sichtbaren Zustände und entwicklungen in diesem Sektor lassen jedoch die Prognose recht eindeutig erscheinen. "Richtig" ist es aber bestimmt nicht.

(Quelle: Tagesspiegel)

1 Kommentar:

  1. unglaublich die geschichte!

    die frage ist doch ob es allen so geht....zb. das schlumpf museum (bugatti mekka)...die haben eingentlich auch kein geld...können jedes jahr nur einige ihrer fahrzeuge restaurieren...der rest der fahrzeuge wird nicht besser in den nicht mehr so guten hallen!

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