Donnerstag, 15. Juni 2006

Kirche und Geld

KircheIn Deutschland können die Kirchen einen beträchtlichen Batzen Geld einstreichen, denn hier gibt es die Kirchensteuer. Die ist allerdings freiwillig. Im Prinzip eine Art Clubbeitrag: Wer zahlt, der gehört dazu. Wie sich die Idee, dass nur wer dafür bezahlt dem christlichen Glauben angehört, wurd ja schon früher erklärt: "Wenn die münze im Kästlein klingt, die Seele in den Himmel springt" - So oder ähnlich lautete der Werbeslogan der kirchlichen Ablasshändler.

Nun haben gerade in Deutschland eine Menge Leute gelernt, dass man ohne Probleme aus der Kirche austreten kann und trotzdem religiös und / oder gläubig sein kann. Quasi "Anruf genügt". Kaum raus aus der Kirche bleiben einige Euro jeden Monat mehr vom Gehalt erhalten. Genug um zum Beispiel die stetig steigenden GEZ-Gebühren gesetzlichen Rundfunkgebühren gegenzufinanzieren. Der Trend die Kirche aus monetären Gründen links liegen zu lassen hat in Deutschland daher in den letzten Jahren für die Kirchen besorgniserregende Dimensionen angenommen: 2001 wurden noch rund 8,6 Milliarden Euro Kirchensteuer erhoben, 2005 waren es noch 7,8 Milliarden. Eine Trendumkehr ist nicht abzusehen und Fachleute befürchten gar eine Beschleunigung des Rückgangs.

Die Kirchen haben in Deutschland eine recht große Lobby. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich die Kirchen nach Wegen umsehen, auf politischem Wege diejenigen Probleme lösen zu lassen, die auf spirituellem Wege nicht zu lösen scheinen. Und das geht so: Die Kirchen haben sich bei der SPD gemeldet und lassen den Steuerexperten Reinhard Schultz zum Thema Kirchensteuer schreiben:
"Ähnlich wie die bestehende Ankopplung an die Lohn- und Einkommensteuer könnte auch eine Ankopplung an die Körperschaftsteuer erfolgen."
Gegenüber der FTD stellte Schultz klar:
"Wir müssen die Kirchensteuer auf eine breitere Basis stellen"
Deshalb ist seiner Meinung nach auch eine Kopplung an die geplante Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge sinnvoll. Auch die CDU will die Kirchen finanziell unterstützen, wie Otto Bernhardt, finanzpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, mitteilt. Man lehnt dort aber die Bindung an die Körperschaftssteuer ab und bevorzugt stattdessen einen Verteilungsschlüssel. Beide hebe nicht extra hervor, dass diese Steuer reine Makulatur wäre. Denn Kapitalgesellschaften, die keine Kirchensteuer zahlen wollten, könnten diese Steuer auch in den Plänen von Herrn Schultz verweigern. Allerdings droht der Politiker unverhohlen mit einer interessanten Form der Ahndung:
"Die öffentliche Aufmerksamkeit wäre der Firma aber sicher."
Also doch wieder Pranger, Schandmasken und so weiter?

Der Punkt um den es geht ist der: Personengesellschaften müssen in Deutschland Kirchensteuern zahlen, Kapitalgesellschaften nicht. 2008 kommt die Reform der Unternehmenssteuer. Da können sich die Firmen dann quasi aussuchen, ob sie Personen- oder Kapitalgesellschaft sein wollen. Absehbar ist, dass eine Menge Firmen in Kapitalgesellschaften umfirmieren. In ganzen Zahlen gerechnet geht man davon aus, dass die Kirchen dabei rund 1,5 Milliarden Euro regelmäßiger Einnahmen verlieren würden. In der Folge würden die Kirchen dann Kindergärten und Behindertenheime schließen, befürchtet Schultz.

GrabHerr Schultz ist zumindest in diesem Punkt entweder nicht vollständig informiert oder überzeichnet die Lage der Kirchen bewußt. Ginge man davon aus, dass die Kirchen nur und ausschließlich in Deutschland Kapital erwirtschafteten, dann wäre noch immer zu berücksichtigen, dass die kirchlichen Einrichtungen jede Menge steuerlicher Vergünstigungen und Zuschüsse erhalten - man könnte auch sagen "staatliche Subventionen". Diese werden zu sozialen und kulturellen Einrichtungen, zu Personalkosten, Bildungsleistungen und Seelsorge in staatlichen Institutionen sowie zu Unterhaltungskosten für Kirchengebäude und Denkmalspflege und so weiter gezahlt. Dazu kommen Beiträge und Gebühren: Eltern zahlen zum Beispiel für den Kindergartenplatz ihres Kindes einen monatlichen Beitrag, das Grab auf dem kirchlichen Friedhof wird gegen eine Gebühr gepachtet. Auch Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen und so weiter kosten die Teilnehmer auch eine hübsche Stange Geld. Oben drauf kommt die Kirchensteuer, deren Höhe übrigens von den Kirchenleitungen festgesetzt wird und nicht vom Finanzministerium.

Tatsächlich tragen sich die von Herrn Schultz erwähnten, von der Schließung bedrohten Einrichtungen nicht nur selbst, sondern erwirtschaften sogar Gewinn:
"Vielfach geht man von falschen Tatsachen aus und operiert mit Scheinargumenten. So wird der Kirche immer wieder unterstellt, sie benötige die Kirchensteuer, um ihre umfangreiche Sozialarbeit zu finanzieren. Die Gegner der Kirchensteuer haben mit diesem Argument leichtes Spiel, weil es in der Tat nicht stimmt und meines Wissens auch noch nie von einem Kenner der Sache so vorgetragen worden ist. Wie wird die Sozialarbeit der Kirche tatsächlich finanziert, und welche Rolle spielt dabei die Kirchensteuer? Die meisten Sozialeinrichtungen 'verdienen' die Mittel, die sie benötigen, als Leistungsentgelte und die Finanzierung ist durch staatliche Kostenträger weithin gesetzlich geregelt."

-Dr. h.c. Norbert Feldhoff, Generalvikar des Erzbistums Köln, aus: "Kirchenzeitung des Erzbistums Köln", 21.09.1990
Was also soll hier tatsächlich finanziert werden, wenn sogar die Kirche selber sagt, dass die Kirchensteuer zur Finanzierung der Einrichtungen nicht benötigt wird, die Kirchensteuer aber zu ca. 90 % für innerkirchliche Belange verwendet wird?

(Quelle: FTD)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Bedingt durch die DSGVO müssen Kommentare zu Beiträgen der Tapirherde manuell freigeschaltet werden, um um der Veröffentlichung von Spam-, Hass- oder sonstiger unerwünschten Kommentaren vorbeugen zu können. Die Veröffentlichung eines Kommentars kann deshalb ein wenig dauern. Sorry dafür.
Wenn Sie Beiträge auf Tapireherde kommentieren, werden die von Ihnen eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. die IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Weitere Infos dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.