Montag, 15. Mai 2006

Afrika (3)

Anfang März stellte ich in Bezug auf den Bundeswehreinsatz im Kongo die provokante Frage:
"Fragt sich wie und von wem die argumentative Brücke zum Einsatz im Sudan gebaut wird und wer die Ansage macht, dass 500 Soldaten viiiel zu wenig sind..."
Nie hätte ich erwartet, dass es so schnell geht.

Das Handelsblatt verkündet, dass in Brüssel ein "führender Offiziere" und "Militärplaner" (wahrscheinlich von der WEU, aber das ist Spekulation) sagte, dass sich die EU auf "unwahrscheinliche Probleme" einstellen müsse. Was mit "unwahrscheinlich" gemeint ist, ließ er offen. Immerhin kann unwahrscheinlich sowohl "nicht wahrscheinlich" im Sinne von "abwegig" bedeuten, umgangssprachlich aber auch "ziemlich groß". Jedenfalls meinte dieser Offizier, dass man in Europa für den Einsatz im Kongo besser schon jetzt eine weitere Kampfgruppe als Reserve einplanen sollte. Diese wäre mit einer Stärke von 1500 Mann genauso stark, wie die tatsächlich im ersten Anlauf zum Einsatz kommende Truppe.

Die Reservetruppe wäre nach Angaben des zitierten Offiziers wichtig, um die in den Kongo entsandten Einheiten abzusichern. Das wäre auch eine Frage der Glaubwürdigkeit für den nach seiner Ansicht unwahrscheinlichen Fall, dass die geplante Abschreckung scheitert.

Soo, damit hätten wir schonmal die Ankündigung, dass "500", nein, "1.500"(!) Soldaten nicht genug sind. "Einsatzreserve". Klar. "Absicherung für den Fall der Fälle". Also Quasi "schonmal einpacken und losschicken". Damit die "rechtzeitig" da sind oder so.

Ok, wir schicken also mehr als 500 Mann da runter. Den Punkt betrachte ich als "erledigt". Jetzt fehlt nur noch das mit dem Sudan bzw. Darfur und alle meine Thesen und Vermutungen wurden bestätigt. Aber auch da habe ich wenig Zweifel, denn das neue "Weißbuch der Bundeswehr" lässt ja am veränderten Auftrag der Bundeswehr wenig Zweifel.

Dort ist zum Beispiel zu lesen, dass Deutschland zur Wahrung seiner Interessen notfalls auch militärische Mittel einsetzen wird. Ein sogenannte "vorrangiges Interesse" ist die "Förderung der transatlantischen Stabilität", aber auch "die Sicherung des Wohlstandes durch freien und ungehinderten Welthandel" gehört dazu. Besonders der Hinweis auf die Rohstoffquellen passt gut ins Bild:
"Hierbei gilt es wegen der Export- und Rohstoffabhängigkeit Deutschlands, sich besonders den Regionen, in denen kritische Rohstoffe und Energieträger gefördert werden, zuzuwenden.“
Es sei darauf hingewiesen, dass diese "Wandlung" des formulierten Auftrages nicht neu ist, im Gegenteil. Bereits kurz vor dem Rücktritt Gerhard Stoltenbergs 1992, als Verteidigungsminister der Regierung Kohl, hatte dieser in einem Positionspapier die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des Zugangs zu strategischen Rohstoffen“ als "deutsche Sicherheitsinteressen“ festgeschrieben.

Das fatale an dieser Entwicklung ist, dass zwar die pazifistische Sichtweise ethisch betrachtet die "höheren Ziele" und damit die moralisch "bessere" Sichtweise sein mag, aber gerade die Deutsche Geschichte hat uns gelehrt, dass es eben manchmal doch Gründe gibt, die einen "gerechten Krieg" nicht nur rechtfertigen, sondern auch notwendig machen können. Vor diesem Hintergrund sollte die Forderung nach einer Änderung des Grundgesetzes nicht nur neu, sondern auch besonders kritisch betrachtet und öffentlich debattiert werden.

Meiner Meinung nach dürfen wir bei dieser Debatte besonders einen Fehler nicht machen: Glauben, dass uns dieses Thema nichts angeht.

(Quelle: Handelsblatt, Zeit)

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